...Am Nachmittag ging es zurück nach Axum. Was soll ich über diese Stadt berichten? Entweder mache ich es kurz und knapp und verweise auf Wikipedia, oder ich werde ausführlicher. Laßt mich mal einen Kompromiß versuchen. Die kleine Stadt Axum in der Provinz Tigray ist aus historischer Sicht (und vor allem aus numismatischer) zweifellos das Non-Plus-Ultra in Äthiopien. Manche behaupten zwar, dies sei Lalibela, aber außer den dortigen Felsenkirchen, die zudem auch viel neuerem Datums sind als die historischen Stätten von Axum, gibt es dort nicht viel zu sehen. Vor allem wurden in Lalibela keine Münzen geprägt.
Bleiben wir also in Axum. Die axumitische Herrschaft begann in etwa 400 v.Chr. möglicherweise aber auch schon früher. Legenden ranken sich um die Königin von Saba, die 1000 Jahre vor Christus gelebt haben soll. Der Niedergang der axumitischen Macht dürfte auf das 8. Jahrhundert n.Chr. zu datieren sein. Also eine ziemlich lange Zeit der Präsenz, während der nicht nur eine große Zahl von Provinzen innerhalb des heutigen Äthiopiens tribrutpflichtig waren, sondern auch Handelsbeziehungen in alle möglichen Teile der Welt gepflegt wurden. Axumitische Münzen – diese Funde bilden den Grundstock für die Identifizierung der Könige von Axum – fanden sich in Griechenland, Israel und sogar Indien.
http://de.wikipedia.org/wiki/AksumDie Stadt ist wirklich nicht sehr groß. Bekanntestes Monument dürfte das Stelenfeld am Nordrand der Stadt sein, das touristisch mittlerweile auch etwas ausgeschlachtet wird, jedenfalls wird das versucht. Nachts wird das Feld von vielen Strahlern in alle Richtungen beleuchtet. Die kleinen Strahler, in einer Art von “Gewächshäuschen“ aus Glas eingefasst, sind über das ganze Feld verteilt und auch auf dem ersten Bild zu sehen. Das Stelenfeld dürfte noch aus vorchristlicher axumitischer Zeit vor AD340 stammen. Erster christlicher Herrscher war Ezanas, der sich um AD340 zum Christentum bekehren ließ. Die großen Stelen weisen Bilder von Türen auf, wie sie auch in arabischen Ländern anzutreffen sind. Deshalb die Vermutung, daß sie vor des Einzuges des christlichen Glaubens von Nachfahren der Sabäer aufgestellt wurden. Die größte mit einer Höhe von 33 m und einem Gewicht von 500 Tonnen ist leider seit vielen Jahren umgekippt (im Vordergrund von Bild 1). Andere Stelen sind wackelig, werden durch Drahtseile stabilisiert und sind durch einen Bauzaun unzugänglich gemacht worden. Das ganze Feld bietet eher ein trauriges als epochales Bild ab. Links auf Bild 1 sieht man ein kleines Haus, das ein wirklich schönes archäologisches Museum beherbergt. Es wird dort auch eine Anzahl von axumitischen Münzen vorgestellt, inklusive eines Versuchs der Erklärung dazu. Der Zweck des Stelenfeldes war eine Grabstätte für hochgestellte Persönlichkeiten. Wer dort aber liegt? Fragt mich nicht. Dazu wissen offenbar nicht mal die Profi-Archäologen eine Antwort.
