Hallo allerseits,
Im Unterforum “Token, Marken, Notgeld & Medaillen“ hatte ich Euch ja vor einiger Zeit schon einmal einen Reisebericht zu Great Zimbabwe angedroht. Den Worten folgen jetzt Taten.
Zweimal habe ich bisher die alte Ruinenstadt “Great Zimbabwe“ besucht. Das erstemal 1996, elf Jahre später noch ein weiteres mal. Leider mußte ich bei der ersten Reise per Bus von der Hauptstadt Harare aus anreisen, weil die Bahnlinie von Gweru nach Masvingo damals nicht bedient wurde. Aber auch Busfahrten haben in Afrika ihren Reiz. Allein schon die Busbahnhöfe sind einen Besuch wert. Hier geht es auf den ersten Blick zwar drunter und drüber zu, der zweite Blick läßt aber schon eine gewisse Systematik erkennen, die einen dann auch den richtigen Bus finden läßt. Hat man diesen einmal gesichtet, einen Fahrschein erworben und dann auch noch einen Fensterplatz im betagten Vehikel ergattert, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Vom Sitz fällt man jedenfalls nicht, weil die enge 3+2-Bestuhlung kaum einen Millimeter Freiheit nach rechts oder links zuläßt.
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Masvingo, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Südosten Simbabwes, ist von Harare aus zwar nur knapp 250 km entfernt, man muß sich aber auf eine Tagesreise einstellen, da ständig gehalten und ein- und ausgeladen wird. Dazu müssen die mitfahrenden Attendents jedesmal aufs Dach steigen, alles entzurren und schließlich wieder fest zubinden. Das kostet Zeit. Aber der Weg ist ja auch ein Ziel. Am Abend kommt man dann mit diesem “Chicken-Bus“ (so werden die Überlandbusse im simbabwischen Volksmund genannt) in etwas gerädertem Zustand in Masvingo an, bevor es am nächsten Tag mit öffentlichem Minibus zu den etwa 40 km entfernten Ruinen geht. Diese Bauwerke sind einmalig in Afrika! Es handelt sich - abgesehen von den historischen Bauten Äthiopiens - um die ältesten Steinbauten im Inneren des schwarzen Kontinents. Hier lebte vom 11. bis zum 15. Jahrhundert eine Kultur, von der noch sehr wenig bekannt ist. Wo kam sie her, warum ist sie plötzlich verschwunden? Bis zu 20000 Menschen sollen hier seinerzeit gelebt haben. Vermutlich wurden es irgendwann zu viele und der Bedarf an Feuerholz und Nahrung überstieg das Angebot. Die Kultur von Great Zimbabwe ging wohl dadurch zugrunde und die Bewohner verzogen sich in alle Himmelsrichtungen des Kontinents. Gesichert ist aber nichts. Historiker vermuteten lange Zeit, daß der Ort eine arabische Gründung gewesen sei. Man traute den Schwarzafrikanern der damaligen Zeit so etwas einfach nicht zu. Mittlerweile bestehen aber keine Zweifel mehr daran, daß es tatsächlich Bantus waren, die hier ein Reich gegründet hatten, deren Bewohner Handel mit weit entfernt liegenden Regionen trieben. Es wurden auf dem Gelände z.B. eine Gold- und eine Kupfermünze aus Kilwa gefunden, einer Niederlassung an der Küste des Indischen Ozeans im Süden des heutigen Tansanias. Zur Erinnerung sei an einen kurzen Reisebericht zu Kilwa hier im Forum verwiesen:
viewtopic.php?f=51&t=533Zurück zu Great Zimbabwe. Diese historische Stätte hat dem heutigen Staat Simbabwe seinen Namen gegeben. Voller Stolz auf diese vergangene Blütezeit wurde das Land 1980 nach langem Kampf um Unabhängigkeit, dem zweiten Chimurenga-Krieg, von Rhodesien auf “Zimbabwe" umgetauft. Das bedeutet in der Sprache der Shona in etwa “Haus aus Stein“. Manches zu diesem historischen Ort ist z.B. hier nachzulesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9F-SimbabweMan kann das riesige Areal in einen Tal- und einen Berg-Komplex unterteilen. Unten dominiert eine durch eine meterdicke Mauer umschlossene Festung das Bild. Die folgenden Fotos stammen vom September 1996. Auf den ersten drei Bildern seht Ihr den ummauerten Komplex im Tal. Dort findet sich auf den auf den Bildern 2 und 3 der signifikante konische Turm, der auch auf zwei Münzen Zimbabwes dargestellt ist (womit ich endlich die Kurve zur Numismatik gekriegt habe).
