Anhand von ein paar Münzen, die sich in meiner Sammlung zusammengefunden haben, möchte ich versuchen, einen kurzen Überblick über die Ereignisse um das Jahr 1216 AD / 613 AH im Orient geben. Zur Orientierung für einen Zeitrahmen mit Schwerpunkt Europa sind für dieses Jahr eine französische Invasion in England, die Krönung Heinrichs III. von England und die erste urkundliche Erwähnung von Dresden (angeblich slawisch für „Sumpfwald“) vermerkt.
Im Orient waren andere Ereignisse von Bedeutung. In Aleppo starb der Ayyubidenherrscher Al Zahir (1186-1216 AD) und hinterließ ein kurzfristiges Machtvakuum. Hier ein undatierter Fals aus seiner Regierungszeit …
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… und ein (etwas späterer) typischer „Stern-Dirhem“ der Ayyubiden, wie er auch unter den Artuqiden geprägt wurde.
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650-AH_al_Nasir_Dirhem_n.jpg [ 108.61 KiB | 20306-mal betrachtet ]
Die Vorstellung dieses Dirhem hat einen besonderen Grund, wie sich gleich zeigen wird.
Weit im Norden im Iran hatte nämlich der Schah von Khwarizm (das ist im weiteren Sinne der Bereich um das heutige Usbekistan und Tadjikistan) seinen Machtbereich ausgebaut und im West-Iran einen starken Verbündeten gefunden, einen Gouverneur der Abbasiden. Der Abbasiden-Kalif al-Nasir in Bagdad sah das ungern und ließ diesen Gouverneur umgehend beseitigen. Diesen Mord wiederum nahm der Schah von Khwarizm, Ala al-din Mohammed ibn Tekesh (1200-1220 AD), zum Anlaß für einen Rache- bzw. Eroberungsfeldzug in den heutigen Irak. Sein Heer rekrutierte er überwiegend aus ayyubidischen Söldnern und Kriegern der afghanischen Bergvölker, und da es zu seinen Gewohnheiten gehörte, in eroberten Gebieten die Währung derjenigen der ansässigen Bevölkerung anzupassen, ließ er für die Bezahlung der Söldner und Afghanen die ihnen vertrauten ayyubidischen Stern-Dirhems von Münzstätten prägen, die mit dem Heer zogen. Einen solchen (Halb-)Dirhem zeige ich hier.
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614-AH_Khwarizm_Muhammad_n.jpg [ 110.85 KiB | 20306-mal betrachtet ]
Das besondere an diesem Typ ist, daß er ausschließlich mit dem Jahr 614 (AH) geprägt wurde und – aus dem oben genannten Grund – keine Münzstätte nennt. Für den Ungeübten – also auch für mich – ist eine korrekte Zuweisung daher schwierig.
Der Feldzug endete übrigens durch einen verfrühten Wintereinbruch in einem Desaster, in dem das Heer des Khwarizm-Schahs aufgerieben wurde. Aber die Münzen waren noch vorhanden, und es gibt keine Quelle, die von einem Verlust der Kriegskasse berichtet. So spricht einiges dafür, daß die überlebenden afghanischen Krieger, die an Feldzüge im Gebirge gewohnt waren, ihren Sold mit in die Heimat nahmen, denn dort und in verschiedenen Teilen des Iran, in Syrien und bis nach Palästina werden sie noch heute gefunden.
Für den Khwarizm-Schah war es der letzte Feldzug im Westen. Im Osten rückten die Mongolen an, und nur zwei Jahre später war sein Reich fast vollständig erobert.
Diese Hintergrund-Infos verdanke ich ausschließlich Alex, einem Mitglied der Zeno-Community, aus dessen verschiedenen Postings ich sie zusammengestellt habe.
Gruß klaupo