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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 12. Jul 2013, 10:21 
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k&k Hoflieferant, Wirklicher Hofrat
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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 9. Dez 2013, 22:16 
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Wirklicher Hofrat

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Im vorherigen Beitrag über den Rechenpfennig auf den Abbruch der Kölner Friedensverhandlungen (1580) war bereits kurz angesprochen worden, daß Philipp II. im Folgejahr Wilhelm von Oranien, "den Schweiger" für vogelfrei erklärt hatte. Um den folgenden Rechenpfennig zu verstehen, muß man ein wenig mehr ins Detail gehen: Philipp II. hatte eine Belohnung von 25.000 Talern für die Beseitigung des Schweigers ausgelobt, dazu Amnestie des Täters auf sämtliche begangenen Verbrechen und Erhebung in den Adelsstand. Der erste Mordversuch folgte am 28. März 1582 in Antwerpen.

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1582_Dordrecht_W_v_Oranien_n.jpg
1582_Dordrecht_W_v_Oranien_n.jpg [ 105.21 KiB | 19546-mal betrachtet ]

Zitat:
Nördliche Niederlande - Dordrecht, Rechenpfennig 1582. Attentat auf Wilhelm von Oranien, den Schweiger. Av. Der mißglückte Anschlag auf den Fürsten. Wilhelm von Oranien steht halbrechts, neben ihm richtet der Attentäter Jean Jaurégny eine Pistole auf seinen Kopf. PRODITIONE NON ARMIS AGITVR (Durch Verrat, nicht mit Waffen wird gehandelt). Rv. Blitze und Hagel gehen aus einer Wolke als Strafe Gottes auf Philipp II. nieder. Ein Gefolgsmann und ein Soldat stehen zur Linken des Königs. PRODITOR TANDEM LVET (Der Verräter wird dennoch vom Unheil getroffen). (Dugn.2890, v Loon I. 315, Tas184, SBV 31, 292a, ). Anm. Seltener zeitgenössischer numismatischer Beleg der bildlichen Darstellung einer Handfeuerwaffe des 16. Jahrhunderts
.
Wilhelm wurde bei dem Attentat schwer verwundet. Der Attentäter, ein in Antwerpen stationierter baskischer Kontorist, wurde noch am Tatort niedergemacht.

Der Schweiger hatte sich im Vorfeld des Attentats um ein militärisches Bündnis mit Frankreich bemüht, und Henri III. hatte 1581 seinen jüngsten Bruder François, Herzog von Alençon und Anjou, in den Norden geschickt, einen ehrgeizigen und unbeherrschten jungen Mann, dem die Provinzen wenig Sympathien entgegenbrachten, zumal er katholisch war und mit der "Bartholomäusnacht" (1572) in Verbindung gebracht wurde. Anjou wurde zwar kurz vor dem fehlgeschlagenen Attentat auf den Schweiger - am 19.02.1582 - der Titel des Herzogs von Brabant zuerkennt, aber der eigentliche Landesherr blieb Wilhelm von Oranien. Die beiden Männer standen also in Konkurrenz zueinander. Sie sind hier im Bild vorgestellt.
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1582-93_Oranien_Anjou_n.jpg
1582-93_Oranien_Anjou_n.jpg [ 111.84 KiB | 19546-mal betrachtet ]