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Die erste Münze ist eine Silber-Gedenkmünze von 1996 zu 10 Zimbabwe-Dollars (Gewicht 32,04 Gramm / 40,5 mm Durchmesser; KM#9 bzw. S#67), die zweite ein gewöhnlicher Dollar von 1993 aus Kupfer-Nickel (9,95 Gramm / 29,0 mm; KM#6 bzw. S#60). Zur letzteren Münze darf ich bitte noch ein paar Worte mehr verlieren. Auf der Rückseite befindet sich, wie bei allen simbabwischen Kursmünzen, der “Zimbabwean bird“. Abbildungen dieses Vogels fanden sich in Great Zimbabwe in der Größe von etwa 40 cm auf einer ganzen Anzahl von Säulen platziert. Diese Darstellung ist heute Bestandteil des simbabwischen Wappens und auch der Landesfahne.
http://de.wikipedia.org/w/index.php?tit ... 0328202142http://en.wikipedia.org/wiki/File:Flag_of_Zimbabwe.svgEine weitere Facette zum simbabwischen Münzwesen sei anhand des abgebildeten Dollars auch noch erlaubt anzubringen. Die 1980 eingeführte Währung wurde durch die in schrecklichem Maße angestiegene Inflation im August 2006 abgewertet und die Münzen dadurch außer Kurs gesetzt. Danach wiederholte sich die Kappung von Nullen noch mehrfach. Im August 2008 wurden nach erneuter Streichung von 10 Nullen die alten Münzen plötzlich wieder kursgültig! Leute, die diese Münzen gehortet hatten, liefen mit Säcken bepackt zu den Banken, tauschten die Ladungen um und kauften noch am selben Tag alles, was sie kriegen konnten, denn schon ein paar Tage später hatten die Münzen schon keinen Handelswert mehr. Die Zeitungen waren damals voll davon. Ein Seitenhieb auf uns Münz- und Banknotensammler war im Preis inbegriffen. Hier ein Beispiel:
http://www.zimbio.com/Zimbabwe+Issues/a ... +sale+eBayMittlerweile ist auch diese Episode Vergangenheit. Im Februar 2009 wurden wiederum 12 Nullen gestrichen und im April 2009 der Zim-$ endlich beerdigt. Seitdem gelten im Land nur noch US-$, britisches £, südafrikanischer Rand und botswanischer Pula.
Laßt uns wieder zurück nach Great Zimbabwe kehren. Wie schon gesagt, gibt es auch noch eine Bergfestung. Die war praktisch uneinnehmbar. Von unten fotografiert, sieht man kaum, daß sich dort eine Siedlung befunden hat.
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Nach anstrengendem Aufstieg (jedenfalls für mich - südwester als alter Bergsteiger wäre wahrscheinlich aus dem Stand hochgehupft
- wird man allerdings eines Besseren belehrt. Leider habe ich kein gescheites Foto von dem Gelände dort oben gemacht. Als Ausgleich gibt es einen Blick von oben auf die im Tal liegende ummauerte Festung. Japsend habe ich dieses Bild einigermaßen hingekriegt.
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Etwas eisenbahnbezogenes darf in einem Beitrag vom MG natürlich auch nicht fehlen. Bei meinem zweiten Besuch fuhr tatsächlich zweimal die Woche ein gemischter Personen-/Güterzug von Gweru (an der Hauptstrecke Harare – Bulawayo gelegen) nach Masvingo. Leider nur in der Nacht. Die Fahrt war etwas ruckelig, rustikal und auch etwas kühl im Sitzwagen, aber durchaus erlebenswert. Das letzte Bild zeigt diesen Zug im Juli 2007 nach Ankunft am Bahnsteig in Masvingo am Vormittag. Die beiden Loks der Baureihe DE9A der NRZ (National Railways of Zimbabwe) vom General-Electric-Typ U10B wurden übrigens in Lizenz für GE Anno 1972 von Babcock & Wilson in der Lokomotivschmiede am baskischen Standort Trapaga gefertigt (neu für die Rhodesia Railways).
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NRZ 1903+1919 Masvingo 4th July 2007.jpg [ 463.7 KiB | 44410-mal betrachtet ]
Jetzt ist aber Schluß. Ich hoffe, daß ich Historie, Münzwesen und Eisenbahn aus Afrika einigermaßen unter einen Hut kriegen konnte.
Bis denn mal
Euer Dietmar
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Heute liegt in aller Ewigkeit vor morgen. Bringe den heutigen Tag zu Ende, dann kümmere Dich um den nächsten (afrikanisches Sprichwort)