Da bin ich wieder.
Kommt Ihr mit durch Pakistan?
Dann werdet Ihr wieder etwas lesen müssen.
5. Die Reise
Pakistan
Der Pakistanische Zoll holte dann alles nach, wir konnten drei Stunden nach gründlicher Prüfung der Papiere einreisen. Im Pass wurden alle möglichen Dinge eingetragen und das Auto durchsucht. Besonders auffallend war der Eintrag des Kochers und des Aschenbechers im Pass.
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Wir waren jetzt 12 Tage unterwegs und bisher 7091Km gefahren. Das Auto fuhr ohne Mucken, hatte nur in der Hochebene des Iran einen Leistungsabfall. Die Verbrennungsluft war wohl zu dünn. Über Probleme mit dem Auto hatten wir bisher nicht nachgedacht. Andere Sorgen beschäftigten uns viel intensiver.
Wir trennten uns in einer gemeinsamen Entscheidung von unseren Freunden.
Mit den Berlinern hatten wir uns in Quetta verabredet und fuhren los. Es platzte der zweite Reifen und wurde völlig zerfetzt. Eine Reparatur war hier am Ort nicht möglich, wir hatten aber noch einen Ersatzreifen auf dem Dach und einen an der Vorderfront befestigt. Auf der Fahrt durch die Wüste sahen wir viele Dromedare, einige lagen auch verendet und bis auf die Knochen abgenagt, am Straßenrand. Riesige Schaf- und Ziegenherden begleiteten unseren Weg. Was sie fraßen, war von uns nicht zu ergründen. Die Menschen waren sehr freundlich, grüßten und winkten uns freundlich zu.
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Unterwegs hielten wir kurz in einem Dorf an und kauften Fladenbrot, ganz frisch aus dem Erdofen. Sehr gekonnt warf der Bäcker den Fladen schwungvoll unter die Decke des Lehmofens und er fiel tatsächlich nicht runter. Genauso geschickt griff er den fertig gebackenen Fladen wieder ab und warf ihn auf einen Haufen. Fertig. Absolut lecker, wir nahmen gleich drei Stück.
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Die Straße war von einer Sanddüne zugeweht worden. Mein Mitfahrer fuhr in die Düne, als ich gerade ein wenig auf dem Schlaflager döste. Er hatte sie nicht als Düne erkannt, eher als Kuhle gesehen. Wir stiegen aus und schaufelten uns für die Rückfahrt frei. Kaum dass wir soweit waren, tauchte ein Mann auf, sozusagen aus dem Nichts und bedeutet uns, ihm zu folgen, er wisse wie diese Wehe umfahren werden könnte. Als wir wieder fahrbaren Boden unter uns hatten, boten wir ihm ein paar lose Zigaretten an, die wir vorsorglich als Bakschisch gebunkert hatten. Er nahm sie, die ganze Schachtel und verschwand wieder im Erdboden. Wir glaubten schon, die Hitze hätte uns einen Streich gespielt.
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Wir kamen in Quetta an und übernachteten an dem vereinbarten Hotel, aber die Berliner kamen nicht.
Am nächsten Tag suchten wir eine Werkstatt, um einen Reifen reparieren zu lassen. Bei der Suche trafen wir die Berliner wieder, die 130 Km vor Quetta übernachteten. Die Reifenreparatur dauerte länger und wir beschlossen, mit den Berlinern zusammen den weiteren Tag und den Abend in Quetta zu verbringen. Sie fanden eine Werkstatt, die ihnen als Ersatz für die zerborstene Scheibe eine Plastikscheibe anpassen würden. Wir gönnten uns also einen Tag Pause und beschlossen, das mit einem guten Mal zu feiern. Wir packten alles Leckere auf die gemeinsamen Tische und brachen unsere eisernen Vorräte an. Dabei waren ein Glas saure Gurken, ein Stück eingeschweißter Knochenschinken (Schweinefleisch!) und eine Salami. Ein großes Raunen ging durch die Runde, die Berliner hatten an solche Dinge nicht gedacht. Nach fast 14 Tagen feierten wir das saure Gurkenfest.