Zitat:
Links: Niederlande - Westfriesland. Behelmde Rijksdaalder (Prinsendaalder) 1593, Hoorn. Av. Gepanzerte Büste Wilhelms des Schweigers mit Schwert nach r. DEVS + FORTITVDO + ET + SPE - S + NOSTR - A. Rv. Behelmtes Wappen der Provinz Westfriesland. MONE + NO + ARG + DOMI + WESTFRISIAE 29,05 g. Dav. 8865, Del. 924.
Anm. Der "Prinsendaalder" wurde mit dem Portrait Wilhelms von Oranien-Nassau nur 1583 in Utrecht und dann bis 1603 mit leicht verändertem Münzbild von anderen Provinzen weitergeprägt. Die Ähnlichkeit mit dem Schweiger wurde jedoch beibehalten. Im Münzhandel wird der Typ - vermutlich zwecks Verkaufsförderung - immer wieder mit ihm gleichgesetzt.
Rechts: Brabant, Inauguration von François d'Anjou als Herzog von Brabant ND (1582) Bronze, 37 mm. Graveur Germain Pilon, Paris (?). Av. Gepanzerte Büste von François, Herzog von Anjou, r. FRANCOYS • DVC • DANIOV • ET • DALANCON • FILZ • DE • FRANCE (Blüte). Rv. Aus dem Meer steigende Sonne vertreibt die Wolken. (Blüte) FOVET • ET • DISCVTIT (Blüte) - Frei übersetzt: Sie wärmt und zerstreut (die Wolken). (vermutlich jüngerer Abschlag des 18. Jh.). Ref. Silber-Version: BMC [Jones] 137, v.Loon I, 306,2; TN I, XXVI, 2.

Anjou beging - nach nur wenigen Monaten im Amt - den wahnwitzigen Fehler, im Januar 1583 seine Soldaten auf Antwerpen - seine eigene Residenzstadt - loszulassen. Oranien, der sich in der Stadt befand, konnte zwar ein größeres Blutvergießen verhindern. Anjou verlor jedoch umgehend seine Titel, entließ seine Soldaten und zog sich nach Frankreich zurück. Das von Oranien erhoffte Bündnis mit Frankreich hatte sich in Nichts aufgelöst.

Es ist eine merkwürdige Duplizität der Ereignisse, daß diese beiden Männer im Folgejahr 1584 im Abstand von nur vier Wochen starben - Anjou erlag am 14. Juni auf Château-Thierry der Tuberkulose. Der Schweiger starb am 14. Juli in Delft nach den Schüssen des Balthasar Gérard.

Solche Randnotizen der Geschichte sind manchmal zu kompliziert, um sie in wenige Worte zu fassen.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 5. Jan 2014, 23:34 
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Wirklicher Hofrat

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Die Belagerung von Ostende (1601-1604) während des Achtzigjährigen Krieges zwischen den habsburgischen Niederlanden und den Generalstaaten, der im wesentlichen ein Festungskrieg war, gilt als die längste und verlustreichste Belagerung der frühen Neuzeit. Die Stadt konnte sich so lange halten, da sie auf dem Seeweg ständig mit Proviant und Truppen versorgt und verstärkt werden konnte. Es waren letztlich neben der Erschöpfung der Verteidiger die Naturgewalten - heftige Sommerstürme, die die Befestigungen abtrugen und den Nachschub vom Meer her unterbanden, welche die Stadt zur Übergabe zwangen.

Die spanischen Truppen wurden zunächst von Erzherzog Albrecht VII. von Österreich geführt, blieben jedoch erfolglos. Aber da Geschichte immer auch Geschichten erzeugt, füge ich hier eine ein, die auf das Ereignis Bezug nimmt.

Als das Heer des Erzherzogs Albert, des Gemahles von Isabellen, der Infantin von Spanien, vor Ostende lag, und die Stadt sich nicht übergeben wollte, da schwur die letztere, ihr Hemd nicht eher zu wechseln, bis Ostende erobert sei. Die Belagerung aber dauerte drei Jahre, und eben so lange trug Isabella das Hemd; und als sie es endlich auszog, da hatte es eine ganz eigenthümliche Farbe bekommen. Diese Farbe heißt man noch heute Isabellenfarbe. (Johann Wilhelm Wolf, Niederländische Sagen. Leipzig, Brockhaus 1843, S. 201-202.)

Die beiden Rechenpfennige, die ich hier zeigen möchte, entstanden 1603 im letzten Jahr der Belagerung, als das Hemd der Isabella bereits seine berühmte Farbe angenommen haben dürfte. Die entscheidende Wende zugunsten der Belagerer wurde durch den italienischen Heerführer in spanischen Diensten, - Ambrosio Spinola - herbeigeführt, welcher der Stadt für den Fall der Übergabe Schonung versprach. Auf die Befehlsübernahme durch Spinola bezieht sich der folgende Rechenpfennig, der in Antwerpen - also den habsburgischen Niederlanden - geschlagen wurde.

