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 Betreff des Beitrags: Re: Seldschuken von Rum
BeitragVerfasst: 19. Feb 2015, 21:39 
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Doktor
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Beiträge: 182
AvP hat geschrieben:
Inkuse Prägungen sollten etwas Licht ins Dunkel bringen...


Und hier haben wir eine: http://mehmeteti.150m.com/seljuqsofrum/484.htm

Da hier 2 x die Sultan-Seite (einmal Positiv, einmal Negativ) zu sehen ist, ist diese eindeutig dem Unterstempel zuzuordnen. Da jener im Gegensatz zum Oberstempel nicht den vollen Pressdruck abbekam, hielt er auch wesentlich länger.

Vielleicht kann einer von Euch etwas zur Austausch-Häufigkeit der beiden Stempel sagen: ich hab' nämlich keinen blassen Schimmer.

Auf alle Fälle darf man annehmen, dass die "wichtigere Seite", also der Av, mit dem Unterstempel aufgeprägt wurde. Das würde heißen, dass auch zu damaliger Zeit die Sultan-Seite als Av angesehen wurde, und nicht, wie von mir angenommen, die Kalif-Seite. Das spricht zumindest für ein gesundes Selbstbewusstsein von Kai Kawus I. (as-Sultan al-ghalib ) 8-)

غالب (ġhālib) bedeutet "dominant" Passt doch.

Der Beginn der Prägeformel "Geprägt in Sivas" ist ein weiteres Indiz dafür, dass wir es bei dem verlinkten Foto mit dem Av zu tun haben.

Rein zufällig ;) halte ich gerade ein solches Stück in Händen, und es ist keine inkuse Prägung.
Der Rv zeigt nicht nur die zu erwartende Prägung (al-Imam an-Nāṣir li-Dīni ’llāh (الناصر لدين الله)
Emir al-Muminin), sondern auch die Fortsetzung der Prägeformel: "Jahr 610" (als Numeral).


Fakten stehen nun einmal über Mutmaßungen und Präferenzen. In dem Augenblick, in dem man der eigenen Meinung bzw. seinem Wunschdenken einen höheren Stellenwert als Fakten einräumt - oftmals braucht man nur 1 und 1 zusammen zu zählen -, entfernt man sich nicht nur von der Wissenschaft, sondern auch von der Wahrheit. Nicht dass jemand denkt, dass ich jetzt zwei unterschiedliche Begriffe gleichsetzten möchte... Ich bin mir der Tatsache sehr wohl bewusst, dass sich die Wissenschaft immer nur an die (allumfassende) Wahrheit heranzutasten versucht, aber innerhalb ihrer Grenzen leistet sie hervorragende Arbeit.

Ob ich nun alle meine Rum-Seldschuken umdrehen, also mit der Sultan-Seite nach oben drehen werde? Nein, schließlich zeigt die Kalif-Seite Münzstätte und Prägejahr. Die Dirhems der "Drei Brüder" beispielsweise unterscheiden sich lediglich durch die Prägeformel. Sie sollen daher weiterhin mit dem Av nach unten liegen - wie bei der Prägung. :|

Und noch etwas gilt es zu bedenken: ein einziges Beispiel ist noch lange kein Beweis. Erst eine statistisch relevante Anzahl von "Beispielen" (die dann logischerweise alle in dieselbe Richtung weisen müssen) kann als Beweis gewertet werden. Die "breite Mehrheit" bildet die Norm, und was davon abweicht, kann als Ausnahme angesehen werden.

Vielleicht war das gezeigte Beispiel eine Ausnahme. Will ich mir jetzt alles schönreden? Nein, "vielleicht" stimmt immer...



Gruß
AvP

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Zuletzt geändert von AvP am 20. Nov 2015, 22:19, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Seldschuken von Rum
BeitragVerfasst: 14. Okt 2015, 16:21 
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Wirklicher Hofrat

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Nach der umfangreichen Legenden-Analyse kommt hier mal wieder etwas leichtere Kost aus der Welt der Rum-Seldschuken. Die Türkei gab wiederholt Gedenkprägungen auf einen der bedeutendsten persischsprachigen Dichter des Mittelalters heraus - Mevlana Galal ad-Din „Rumi“ (1207-1273) – der als Zeitgenosse der Seldschuken-Sultane bei diesen hohes Ansehen genoß und als Zeitzeuge den Höhepunkt ihrer Macht und ihren Niedergang erlebte. Eingebettet habe ich deshalb sein Portrait zwischen zwei Dirhems der beiden Sultane, die seinen Lebensdaten einen Rahmen geben - Kay Kobad I (616-634 AH / 1219-1237 AD) und Kay Khusru III (663-681 AH / 1265-1282 AD). Die beiden Dirhems wurden in Konya, der Wirkungsstätte Rumis, in den Jahren 618AH (links) respektive 677AH (rechts) geprägt Das Revers der Gedenkprägung zeigt das von Rumi gegründete Mevlana Kloster in Konya, in dessen Nähe er auch begraben liegt.

