Hallo allerseits,
hat denn hier niemand interessante Reiseberichte zu münzrelevanten Themen zu liefern? Dann mache ich mal den Anfang. Wie man mich kennt, geht es natürlich nach Afrika. Genau gesagt ins heutige Tansania. Wer sich für afrikanische Münzen interessiert und den Namen Kilwa hört, wird vielleicht aufhorchen.
Kilwa ist eine persische Gründung an der Ostküste Afrikas. Leider weiß man nichts genaues über den Beginn der Besiedlung durch die Perser, aber es dürfte irgendwann im 10. Jahrhundert passiert sein. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich der Ort zu einem bedeutenden Handelszentrum, in dem auch eigene Münzen geschlagen wurden. Der Wirkungskreis dieser Stätte war groß, zwei Münzen fanden sich sogar bei Ausgrabungen in den Ruinen von Great Zimbabwe. Um 1400 schwand der Einfluß der persischen Herrscher und Kilwa wurde von einem aus dem Südjemen stammenden Clan der Sayyids übernommen. Zu dieser Zeit scheint auch die Münzprägung aufgehört zu haben. Mit der Ankunft der Portugiesen zu Ende des 15. Jahrhunderts war endgültig Schluß mit Lustig. Die Portugiesen erbauten ein Fort, kümmerten sich aber sonst in keiner Weise um die Aufrechterhaltung des Handelsnetzwerkes von Kilwa. Die Stadt verfiel. Nach jahrhundertelangem Dornröschenschlaf wurde in den 1960er Jahren eine systematische archäologische Aufarbeitung begonnen, die wegen Geldmangels leider nach kurzer Zeit wieder eingestellt wurde. Der größte Teil des riesigen Areals ist nach wie vor unerschlossen.
Kilwa besteht im Grunde aus drei Orten. Die historische Stätte Kilwa Kisiwani, über die im obigen Abschnitt ein paar Worte verloren wurden, befindet sich auf einer Insel im Indischen Ozean ca. 2 km vom Festland entfernt. Es ist ein heute gewissermaßen verwunschener Ort. Nur eine Handvoll Fischerfamilien leben auf der Insel. Gegenüber auf dem Kontinent findet sich heute der Marktort Kilwa Masoko, wo es auch Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Um auf die Insel zu gelangen, muß man im District Cultural Office von Kilwa Masoko eine Besuchs-Genehmigung einholen. Mit dieser geht man zum Strand, spricht einen freundlichen Fischer an, der einen dann mit seinem Boot auf die Insel fährt und wartet, bis man mit seiner Besichtigung fertig ist. Dann geht es wieder zurück aufs Festland. Der Fährpreis ist nicht festgelegt und muß mit dem Skipper ausgehandelt werden. Das stellt aber aufgrund der Gastfreundschaft der örtlichen Bevölkerung kein Problem dar. Der dritte Ort Kilwa ist Kilwa Kivinje, eine arabische Gründung aus dem 19. Jh., von der aus Karavanen zum Sklaven- und Elfenbeinerwerb ins Landesinnere geschickt wurden. Zu deutscher Kolonialzeit war Kilwa Kivinje Hauptstadt des Bezirks Kilwa. Der Ort liegt ein paar Kilometer nördlich von Kilwa Masoko. Von dort aus kommt man mit einem Sammeltaxi problemlos hin.
