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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 26. Nov 2010, 16:37 
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k&k Hoflieferant, Professor

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Münz-Goofy hat geschrieben:
... bringt mich als Eisenbahnfan zu der Frage, ob Du auch mit der Vishnu - der einzigen Eisenbahnline in Nepal gefahren bist. Die war ja 1979 noch in Betrieb.
Lg
Dietmar


Lieber Münz-Goofy.
Leider habe ich die Bahn nicht zu Gesicht bekommen.
Ginkgo

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"Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu machen." Konfuzius


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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 26. Nov 2010, 16:50 
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k&k Hoflieferant, Professor

Registriert: 19. Mai 2009, 17:10
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Liebe Reisefreunde.

Ich habe meine Notizen für den nächten Teil der Reise aufbereitet.
Wenn Ihr es ertragt, stelle ich sie nachfolgend ein.


4. Die Reise

Iran

Wir stellten uns zu den Truckern und trafen „alte Bekannte“ wieder. Da wurde uns dann langsam klar, die Entscheidung in den Iran zu fahren, war uns abgenommen worden; wir waren zwar im Niemandsland, aber mit fertigen Papieren zur Einreise in den Iran. Bald darauf kamen auch die vier Berliner und gesellten sich zu uns. Sie hatten ihre Zollpapiere nicht mehr bekommen, die Grenze wurde geschlossen. Mein Mitfahrer besuchte den Italiener und trank dort auf Einladung Tee und einen kleinen Whiskey, ich besuchte den Bulgaren und trank einen schönen Wein. Alkohol war noch kein Problem im Iran. Geschlafen hatten wir so gut wie nicht, die Anspannung wurde größer.

Am nächsten Tag fuhren wir weiter. Es gab praktisch keine Gesetze mehr, auch wir waren Freiwild. Die Hauptstraßen entsprachen deutschem Standard, waren perfekt asphaltiert und sogar mit Fahrbahnmarkierungen versehen.
Nach 200 Km kamen wir nach Marand. Wir fuhren sehr schnell, zu schnell. Es ging am Ortsanfang leicht bergab. Es sprangen zwei Leute mit Gewehren im Anschlag auf die Straße, wir konnten natürlich nicht so schnell bremsen und anhalten. Zum stoppen benötigen wir doch einige Meter mehr. Die beiden Gewehrträger kamen auf uns zu und "baten" uns, aus dem Auto auszusteigen. Einer der Beiden sagte „wellcome“ und fragte nach Whiskey und Waffen. Wir sagten Ihnen, wir hätten so etwas nicht. Daraufhin wünschten Sie uns eine gute Reise. :?
Wir fuhren mit einem gehörigen Schrecken weiter. In Tabriz suchten wir ein Informationsbüro oder Touristenbüro und fragten einen Passanten nach dem Weg. Er erklärte uns in ganz ruhigem Ton, wie wir fahren müssen. Während seiner Ausführungen spielte er mit seiner Waffe rum :o und lud sie immer wieder durch. Wir hatten ein bedrückendes Gefühl in der Magengegend.

