Liebe Reisegesellschaft.
Alle, die durchgehalten haben und bei der Ankunft nach der langen Reise nicht übel geworden ist, sind recht herzlich dazu eingeladen, das Ziel zu Erreichen.
Ihr seit tapfer mitgefahren und habt mit mir 11.565 Km auf den Straßen verbracht.
9. Die Reise, das Ziel, die Rückreise
Nepal
Auch die Formalitäten in Nepal waren unkompliziert.
Dateianhang:
18_Grenze_Nepal.jpg [ 13.02 KiB | 12454-mal betrachtet ]
Wir hatten unser zweites Ziel erreicht, wir betraten nepalesischen Boden, empfanden es fast wie die erste Mondlandung.
Unser Ziel war zunächst Pokara, die zweitgrößte Stadt Nepals. Nachdem wir den ersten Ort nach der Grenze erreicht hatten, änderte sich die Landschaft sehr stark. Die Berge wurden größer und schroffer, unheimlich und schön zugleich. Die Berge waren bis auf eine Höhe von ca. 2000m alle terrassiert. Das muss eine gigantische Arbeitsleistung gewesen sein, Wahnsinn. Da hatten Generationen dran gearbeitet, alles Handarbeit. Bewässerungsgräben waren angelegt, die Felder befestigt und alle bewirtschaftet. Die Bauern hatten meine volle Bewunderung. Sogar die Straße wurde nach einem Steinschlag gefegt.
Dateianhang:
19_Bewirtschaftung.jpg [ 28.52 KiB | 12454-mal betrachtet ]
Wir machten am Vormittag eine Frühstückspause und wurden sofort von 20 Kindern umringt. Wo sie so schnell herkamen, war uns ein Rätsel. Wir hatten eigentlich einen strategisch guten Platz gewählt. Ein Frühstück war nicht möglich. Es gesellte sich dann ein älterer Mann dazu. Ihm wurden unsere gesamten Vorräte an Bonbons und Schreibstiften in einem Karton übergeben, mit dem Hinweis, es an die Kinder gerecht zu verteilen. Dann verabschiedeten wir uns und sahen im Rückspiegel den Kampf des alten Mannes mit den Kindern. Irgendwie fühlten wir uns beschämt, uns wurde dabei ganz deutlich, in welchem Überfluss wir eigentlich lebten.
Wir schafften es bis nach Pokara und fanden einen Stellplatz direkt am See. Am nächsten Morgen hatten wir einen wirklich phantastischen Blick über den See, direkt auf die schneebedeckten Berge. Wir gingen erst einmal im See schwimmen und machten uns mit der Umgegend vertraut.
Am nächsten Morgen konnten wir kaum aufstehen und das Auto verlassen, fliegende Händler hatten uns umlagert.
Dateianhang:
20_Pokhara.jpg [ 15.91 KiB | 12454-mal betrachtet ]
Ein Bergbauer, kein Händler, war an unserer Abwaschwanne interessiert. Die wollten wir nicht verkaufen. Aber er hat uns echt breit geschlagen, sein Sohn sollte darin gewaschen werden, ist für sein Baby genau das richtig Format. So sehr ich mich auch wehrte, es trieb den Preis, selbst hergestellte Armreifen, weiter in die Höhe. Das schlechte Gewissen meldete sich, er bot dann schon vier Armreifen, er bekam es dann für zwei Stück und wir kauften im Ort einen Ersatz.
Wir konnten zwei Boote mieten und sind angeln gefahren. Die Köder aus den Rinderfladen fanden wir gut, brachten aber kein Erfolg. Wir bekamen Köder geschenkt, das half etwas. Nach viereinhalb Stunden hatten wir immerhin einen Fisch gefangen. Wir gingen in einem Hotel essen.
Wir fuhren am nächsten Tag nach Kathmandu, etwa 260 Km nach Osten. Die Pässe, die wir durchfuhren, waren unbeschreiblich schön, der Khyberpass war dagegen ausgesprochen blass, geradezu nicht vergleichbar. Die Berge waren zur Bewirtschaftung in Terrassen angelegt. Ein unglaublicher Anblick. Auf dem Weg nach Kathmandu sahen wir in einem kleinen Ort eine Hochzeitsgesellschaft. Die Leute waren ausgelassen und luden uns gleich ein, an der Feier teilzunehmen. Wir konnten das umgehen.
Wir kamen am Ziel unserer Wünsche an: Kathmandu. Ziemlich runtergekommen, aber glücklich; suchten uns einen Standplatz in der Nähe der Innenstadt.
Dateianhang:
21_Stellplatz_Nepal.jpg [ 14.19 KiB | 12454-mal betrachtet ]
Wir machten uns sogleich auf den Weg in die „Stadt“ und wurden nicht enttäuscht. Nach den vergangenen Erlebnissen fanden wir praktisch alles toll und sogen die Eindrücke unersättlich in uns hinein.
Und wieder konnten wir nicht schlafen. Das Ziel hatten wir erreicht, eigentlich unglaublich. Nach 11.565 Km und 34 Tagen waren wir am Ziel. Das Erlebte passierte noch einmal Revue und dann der Schreck, wir müssen ja auch wieder zurück.
