sulcipius hat geschrieben:
Ich bin schon in Gedanken in Afghanistan
Gerhard
Dann folge meiner Reise.
Liebe Reisefreunde.
Nachfolgend ein kleiner Bericht über den Abschnitt Afghanistan.
Wir kommen dem Ziel näher.
6. Die Reise
Afghanistan
Am afghanischen Grenzposten kamen wir nicht so schnell vorbei. Die Prozedur dauerte Stunden. Nach dem Vorfall der vergangenen Nacht nahmen wir das gelassen hin.
Auf der afghanischen Seite versuchten fünf Tramper weiter zu kommen. Wir nahmen sie bis Kandahar mit. Hier kauften wir ein, tauschten Geld und fuhren weiter nach Ghasni. Wir hatten versucht, ein paar Eier und Brot zu bekommen. Frisches Gemüse oder Fleisch konnten wir nicht essen, hätte uns sicherlich innerlich zerrissen. Wir übernachteten im Ort.
Die Landschaft auf diesem Stück der Strecke war vergleichbar mit den Landschaftszügen der letzten Tage in Pakistan. Wir sahen wieder ein paar Jurten, (Zelte aus Lederfellen) in der Ferne, die auch schon in Iran gelegentlich auftauchten.
Am nächsten Tag kamen wir vormittags in Kabul an. Das war eine schöne und sehr interessante Stadt. Kleine Geschäfte überall, die Menschen freundlich und hilfsbereit. Wir konnten an einem Hotel im Garten Quartier beziehen. Dort trafen wir ein älteres Deutsches Ehepaar mit ihrem Wohnmobil. Sie waren bereits einige Zeit dort und fanden noch nicht den richtigen Weg zurück in die Heimat, waren sehr verunsichert durch die Ereignisse der letzten Wochen. Wir bekamen viele Informationen, teilweise waren sie für uns neu, teilweise konnten wir von Ereignissen berichten, die ihnen nicht bekannt waren, unterließen es aber tunlichst, unsere speziellen Erlebnisse zu erzählen.
Die Stadt Kabul hatte irgendwie etwas. Ich konnte es nicht greifen, faszinierte mich aber. Die Stadt schmiegte sich schutzsuchend an einen Berg. Oben auf der Kuppe leuchteten nachts riesige Scheinwerfer auf die Stadt und in den Himmel. Das Militär hatte die Bergspitze besetzt und konnte so den Flughafen gut sichern.
Wir hatten jetzt endlich Zeit mal wieder Wäsche zu waschen. Anschließend gingen wir in den Basar.
Es haute uns um! Solche Menschenmassen hatte ich bisher nur bei den Demonstrierenden in Iran gesehen. Dichtgedrängt Menschen an Menschen, umfallen war fast nicht möglich, wie Hühner in Bodenhaltung und wir mittendrin. Völlig verschachtelt die Gänge, aber wahnsinnig interessant. Leute mit Platzangst würden therapiert zurück kommen... Je weiter wir vordrangen, desto weiter öffnete sich das Geschehen. Es war alles zu bekommen, von der Kleidung, über Schmuck, Werkzeug, Küchenartikel, Lebensmittel und eben auch Bestellartikel. Von Waffen aller Art, zwar ungeladen, die getestet werden konnten bis hin zu größerem Kriegsgerät. Panzerfaust und kleinere Geschütze standen zur Ansicht aufgebaut bereit. Es wäre möglich gewesen, sogar Panzer zu bestellen. Ständen angeblich am nächsten Tag zur Verfügung, sozusagen „over night express“ sagte ein Händler, russisches Fabrikat. Abholung außerhalb der Stadt, Probefahrten könnten da auch gemacht werden. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr raus, verhielten uns aber besonders cool und abgeklärt.
Rauschgift in allen Fassetten gab es selbstverständlich an mehreren Ecken. Wir sagten immer, wenn die Händler uns „Stoff“ aufdrängen wollten, thanks, we have enough. Half aber auch nicht so richtig, um sie fern zu halten. Gold und Silber wurde gehandelt, Fleisch und Schrott, einfach alles was vorstellbar war. Ich hatte damals noch nicht an Münzen gedacht, aber es gab sie garantiert. Schuhe wurden aus alten Autoreifen gefertigt und Reparaturen aller Art waren möglich.
Natürlich tauschten wir Geld. Die Kurse waren besser als bei der Bank. Für Reiseschecks bekamen wir einen noch besseren Kurs und brauchten sie nicht mal zu unterschreiben. Das interessierte hier keinen Händler. Wir konnten uns aussuchen, welche Währung wir wollten; Dollar, Deutsche Mark oder heimische Währung. Sie hatten große Bündel mit Geldscheinen in den Taschen, sehr große Bündel, mit einem einfachen Gummiring zusammen gehalten. Monopoly war ein Witz dagegen.