Wir hatten die Information gefunden, war aber nichts mehr zu holen, war alles zerstört. Wir fuhren ohne Info weiter. Auf dem Weg nach Teheran beschlossen wir, eine andere Route zu nehmen. Die Aufregungen der letzten Tage, die Nachrichten über starke Unruhen in der Hauptstadt und die Probleme in Afghanistan ließen eigentlich keinen anderen Schluss zu. Wir wollten Teheran und gleichzeitig Afghanistan umgehen. Das bedeutete, ab Zenjan fuhren wir nach Südosten, über Hamadan und Isfahan. Abseits der Straße sahen wir einen Reisebus, von Einschüssen durchlöchert. Jeder machte sich so seine Gedanken.
An der Grenze hatten wir schon geplünderte LKW`s und zerstörte Gebäude gesehen. Wir suchten uns wieder eine Polizeistation, an der wir übernachten wollten. Also wieder an der Hauptstraße. Die Polizisten verwickelten uns in ein Gespräch. Sie wollten unsere Einstellung zu Khomeini wissen, was wir von der Revolution des Islam halten, wo wir herkamen und wo wir hinwollten. Nach einer Stunde wurden wir „entlassen“ und konnten an der Station im Auto übernachten.
Die Landschaft, die wir durchfuhren, hatte eine interessante Mischung aus Sand und Steinen, war öde und bezaubernd zugleich. Wunderschöne Braun- und Rottöne bekamen wir zu sehen. Rechts und links des Weges sahen wir viele Zerstörungen, die von den Unruhen herrührten. Die kleineren Dörfer blieben weitestgehend unbeschädigt. In einem etwas größeren Ort wollten wir essen gehen. Eine kleine Kaschemme wie wir in Deutschland sagen würden, aber nette Leute. Wir bestellten Hammelkeule, die Auswahl war nicht sehr groß, es gab nur ein Gericht. Nun, wir waren auch nicht wählerisch und verwöhnt, aber es war gut, vor Reisebeginn den Zahnarzt besucht zu haben. :mrgreen:
Die Landschaft war sehr eintönig und änderte sich kaum, aber zugleich war sie auch spannend anzusehen.
Unsere nächste Übernachtung fand kurz vor Isfahan statt. Wir fuhren schon eine Stunde in der Dunkelheit, bis wir erneut eine Polizeistation fanden und dort freundlich anfragten, ob es stören würde, wenn wir hier übernachten könnten. Die Polizeibeamten waren ausgesprochen freundlich, boten uns Fladenbrot an und fragten uns natürlich nach unserer Einstellung zur aktuellen Revolution im Iran. Wir verhielten uns so neutral wie möglich und sagten, wir könnten das gar nicht beurteilen, hätten nicht viel mitbekommen....
Etwa zwei Stunden später, tauchten die vier bekannten Berliner auf. Sie hatten die gleiche Idee und fuhren uns praktisch hinterher. Sie waren an dem Tag 14 Stunden unterwegs. Natürlich hielten wir großes Palaver ab. Wir verabredeten uns an einem Ort, den ich leider vergessen habe, um von dort aus gemeinsam durch Belutschistan (Pakistan) zu reisen.
Die Reise nagte doch unbemerkt mehr an uns, als wir zugeben konnten oder wollten. Die Spannungen zwischen uns und unseren Freunden mit dem zweiten VW-Bus wurden größer. Jeder hatte andere Vorstellungen, aber keine passenden Lösungen zu bestimmten Problemen. Wir fuhren zwar gemeinsam weiter, aber eine gewisse Distanzierung zeichnete sich weiter ab.

Wir fuhren an diesen Tag durch eine große Wüste und wirbelten, im wahrsten Sinne des Wortes, entsprechend viel Staub auf. Die Sandpiste befuhren wir relativ zügig, da wir uns nicht festfahren wollten. Unserer Freunde im zweiten VW-Bus fielen immer weiter ab und sie verschwanden am Horizont. Sie fuhren hinter uns her. Es war ihnen zu staubig geworden und die Sorge um den Luftfilter ließ sie zurückfallen und ganz langsam fahren. Mitten in der Wüste hielten wir an und versuchten Radioempfang zu bekommen. Es gelang auch; wenn auch sehr schlecht. Das erinnerte mich stark an meine Jugendzeiten, wenn ich am Abend Radio Luxemburg hörte und der Sender ständig wanderte und der Empfang mal besser, mal schlechter wurde.

