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BeitragVerfasst: 3. Mai 2019, 12:11 
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Doktor
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Nachdem ich mich in den letzten Jahren vor allem mit Kleinmünzen der Habsburger beschäftigt habe, ist die Zeit reif, mein Sammelgebiet zu erweitern. Ich möchte mich in nächster Zeit auch mit mittelalterlichen Geprägen aus dem österreichischen Raum intensiver auseinandersetzen. Ein weites Feld, bei dem es durch neue Funde, auch immer wieder neue, interessante Erkenntnisse gibt.
Zum Einstieg werde ich mich auf die Suche nach einem Wiener Pfennig von Ottokar II. von Böhmen (1251-1276) machen.
Derzeit sind aus seiner 25-jährigen Herrschaft ca. 25 verschiedene Pfennige der Münzstätte Wien bekannt. Dies scheint mit der jährlichen Verrufung der Münzen in Zusammenhang zu stehen. Das heißt die alten Pfennige verloren ihre Gültigkeit und mussten gegen neue umgetauscht werden. Nur bekam man für 10 alte nur 8 oder noch weniger neue gültige Pfennige retour.

Da sieht man auch die aktuelle Diskussion über Bargeldverbot und eventuelle Negativzinsen auf Konten in einem neuen Licht.

LG
adam

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BeitragVerfasst: 3. Mai 2019, 22:58 
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adam hat geschrieben:
Dies scheint mit der jährlichen Verrufung der Münzen in Zusammenhang zu stehen. Das heißt die alten Pfennige verloren ihre Gültigkeit und mussten gegen neue umgetauscht werden. Nur bekam man für 10 alte nur 8 oder noch weniger neue gültige Pfennige retour.



Ja, und der Betrug am Volk wurde noch um einige nette Gemeinheiten weiter betrieben: Man setzte bei der Münzverrufung auch klammheimlich den Feingehalt und das Raugewicht herunter. Diese Negatvspirale setzte sich bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts fort, bis der Bevölkerung der Kragen platzte und sie die wertlosen Pfennige, die fast kein Silber mehr enthielten, nicht mehr akzeptierte. Es kam zu einschneidenden Reformen unter Kaiser Friedrich III., die das Ende des Pfennigs als Leitwährung bedeutete. Die Münzverrufung wurde vorher schon von Herzog Rudolf IV. abgeschafft und durch die Getränkesteuer (!) ersetzt. Übrigens war es der Bevölkerung im Mittelalter verboten, eine Münzwaage zu besitzen, damit sich niemand die schwereren Pfennige heraussuchen konnte. Die Pfennige hatten ja kein einheitliches Gewicht. Aus einer bestimmten Menge Silber (Raue Gewichtsmark) wurde eine bestimmte Menge Pfennige geschlagen, z.B. zur Zeit Ottokars II. hatte die Raue Wiener Mark ca. 280g, die Aufzahl (= Zahl der daraus geschlagenen Pfennige) betrug 400. Somit hatte ein Pfennig ein Durchschnittsgewicht von 0,7g. 150 Jahre davor hatte ein Pfennig noch um 1,4g.
OTAKAR

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BeitragVerfasst: 4. Mai 2019, 16:41 
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adam hat geschrieben:
Derzeit sind aus seiner 25-jährigen Herrschaft ca. 25 verschiedene Pfennige der Münzstätte Wien bekannt.
Hallo adam,
gleichzeitig ein interessantes, sowie auch ein dankbares Sammelthema. Das Ende der Babenberger war bereits hereingebrochen und der Beginn der übermächtigen Habsburger-Dynastie stand bereits vor der Türe. Pfennige von Otakar II. Přemysl, es sind lt. CNA 1 genau 21 verschiedene aus der Münzstätte Wien (B 158 bis B 178) sind nicht allzu selten und bis auf wenige Ausnahmen auch immer wieder in schönen Belegen zu bekommen. Zudem wäre das Thema jederzeit erweiterbar auf andere österreichische Münzstätten, denn es gibt B 177 (auch) und B 179 aus Enns, sowie 178 (auch), 180 und 181 aus Wiener Neustadt. Auch unter den Grazer Pfennigen wurden 12 Exemplare Ottokar II. von Böhmen zugeordnet. Hier sieht es aber mit der Verfügbarkeit bei vielen Stücken nicht mehr ganz so einfach aus. ;)

Herzlich willkommen im Mittelalter!
hexaeder

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BeitragVerfasst: 4. Mai 2019, 18:35 
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Doktor
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Servus OTAKAR, hallo hexaeder!

Danke für eure Informationen zum Thema Münzverrufung und Pfennige von Ottokar II.
War übrigens heute bei der gut besuchten Münzbörse in Wels auf der Suche nach einem Belegstück für Ottokar. Habe zwar ein Stück aus der Münzstätte Graz gesehen, leider in keiner ansprechenden Erhaltung.
Da man aber auch als Münzsammler "situationselastisch " sein muss, bin ich anderweitig fündig geworden. Bin allerdings wieder bei den Habsburgern gelandet. Es wurde ein hübscher Portraitpfennig von Herzog Rudolf IV. (1358 -1365 "Der Stifter") CNA D131 Münzstätte ebenfalls Graz.
Das war dann jener Herzog der die Münzverrufung beendet und die Getränkesteuer eingeführt hat. Erfreulicher Weise haben die durstigen Bürger jener Zeit auch zum Ausbau des Stephansdoms und der Gründung der Universität "Alma Mater Rudolphina" beigetragen.