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1603_Antwerpen_Oostende_n.jpg [ 108.58 KiB | 19503-mal betrachtet ]

Zitat:
Südliche Niederlande - Antwerpen, Rechenpfennig 1603. Belagerung von Ostende - Spinola übernimmt den Befehl. Adler mit Opferschale im Schnabel und Schwert in der linken Klaue steht auf zwei Altären, der eine - entflammt - zeigt gekreuzte Friedenszweige, der andere eine Waage im Gleichgewicht. RELIGIONE ET IVSTITIA 1603 (Durch Frömmigkeit und Gerechtigkeit). Rv. Diverse zu Ruinen verfallene Gebäude. COLLAPSA RESVRGENT 1603 (Was zerstört wurde, soll wiedererstehen). Dugn.3554, v. Loon II.7, Tas 364, SBV 31, 168a

Die Antwort der Generalstaaten auf das Angebot Spinolas, die Stadt im Fall der Übergabe zu schonen, war der folgende Rechenpfennig, geschlagen in Dordrecht. Er greift die Aesop-Fabel vom Fuchs und vom Hahn auf, da man dem Angebot aufgrund schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit mißtraute. Die hübsche kurze Fabel ist hier nachzulesen.

Dateianhang:
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Zitat:
Nördliche Niederlande - Dordrecht, Rechenpfennig 1603. Belagerung von Ostende - Vorgetäuschte Milde. Auf die Belagerung der Stadt Ostende und das Begnadigungsangebot durch Spinola. Av. Fabel vom Fuchs und vom Hahn. Fuchs steht rechts, den Kopf zurückgewandt, den Blick auf einen im Baum sitzenden Hahn gerichtet. ALIVD IN PECTORE - ALIVD IN LINGVA (Anderes im Sinn (haben) als auf der Zunge. Anm. Quelle des Zitats Sallust, Die Verschwörung des Catilina 10,5). Rv. Aufsicht auf die Stadt Ostende und den Hafen. IN ADVERSIS VIRTVS MDCIII: (Auch in Widrigkeiten Mut zeigen 1603). Dugn.3559, v. Loon II.10.1, Tas 366, SBV 31, 376c

Die beiden Rechenpfennig passen m.E. gut zusammen, da sie von den beiden Kriegsparteien als Medium der Propaganda genutzt die Situation vor Ostende aus gegensätzlichen Blickwinkeln deuten.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 6. Jan 2014, 01:27 
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Sehr schöne Exemplare und ein schöner Beitrag! Danke! - Wie das isabellische Hemd wohl gerochen haben mag? Grüße, KarlAntonMartini


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 6. Jan 2014, 14:41 
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Ein Danke auch von mir für diesen Beitrag!

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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 10. Nov 2015, 16:51 
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Wirklicher Hofrat

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Das folgende Stück ist zwar kein Rechenpfennig, paßt aber m.E. ganz gut in diesen Thread.

Dateianhang:
1640-ND_Ratspräsenz_Haarlem_n.jpg
1640-ND_Ratspräsenz_Haarlem_n.jpg [ 116.07 KiB | 18972-mal betrachtet ]

Zitat:
Niederlande – Haarlem, Ratspräsenszeichen o.J. (ca. 1640). Av. Stadtgöttin mit Lorbeerkranz in der Hand an eine Druckerpresse gelehnt, links eine Säule mit der Aufschrift TYPOGRAPHIA, zu beiden Seiten S - C. Im Abschnitt HARLEMUM. Rv. Schiff sprengt Kette einer Hafeneinfahrt (Einnahme von Damiette), darunter Stadtwappen vor gekreuzten Liktorenbündeln; Devise der Stadt VICIT VIM VIRTUS (Mut besiegt Stärke). (Silber) 33,7 mm. 11,09 g. van Loon. I. 160.1.; Jehne 265.