Die Nachrichten waren nicht gut. Unsere Freunde tauchten dann wieder auf und wir diskutierten die weitere Reise. Wir wollten wieder an einer Polizeistation übernachten und richteten uns dafür ein. Nach zwei Stunden sind wir aber in der Nacht wieder abgefahren, weil Unbekannte versuchten ins Auto zu dringen und sich an den Reifen zu schaffen machten. :shock:
Von da an hatte ich ein Beil immer in der Nähe meines Schlafplatzes liegen. Wir bunkerten wieder viel Treibstoff, sogen uns geradezu voll und hatten wieder 135 Liter auf dem Dach, das wir vorher auf Null runter gefahren hatten. Wir kannten die Auswirkungen eines eventuellen Beschusses nicht, sicher war sicher. Der Sprit kostete 20 Pfennige, Diesel 7 Pfennige. :mrgreen: In Deutschland kostete das Benzin schon etwas über eine Mark. Uns wurde klar, warum die Trucks riesige Zusatztanks hatten.
Wir kamen der Grenzstadt Mirjawa näher. Die Sandpiste war bis zur Grenze sehr staubig, wir fuhren hinter unseren Freunden her. An der Grenze trafen wir die vier Berliner wieder, die gerade angekommen waren. Sie fuhren immer wesentlich früher los, machten kaum Pausen und fuhren länger als wir. Sie hatten noch vor Isfahan die Windschutzscheibe durch Steinschlag verloren. Der Wind in der Wüste kam glücklicherweise seitlich von vorne, sodass sie den Staub nicht direkt ins Fahrzeug bekamen.
Sie waren, ähnlich wie wir alle, sehr genervt. Die beiden Männer hatten sich offenbar richtig in die Wolle bekommen. Auch bei uns begannen sich die Nerven zu häuten, die Schutzschicht wurde immer dünner.
Wir hatten eine Folie als Ersatz für eine zerbrochene Windschutzscheibe mit, die wir den Berlinern gaben. Bei der Befestigung waren wir behilflich. Sie luden uns als Dankeschön zum gemeinsamen Essen ein, was wir gerne annahmen. Damit war weiterer Krach mit unseren Freunden vorprogrammiert. Sie fanden, wir hätten gemeinsam unter uns essen müssen.
Der Grenzübertritt war nicht möglich, die Grenze war geschlossen. Wir konnten nicht so richtig verstehen, warum sie geschlossen war, aber gleichzeitig die ganze Nacht über sehr viel Verkehr über die Grenze führte. Es waren nicht nur PKW´s und LKW´s, es fuhren auch sehr, sehr viele Panzer über die Grenze. Es dröhne die ganze Nacht, uns hatten sie hinter einen Bretterzaun geschickt, dort sollten wir wohl nicht mitbekommen, was so alles über die Grenze donnert. Der Bretterzaum war löchrig. Wir dachten uns unser Teil und fragten am nächsten Tag nicht nach. Wir hatten Glück, die Grenze wurde tatsächlich am darauffolgenden Tag wieder offiziell geöffnet. Am Iranischen Zoll ging die Abfertigung relativ schnell.
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Euch ein schönes Wochenende, wenn Ihr mögt, gehts dann weiter.

Ginkgo


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Zuletzt geändert von Ginkgo am 26. Nov 2010, 17:41, insgesamt 2-mal geändert.
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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 26. Nov 2010, 17:28 
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Moin Gingko!

Vielen Dank für den neuesten Abschnitt!

Nur noch mal zum richtigen Verständnis: Die Panzer fuhren von Pakistan über die Grenze in den Iran?

Tschüß, Afrasi

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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 26. Nov 2010, 17:39 
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k&k Hoflieferant, Professor

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Hallo Afrasi.

Danke für die Nachfrage.
Der Verkehr verlief tatsächlich von Pakistan in den Iran.
Khomeini hatte offenbar die richtigen Kontakte zu Allah und der hatte geholfen ... :mrgreen:

Ginkgo

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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 26. Nov 2010, 18:25 
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k&k Hoflieferant, Hofrat
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Ginkgo hat geschrieben:
Euch ein schönes Wochenende, wenn Ihr mögt, gehts dann weiter.

Ginkgo


Lieber Gingko,

der Bericht ist sehr spannend und gut erzählt. Also warum zum ***** sollten wir nicht mehr mögen? :D

lg

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Echte Männer essen keinen Honig, echte Männer kauen Bienen


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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 26. Nov 2010, 18:46 
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Ginkgo,

dieser Bericht ist großartig!

Ihr habt da wohl was erlebt, wovon jeder träumt, was sich aber 99% niemals trauen würde...

Bitte um Fortsetzung!


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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 26. Nov 2010, 19:19 
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Ja bitte Fortsetzungen sind nicht nur erwünscht, sondern ganz lieb und nett massiv geforderet :!:
Herzlichst
Gerhard

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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 27. Nov 2010, 18:45 
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k&k Hoflieferant, Professor

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Da bin ich wieder.

Kommt Ihr mit durch Pakistan?
Dann werdet Ihr wieder etwas lesen müssen.


5. Die Reise

Pakistan

Der Pakistanische Zoll holte dann alles nach, wir konnten drei Stunden nach gründlicher Prüfung der Papiere einreisen. Im Pass wurden alle möglichen Dinge eingetragen und das Auto durchsucht. Besonders auffallend war der Eintrag des Kochers und des Aschenbechers im Pass.
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Wir waren jetzt 12 Tage unterwegs und bisher 7091Km gefahren. Das Auto fuhr ohne Mucken, hatte nur in der Hochebene des Iran einen Leistungsabfall. Die Verbrennungsluft war wohl zu dünn. Über Probleme mit dem Auto hatten wir bisher nicht nachgedacht. Andere Sorgen beschäftigten uns viel intensiver.

