Kremser hat geschrieben:
Now it´s getting complicated.
Ja, das Kapitel ist sehr kompliziert und es ist keinesfalls möglich, hier die Entwicklung zu beschreiben, vor allem, weil es ja immer noch Lücken in der Forschung gibt und die Quellen oft nicht korrekt und ausreichend sind. Ich habe versucht, eine kleine Zusammenstellung aus der mir zur Verfügung stehenden Literatur zu geben, die bei weitem nicht vollständig ist und nur einen groben Überblick über die Zusammenhänge zwischen Wiener, Friesacher und Grazer Pfennig ein wenig erhellt.
Das Problem des Wertes der mittelalterlichen Münzen und der Vergleich untereinander ist aus folgenden Gründen äußerst kompliziert.
1. Es gab viele Münzherren und Münzstätten, die Münzen mit unterschiedlichem Wert (Feingehalt, Gewicht) prägten.
2. Der Münzfuß (Anzahl der Münzen, die aus einer feinen bzw. rauen Mark geprägt wurden) ist nicht einheitlich und ändert sich ständig.
3. Die Gewichtsmark ist nicht einheitlich und ändert sich im Laufe der Zeit.
4. Die Gewichtsmark ist in der Regel an Städte gebunden (Beispiel: um 1240 waren 500 Wiener Mark 562 1/2 Kölner Mark).
Vergleiche sind daher schwierig und bedürfen oft komplizierter Umrechnungen, die im Geldverkehr große Schwierigkeiten breiteten und dem Betrug Tür und Tor öffneten.
5. Die periodische Münzverrufung verleitet viele Münzherren, Feingehalt und Raugewicht der Münzen ständig zu verringern. Dadurch ergeben sich ständig auch andere Wechselkurse.
6. Schlechte (minderwertige) Münzen verbreiteten sich rasch und verdrängten die guten (Gresham-Kopernikanisches Gesetz). Gute Münzen werden behalten, schlechte weitergegeben.
Verbreitung und Rückgang der Münzen wurden aber auch oft durch politische oder kriegerische Ereignisse beeinflusst. Beispiel: Rückgang des Friesacher Pfennigs durch das Vordringen der Agleier (Aquilea) oder durch den Einfall der Mongolen im Südosten (Slowenien Südungarn, Kroatien).
7. Immer wieder kommt es zu Fälschungen, Nachprägungen oder Nachahmungen, die am Wert der Originale kratzen.
8. Immer wieder ergaben sich auch Probleme mit dem Feingehalt. Die Differenz zwischen effektivem und virtuellem (= gewolltem) Feingehalt kann bis zu 60/1000 und mehr betragen.
Die Wiener Gewichtsmark hat sich im 13. Jahrhundert von 241,588g auf 280,614625g (vor allem unter Ottokar II.) bis 1283 verändert.
Aufschluss über die Entwicklung des Wiener Pfennigs ergibt die bereits weiter oben eingefügte Tabelle.
Hier sind Vergleichswerte zu Friesacher Pfennigen.
Der Friesacher Pfennig beruht auf einer erstmals 1149 erwähnten Friesacher Gewichtsmark.
1125/35 werden 144 Pfennige aus der rauen Mark von 210,42g geschlagen, das ergibt ein Raugewicht von 1,461g (wird später auf 160 Pfennige mit Raugewicht 1,315g verschlechtert).
ab 1170 Eriacensis-Gepräge; der Kölner Münzfuß wird übernommen: Neue Kölner Mark: 233,81g: 188 Denare (Pf.) ergibt ein Raugewicht von 1,2436g, Feingehalt 900/1000 (= 1,169g Feingewicht
ab 1217 herabgeminderte Pf.: 240 St. aus feiner Kölner Mark (Raugewicht 1,036g, Feingewicht 0,974g)
nach 1246 stete Abwertung
1286 Münzvertrag zwischen Erzbischof Rudolf v. Salzburg und Herzog Meinhard v. Kärnten: Einführung der Wiener Mark (280,575g): 344 Pfennige auf die raue Mark (Gewicht 0,816g) = 366 Pfennige auf die feine Mark (0,768g)
1334 Raugewicht 0,816g, Feingewicht 0,725g
Steirischer Pfennig
In der Steiermark wurde anfänglich nach Friesacher Schlag geprägt.
Der Babenberger Leopold VI. und der Erzbischof Eberhard von Salzburg führen zeitweise sogar eine gemeinsame Münzstätte in Pettau (Ptuij-Slowenien).
1250 860/1000 Feingehalt
1260 Raugewicht 1,1g, Feingewicht 0,974g
Nach 1300 Feingewicht 0,7306 (bzw. 0,7304g) -zum Vergleich: Friesacher Pf: 0,7254g, Feingehalt zw. 700 bis 800/1000
Unter Herzog Rudolf IV.: Feingehalt 650/1000
ab 1409 wurden Steirische Pfennige nach „Korn und Wag“ wie Wiener Pfennige geprägt.
Empfohlene Literatur:
Bernhard Koch: Der Wiener Pfennig, Wien 1983, ISBN 3 900593 00 0
Bernhard Koch: Corpus nummorum Austriacorum (CNA) Band I Mittelalter (Wien 1994, ISBN: 3-900325 – 34 -0)
A. Luschin von Ebengreuth: Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit. München und Berlin 1926
Über das Verhältnis des Wiener Pfennigs zu den Kreuzern Meinhards II. sollte wohl ein Spezialist aus dem Tiroler Raum antworten.
OTAKAR