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 Betreff des Beitrags: Sansibar
BeitragVerfasst: 29. Aug 2009, 20:20 
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Wirklicher Hofrat
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Hallo allerseits,

“Ich hab’ die ganze Welt geseh’n,
Von Singapur bis Aberdeen.
Wenn Du mich fragst, wo’s am schönsten war,
Sag ich: Sansibar...“

Diese Zeilen sang Achim Reichel 1991 seinem Solo-Song “Aloa Heja He“.

http://www.youtube.com/watch?v=DRzzl-h3ECQ

Erinnert Ihr Euch noch an die Rattles aus den 60ern? Da war Achim Reichel Frontman dieser Gruppe.

Gestattet mir bitte diese etwas ungewöhnliche Einleitung. Das Lied ist vom musikalischen Anspruch vielleicht nicht erste Wahl, es spricht aber das Fernweh an, dem ich leicht verfalle. Ich habe zwar noch nicht die ganze Welt gesehen und war auch noch nicht in Aberdeen. Dafür aber schon einmal in Singapur und zweimal (1998 und 2007) auf Sansibar. Und ich habe auch schon die ein oder andere Ecke der Welt gesehen. Mein Fazit: Achim Reichel liegt gar nicht so daneben mit seiner Einschätzung. Sansibar ist nicht nur eine freundliche und liebenswerte Insel im Indischen Ozean vor der ostafrikanischen Küste, sie hat auch eine Menge Historie zu bieten (auch was das Münzwesen angeht).

Deshalb erlaube ich mir an dieser Stelle, einen kleinen Reisebeitrag zur herrlichen Insel Sansibar abzuliefern. Zugegebenermaßen mit etwas Vorlauf, denn bei der gedanklichen Rekapitulation dieser Reisen kommen einige Erinnerungen auf, die nichts mit dem Münzwesen zu tun haben.

Während ich vorletztes Jahr direkt von Deutschland nach Dar Es Salaam geflogen und von dort aus mit der Fähre nach Sansibar übergesetzt bin, gestaltete sich die Anreise anno 1998 etwas komplizierter. Sie ging fast über den halben afrikanischen Kontinent. Dazu ein paar Worte (wie ich mich kenne, werden es ein paar mehr). Mein Eisenbahn-Faible hat zwar nichts mit Münzen zu tun, aber ich kann halt nicht anders und muß Euch etwas nerven. Die Tour begann in Bulawayo/Simbabwe per Nachtzug nach Victoria-Falls (485 Bahn-km). Dort Übernachtung und hektische Fahrt mit Taxi am frühen Morgen über die Grenze nach Sambia, denn der Personenzug von Livingstone fuhr schon um 9 Uhr ab in Richtung Norden. Wer weiß schon, wie lange die Grenzformalitäten dauern? Die Überquerung der Brücke über den Sambesi, der an dieser Stelle die Grenze zwischen Simbabwe und Sambia bildet, erfolgte deshalb leider diesmal im Dunklen. Der Zug in Livingstone wurde erreicht, und eine entspannte Tagesfahrt nach Lusaka, der Hauptstadt Sambias, stand bevor. Entgegen jeder Befürchtung gab es auch keine technischen Probleme auf diesem Abschnitt. Die Zambia Railways hatten auch damals schon keinen guten Ruf. Ab und zu sah man zwar entgleiste Güterwagen oder auch ganze Züge inklusive Lok umgekippt neben der Strecke liegen, aber mein Zug kam abends nach einer Fahrt von 467 km in Lusaka fast fahrplanmäßig an. Obwohl ich mit diesem Zug auch bis Kapiri Mposhi, dem Abzweigbahnhof nach Dar Es Salaam, hätte fahren können, verzichtete ich darauf. Die Ankunftszeit dort wäre um 2 Uhr nachts gewesen, und die Abfahrt des Zuges nach Tansania war erst am Nachmittag. Warum also die halbe Nacht auf dem dortigen Bahnhof rumhängen? Eine Übernachtung in Lusaka und eine vierstündige Minibusfahrt ins 185 km entfernte Kapiri Mposhi am nächsten Tag war die bessere Alternative. Von dort aus ging es über die TAZARA (Tanzania-Zambia-Railway) ins 1852 Bahn-km entfernte Dar Es Salaam. Die Fahrt dauert fast zwei Tage, wobei die Grenzquerung von Sambia nach Tansania inklusive Passkontrolle natürlich mitten in der Nacht stattfand. Irgendwann kommt man jedenfalls in Dar Es Salaam an und fällt nach den vielen Eindrücken totmüde ins Hotelbett. Am anderen Tag wird es spannend. Es steht die Überfahrt nach Sansibar an. Vor Ort gibt es mehrere konkurrierende Fährunternehmen, und man hat etwa 5x am Tag die Möglichkeit überzusetzen. Die Passage zum Hafen des ca. 70 km entfernten Sansibar City beträgt ca. 2 Stunden. Endlich bin ich in der alten Stone Town angekommen! Hier wird es auch numismatisch interessant. Aber vorher gibt es aber noch einen wiki-Link zu Sansibar, in dem die Insel und ihre Vergangenheit vorgestellt wird:

http://de.wikipedia.org/wiki/Sansibar

Seid Ihr nach dieser langen Einleitung ohne jedwede Münzen noch wach? Wir sind auf Sansibar! Ich denke zurück an die faszinierende Altstadt von Stone Town, die engen und dunklen Gassen, in denen man sich perfekt verlaufen kann. Ich erinnere mich an das bunte Völkergemisch, das weniger afrikanisch als orientalisch aussah. Eher wie Schwarzafrikaner verkleidet in arabischer Kluft. Rundum freundliche Menschen, die den Aufenthalt angenehm machten, und die mich nach neun Jahren zum Wiederkommen verleitet haben.

Jetzt zu den Bildern. Die ersten vier stammen vom Besuch 1998. Erstens ein 08/15-Bild vom Strand bei Stone Town. Links ist ein im Bau befindliches Fischerboot zu erkennen. Auf dem zweiten Bild eine Ansicht des Stadtteils Malindi, ganz in der Nähe zum Zentrum. In Stone Town selber ist es aufgrund der Enge der Gassen schwer möglich, Fotos zu machen. Das dritte Bild zeigt eine der typischen, aufwändig gestalteten Holztüren der Häuser in Stone Town. Entschuldigt bitte Bild 4 - da kann ich mich als Oldtimer-Fahrer nicht zurückhalten. Wir sehen dort einen alten Ford Consul Classic als Taxi. Das Vehikel hatte ich am ersten Tag entdeckt und vollkommen begeistert samt Fahrer für ein paar Tage zum Erkunden der Insel angemietet. Dieser Fahrzeugtyp wurde in GB nur recht kurze Zeit von 1961-63 gebaut:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ford_Consul_Classic

Das einzige Photo meiner Reise von 2007, das ich hier zeigen möchte, stammt aus Bububu, nördlich von Sansibar City. Dieser Ort war seinerzeit Endpunkt einer Bahnlinie ausgehend von Stone Town. Diese nur knapp 20 km lange Linie bestand nur kurze Zeit von 1905 - 1929. Vorletztes Jahr hatte ich mich auf den Weg gemacht, Reste dieser lange vergessenen Bahnlinie zu finden. Leider habe ich nur ein Werbeschild eines Guest Houses in Bububu gefunden. Der dort gezeigte futuristische Zug hat aber nichts mit dem tatsächlichen Aussehen der Züge anno dazumal zu tun (Bild ZNZ 07-1). Trotzdem war es nett, den Ort mal aufgesucht zu haben.

Wir sind bis jetzt immer noch nicht bei den Münzen. Wer hat bis jetzt durchgehalten? Ich muß gestehen, daß meine Sammlung in dieser Hinsicht noch schwach ist. Die meisten Münzen aus Sansibar sind selten und teuer. Wie schon aus dem vorletzten Wikipedia-Link abzulesen ist, hatten die Araber früh das Sagen über die Insel gewonnen. Die erste vorgestellte Münze ist ein Fals aus Kupfer und dürfte von Ishaq bin Hasan aus dem 14. Jahrhundert sein. Sie ist ziemlich ähnlich zu dem unter Nummer 725 in Steven Albums Werk “Sylloge of Islamic Coins in the Ashmolean; Vol. 10, Arabia and East Africa“ vorgestelltem Stück. Leider recht schlecht erhalten, aber viel bessere gibt es wohl kaum. Zwischendurch waren die Portugiesen Herren auf Sansibar, bevor die Omanis zurückkehrten. Die Insel wurde 1840 durch Said ibn Sultan, auch bekannt als Sayyid Said (1806–1856), sogar zur Residenz erklärt. Die zweite Abbildung zum Thema Münzen zeigt zwei gängige Pysa-Stücke von AH1299 bzw. 1304 (KM#1 bzw. 7) unter Sultan Bargash Ibn Sa’id. Davon gibt es garantiert bessere, aber ich behalte lieber die Mitbringsel in meiner Sammlung. Höhere Werte gibt es auch, die waren mir aber bisher zu teuer. Viellecht kriege ich irgendwann mal einen davon. Der auf dem dritten Münzbild gezeigte viertel Anna aus Muscat und Oman von AH1315 (KM#12.4 / S#5) war garantiert auch auf Sansibar im Umlauf. Ich habe dieses verkratzte Stück jedenfalls dort gefunden.