Wir trennten uns in einer gemeinsamen Entscheidung von unseren Freunden. :(

Mit den Berlinern hatten wir uns in Quetta verabredet und fuhren los. Es platzte der zweite Reifen und wurde völlig zerfetzt. Eine Reparatur war hier am Ort nicht möglich, wir hatten aber noch einen Ersatzreifen auf dem Dach und einen an der Vorderfront befestigt. Auf der Fahrt durch die Wüste sahen wir viele Dromedare, einige lagen auch verendet und bis auf die Knochen abgenagt, am Straßenrand. Riesige Schaf- und Ziegenherden begleiteten unseren Weg. Was sie fraßen, war von uns nicht zu ergründen. Die Menschen waren sehr freundlich, grüßten und winkten uns freundlich zu.
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Unterwegs hielten wir kurz in einem Dorf an und kauften Fladenbrot, ganz frisch aus dem Erdofen. Sehr gekonnt warf der Bäcker den Fladen schwungvoll unter die Decke des Lehmofens und er fiel tatsächlich nicht runter. Genauso geschickt griff er den fertig gebackenen Fladen wieder ab und warf ihn auf einen Haufen. Fertig. Absolut lecker, wir nahmen gleich drei Stück.
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Die Straße war von einer Sanddüne zugeweht worden. Mein Mitfahrer fuhr in die Düne, als ich gerade ein wenig auf dem Schlaflager döste. Er hatte sie nicht als Düne erkannt, eher als Kuhle gesehen. Wir stiegen aus und schaufelten uns für die Rückfahrt frei. Kaum dass wir soweit waren, tauchte ein Mann auf, sozusagen aus dem Nichts und bedeutet uns, ihm zu folgen, er wisse wie diese Wehe umfahren werden könnte. Als wir wieder fahrbaren Boden unter uns hatten, boten wir ihm ein paar lose Zigaretten an, die wir vorsorglich als Bakschisch gebunkert hatten. Er nahm sie, die ganze Schachtel und verschwand wieder im Erdboden. Wir glaubten schon, die Hitze hätte uns einen Streich gespielt.
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Wir kamen in Quetta an und übernachteten an dem vereinbarten Hotel, aber die Berliner kamen nicht.

Am nächsten Tag suchten wir eine Werkstatt, um einen Reifen reparieren zu lassen. Bei der Suche trafen wir die Berliner wieder, die 130 Km vor Quetta übernachteten. Die Reifenreparatur dauerte länger und wir beschlossen, mit den Berlinern zusammen den weiteren Tag und den Abend in Quetta zu verbringen. Sie fanden eine Werkstatt, die ihnen als Ersatz für die zerborstene Scheibe eine Plastikscheibe anpassen würden. Wir gönnten uns also einen Tag Pause und beschlossen, das mit einem guten Mal zu feiern. Wir packten alles Leckere auf die gemeinsamen Tische und brachen unsere eisernen Vorräte an. Dabei waren ein Glas saure Gurken, ein Stück eingeschweißter Knochenschinken (Schweinefleisch!) und eine Salami. Ein großes Raunen ging durch die Runde, die Berliner hatten an solche Dinge nicht gedacht. Nach fast 14 Tagen feierten wir das saure Gurkenfest. :appaus:

Am kommenden Tag erledigte ich die üblichen Dinge. Kaufte Lebensmittel ein und schrieb nun erstmalig ein paar Karten. Versprochen hatten wir, uns schon in der Osttürkei zu melden, das ging aber irgendwie unter. Im Postamt bat ich den Schalterbeamten, die Stempel ganz ordentlich auf die Briefmarken zu bringen und beobachtete das auch genau. Ich bedankte mich ganz freundlich. Dann kam unverhofft ein Teespender auf mich zu und ich konnte mich nicht gegen den Tee wehren. Solche Situationen hatten wir tunlichst immer zu umgehen versucht, aber es ging einfach nicht. Ich nahm den Tee, den er auf einem silbernen Tablett servierte. Das Glas klebte schon äußerlich so sehr, das ich mir den Inhalt nicht vorstellen wollte. Der Tee war mit Zucker und Milch aufgebrüht worden. Ich hatte mit allen „Nebenerscheinungen“ gerechnet, trank tapfer den Tee aus, bedankte mich ganz herzlich, verschwand aus dem Postamt und harrte der Dinge, die da kommen würden. :roll:

Die Menschen in Quetta waren alle sehr nett und freundlich, besonders auch der Verkehrspolizist auf einer größeren Kreuzung. Er stand etwas erhöht, hatte ein Dach über dem Kopf und dirigierte in voller Montur, einschließlich Uniform und Handschuhe, den Verkehr. Es hielt sich zwar keiner an seine Handsignale, aber es geschah auch nichts Gravierendes. Für mich hatte er eine besondere Faszination, seine Bewegungen glichen einem Balletttänzer, einfach wunderbar. Ich fragte ihn mal nach einer Adresse und fuhr direkt zu ihm hin. Er beschrieb mir die Route, ohne auf den Verkehr zu achten, der lief auch so normal weiter. Wir machten uns einen Spaß daraus, ihn bei der Vorbeifahrt freundlich aus dem Auto zu grüßen und bedankten uns mit Winken für die gute Verkehrsleitung. Immer, wenn wir wieder bei ihm vorbei kamen, hielt er für uns den Verkehr an, wir bekamen sofort Vorfahrt. Warum das bei uns klappte, fanden wir nicht heraus, wurde uns dann aber doch etwas unangenehm. Unser Reifen sollte fertig sein und ein paar andere Dinge wollten wir noch einkaufen und fuhren mit einer Riksha ins Zentrum. Eine lustige Fahrt war das, klappte wunderbar und wir konnten damit alles erledigen. Er fuhr wie ein junger Gott... :mrgreen:

Die Berliner hatten nicht so einen guten Service, die Werkstatt bekam das nicht alles so hin, wie versprochen. Sie warfen entnervt hin, bezahlten und fuhren aus der Werkstatt. :headbang:
Es war bereits Nachmittag und wir fuhren nur noch bis Sibi, etwas südöstlich von Quetta. Die Nacht verbrachten wir am Tierheim. Der Hausherr erzählte uns, es hätte in den letzten zwei Tagen sehr stark geregnet und die Straße wird nicht passierbar sein. Es stehen 6 Km Straße unter Wasser oder ist zerstört. Wir trafen die Entscheidung, es dennoch zu versuchen und gingen spät ins Bett.

Am nächsten Morgen fuhren wir um 6,00 Uhr los, mein Mitfahrer schlief noch, bzw. döste vor sich hin. Das erste Wasser vor uns ließ sich noch gut queren, dann kam mehr Wasser. Ein einheimischer Truckerfahrer riet uns ab, es ist danach mit bis zu einem Meter Schlamm zu rechnen, spätesten dort wird für uns Schluss sein. Wir schlugen den Rat in den Wind und fuhren weiter. Eine größere Wasserfläche durchquerten wir noch, dann machten wir Pause. Unser Bus stand bei der Durchfahrt bis über die Scheinwerfer unter Wasser und begann, den Bodenkontakt zu verlieren. :o
Es kam uns ein anderer VW-Bus Fahrer entgegen. Er sagte, andere liegen fest, Motor ist voll Wasser gelaufen. Er hatte es nur geschafft, weil er mit Vollgas, schwimmend, an einem LKW gebunden, die Wasserflächen überwinden konnte.
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10_Wasserfahrt.jpg [ 59.42 KiB | 12162-mal betrachtet ]


Okay, wir waren überzeugt, drehten um.
Ein netter Pakistani stellte uns in Sida sein Haus zur Verfügung. Wie es dazu kam, weiß ich nicht mehr.
Ein heimischer Motorradfahrer bot mir sein Motorrad an. Ich könne damit fahren, er setzt sich hinten dazu und zeigt mir die umliegende Landschaft. Ich fand das toll und stimmte sofort zu. Ich machte eine kleine Rundfahrt und war von soviel Freundlichkeit völlig begeistert. Wir blieben wenige Stunden, dann entschieden wir, doch wieder nach Quetta zurück zu fahren. Die Berliner drehten auf dem großen Hof eine große Kurve durch eine kleine Pfütze und blieben stecken. Nach ein paar Minuten waren alle Räder bis zu den Achsen im Schlamm versunken. Wir schaufelten, aber es brachte nicht viel. Zwei LKW Fahrer kamen zur Hilfe und schleppten das Fahrzeug wieder frei. Die Aktion hatte aber dennoch gut drei Stunden gedauert.

Wir fuhren also wieder nach Quetta. Am Ortseingang war, wie an allen Ausfallstraßen, eine Straßensperre aufgebaut, eine kleine Gebühr, ein paar Fragen und man konnte weiter. Sie fragten aber sehr intensiv, warum wir schon wieder hier seien. Wir blieben eine weitere Nacht in Quetta, bummelten ein wenig durch den Ort und tauschten in einer Bank etwas Geld, das uns ausging. „Unser“ Verkehrspolizist freute sich, als wir wieder auftauchten.
Wir wollten ein neues Visum für Afghanistan beschaffen, denn die einzige Möglichkeit weiter zu kommen, würde nur über Afghanistan gehen.