LG
adam


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Dateikommentar: Pfennig Rudolf IV.
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BeitragVerfasst: 5. Mai 2019, 08:42 
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Hallo adam,
über den Pfennig gibt es im Tagungsband zum 7. Österreichische Numismatikertag 2 Aufsätze, die sich mit dem Münzverruf von 1359 befassen. Dummerweise wurden im 2. Aufsatz die beiden Grazer Pfennige D 131 und D 132 irrtümlich vertauscht [wohl meine Schuld...]
Darin heißt es ungefähr:
Da die Bilder von CNA D 132 und CNA B 264 bis auf die Helmzier (Adlerflug – Pfauenstoß) übereinstimmen, ist auch für den Grazer Pfennig D 131 1358/59 als Prägejahr anzunehmen.
Der Grazer Pfennig CNA D 131 zeigt den Kopf Rudolfs IV. im Profil nach rechts, bedeckt mit dem Erzherzogshut. Damit stimmt das Münzbild mit der Beschreibung der Kopfbedeckung im Privilegium Maius von 1359 überein, sodaß 1359/60 als Prägejahr anzunehmen ist. Beim Bild Rudolfs IV. auf dem Pfennig handelt es sich anscheinend um die erste Darstellung mit dem Erzherzogshut. Die Statue Rudolfs als Stifterfigur am Singertor von St. Stephan in Wien ist später entstanden, das bekannte Gemälde Rudolfs IV. im Dom- und Diözesanmuseum Wien wird auf das Jahr 1365 datiert.
Beste Grüße!
Jetonicus


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BeitragVerfasst: 5. Mai 2019, 19:34 
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adam hat geschrieben:
Da sieht man auch die aktuelle Diskussion über Bargeldverbot und eventuelle Negativzinsen auf Konten in einem neuen Licht.
Leider wurde die geplante vollständige Abschaffung von Bargeld bereits vor längerer Zeit eingeläutet. Eine der ersten sichtbaren Auswirkungen ist die Einstellung der € 500,- Banknote, mit der beinahe lächerlichen Argumentation, dass damit Drogenhandel und Terrorismusfinanzierung bekämpft werden sollen. In Österreich malen die Mühlen zwar etwas langsamer und der Vollzug wurde relativ lange hinausgezögert, aber nun ist der Fünfhunni auch bei uns Geschichte.
Aber alles läuft scheinbar darauf hinaus, dass jeder Mensch künftig von der ersten bis zur letzten Minute überwacht werden soll. Die wollen wissen welche Windel du als erste eingefärbt hast und ob dein Sarg aus Mooreiche war. :( :shock: :x Das sind ja schöne Aussichten.
hexaeder

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BeitragVerfasst: 6. Mai 2019, 13:50 
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Hofrat
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Habe heute eine passende Karikatur :? :shock: :( zum diesem traurigen Thema gefunden:


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BeitragVerfasst: 12. Mai 2019, 17:00 
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Doktor
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Hallo Jetonicus,
herzlichen Dank für den Hinweis auf den Tagungsband. Ist im Internet abrufbar und hat mir große Freude bereitet. Mit meiner Entscheidung meine Sammelinteressen Richtung Mittelalter auszudehnen scheine ich goldrichtig zu liegen. Durch den Erwerb eines Belegstückes kann man sich stundenlang mit der Kunst- und Wirtschaftsgeschichte dieser Zeit auseinandersetzen.
Was mir an meinem Stück auffällt ist, dass der Herzog nicht streng seitlich abgebildet ist, was einen den Eindruck vermittelt, der Herzog schaut einen mit beiden Augen an. Für mich ist eine Ähnlichkeit zum bekannten Gemälde erkennbar.

LG
adam


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Dateikommentar: Rudolf IV.
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BeitragVerfasst: 12. Mai 2019, 17:45 
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Lieber Adam,
da bist Du einer Täuschung erlegen. Bei Deinem Stück handelt es sich um einen Doppelschlag, d. h., die Münze wurde nach dem Prägeschlag nicht vom Untereisen fortgenommen, sondern der Münzpräger schlug ein zweites mal zu. Der Pfennig trägt also das Münzbild 2 mal, wobei die Bilder etwas zueinander verschoben sind. Daher die zwei Augen. So etwas kann vorkommen, denn beim Münzprägen wurde rasch und nicht genau gearbeitet. Das Bild mit den "2" Augen ist auf jeden Fall (unabsichtlich) gelungen.
Im Anhang ein anderes, einäugiges Exemplar, bei dem man das Kreuz auf dem Bügel besser sehen kann.
LG
Jetonicus


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