Dargestellt sind zwei Ereignisse aus der Vergangenheit der Stadt, die man besonders hervorgehoben wissen wollte. Das Avers verweist auf die Erfindung des Buchdrucks angeblich durch einen Sohn der Stadt - Laurens Janszoon Coster (ca. 1370 bis ca. 1440). Dem Anspruch der Stadt auf diese Erfindung wurde allerdings schon früh (um 1499) erbittert mit dem Verweis auf Johannes Gutenberg und seine 42-zeilige Bibel (gedruckt 1452-54 in Mainz) widersprochen. Nach einer über Jahrhunderte währenden Kontroverse wird aber Gutenberg heute auch in den Niederlanden als Erfinder anerkannt.

Historisch belegt ist dagegen die Eroberung der ägyptischen Hafenstadt Damietta (heute Dimyat) durch Ritter aus Haarlem im Verlauf des 5. Kreuzzugs. 1219 erhielt die Stadt dafür das Recht, Schwert und Kreuz des Grafen Willem I. in ihr Stadtwappen aufzunehmen, 1245 wurden ihr durch Graf Willem III. die Stadtrechte mit etlichen Privilegien gewährt. Das Geldzeichen zeigt sehr schön, wie man damals versuchte, Hafeneinfahrten gegen das Eindringen feindlicher Schiffe mit Ketten zu schützen – in diesem Falle allerdings erfolglos.

Die Verwendung von Ratszeichen wurde bereits an anderer Stelle ausführlich erläutert.

viewtopic.php?f=22&t=830

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 11. Jan 2016, 15:32 
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Der folgende Rechenpfennig aus der Provinz Zeeland verweist auf einen Kriegsschauplatz außerhalb der Konfliktzone, in der sich die Generalstaaten und die Heere der spanischen Krone gegenüberstanden.

Dateianhang:
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Zitat:
Middelburg, Zeeland – Rechenpfennig 1595. Auf die Eroberung von Le Catelet und das Massaker von Doullens. Av. 1595 EXPECTA DOMINVM VIRILITER AGE (Warte auf den Herrn, sei standhaft ...) Ein Krieger (König Henri IV.) r. im Kampf gegen wilde Tiere (Bär, Wolf, Fuchs, Schlange), den Blick aufwärts auf den Namen Jehovas richtend. Rv. Fortsetzung der Legende (Psalm 27, 14) ET ILLE ROBORABIT COR TVVM (... und er wird dein Herz stärken) Wappenschild von Zeeland: Hüftbild eines l. steigenden Löwen über drei Wellenbändern. v.L. I. p. 455, D. 3372, SBV 338 b.

Die Städte Le Catelet und Doullens gehörten zur französischen Grafschaft Vermandois (heute zur Picardie gehörig) und wurden im Verlauf des Französisch-Spanischen Krieges (1595-1598), der wiederum im Kontext mit den Französischen Religionskriegen stand, von den Spaniern belagert. Le Catelet ergab sich widerstandslos. Doullens dagegen war auf eine Belagerung gut vorbereitet und hielt den Spaniern stand. Der französische König Henri IV. schickte daher eine Armee auf den Weg, um die Stadt zu entsetzen. Die drei Heerführer dieser Armee ließen sich jedoch eigenmächtig auf eine Schlacht mit den Spaniern ein, wurden vernichtend geschlagen, und die Elite – bis auf die wenigen, denen die Flucht nach Amiens gelang – wurde noch auf dem Schlachtfeld hingerichtet. Die Garnison von Doullens leistete noch einige Tage Widerstand, dann wurde die Stadt von den Spaniern im Sturm genommen und ausgemordet. Von den drei- bis viertausend Bewohnern – Frauen, Kinder und Greise eingeschlossen – überlebten keine zehn Personen. Begründet wurde diese Barbarei von spanischer Seite als Vergeltung für ein Massaker, das zuvor an einer spanischen Garnison durch französische und protestantische Soldaten verübt worden war.

