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Seldschuken von Rum https://numismatik-cafe.at/viewtopic.php?f=6&t=2019 |
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Autor: | klaupo [ 20. Mär 2010, 12:28 ] |
Betreff des Beitrags: | Seldschuken von Rum |
Hallo mal wieder an die Freunde orientalischer Münzen, ich möchte hier mal etwas zu ein paar Münzen aus dem Raum Anatolien erzählen. Ende des 10. Jahrhunderts waren die Seldschuken - ein Turkomanenvolk - an der Ostgrenze des byzantinischen Reiches aufgetaucht und hatten bei Manzikert die byzantinischen Streitkräfte, die ihnen entgegengeworfen wurden, geschlagen (1071 AD). In der Folge breiteten sie sich über weite Teile Anatoliens aus, das damals zum Reich der Rhomäer (Byzanz) gehörte, und aus diesem Siedlungsgebiet leitet sich ihr Name ab - die Seldschuken von Rum / Rom. Eigenes Geld prägten sie in der frühen Phase nicht. Man darf annehmen, daß byzantinisches Geld und die Münzen muslimischer Anrainerstaaten aus dem Osten kursierten. Erst nach einer Phase der Konsolidierung und der Etablierung eigenständiger Fürstentümer tauchten Mitte des 12. Jahrhunderts die ersten Kupfermünzen auf. Sie zeigen im Avers einen Reiter, im Revers werden Name und Titel des Münzherrn genannt. Dateianhang: Zitat: Rum-Seldschuken, Sulayman Shah als Malik von Tokat. AE Fals (6,59 g, 25 x 27 mm), ND (ca. 1155 AD), No Mint. Seine größte Ausdehnung erreichte das Reich der Seldschuken von Rum unter Kayqubad I. (1220 - 1237). Es umfaßte nun ganz Zentral-Anatolien vom Mittelmeer bis zum Schwarzen Meer. Seine Angriffe auf Georgien konnte dessen Königin Rusudan nur abwehren, indem sie ihre Tochter Tamar mit Kayqubads Sohn Kaykhusraw II. vermählen ließ. Davon wird noch die Rede sein. In die Zeit Kayqubads I. fällt auch die Blüte der seldschukischen Architektur, zu nennen besonders die Divrigi Ulu Dzamija - die Große Moschee in Sivas. Ein bildhaftes Detail (der Doppeladler) aus dem Portal dieser Moschee ist unten zu sehen. Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg einher ging die eigene Münzprägung. Geprägt wurden fast ausschließlich Schriftmünzen mit sorgfältiger Kalligraphie und ornamentalem Schmuck. Goldmünzen sind selten, aber die Silber-Dirhems waren von so hoher und gleichbleibender Qualität, daß sie zur bevorzugten Handelswährung über die Grenzen des Reichs von Rum hinaus wurden. Als es in der folgenden Periode in der Region zu einer Silberknappheit kam, wurde ihre Ausfuhr allerdings unter Strafe gestellt. Dateianhang: Zitat: Rum-Seldschuken, Kayqubad I. AR Dirham (2,95 g, 24 mm), 625 AH, Konya. Kayqubad war zweimal verheiratet. Mit einer Armenierin hatte der den Sohn Kakhusraw II., von einer Ayyubidenprinzessin zwei weitere Söhne. Die Thronfolge regelte Kaykhusraw auf seine Weise: Er ließ seine beiden Halbbrüder liquidieren und deren Mutter und ihre Parteigänger gleich mit. Seine Regierung stand unter keinem guten Stern. Im Innern mußte er eine religiöse Revolte bekämpfen, von außen drangen aus dem Osten die Mongolen vor. Bei Köse Dag kam es 1243 zur Entscheidungsschlacht. Die seldschukische Elite fiel, Kaykhusraw floh nach Antalya - mit der Kriegskasse, heute würde man sagen "all inclusive", und die Seldschuken von Rum wurden Vasallen der Mongolen. Unter Kaykhusrew II. (1237-1246) wurden die wohl attraktivsten Münzen der Rum-Seldschuken geprägt - die Bild-Dirhems mit dem "Sonnenlöwen". Dieser Typ hat zu mancherlei Deutungsversuchen geführt. Angeblich wollte Kaykhusrew seine heißgeliebte Frau, die Georgierin Tamar, die bereits oben erwähnt wurde, auf Münzen verewigt sehen, nahm aber aufgrund des Einspruchs seiner Ratgeber davon Abstand und wählte statt dessen ihr Horoskop - die Sonne im Zeichen des Löwen. Eine andere Version deutet das Münzbild als den Löwen Kaykhusrew und die Sonne