Wir versuchten das zu „vertagen“; das gelang auch immer besser.
Wir trafen den Deutschen mit dem Kühltransporter wieder. Er kannte die Probleme mit dem Zoll und den Zollgebühren für die Einführung eines Autos sehr gut. Er hatte sich in Deutschland einen großen Stempel machen lassen, Königreich Deutschland mit riesiger Krone drauf, beeindruckend. Und Papiere für die Einfuhr aus dem Königreich, toll gemacht. Der Einfuhrzoll wird nach dem Baujahr des Fahrzeuges ermittelt. Also, was lag da näher, als das Baujahr neu zu ermitteln, unter Mithilfe der Zöllner und den Königreichspapieren natürlich. Kleine Beschleunigungsgebühr und die Einfuhr der „alten Möhre“ war gelaufen.
Die Berliner begannen alsbald Erkundigungen einzuholen, wo sie ihr Auto verkaufen könnten. Ihre ursprüngliche Planung war, nach Nepal fahren, Auto verkaufen und heim fliegen. Sie verbrachten viel Zeit damit, die Aufkäufer auch, sie kannten das und warteten ab, die Zeit lief gegen die Berliner.
Wir hatten erfahren, unsere Freunde mit dem anderen VW-Bus waren auch in Kathmandu angekommen. Wir sahen uns einmal kurz und wünschten uns gegenseitig angenehmen Aufenthalt und gute Rückreise.
In Kathmandu besichtigten wir alles, was uns interessant erschien. Das Nationalmuseum, den Affentempel und die umliegenden Klöster, soweit wir rankamen. Meine völlige Überraschung war immer wieder, egal wo ich war, die Menschen waren stets freundlich und hilfsbereit. Ich besuchte mal alleine ein Tempelritual in der ersten Etage eines Gebäudes. Tänzer mit furchteinflößenden Masken hielten die Zeremonie ab. Es störte keinen, wirklich keinen, dass ich als Ausländer, gekleidet wie ein Ausländer und sicherlich auch das Verhalten eines Ausländers hatte, daran teilnahm und mir das Prozedere ansah. Einfach Wahnsinn, Räucherstäbchen sorgten für den orientalischen Duft, Kerzen für die Andächtigkeit, die Maskerade für die Zeremonie. Das Ambiente war unbeschreiblich. Mich wollte keiner bekehren, ich wurde völlig in Ruhe gelassen. Das war entspannender als sonst an einem Ort in der Stadt. Die Menschen waren tief religiös, ruhten in sich und ließen „Götter“ neben sich zu. Eine beeindruckende Erfahrung.
Abends gingen wir in einen pie shop. Dort aßen wir leckeren Kuchen.
Die Tage in Kathmandu verbrachten wir unterschiedlich. Es gab so viel zu sehen. Bald kannte man uns offensichtlich und wir wurden nicht mehr so oft auf irgendeinen Nippes angesprochen, den wir nicht haben wollten.
Im Fluss wurde der Müll entsorgt, Autos gewaschen, Schweine suchten nach Essbarem, Menschen wuschen sich darin; die Asche Verstorbener wurde verstreut, sobald der Leichnam an den Feuerplätzen am Fluss verbrannt war. Der Fluss nahm alles auf, meterhoch. Es brannte an verschiedenen Stellen.
Wir genossen die Zeit. Schrieben Postkarten, um ein Lebenszeichen zu senden, stöberten auf den Märkten rum, erwarben ein paar Kleinigkeiten und versuchten die Bestellungen aus der Heimat zu erfüllen. Wir sahen uns die unendlich vielen Tempel und Stupas an. Auch die Architektur der Altstadt war wunderschön. Was uns doch sehr nervte, waren die ständigen Aufforderungen, in jedes Geschäft zu kommen. Was uns nicht nervte, waren die Bettelmönche oder die Bettler. Jeder bekam ein paar Paisa ohne Murren. Manch ein Bettelmönch revangierte sich mit einem roten Punkt auf der Stirn. Auch die nepalesischen Geschäftsleute gaben mit völliger Selbstverständlichkeit eine kleine Münze.
Die Tage vergingen und wir wollten das Auto für die Rückreise vorbereiten. Wir führten verschiedene Wartungsarbeiten durch, um für die Rückreise gerüstet zu sein.
Der Tag der Abreise kam doch schneller als erwartet. Wir wollten ein paar Tage Reserve einbauen, da auch die Grenzen mal schnell eine Woche geschlossen bleiben könnten, so berichteten uns jedenfalls andere Reisende, die wir unterwegs trafen.
Auf unserem Stellplatz sprachen wir mit einem Holländer und seiner Frau. Er war junger Arzt und fragte uns, welche Medikamente wir hätten und ob er davon etwas bekommen könnte. Wir zeigten ihm unsere Apotheke. Einiges wollte er haben, nicht für sich, sondern um den Menschen zu helfen, wenn sie in Not geraten waren.