Dateianhang:
677_Dirhem_Konya_Rumi_Mevlana_n.jpg
677_Dirhem_Konya_Rumi_Mevlana_n.jpg [ 116 KiB | 12973-mal betrachtet ]

Über sein Leben und Wirken gibt hier ein wenig mehr zu lesen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Dschalal_ad-Din_ar-Rumi

Um diesen Beitrag abzurunden, folgen noch zwei Stücke aus der 1. Regierungszeit des Kay Kayush II (643-646 AH / 1245-1248 AD), die ich noch nicht gezeigt habe. Der Siwas-Dirhem ist eine Variante des Prachtstücks, das @AvP in diesem Thread (S. 2 Mitte) bereits vorgestellt hat. Die ornamentale Schlaufe erscheint hier im Revers. Die Umschrift im Avers ist auf drei Seiten beschränkt, während die vierte Seite zwischen den beiden Sternen eine Rosette zeigt. Beide Dirhems zeichnen sich durch eine außerordentlich saubere Prägung aus.

Gruß klaupo


Dateianhänge:
646AH_Dirhem_Izz_ad-Din_1st_reign_Siwas_n.jpg
646AH_Dirhem_Izz_ad-Din_1st_reign_Siwas_n.jpg [ 104.27 KiB | 12973-mal betrachtet ]
645AH_Izz_ad-Din_Kaykaus_II_1st_reign_Konya_n.jpg
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 Betreff des Beitrags: Re: Seldschuken von Rum
BeitragVerfasst: 21. Nov 2015, 00:26 
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Doktor
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Beiträge: 182
Prachtvoll, auch die Gedenkmünze! Und ein sehr geschmackvoller herbstlich anmutender Hintergrund.

Meine jüngste Neuerwerbung passt da gut dazu:
Kayka'us II., Konya (Square in Circle Type), 645h

Leider folgt dann wieder etwas schwerere Kost, die nur bei guter Verdauung gewinnbringend ist. ;)

Kaykhusraw II. führte ab 642h (Ende des Sun/Lion Type) die wohl blumigsten Titel,
die von seinem Sohn Kayka'us II. übernommen wurden:

Av:
Basmala
‏Shahada
الامام ‏المستعصم
(al-Imam al-Musta'sim
بالله امرالمومنين
bi-'llah Amir al-Muminin)

Rand:
في سنة خمس و اربعين و ستمائة
(fi sanat / khams / wa arba'in / wa sittmi'at)


Rv:
السلطان الاعظم
(al-Sultan al-a'zam)
Der gewaltige Sultan
ظل الله في العالم
(zillu 'l-lah fi'l-'alam)
Shatten Allahs auf Erden
ءزالدنيا والدين
(iz al-Dunya wa al-Din)
Glanz der Welt und des Glaubens
كيكاوس بر كيخسرو
(Kayka'us bin Kaykhusraw)
قسم امرالمومنين
(Qasim Amir al-Muminin)
Unterstützer des Beherrschers der Gläubigen

Rand:
ضرب هزا الدرهم بمدينة قونية
(Duriba haza al-Dirham bi-Medina[t] Qunya[t])

Die beiden Ränder musste ich erst vom dicken Belag befreien. Dabei zerbrach das schöne Stück. :cry: :headbang: Und das durch den gelinden Druck eines Zahnstochers (nach dem Zitronensäurebad)! :shock: Man muss bei der mechan. Reinigung wirklich sehr behutsam vorgehen. Diese alten Teile sind oft ziemlich madig, was man von außen nicht (immer) sieht!!! Habe den Dirham dann mit Superkleber geklebt und so gut es ging den Riss kaschiert. Ja, ich weiß, Asche auf mein Haupt; ich mag es aber nicht, wenn die Münze aus zwei oder gar mehreren Teilen besteht.