Warum kam nun dieses Ereignis auf einen Rechenpfennig der Generalstaaten, die ja in diesen Kriegszeiten immer wieder aktuelle Vorgänge aus ihrem unmittelbaren Umfeld thematisierten? Frankreich war zu diesem Zeitpunkt ein wichtiger Verbündeter der Generalstaaten, und dort war man in tiefer Sorge, daß der Schock nach der Katastrophe von Doullens den französischen König zu einem Sonderfrieden mit Spanien bewegen könnte. Diese Sorge bringt auch der Psalm, den man für die Legende des Rechenpfennigs wählte, zum Ausdruck.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 25. Jul 2020, 20:29 
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Wirklicher Hofrat

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Der folgende Rechenpfennig schließt zeitlich an den vorigen an.

Im Vertrag von Greenwich im Mai 1596 hatten England und Frankreich eine Militär-Allianz geschlossen, um der spanischen Aggression im Rahmen der 80-jährigen Krieges begegnen zu können. Im Oktober desselben Jahres traten die Vereinigten Provinzen dieser Allianz bei. Dieser Vertrag wurde in den Haag geschlossen.

Auf diesen Anlaß wurden fünf Rechenpfennige ausgegeben, darunter dieser. Chronologisch eingeordnet wäre sein Platz eigentlich vor der “Schlacht bei Tournhout” passender gewesen, mit der ich diesen Thread seinerzeit eingeleitet habe, denn dort traten die drei hier genannten Verbündeten erstmals gemeinsam erfolgreich gegen die Spanier an. Hier nun das Bündnis in einer m.E. sehr interessanten allegorischen Gestaltung.

Dateianhang:
1596_Dordrecht_Dreifache_Allianz_D3400_n.jpg
1596_Dordrecht_Dreifache_Allianz_D3400_n.jpg [ 105.59 KiB | 12022-mal betrachtet ]

Zitat:
Nördliche Niederlande - Dordrecht, Rechenpfennig 1596, auf das Dreierbündnis Frankreich, England und die Niederlande.
Av: Die Personifikationen von Glaube und Beständigkeit - im Münzbild durch die Attribute Kreuz und Säule gekennzeichnet - stehen sich unter dem strahlenden Namen JEHOVA in Wolken gegenüber. Sie reichen sich die Rechte und heben die Linke zum Schwur. Umschrift FIDE. ET. CONSTANTIA ("Durch Glaube und Standhaftigkeit").
Rv: Ein aus einer Wolke kommender Arm bedroht ein nach links schreitendes Schwein mit einem Stein. Umschrift CAESA . FIRMABANT. FOEDERA. PORCA. 1596 ("Sie festigten ihr Bündnis durch das Töten einer Sau 1596"). (Cu, 6,31 g, 29 mm). v. Loon I. p. 481.3; Tas 315; D. 3400.

Um das Revers mit seiner Umschrift zu verstehen sollte man wissen, daß es sich hier um die zeitgenössische Darstellung eines uralten Ritus handelt. Bei den Römern, den Sabinern und den Völkern Germaniens wurden Bündnisse durch das Opfer einer Sau bestätigt. Vergil (Aeneis VIII) berichtet in seiner Beschreibung der Waffen, die Vulkan für den trojanischen Helden gefertigt hatte, wie folgt: "Man sah danach, wie die bewaffneten Könige den Kampf einstellten und wie sie vor dem Altar des Jupiter (in den Händen die Pokale für das Trankopfer) den Bund bestätigten, indem sie eine Sau töteten." Titus Livius hat die ursprüngliche Version dieser Zeremonie ebenfalls überliefert, in welcher im Münzbild auch der Stein in der Hand aus den Wolken seinen Hintergrund hat. Die Opferung des Schweins wurde von einem Priester mit einem Messer aus Quarz vollzogen. (Livius, Ab Urbe Condita, Buch 1, Kapitel 24, Die drei Horatier).

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 27. Jul 2020, 12:00 
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Toll! Danke!

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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 28. Jul 2020, 20:50 
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Afrasi hat geschrieben:
Toll! Danke!

Ich kann mich dem Vorredner nur anschließen! Grüße, KarlAntonMartini


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