Wir gingen essen, im besten Haus am Platz. Ich esse gerne scharf und bestellte Lammkeule mit Beilage und Mineralwasser. Die Keule war gut, brannte mir fast den gesamten Gaumen weg. Der „Brand“ hielt mehrere Stunden vor, Feuerschlucker würden garantiert vor Neid erblassen. Wir übernachteten wieder an dem Hotel.
Morgens beantragten wir die Visa. Mittags konnten wir sie mit einer kleinen Beschleunigungsgebühr schon abholen. Wir fuhren sofort los.

Es waren nur ca. 60 Km bis zur Grenze nach Chaman. Wir kamen gegen 17.00 Uhr an, die Grenze war geschlossen. Uns wurde gesagt, die Passkontrolle ist sowieso im Ort und nicht hier. Also wieder zurück, aber wir finden sie nicht. Ein Pakistani stieg zu uns ins Auto und deutete in die Richtung, die wir fahren müssten. Er führte uns zu einem Militärfort oder Ähnlichem. Dort wurden wir mit Handschlag begrüßt und auf die mehrgleisige Bahnstrecke auf die Schienen gebeten. Es geschah lange Zeit nichts und wir beschlossen von den Schienen zu fahren. Es kam sofort das Militär und stoppte uns mit Waffen im Anschlag. :o Wir mussten wieder auf die Schienen zurück und wurden streng bewacht. Die Dorfbewohner wurden immer mehr und wir waren der Mittelpunkt. Zwei der Dorfbewohner fragten danach, was wir wollten und erklärten ihnen, wir wollen eigentlich nur nach Afghanistan fahren. Sie sprachen mit den Militärs, war aber zwecklos. Nach knapp zwei Stunden kam ein Dorfbewohner und sagte, wir sollten mit den Fahrzeugen mitkommen. Wir wollten losfahren, aber wurden mit schweren Waffen von den Soldaten gestoppt. :!: Es gab eine Auseinandersetzung zwischen den Soldaten und ihm, die dann aber schließlich für uns glimpflich ausging.
Es war inzwischen dunkel geworden. Wir folgten dem „Retter“ zu seinem Haus, das mit einer großen Mauer umgeben war. Damit waren wir vor den vielen neugierigen Blicken geschützt.
Er stellte sich uns dann als Chef der örtlichen Einwanderungsbehörde vor und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten. Er schickte sofort einen Mitarbeiter los, der mit den entsprechenden Stempeln für die Ausreise zurück kam. Er erledigte sofort die Formalitäten. Dann kam noch ein Major von der Militärkaserne und entschuldigte sich auch mit den Worten bei uns, es seien halt nur einfache Soldaten.
Dann erzählten sie uns, das am heutigen Tage (4.4.1979) Präsident Bhutto erhängt wurde und große Unsicherheit im Land herrschte.
Wir sprachen noch über verschiedene politische Ereignisse, tranken vorzüglichen Tee und gingen dann in unsere Autos. Essen wollten wir nichts mehr. Uns wurde erst so nach und nach klar, was eigentlich so über uns schwebte. Er begleitete uns noch aus dem Haus und stellte seinen Diener zu unserer Bewachung ab, damit wir bei eventuellen Unruhen eine gewisse Sicherheit hätten. Gut geschlafen haben wir in dieser Nacht nicht, wenn überhaupt.

Am nächsten Morgen fuhren wir zur Grenze und kamen ohne Probleme am Pakistanischen Grenzposten vorbei.
Nun ging es nach Afghanistan, was wir eigentlich umgehen wollten.

Im nächsten Post noch ein paar Fotos zu Pakistan.

Ginkgo

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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 27. Nov 2010, 18:58 
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Hier die restlichen Fotos.

Eines ist für Münz-Goofy eingestellt.
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Karges Land
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Waschplatz am Wegesrand
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12_Waschplatz.jpg [ 64.83 KiB | 12158-mal betrachtet ]


Ich hoffe Ihr habt viel Freude an der Mitreise.

Ginkgo

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 Betreff des Beitrags: Re: Reise nach Nepal 1979
BeitragVerfasst: 27. Nov 2010, 19:33 
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Ginkgo hat geschrieben:
Ich hoffe Ihr habt viel Freude an der Mitreise.


Und ob!

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