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BeitragVerfasst: 30. Sep 2010, 11:32 
Lieber otakar,

genau das Mittelalter meinte ich.
Ich danke dir nochmals ganz herzlich für deine Aufklärung.

An alle :
Was war denn zwischen den Römern und dem Beginn mittelalterlicher Prägungen ?
Nur Tauschhandel in Austria ?

Lg.
rainschnarcher


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BeitragVerfasst: 30. Sep 2010, 15:12 
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rainschnarcher hat geschrieben:
An alle :
Was war denn zwischen den Römern und dem Beginn mittelalterlicher Prägungen ?
Nur Tauschhandel in Austria ?

Durch die Zerrüttung des römischen Reiches im 3. Jhdt zerfiel auch das Währungssystem zusehens und es konnte sich, trotz mehrerer Reformversuche, nicht mehr erholen.

Mit dem Einbruch der Hunnen im Osten des Römischen Reiches begann die Völkerwanderung ... zwischen 375 und 568 ließen sich verschiedene germanische Völker auf römischem Reichsgebiet nieder und zunächst benutzten sie ausschließlich römische Münzen.

In vielen Teilen des ehemaligen Reiches bestand also die römisch-gallische Geldwirtschaft weiter, während man in anderen Gebieten allmählich zur Naturalwirtschaft zurückkehrte, gemünztes Geld wurde nur mehr als Schmuck verwendet. Für den Fernhandel war der "Solidus" aus Byzanz sehr beliebt. Als Erbe des weströmischen Reiches begann der germanische Stamm der Franken, regiert von dem Königsgeschlecht der Merowinger, ab dem Anfang des 6. Jhdts allmählich eigene Goldsolidi zu schlagen. Ein Goldsolidus war unterteilt in drei Teile, den Trienten oder Tremissi.

Im 7. und 8. Jhdt zersplitterte das Münzwesen in West- und Mitteleuropa immer mehr, Geistliche und Adelige begannen auf eigene Faust Münzen zu prägen. Um das Jahr 700 gab es ca. 800 Münzstätten, jedoch keine Einigung auf ein Münzgewicht, das Geldwesen war sozusagen "verwildert".

Die Zeit der Reformen kam in der Mitte des 8. Jhdts: der Vater Karls des Großen, Pippin, begann mit den ersten großen Umstellungen ... er beseitigte die schlimmstem Auswüchse, indem er die Zahl der Münzstätten von vorher 800 auf 40 herabsetzte, die Münzmeister wurden unter Aufsicht des Staates gestellt.

Karl der Große führte die Münzreform weiter, er setzte im ganzen Reich eine einheitliche Münzprägung durch. Das römische Pfund wurde durch das Karlspfund ersetzt (408g). Daraus wurden silberne Denare oder Pfennige geschlagen, von denen 12 auf den Schilling und 20 Schillinge auf das Pfund gerechnet wurden. Das halbe Karlspfund nannte man Mark. Durch unterschiedliche Genauigkeit beim Wiegen in den unterschiedlichen Gegenden Europas bekam die Mark ein unterschiedliches Gewicht; die bekannteste Mark wurde die Kölner Mark mit einem Gewicht von 233,8 Gramm (der Friesacher Pfennig z.B. wurde zu Beginn genau nach dem Kölner Münzfuß geschlagen).

Karl der Große legte auch fest, dass die neue Währung überall, in jeder Stadt, in jedem Land, gesetzliches Zahlungsmittel sein sollte. Es durfte nur mehr in den kaiserlichen Pfalzen geprägt werden und es gab in ganz Europa 34 Münzstätten. Die Silberwährung war somit durchgesetzt und die silbernen Pfennige wurden die wichtigsten Münzen bis ins ausgehende Mittelalter ... Europa hatte also bereits damals eine einheitliche Währung.

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BeitragVerfasst: 30. Sep 2010, 17:22 
Lieber taurisker,

auch dir noch einmal herzlichen Dank für deine umfassende Antwort.
Das ist alles sehr interessant, da habe ich noch viel zu lernen.

Lg.
rainschnarcher


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BeitragVerfasst: 30. Sep 2010, 18:57 
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Ich danke euch allen für eure tollen Beiträge.

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BeitragVerfasst: 30. Sep 2010, 21:00 
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Ich möchte auf die interessanten Ausführungen unseres tauriskers noch ein wenig eingehen und die Situation im Mittelalter – speziell in unserem Raum – beschreiben. Münzgeld spielte vom 5. bis ins 9. Jahrhundert im Ostalpenraum kaum eine Rolle. Obwohl entlang der Donau ein lebhafter Handel stattgefunden hatte, dürften die ständigen Auseinandersetzungen mit den Völkern des Ostens (Hunnen, Avaren, Magyaren) die Entwicklung stark beeinträchtigt haben. Ein richtiger Münzumlauf hat in dieser Zeit nicht stattgefunden. Bezahlt wurde vorwiegend mit Waren oder Metallbarren. Aus karolingischer Zeit gibt es daher auch kaum Funde (bisher 9 Exemplare). Auch byzantinische Münzen sind rar, obwohl zu Byzanz immer gute Kontakte herrschten, die im 12. und 13. Jhdt. auch durch Heiraten gefestigt wurden. (Heinrich Jasomirgott und Leopold VI. waren mit byzantinischen Prinzessinen verheiratet.) Im 10. und 11. Jhdt wurden zwar schon Münzen (Denare) in Salzburg geprägt. Die bedeutendste Münze war für unseren Raum war damals der Regensburger Pfennig. Diese Pfennige dienten allerdings in erster Linie dem Fernhandel (Funde im Baltikum und in Skandinavien). Eine neue Phase der Münzgeschichte wurde im 12. Jhdt. eingeläutet. Es erfolgte ein langsamer Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft. Die Währungsgrenzen wurden immer enger und die Münzen mehr den regionalen Machtzenteren zugeordnet (Kremser, Wiener, Salzburger, Frisacher, Grazer Pfennig…..). Das führte auch zur Gründung der zahlreichen Münzstätten, da der Geldbedarf stieg und die Münzherren sehr bald dahinterkamen, dass sich dabei auch viel Geld verdienen ließ, was in der alljährlichen Münzverrufung (= Zwangsumtausch 12 alte, gute gegen 9 neue, schlechtere) einen traurigen Höhepunkt fand. Auf der Strecke blieben die kleinen Leute, die diesen Tricks hilflos ausgeliefert waren (Kommt Ihnen das in unserer Zeit nicht ein wenig bekannt vor??).
Noch ein Wort zum Schilling (Solidus). Im Mittelalter war er nur mehr eine Wertbezeichnung und keine reale Münze. Auch seine Unterteilungen (Semissis, Tremissis, Saiga, Scotus, und Semidragma) waren nur Verrechnungsgrößen. Im bayerisch-österreichischen Raum galt nicht wie im Rest des Reiches der Schilling zu 12 Denaren sondern der „lange Schilling“ zu 30 Denaren (Pfennigen). 1 (Wiener) Rechenpfund = 8 Schilling = 240 Denare.
Mit freundlichen Grüßen!
OTAKAR