Guercue Thamara-Khatun, so ihr voller Name. All das sind hübsche Geschichten, die sich nicht belegen lassen, denn der Sonnenlöwe ist als uraltes Symbol aus dem iranischen Raum bekannt ... und wie will man vor diesem Hintergrund jenen seltenen Münztyp deuten, welcher zwei Löwen zeigt? Dateianhang: Zitat: Rum-Seldschuken, Kaykhusraw II. AR Dirham (3,01 g, 22,5 mm), 640 AH, Sivas Abschließend möchte ich noch einen Münztyp vorstellen, der ein interessantes Licht auf die außenpolitischen Beziehungen der Rum-Seldschuken wirft. Am südostlichen Rand ihres Reiches hielt sich als Durchgangsland für die Kreuzfahrer der christliche Staat Klein-Armenien (auch kilikisches Armenien). Dessen Herrscher Hetoum I. (1226-1270) hat es - wie seine lange Regierungszeit andeutet - offenbar verstanden, sein Reich mit diplomatischem Geschick zwischen den angrenzenden Großmächten zu halten. Unter Kayqubad und Kaykhusrew kam es sogar zu einer Art Währungsunion, deren Hintergründe jedoch weitgehend ungeklärt sind. Als Ergebnis kennen wir jedoch die bilingualen / zweisprachigen Trams, die auf einer Seite den armenischen König zu Pferd zeigen, auf der anderen Seite den Herrscher der Seldschuken - Kayqubad bzw. Kaykhusrew - nennen. Das Bild zeigt ein Stück, auf dem der Name Kayqubad mit Kaykhusrew überprägt wurde. Wer da auf diesen Münzen nun Souverän und wer Souzerän ist und welche Seite als Avers bzw. Revers anzusprechen ist, darüber streiten sich bis heute die Gelehrten. Dateianhang: Zitat: Hetoum - Kaykhusraw, AR Bilingual Tram (2,89 g, 24 mm), ND (637 AH), Rv. Überprägt Ist vielleicht ein wenig lang geworden, aber kürzer hab ich es leider nicht zustande gebracht. Respekt allen, die bis hierher durchgehalten haben! Gruß klaupo |
Autor: | KarlAntonMartini [ 20. Mär 2010, 13:06 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
Mit Genuß zu lesen, danke! |
Autor: | Afrasi [ 20. Mär 2010, 13:26 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
Moin Klaupo! Vielen Dank! Vom Feinsten ... Tschüß, Afrasi |
Autor: | Klosterschueler [ 20. Mär 2010, 23:58 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
Hallo Klaupo! Ist das Prüfungsstoff Klosterschüler |
Autor: | payler [ 21. Mär 2010, 09:24 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
Danke Klaus! |
Autor: | klaupo [ 21. Mär 2010, 10:46 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
Nun ja, mir macht's Spaß, mich mit den Münzen zu beschäftigen, die bei mir landen ... und warum dann das Vergnügen nicht teilen!? Lieber Klosterschueler, Zitat: Ist das Prüfungsstoff ... ... nö, nur ein bißchen was zum Üben, und wenn du ein paar Spickzettel für die Lektüre der Legenden brauchst - hier sind sie: Sulayman Shah als Malik von Tokat Kayqubad I. AR Dirham 625 AH, Konya Kaykhusraw II. AR Dirham, 640 AH, Sivas Hetoum - Kaykhusraw, AR Bilingual Tram,ND (637 AH) Viel Spaß und viel Erfolg! Gruß klaupo Wichtiger Nachtrag: Um die arabischen Texte korrekt lesen zu können, müssen sie kopiert und horizontal gespiegelt werden. Der Verfasser der Seite hat auf der Startseite hinzugefügt: SORRY FOR SOME UNKNOWN REASON ARABIC LINES MAY BE READ FROM REVERSE IN YOUR PC I AM TRYING TO FIX IT. |
Autor: | villa66 [ 21. Mär 2010, 12:01 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
Danke, klaupo. Nett! v. |
Autor: | hanjogo [ 21. Mär 2010, 14:07 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
moin, ein herausragender Versuch, den Leser mit einem neuen Sammelgebiet vertraut zu machen. Suchtgefahr! entspannte Grüße Hanjo |
Autor: | pingu [ 21. Mär 2010, 21:26 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Seldschuken von Rum |
Hallo, vielen Dank für den interessanten Beitrag - da kann ein gewisses Suchtpotential nicht abgesprochen werden.... Grüße René |
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