Hallo, ein sehr spannendes Stück !!!
Also: Bei Bodenfunden ist BITTE erst mal der exakte Fundort extrem wichtig für alle weiteren Interpretationen, d.h. der Ortsname, die Fundumstände, Ackerfläche außerhalb eines Ortes oder innerörtlich, oder an oder bei einer Kirche oder einem Kloster (da spricht der Archäologe in mir!!!)
Wichtig: das Stück ist gegossen und nicht geprägt! Ist für die Datierung wichtig zu wissen.
DANN: Leider wissen die wenigsten (auch Fachrestauratoren) wie man Bleiobjekte schonend reinigt. Die Inschrift ist doch perfekt erhalten, man muss sie nur vorsichtig freilegen. Ich habe dazu ein extrem schonendes Verfahren mit einer speziellen Messingbürste, das Stück wird dabei vom Bleioxyd befreit, das Blei selbst wird nicht angegriffen. Ich wolle dazu immer mal ein Video machen und ins Netz stellen, sollte ich irgendwann mal machen. Also eine schonende Reinigung wäre möglich, dann könnte man die Inschrift problemlos lesen (s.u.).
Ganz wichtig: gibt es einen Hinweis auf eine entfernte Öse im oberen Bereich? Denn es kann auch um eine Medaille (d.h. Wallfahrtsmedaille) handeln oder eben um eine Marken, da kommen mit dem Christuskopf u.a. Abendmahlsmarken in Betracht. Die geringe Größe ist dabei egal, sowohl Marke oder Medaillen können in diesem Fall zutreffen. Gegossene Bleimarken sind typisch für das 15. bis 19. Jh., vor allem aber im 16./17. Jh., gegossene religiöse oder Wallfahrtsmedaillen gibt es nur bis um 1800, dann aber aus Bronze, aber aus Blei ist das eher ungewöhnlich. Ich tippe daher eher auf Marke. Auf einer religiösen Medaill hätte der Reichsadler nichts zu suchen.
Zum Christuskopf: Das ist die spiegelbildliche und sehr sehr schlechte Wiederhabe des „waren Antlitz Christi“ nach dem Kupferstich von Hans Burgkmair dem Älteren von 1512. Daher KÖNNTE die Umschrift Teile (!) des Folgenden lateinischen Textes enthalten: TVES CHRISTVS FILIVS DIE VIVI QVI INHVNC MVNDVM VENITI IHS XPS SALUA TOR MUNDI. DemnachMUSS das Stück nach 1512 sein!
UND: In der Slg. Werner Jaggi (Auktion Gorny & Mosch 226, 2014, Nr. 3323) gibt es eine Silbermedaille in der ebenfalls dieser Christuskopf erscheint, dieses mal NICHT spiegelbildlich zu dem Holzschnitt, aber spiegelbildlich zu dem auf diesem Stück., mit der Umschrift DEUTSCHEN Inschrift: IHESVS CHRISTVS WARER GOT VND MENSCH. Dieses Stück ist datier 1551 !!!
Die Umschrift auf der RS mit dem Reichsadler müsste man daher noch etwas freilegen, der Doppelkopfadler spricht für etwas offizielles, Herstellung auf jeden Fall innerhalb des damaligen Römisch-Deutschen Reiches nördlich der Alpen, also kein Import aus Rom, wo ja ein Zentrum für die Herstellung gegossener Wallfahrtsmedaillen bestand. Ob es sich um ein Stadtwappen oder um den Reichsadler handelt könnte man ggf. über die Umschrift bestimmen.
Ich denke das Stück stammte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts oder dem frühen 17. Jh.. Zur Funktion ist zur Zeit kaum etwas Konkretes zu sagen.
Viele Grüße Wertmarkenforum
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