Mein Mitfahrer feilschte mit einem Händler um einen Samowar. Sie wurden sich nach vielen Tassen Tee und Geschichten rund um alle kranken Familienmitglieder irgendwann einig. Wir verließen den Basar und kehrten noch bei einem kleinen Kunsthändler in einem Eckgeschäft ein. Die gleiche Zeremonie erfolgte hier auch. Ich erwarb ein paar Reisbilder und Thangkas, Bilder auf Leinenwand, teilweise mit Goldfarbe gemalt. Ich bekam eine Einführung zum Erkennen der Echtheit der Goldfarben und hatte bald das Gefühl, ein Fachmann zu sein. Ich hätte mein Wissen nie angewendet, um mir eventuelle Peinlichkeiten zu ersparen.
Die Darstellungen waren durchweg religiöse Motive.
Es war ein erlebnisreicher Tag, voller Eindrücke, bei denen wir die latent vorhandenen Probleme und Ängste, vergessen konnten. Anschließen besuchten wir noch das Museum, ich habe aber vergessen, was es dort zu sehen gab, hatte mich offenbar nicht sonderlich beeindruckt, es muss aber so eine art Heimatmuseum gewesen sein.
Wir hatten auf dem Basar einen guten Wechselkurs bekommen und glaubten auch bei unseren Einkäufen einen guten Schnitt gemacht zu haben. Dann trafen wir einen Deutschen mit seinem Kumpel. Er fuhr einen kleinen Kühllaster auf Bestellung nach Kathmandu und kannte die Strecke schon. Er hatte nicht sehr viel dabei, nur das Nötigste. Die Fahrt machte er nicht das ersten Mal. Er rechnete uns auf seinem Taschenrechner vor, was wir beim Geldtausch hätten mehr erzielen müssen. Wir trafen ihn später am Grenzübergang nach Pakistan wieder. Dazu später mehr.
Wir hatten zwar nicht das Geschäft unseres Lebens gemacht, aber was lag näher, wir gingen essen.
Was wir aßen, hatte ich nicht dokumentiert, aber was wir getrunken hatten, das steht im Tagebuch. Ein Bier, ein Deutsches Bier, ein Bremer Bier, ja, ein Beck´s Bier. Ich glaubte es zuerst nicht. Wir leisteten uns ein Bier. Die Büchse (0,33l) kostete schlappe 4,50 DM, damit war der Gewinn vom Basar aufgezehrt. Nach dem Bier gingen wir, zumindest ich, leicht angesäuselt zurück und gleich ins Bett. Ich hatte wunderbar geschlafen.
Am nächsten Tag verließen wir dann Kabul. Die Stadt gefiel mir sehr, ich hätte gerne noch eine paar Tage hier verbracht. Aber wir wussten nicht, was noch auf uns zukommen würde und wie viel Zeit wir dafür benötigten würden. Wir kehrten Kabul den Rücken und fuhren weiter nach Osten. Die Landschaft stellte sich ganz anders dar, als wir es in den vergangenen Tagen erlebt hatten. Es war alles grün, saftiges Grün und hohe Berge zu beiden Seiten. Das fruchtbare Kabultal war wunderschön anzusehen. Wir kamen dem Khyberpass näher und durchfuhren eine ausgesprochen schöne Schlucht. Der berühmte Khyberpass zeigte sich dagegen später als sehr blass. Wir bekamen Unmengen an Rauschgift angeboten. In allen Formen und Mengen. Das Zeug wurde hier völlig offen gehandelt, wie auf einem Gemüsemarkt. Wir wurden stark bedrängt, blieben aber standhaft. Im Grenzort Torkham hatten wir noch getankt. Später erfuhren wir, der Ort galt als der gefährlichste Ort im weiten Umkreis. Man sollte ihn schnell verlassen. Gut, dass wir es erst hinterher erfuhren, denn wir sahen uns dort ein wenig um.
Auf dem Pass standen sehr viele Panzer, kyrillisch beschriftet. Die Russen waren also schon lange im Land, das wurde aber offiziell abgestritten.
Der Grenzübertritt nach Pakistan erfolgte ohne große Probleme.
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Die Strassengebühren, die immer anfielen, bekamen wir natürlich quittiert. Auf dem Foto (links unten blau) sollte jeder erkennen können, welche Grundlage der Sstempelschneider für die Stempel nahm. Wir liefen mal als PKW oder auch als Reisebuss.
Viel Spaß bei der Reise durch Afghanistan.
Ginkgo