Ich hoffe, es war nicht zu ausschweifend, was ich über meine Reisen nach Sansibar erzählt habe. Ich bin halt eher ein Eisenbahnfreak und die Münzen spielen erst seit ein paar Jahren eine Rolle. Aber peu a peu kommt einiges zusammen.

Allen Lesern, die diesem langen Text bis zum Schluß gefolgt sind, gebührt ein herzliches Dankeschön von
Dietmar (MG)


Dateianhänge:
Dateikommentar: Strand bei Sansibar City. Links ein halbfertiges Fischerboot in Holzbauweise.
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ZNZ 98-1.jpg [ 175.21 KiB | 11473-mal betrachtet ]
Dateikommentar: Sansibar City, Ortsteil Malindi. Neue Autos und ein Karren mit Zuckerrohr. Ausgepresst oder gekaut ist Zuckerrohr ein Genuß!
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ZNZ 98-2.jpg [ 199.54 KiB | 11473-mal betrachtet ]
Dateikommentar: Sansibar Stone Town. Alte Holztür
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ZNZ 98-3.jpg [ 150.61 KiB | 11473-mal betrachtet ]
Dateikommentar: Wenn man mit solch einem Vehikel mitfährt, ist man zurück in den 60er Jahren.
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ZNZ 98-4.jpg [ 187.39 KiB | 11473-mal betrachtet ]
Dateikommentar: Bububu. Das einzige Relikt der Bububu-Railway: Ein Hinweis auf ein Guest-House.
ZNZ 07-1.jpg
ZNZ 07-1.jpg [ 149.6 KiB | 11473-mal betrachtet ]
Dateikommentar: Kommentare zu dieser Münze sind jederzeit willkommen
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 Betreff des Beitrags: Re: Sansibar
BeitragVerfasst: 29. Aug 2009, 20:39 
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Wunderschöner Bericht!
Ich habe zu danken.
Ich beneide dich um deine Erlebnisse auf diesen Reisen.

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Das Leben ist viel zu kurz um schlechten Wein zu trinken.


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 Betreff des Beitrags: Re: Sansibar
BeitragVerfasst: 29. Aug 2009, 20:53 
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Habs gerne bis zum Ende gelesen. Grüße, KarlAntonMartini


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 Betreff des Beitrags: Re: Sansibar
BeitragVerfasst: 30. Aug 2009, 12:53 
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Wohnort: in der pannonischen Niederung
Lieber Dietmar !

ALLERHERZLICHSTEN DANK für diesen Beitrag!
Ich kann mich nur den Vorrednern anschließen: Eine Freude diesen Bericht vom Anfang bis zum Ende zu lesen.
Freu´mich auf Weitere :appaus:

Liebe Grüße
Gerhard

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-oderint dum metuant -


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 Betreff des Beitrags: Re: Sansibar
BeitragVerfasst: 30. Aug 2009, 13:27 
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Da wird erst so richtig deutlich, was an Münzen fasziniert. Gerade, weil die zu Sansibar gezeigten Metallscheibchen für sich betrachtet weder besonders prächtig oder künstlerisch wertvoll sind. Es ist so ähnlich, wie mit der großen Muschel, in der man das Meer rauschen hört. (Und Dietmar versteht sich gut darauf, die sinnlichen Eindrücke, die diese Münzen gewissermaßen gespeichert haben, herauszuholen und uns zu darzustellen. Danke nochmal!) Grüße, KarlAntonMartini


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 Betreff des Beitrags: Re: Sansibar
BeitragVerfasst: 30. Aug 2009, 16:30 
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Wirklicher Hofrat
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Hallo!

Es freut mich sehr, daß Euch der Ausflug nach Sansibar gefallen hat. Vielleicht dichte ich ja irgendwann nochmal was zusammen.

Schönen Sonntag!
Dietmar

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