Am kommenden Tag erledigte ich die üblichen Dinge. Kaufte Lebensmittel ein und schrieb nun erstmalig ein paar Karten. Versprochen hatten wir, uns schon in der Osttürkei zu melden, das ging aber irgendwie unter. Im Postamt bat ich den Schalterbeamten, die Stempel ganz ordentlich auf die Briefmarken zu bringen und beobachtete das auch genau. Ich bedankte mich ganz freundlich. Dann kam unverhofft ein Teespender auf mich zu und ich konnte mich nicht gegen den Tee wehren. Solche Situationen hatten wir tunlichst immer zu umgehen versucht, aber es ging einfach nicht. Ich nahm den Tee, den er auf einem silbernen Tablett servierte. Das Glas klebte schon äußerlich so sehr, das ich mir den Inhalt nicht vorstellen wollte. Der Tee war mit Zucker und Milch aufgebrüht worden. Ich hatte mit allen „Nebenerscheinungen“ gerechnet, trank tapfer den Tee aus, bedankte mich ganz herzlich, verschwand aus dem Postamt und harrte der Dinge, die da kommen würden.
Die Menschen in Quetta waren alle sehr nett und freundlich, besonders auch der Verkehrspolizist auf einer größeren Kreuzung. Er stand etwas erhöht, hatte ein Dach über dem Kopf und dirigierte in voller Montur, einschließlich Uniform und Handschuhe, den Verkehr. Es hielt sich zwar keiner an seine Handsignale, aber es geschah auch nichts Gravierendes. Für mich hatte er eine besondere Faszination, seine Bewegungen glichen einem Balletttänzer, einfach wunderbar. Ich fragte ihn mal nach einer Adresse und fuhr direkt zu ihm hin. Er beschrieb mir die Route, ohne auf den Verkehr zu achten, der lief auch so normal weiter. Wir machten uns einen Spaß daraus, ihn bei der Vorbeifahrt freundlich aus dem Auto zu grüßen und bedankten uns mit Winken für die gute Verkehrsleitung. Immer, wenn wir wieder bei ihm vorbei kamen, hielt er für uns den Verkehr an, wir bekamen sofort Vorfahrt. Warum das bei uns klappte, fanden wir nicht heraus, wurde uns dann aber doch etwas unangenehm. Unser Reifen sollte fertig sein und ein paar andere Dinge wollten wir noch einkaufen und fuhren mit einer Riksha ins Zentrum. Eine lustige Fahrt war das, klappte wunderbar und wir konnten damit alles erledigen. Er fuhr wie ein junger Gott...
Die Berliner hatten nicht so einen guten Service, die Werkstatt bekam das nicht alles so hin, wie versprochen. Sie warfen entnervt hin, bezahlten und fuhren aus der Werkstatt.
Es war bereits Nachmittag und wir fuhren nur noch bis Sibi, etwas südöstlich von Quetta. Die Nacht verbrachten wir am Tierheim. Der Hausherr erzählte uns, es hätte in den letzten zwei Tagen sehr stark geregnet und die Straße wird nicht passierbar sein. Es stehen 6 Km Straße unter Wasser oder ist zerstört. Wir trafen die Entscheidung, es dennoch zu versuchen und gingen spät ins Bett.
Am nächsten Morgen fuhren wir um 6,00 Uhr los, mein Mitfahrer schlief noch, bzw. döste vor sich hin. Das erste Wasser vor uns ließ sich noch gut queren, dann kam mehr Wasser. Ein einheimischer Truckerfahrer riet uns ab, es ist danach mit bis zu einem Meter Schlamm zu rechnen, spätesten dort wird für uns Schluss sein. Wir schlugen den Rat in den Wind und fuhren weiter. Eine größere Wasserfläche durchquerten wir noch, dann machten wir Pause. Unser Bus stand bei der Durchfahrt bis über die Scheinwerfer unter Wasser und begann, den Bodenkontakt zu verlieren.
Es kam uns ein anderer VW-Bus Fahrer entgegen. Er sagte, andere liegen fest, Motor ist voll Wasser gelaufen. Er hatte es nur geschafft, weil er mit Vollgas, schwimmend, an einem LKW gebunden, die Wasserflächen überwinden konnte.
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Okay, wir waren überzeugt, drehten um.
Ein netter Pakistani stellte uns in Sida sein Haus zur Verfügung. Wie es dazu kam, weiß ich nicht mehr.
Ein heimischer Motorradfahrer bot mir sein Motorrad an. Ich könne damit fahren, er setzt sich hinten dazu und zeigt mir die umliegende Landschaft. Ich fand das toll und stimmte sofort zu. Ich machte eine kleine Rundfahrt und war von soviel Freundlichkeit völlig begeistert. Wir blieben wenige Stunden, dann entschieden wir, doch wieder nach Quetta zurück zu fahren. Die Berliner drehten auf dem großen Hof eine große Kurve durch eine kleine Pfütze und blieben stecken. Nach ein paar Minuten waren alle Räder bis zu den Achsen im Schlamm versunken. Wir schaufelten, aber es brachte nicht viel. Zwei LKW Fahrer kamen zur Hilfe und schleppten das Fahrzeug wieder frei. Die Aktion hatte aber dennoch gut drei Stunden gedauert.
