Hallo mal wieder an die Freunde orientalischer Münzen,
ich möchte hier mal etwas zu ein paar Münzen aus dem Raum
Anatolien erzählen. Ende des 10. Jahrhunderts waren die Seldschuken - ein Turkomanenvolk - an der Ostgrenze des byzantinischen Reiches aufgetaucht und hatten bei
Manzikert die byzantinischen Streitkräfte, die ihnen entgegengeworfen wurden, geschlagen (1071 AD). In der Folge breiteten sie sich über weite Teile Anatoliens aus, das damals zum Reich der Rhomäer (Byzanz) gehörte, und aus diesem Siedlungsgebiet leitet sich ihr Name ab - die
Seldschuken von Rum / Rom. Eigenes Geld prägten sie in der frühen Phase nicht. Man darf annehmen, daß byzantinisches Geld und die Münzen muslimischer Anrainerstaaten aus dem Osten kursierten. Erst nach einer Phase der Konsolidierung und der Etablierung eigenständiger Fürstentümer tauchten Mitte des 12. Jahrhunderts die ersten Kupfermünzen auf. Sie zeigen im Avers einen Reiter, im Revers werden Name und Titel des Münzherrn genannt.
Dateianhang:
Suleyman-1155-n.jpg [ 83.86 KiB | 27065-mal betrachtet ]
Zitat:
Rum-Seldschuken, Sulayman Shah als Malik von Tokat. AE Fals (6,59 g, 25 x 27 mm), ND (ca. 1155 AD), No Mint.
Seine größte Ausdehnung erreichte das Reich der Seldschuken von Rum unter
Kayqubad I. (1220 - 1237). Es umfaßte nun ganz Zentral-Anatolien vom Mittelmeer bis zum Schwarzen Meer. Seine Angriffe auf Georgien konnte dessen Königin Rusudan nur abwehren, indem sie ihre Tochter Tamar mit Kayqubads Sohn Kaykhusraw II. vermählen ließ. Davon wird noch die Rede sein.
In die Zeit Kayqubads I. fällt auch die Blüte der seldschukischen Architektur, zu nennen besonders die
Divrigi Ulu Dzamija - die Große Moschee in
Sivas. Ein bildhaftes Detail (der Doppeladler) aus dem Portal dieser Moschee ist unten zu sehen. Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg einher ging die eigene Münzprägung. Geprägt wurden fast ausschließlich Schriftmünzen mit sorgfältiger Kalligraphie und ornamentalem Schmuck. Goldmünzen sind selten, aber die Silber-Dirhems waren von so hoher und gleichbleibender Qualität, daß sie zur bevorzugten Handelswährung über die Grenzen des Reichs von Rum hinaus wurden. Als es in der folgenden Periode in der Region zu einer Silberknappheit kam, wurde ihre Ausfuhr allerdings unter Strafe gestellt.
Dateianhang:
Kayqubad_625_konya-n.jpg [ 104.23 KiB | 27065-mal betrachtet ]
Zitat:
Rum-Seldschuken, Kayqubad I. AR Dirham (2,95 g, 24 mm), 625 AH, Konya.
Kayqubad war zweimal verheiratet. Mit einer Armenierin hatte der den Sohn Kakhusraw II., von einer Ayyubidenprinzessin zwei weitere Söhne. Die Thronfolge regelte Kaykhusraw auf seine Weise: Er ließ seine beiden Halbbrüder liquidieren und deren Mutter und ihre Parteigänger gleich mit. Seine Regierung stand unter keinem guten Stern. Im Innern mußte er eine religiöse Revolte bekämpfen, von außen drangen aus dem Osten die Mongolen vor. Bei Köse Dag kam es 1243 zur Entscheidungsschlacht. Die seldschukische Elite fiel, Kaykhusraw floh nach Antalya - mit der Kriegskasse, heute würde man sagen "all inclusive", und die Seldschuken von Rum wurden Vasallen der Mongolen.
Unter
Kaykhusrew II. (1237-1246) wurden die wohl attraktivsten Münzen der Rum-Seldschuken geprägt - die Bild-Dirhems mit dem "
Sonnenlöwen". Dieser Typ hat zu mancherlei Deutungsversuchen geführt. Angeblich wollte Kaykhusrew seine heißgeliebte Frau, die Georgierin Tamar, die bereits oben erwähnt wurde, auf Münzen verewigt sehen, nahm aber aufgrund des Einspruchs seiner Ratgeber davon Abstand und wählte statt dessen ihr Horoskop - die Sonne im Zeichen des Löwen. Eine andere Version deutet das Münzbild als den Löwen Kaykhusrew und die Sonne Guercue Thamara-Khatun, so ihr voller Name. All das sind hübsche Geschichten, die sich nicht belegen lassen, denn der Sonnenlöwe ist als uraltes Symbol aus dem iranischen Raum bekannt ... und wie will man vor diesem Hintergrund jenen seltenen Münztyp deuten, welcher
zwei Löwen zeigt?
Dateianhang:
Kaykus-2_Lion-n.jpg [ 101.62 KiB | 27065-mal betrachtet ]
Zitat:
Rum-Seldschuken, Kaykhusraw II. AR Dirham (3,01 g, 22,5 mm), 640 AH, Sivas
Abschließend möchte ich noch einen Münztyp vorstellen, der ein interessantes Licht auf die außenpolitischen Beziehungen der Rum-Seldschuken wirft. Am südostlichen Rand ihres Reiches hielt sich als Durchgangsland für die Kreuzfahrer der christliche Staat
Klein-Armenien (auch kilikisches Armenien). Dessen Herrscher
Hetoum I. (1226-1270) hat es - wie seine lange Regierungszeit andeutet - offenbar verstanden, sein Reich mit diplomatischem Geschick zwischen den angrenzenden Großmächten zu halten. Unter Kayqubad und Kaykhusrew kam es sogar zu einer Art Währungsunion, deren Hintergründe jedoch weitgehend ungeklärt sind. Als Ergebnis kennen wir jedoch
die bilingualen / zweisprachigen Trams, die auf einer Seite den armenischen König zu Pferd zeigen, auf der anderen Seite den Herrscher der Seldschuken - Kayqubad bzw. Kaykhusrew - nennen. Das Bild zeigt ein Stück, auf dem der Name Kayqubad mit Kaykhusrew überprägt wurde. Wer da auf diesen Münzen nun Souverän und wer Souzerän ist und welche Seite als Avers bzw. Revers anzusprechen ist, darüber streiten sich bis heute die Gelehrten.
Dateianhang:
Kayqu_Hetoum-n.jpg [ 99.59 KiB | 27065-mal betrachtet ]
Zitat:
Hetoum - Kaykhusraw, AR Bilingual Tram (2,89 g, 24 mm), ND (637 AH), Rv. Überprägt
Ist vielleicht ein wenig lang geworden, aber kürzer hab ich es leider nicht zustande gebracht. Respekt allen, die bis hierher durchgehalten haben!
Gruß klaupo