Mit traurigem Gruß
AvP


Dateianhänge:
K800_KaykawUC.JPG
K800_KaykawUC.JPG [ 99.08 KiB | 12913-mal betrachtet ]
K800_KaykawC.JPG
K800_KaykawC.JPG [ 99.6 KiB | 12913-mal betrachtet ]

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Zuletzt geändert von AvP am 21. Nov 2015, 11:38, insgesamt 5-mal geändert.
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 Betreff des Beitrags: Re: Seldschuken von Rum
BeitragVerfasst: 21. Nov 2015, 08:39 
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Doktor
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Beiträge: 182
Nachtrag zu klaupos Dirhams von 645h und 646h:

Meines Wissens handelt es sich bei Ersterem, von dem es noch eine sehr interessante Variante mit einer Diwani 5 gibt (http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=21978), um den einzigen RS-Dirham, bei dem der Kalif mit seinen Titeln (in diesem Fall "al-Imam al-Musta'sim bi-'llah Amir al-muminin") in der Umschrift aufscheint.
Zum wohl häufigsten Jahrgang 646h ist Folgendes zu sagen:
Entweder bei 9h eine Diwani 6 (/), gefolgt von ar... ba'in wa (6h) und sittmi'at (3h)
(http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=38929) oder wie beim hier gezeigten Stück:
sanat (9h), dann sitt (in Naskh, aber spezielle Schreibweise) (6h) und arba'in sittmi'at (3h) (Diwani).

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass das Femininum von sitt (ستة) ohne diakritische Punkte - diese fehlen jedoch i.d.R. - von sanat (سنة) nicht zu unterscheiden ist: ein ähnlicher Fall wie der mit der 7 und der 9.

Und weil wir gerade dabei sind - bei den reinen Schrift-Typen von Kay Khusraw II. fällt Folgendes auf:
Neben den maskulinen Numeralen ithna اثنى (Zwei) und thelath ثلث (Drei) werden wir auch mit deren Feminina (ithnat إثنة und thelathat ثلثة) konfrontiert. Feminine Numerale begegnen uns auch noch später bei den "Drei Brüdern" (Sivas). Dieser Umstand trägt hin und wieder zur Verwirrung bei.


Abschließend möchte ich noch hervorheben, dass ich meinen kleinen Leitfaden zum Lesen der Datumsangaben auf den Dirhams der "Drei Brüder" überarbeitet und von diversen Ungenauigkeiten befreit habe. Ein Update war ja schon seit Langem fällig. :book:



@klaupo:
Wer, zum Teufel, ist "Kaykayush"? :mrgreen:
BTW, Dein Stück #17671 wurde bei ZENO neu datiert.
Vermutlich ist Dir das entgangen.

LG
AvP

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 Betreff des Beitrags: Re: Seldschuken von Rum
BeitragVerfasst: 23. Apr 2017, 11:01 
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In Rumi's einzigem Prosawerk "fihi ma fihi" ("Es ist, was es ist" od. "Drin ist, was drin ist") wird vielfach ein gewisser "Parvana" erwähnt, der zweifelsohne der prominenteste Schüler Rumi's gewesen sein dürfte, sofern er überhaupt als solcher akzeptiert worden war. Zumindest standen sich die beiden hochberühmten Männer ziemlich nahe. Mu'in al-Din Sulaiman Parwana, wie der persische Fädenzieher hinter den offiziellen Sultanen mit vollem Namen hieß, "regierte" von 1261 bis 1277 AD. Bereits 1243 war er zum Wesir von Kaykhusrwaw II. und in der Folge zum Emir von Tokat und Erzincan ernannt worden. Nachdem er Kaykhusraw's Witwe, Gürcü Hatun (= Tamar, Tochter der georgischen Königin Rusudan), geheiratet hatte, die Rumi's Patronin war, avancierte er zum eigentlichen Herrscher über das langsam zerfallende Reich der Rum Seltschuken. Er soll ein großer Intrigant gewesen sein und brachte unter Kaykhusraw's noch minderjährigen Söhnen den Wunschkanditaten Kilitsch Arslan IV auf den Thron. Da er in der Folge wegen des enormen Ausbaus seiner Macht befürchtete, von diesem entmachtet zu werden, ging er zu einem Präventivschlag über: im Jahr 1265 erwürgte er den Sultan, dessen jüngerer Sohn, Kaykhusraw der III., zum offiziellen Nachfolger ernannt wurde.
Der opportunistische und machtbesessene Parvana wurde seinerseits im Jahr 1277 vom Ilkhaniden-Herrscher Abagha getötet. Aus dem benachbarten Königreich Kleinarmenien kam die Kunde, dass er das Fleisch des Getöteten zum Essen verteilt haben soll. [Quelle = engl. Wikipedia]

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