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BeitragVerfasst: 13. Jan 2016, 13:42 
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Liebe Mittelalter-Freunde,

nachträglich noch alles Gute im neuen Jahr! Da ich mich kürzlich unter die stolzen Besitzer eines "Sirenen-Pfennigs" (CNA A23?, 0,83g) einreihen durfte :D , möchte ich diesen hier auch vorstellen und zugleich den schönen alten Thread "a bisserl" aufpolieren.

Die ungewöhnlich große und sehr dünne Münze (fast schon wie ein Brakteat) erinnert auf den ersten Blick an die Regensburger Dünnpfennige und deren Problematik (gegenseitiges "Verschlucken" der Stempelbilder). Zum Vergleich zeige ich einen bzw. mehrere Emmerig 102 (Herzog Heinrich XII., der Löwe,1156-1180; unter 1g), ebenfalls mit Löwenbändigungs-Motiv, von dem annähernd perfekte Exemplare nur sehr schwer und dann natürlich zu heftigen Preisen zu bekommen sind. Meine "Mosaiksteinchen" waren im Vergleich dazu (auch in der Summe) ziemlich günstig. Normannenschild, Kettenhemd (Waffenrock) und Spitzhelm (typisch für das 12. Jh.) sind gut zu sehen.

BTW, ist im CNA hinsichtlich der Randverzierung wirklich von "Hufeisen", anstatt von "Omega(s)" die Rede? Zu Neujahr passen die Hufeisen natürlich besser. ;)


LG
AvP


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BeitragVerfasst: 13. Jan 2016, 14:46 
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Lieber AVP,
ich gratuliere dir zu diesem schönen Stück, das du da eingefangen hast. Sehr gut ausgeprägt und kaum beschnitten.
Im CNA sind ja die verschiedenen Typen dieses Pfennigs auf 7 Seiten beschrieben. Eine Detailbestimmung ergibt: B23 A VI, 4, Betta (Löwenköpfe sichtbar, 4 Kleeblätter + 3 Punkte).
Schöne Grüße!
OTAKAR

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BeitragVerfasst: 13. Jan 2016, 14:54 
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Vielen Dank, lieber otakar! Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist B23 die allgemeine Bezeichnung und das darauf folgende A steht für die sichtbaren Löwenköpfe. :book:

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BeitragVerfasst: 13. Jan 2016, 20:25 
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Es freut mich, dass über die schönen großen Pfennige von Heinrich II Jasomirgott wieder "gesprochen" wird. Für mich, als Liebhaber von mittelalterlichen Gepräge, üben gerade diese Kremser Pfennige alleine schon durch ihre, für das Mittelalter ungewöhnliche Größe, eine besondere Faszination aus! Durch einen größeren Fund in Ostösterreich, mit einer doch sehr namhaften Stückzahl, erst in den letzten Jahren, sind wieder einige Dutzend Stücke um "leistbare" Preise in Umlauf gekommen. Erst kürzlich wurden noch zwei Stück aus diesem Fundus auch auf Ebay gehandelt!
Durch sehr glückliche Umstände war es mir möglich auch zwei Dutzend Pfennige der Typen B23A und B23B zu erwerben, die sich alle durch verschiedene Beizeichen unterscheiden. Bei einigen Stücken ist auch der "mit dem Löwen ringende Mensch" auf dem Revers deutlich ausgeprägt. Das beigefügte Foto, mit einer Hand voll Hochmittelalterpfennigen aus dem 12. Jahrhundert, ist noch vor der Zuordnung, bei der mir OTAKAR dankender Weise sehr hilfreich unter die Arme gegriffen hat, entstanden! Heute würde ich ein derartiges Bild nicht mehr machen, da die korrekte Bestimmung doch wieder einige Zeit in Anspruch nehmen würde! ;)
Da AvP diesen "schönen alten Thread" wieder "a bisserl aufpoliert" hat, wollte ich euch dieses Foto auch nicht vorenthalten.

hexaeder


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BeitragVerfasst: 13. Jan 2016, 20:32 
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So ist das AVP. Unter Gruppe A sind die Pfennige mit sichbaren Löwenköpfen zusammengefasst, und unter B die Pfennige bei denen die Löwen aus dem Bauch des Herrschers herauswachsen.
Schöne Grüße!
OTAKAR

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