Geht man zu Fuß vom Stelenfeld in Richtung Südwest, bekommt man eine Fülle von interessanten Eindrücken geliefert (ein Beispiel ist Bild 3). Etwas außerhalb der Stadt findet sich der Rest einer riesigen Anlage (Bild 4). Insgesamt zählt man 57 Zimmer, von denen nur die Grundmauern erhalten sind. Man sagt, daß es sich um den Palast der Königin von Saba handeln soll. Das ist archäologisch allerdings sehr umstritten. Vermutlich stammt das Gebäude, von dem nur noch die Grundrisse erhalten sind, aus späterer Zeit. Läßt man seinen Blick auf dem Bild weiter in den Hintergrund schweifen, erkennt man ein weiteres Stelenfeld, vermutlich älter als das im Norden der Stadt. Das Feld ist archäologischen noch nicht erschöpfend untersucht. Es wird gemunkelt, daß es sich um die Grabstätte Menelik I. handeln soll, aber wer weiß das schon? Heute ist das ein Acker, der von axumitischen Bauern jedes Jahr neu umgepflügt und mit Saatgut des dort beliebten Getreides Teff bebaut wird. Dabei kommen ständig auch axumitische Münzen zum Vorschein. Hier, wie auch an vielen anderen Stellen in und um Axum. Ein paar Beispiele werde ich in Kapitel 6a zeigen. Auf dem fünften Bild ist eine Marktszene aus Axum vorgestellt. Die Produkte (Gemüse, Gewürze, Dinge des täglichen Bedarfs) sind meist auf dem Boden präsentiert, während sich die hockenden Verkäufer mit Schirmen vor der brütenden Sonne schützen. Das sechste Bild zeigt schließlich den Schreiber dieser ausführlichen Zeilen vor einer Tella-Bar. Tella? Was ist denn das? In Afrika gibt es generell gutes Bier. Ich habe mich jedenfalls noch nicht beschweren müssen. Einerseits findet man Bier, das nach europäischer Art von professionellen Brauereien hergestellt wird (in Äthiopien sind das z.B. St.Georges, Meta oder Dashen), oder auch auf traditionelle Weise lokal produzierte Biere. Die bekommt man nicht in den Hotels oder einschlägigen Gaststätten. Man muß dazu in Beer-Halls gehen, die nur mit Hilfe von einheimischen netten Zeitgenossen zu finden sind. Gar nicht weit vom Marktplatz in Axum entfernt, konnte ich ein solches Etablissement ausfindig machen. Als ich eintrat, fühlte ich mich irgendwie an fränkische Dorfgasthöfe erinnert: Auf einen Schlag erstarb das Gespräch. Ein Fremder war da! Aber genau wie bei den geschätzten Franken lösten sich die anfänglichen Berührungsängste schnell auf. Es entwickelte sich im Dunklen der Lokalität ein freundliches und lockeres Gespräch zwischen dem Farangi und der Stammkundschaft. Ich fühlte mich innerhalb kurzer Zeit integriert und die Fragen, die auf mich einprasselten, waren zeitlich mit einem Becher Tella nicht zu beantworten. Ich blieb also länger. Leider hatte ich, wie schon in einem obigen Kapitel beschrieben, kein Blitzlicht dabei. Es gibt also nur ein Bild vom Eingang an frischer Luft (Bild 6). Die Portion Tella wird in emaillierten Bechern zu etwa 0,4 Litern ausgeschenkt und kostet 1 Birr. Das sind ziemlich genau 5 Euro-Cents. Man kann es sich also leisten, ein paar mehr davon zu trinken.
http://en.wikipedia.org/wiki/TellaBild 1: Stelenfeld am Nordrand der Stadt.
Bild 2: Dieses Stelenfeld auf einer UN-Medaille von 1979 (Silber, 11.27 g, 31.8 mm)
Bild 3: Straßenpartie aus Axum
Bild 4: Teil des Grundrisses des sog. Palastes der “Königin von Saba“
Bild 5: Markt in Axum
Bild 6: MG vor einem Tella-Haus
Im Kapitel 6a kommen wir endlich zu den Münzen aus Axum…
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Heute liegt in aller Ewigkeit vor morgen. Bringe den heutigen Tag zu Ende, dann kümmere Dich um den nächsten (afrikanisches Sprichwort)