Wir fuhren also wieder nach Quetta. Am Ortseingang war, wie an allen Ausfallstraßen, eine Straßensperre aufgebaut, eine kleine Gebühr, ein paar Fragen und man konnte weiter. Sie fragten aber sehr intensiv, warum wir schon wieder hier seien. Wir blieben eine weitere Nacht in Quetta, bummelten ein wenig durch den Ort und tauschten in einer Bank etwas Geld, das uns ausging. „Unser“ Verkehrspolizist freute sich, als wir wieder auftauchten.
Wir wollten ein neues Visum für Afghanistan beschaffen, denn die einzige Möglichkeit weiter zu kommen, würde nur über Afghanistan gehen.
Wir gingen essen, im besten Haus am Platz. Ich esse gerne scharf und bestellte Lammkeule mit Beilage und Mineralwasser. Die Keule war gut, brannte mir fast den gesamten Gaumen weg. Der „Brand“ hielt mehrere Stunden vor, Feuerschlucker würden garantiert vor Neid erblassen. Wir übernachteten wieder an dem Hotel.
Morgens beantragten wir die Visa. Mittags konnten wir sie mit einer kleinen Beschleunigungsgebühr schon abholen. Wir fuhren sofort los.
Es waren nur ca. 60 Km bis zur Grenze nach Chaman. Wir kamen gegen 17.00 Uhr an, die Grenze war geschlossen. Uns wurde gesagt, die Passkontrolle ist sowieso im Ort und nicht hier. Also wieder zurück, aber wir finden sie nicht. Ein Pakistani stieg zu uns ins Auto und deutete in die Richtung, die wir fahren müssten. Er führte uns zu einem Militärfort oder Ähnlichem. Dort wurden wir mit Handschlag begrüßt und auf die mehrgleisige Bahnstrecke auf die Schienen gebeten. Es geschah lange Zeit nichts und wir beschlossen von den Schienen zu fahren. Es kam sofort das Militär und stoppte uns mit Waffen im Anschlag.
Wir mussten wieder auf die Schienen zurück und wurden streng bewacht. Die Dorfbewohner wurden immer mehr und wir waren der Mittelpunkt. Zwei der Dorfbewohner fragten danach, was wir wollten und erklärten ihnen, wir wollen eigentlich nur nach Afghanistan fahren. Sie sprachen mit den Militärs, war aber zwecklos. Nach knapp zwei Stunden kam ein Dorfbewohner und sagte, wir sollten mit den Fahrzeugen mitkommen. Wir wollten losfahren, aber wurden mit schweren Waffen von den Soldaten gestoppt.
Es gab eine Auseinandersetzung zwischen den Soldaten und ihm, die dann aber schließlich für uns glimpflich ausging.
Es war inzwischen dunkel geworden. Wir folgten dem „Retter“ zu seinem Haus, das mit einer großen Mauer umgeben war. Damit waren wir vor den vielen neugierigen Blicken geschützt.
Er stellte sich uns dann als Chef der örtlichen Einwanderungsbehörde vor und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten. Er schickte sofort einen Mitarbeiter los, der mit den entsprechenden Stempeln für die Ausreise zurück kam. Er erledigte sofort die Formalitäten. Dann kam noch ein Major von der Militärkaserne und entschuldigte sich auch mit den Worten bei uns, es seien halt nur einfache Soldaten.
Dann erzählten sie uns, das am heutigen Tage (4.4.1979) Präsident Bhutto erhängt wurde und große Unsicherheit im Land herrschte.
Wir sprachen noch über verschiedene politische Ereignisse, tranken vorzüglichen Tee und gingen dann in unsere Autos. Essen wollten wir nichts mehr. Uns wurde erst so nach und nach klar, was eigentlich so über uns schwebte. Er begleitete uns noch aus dem Haus und stellte seinen Diener zu unserer Bewachung ab, damit wir bei eventuellen Unruhen eine gewisse Sicherheit hätten. Gut geschlafen haben wir in dieser Nacht nicht, wenn überhaupt.
Am nächsten Morgen fuhren wir zur Grenze und kamen ohne Probleme am Pakistanischen Grenzposten vorbei.
Nun ging es nach Afghanistan, was wir eigentlich umgehen wollten.
Im nächsten Post noch ein paar Fotos zu Pakistan.
Ginkgo