Die Gegend um Kilwa ist nicht ganz einfach zu erreichen. Man kann von Dar Es Salaam aus entweder in einer ca. 12-stündigen Busfahrt oder mit einer Cessna der Coastal Aviation innert einer guten Stunde dorthin kommen. Ich hatte bei meinem Besuch im November 2007 letztere Alternative gewählt. Ein phantastischer Flug in niedriger Flughöhe immer direkt am Küstenstrich entlang. Ich war der einzige Fluggast dieses "Linienfluges" und durfte neben dem Piloten auf dem Copilotenplatz sitzen. Ein Copilot war nicht eingeplant. Trotz der überaus interessanten Vergangenheit des Ortes gibt es in Kilwa praktisch keine Touristen. Die einzigen Fremden, die ich dort traf, war eine Reisegruppe junger Männer aus Südafrika, die sich dort zum Hochseeangeln eingefunden hatte. Von der historischen Bedeutung Kilwas wußten sie nichts. Ich machte mich also allein auf die kurze Bootsreise zur Insel Kilwa Kisiwani und konnte dort ohne Störung die verschlafene Ruinenstadt genießen. Leider kann ich nicht mit einer Luftaufnahme des Ortes dienen, das wäre anhand der ausgedehnten Lage der alten Gemäuer besonders beeindruckend. Ihr seht deshalb im Anhang nur ein paar Fotos von Ground Zero. Einige Bilder zeigen die “Große Moschee“, deren Bau um das Jahr 1050 durch Ali bin Al Hasan begonnen wurde. Eine weitere Aufnahme zeigt die Kuppel-Moschee aus dem 15. Jahrhundert. Als Eisenbahnfan erlaube ich mir, auch eine Lore aus der Zeit um 1960 zu präsentieren, die ein Relikt der seinerzeitigen Ausgrabungen darstellt. Sie steht vor dem Hintergrund der Großen Moschee und wurde bei Einstellung der archäologischen Arbeiten einfach stehen gelassen. Mittlerweile ist sie selbst ein archäologisches Relikt. Heutzutage wirkt das ganze Areal wie eingefroren. Man kommt sich dort unglaublich verloren vor. Das letzte Bild stammt aus Kilwa Kivinje und zeigt die Ruine des ehemaligen deutschen Bezirksamtes. Das Blechdach ist natürlich nicht original. Vor ein paar Jahren ist die komplette zum Ozean zugewandte Front des Gebäudes eingestürzt. Das Gebäude ist seitdem eingezäunt und nicht mehr zugänglich. Außer diesem Bauwerk erinnern nur wenige Zeitzeugnisse an die kurze deutsche Vergangenheit in dieser Gegend.
Wer mehr zu Kilwa lesen möchte, sei u.a. auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Kilwa_Kisiwanihttp://archnet.org/library/places/one-p ... ce_id=8085verwiesen.
Nun endlich zu den Münzen. Wie schon oben gesagt, wurden in Kilwa eigene Münzen geprägt. Leider besitze ich selbst keine Münze aus Kilwa. Bei einem Besuch des National Museums in Dar Es Salaam habe ich aber immerhin ein paar davon in Augenschein nehmen dürfen. Einige Stücke befinden sich auch im Besitz des Museums für Völkerkunde in Berlin. Ob die jedoch ausgestellt sind, oder nur in einem Lager verschimmeln, weiß ich nicht. Neben den Ausführungen von Stephen Album in seinem Werk “Sylloge of Islamic Coins in the Ashmolean, Vol. 10, Arabia and East Afrika (Oxford 1999)“ ist zum Thema Kilwa-Münzen die Magisterarbeit von Kornelia Kilian lesenswert, die Anno 2006 an der Humboldt-Universität zu Berlin eingereicht wurde. Im Kapitel 5.2.3. auf den Seiten 101 – 103 dieser umfangreichen Studie finden sich ein paar Passagen zu den Münzen aus Kilwa.
http://www.zmo.de/publikationen/magisterarbeit.pdfHier heißt es u.a..: “…Der erste Sultan, von dem angenommen wird, dass er auf Kilwa selbst Münzen prägen ließ, war Ali bin el-Hasan (11. Jahrhundert)….Es ist festzustellen, dass bis zur Ankunft der Portugiesen Ende des 15. Jahrhunderts Kilwa neben Zanzibar und Mogadishu die einzige Münzprägestätte südlich der Sahara war….“ Na ja, vielleicht hat die Dame Axum übersehen oder zählt diesen Ort in Äthiopien zu “nördlich der Sahara“. Von dort kommen jedenfalls noch frühere afrikanische Münzen. Aber das ist ein eigenes Thema.
Wer immer noch Lust hat, ein paar Kilwa-Münzen ansichtig zu werden, sei auf folgende websites verwiesen:
http://images.google.de/imgres?imgurl=h ... e%26um%3D1http://www.powerhousemuseum.com/collect ... irn=305390 Ich kann leider keine eigenen Stücke beitragen. Aber vielleicht wird ja mal eine Kilwa-Münze angeboten und ich habe zufällig kurz zuvor im Lotto gewonnen.
Wie zuvor schon gesagt, stammen meine Fotos aus Kilwa von einem Besuch im November 2007.
Macht’s gut.
MG
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Heute liegt in aller Ewigkeit vor morgen. Bringe den heutigen Tag zu Ende, dann kümmere Dich um den nächsten (afrikanisches Sprichwort)