Wir verabschiedeten uns von unseren neuen Freunden und wünschten viel Glück beim Verkauf ihres Autos. Sie fanden allerdings keinen Käufer, dafür aber ein paar Franzosen, die mit dem Auto wieder zurück fuhren, weil ihr Fahrzeug defekt war.
Bevor wir das Tal verließen, besuchten wir noch den Opfertempel. Sie waren wie in einem Blutrausch. Ob Hühner, Zeigen, Schafe und sogar ein Rind, alles wurde abgemurkst. Die „Schlächter“ wateten in einer mehrere Zentimeter hohen Blutlache, vermengt mit abgeschnittenen Köpfen, und anderen Körperteilen, sowie die unverzichtbaren Blütenblätter bunter Blumen. Dieses Gemetzel war nicht einfach anzusehen, hielt uns aber nicht davon ab, das Ritual doch genau anzusehen. Durch die lange Reise wuchsen wir ohne Schock in die andersartige Kultur hinein.
Wir nahmen endgültigen Abschied und fuhren wieder nach Westen, bzw. erst nach Süden. Wir wollten nicht über Pokhara zurück, sondern direkt nach Süden zur indischen Grenze. Es dauerte nicht lange und es hielt uns eine Straßensperre auf. Die Straße sei unter Wasser und weggeschwommen. Wir redeten um die Wette, wollten nur noch Stück weiter, Freunde besuchen. Wir durften dann passieren. Die nächste Straßensperre kam. Und das erste Militär war dabei. Wir wollten fast resigniert aufgeben und fuhren probeweise einfach direkt zum Schlagbaum und traten sehr forsch auf, vielleicht klappt es ja. Wir zeigten ganz wichtige Papiere, z.B. irgendwas vom ADAC und Botschaftsschreiben, die keiner lesen konnte. Hauptsache viele Stempel. Es klappte. Aber die Straße sei völlig zerstört. Wir fuhren mit böser Miene fort, lachten uns aber innerlich kaputt.
Auf der Straße standen immer mehr Autos und Lastkraftwagen. Dann kam die dritte Sperre, nur noch Militär. In der Ferne sahen wir dann die „überschwemmte und kaputte“ Straße: Es war alles Unsinn mit dem Wasser, überall lagen Pflastersteine rum, brennende Reifen. Gelegentliche Gewehrsalven waren zu hören. Soldaten liefen hin und her, Demonstranten warfen Gegenstände, viele Zerstörungen waren sichtbar. Wir waren nun soweit gekommen und sahen schon die Kreuzung, an der wir abbiegen könnten. Eigentlich wollten wir weiter nach Süden, aber jetzt hatten wir keine Wahl mehr, umdrehen oder durch.
Wir fuhren rotzfrech zur Straßensperre, zeigten wieder unsere „wichtigen“ Papiere und taten sehr aufgebracht, weil wir an der Weiterfahrt gehindert wurden. Dann drängten wir auf Freimachung der Sperre und fuhren unbeirrt weiter, kamen an die Kreuzung und bogen dann nach rechts (Westen) ab, so, als wenn alles völlig normal wäre. Kleiner Handgruß (viel Spaß noch) aus dem Fenster und weg. Wir waren von unserer gespielten Kaltschnäuzigkeit selber überrascht. Wahrscheinlich das Militär und die Studenten auch. Für uns beruhigte sich die Lage ... und unsere Verfassung erst recht.
Wir fuhren jetzt parallel zwischen der Grenze Nepals im Süden und unserer Hinfahrtstrecke weiter im Norden. Wir durchquerten den Nationalpark (Tiger Tops), bzw. streiften ihn, besuchten ihn aber nicht. Wer weiss, was noch alles kommen könnte. Wir überquerten auf diesem Stück Straße drei wunderschöne Pässe mit Höhen bis 2.350m. Zwischendurch gab es immer wieder Straßensperren, an denen wir unsere Maut entrichteten. Einmal durchbrachen wir fast eine Bambusschranke, weil wir sie im Sonnenschein nicht erkennen konnten. Es blieb eine Beule am Dach zurück.
Dann nahmen wir die „Schwerlastfähre“, um über den Fluss zu kommen. Ich habe leider kein Foto. Um die Fähre im Ort zu finden, fragten wir in der Bevölkerung. Die gezeigten Richtungen waren für unser Denken völlig unmöglich. Zwischen Häusern dicht hindurch, zum Fluss. Wir hatten gedacht, das ist der Weg der Müllabfuhr. Und wirklich, dort lag ein doppelrumpfiges Ruderboot, ein paar dicke Planken oben drauf, fertig war die Fähre. Sie hatten gerade angelegt und winkten uns das Flussbett hinunter und mit etwas Schwung auf das Boot rauf. Ein paar Fußgänger kamen dazu und die Fahrt begann. Sie ruderten tatsächlich mit Mannkraft über den Fluss, nutzten geschickt die Strömung aus und brachten uns tatsächlich ans andere Ufer. Wir waren begeistert. Dann fuhren wir zur indischen Grenze und übernachteten noch auf der nepalesische Seite.
Wenn Ihr die Rückreise mitmachen wollt, dann bleibt dabei, sie verlief schneller als die Hinreise.
Ginkgo