Liebe Freunde,
es wird langsam einmal wieder Zeit, daß an dieser Stelle ein Reisebericht zu Afrika erscheint. Wie üblich, übernehme ich mit Freude diese Aufgabe. Aber auch diesmal werden Münzen nur eine Randerscheinung bilden, es geht vor allem um die Eisenbahn. Aber ich werde mich – wie immer – bemühen, auch ein paar Münzen einzustreuen, sofern es passt, damit zumindest ein paar Leute bis zu Ende lesen. Ich warne schon einmal vor: Dieser Text wird noch länger sein als die vorhergehenden.
Es geht um eine Reise, die ich im August/September 2002 per Bahn von Dar Es Salaam zu den “Großen Seen“ gemacht habe. Damit sind der Tanganyika-See und der Viktoria-See gemeint. Zwei Binnenseen in Afrika, die schon die frühen Forscher wie Livingstone, Burton und Speke herausgefordert haben. In der heutigen Zeit kann man diese beiden Ziele mit der Tansanischen Staatsbahn erreichen, aber man muß schon ein wenig afrikanisches Gespür haben, um eine solche Tour mit Genuß und ohne ständiges Fluchen über die obwaltenden Umstände absolvieren zu können.
Der Bau der “Mittellandbahn“ vom Indischen Ozean zum zentralafrikanischen Lake Tanganyika wurde 1905 in der Hafenstadt Dar Es Salaam begonnen und 1914 mit Erreichen des 1252 km entfernten Kigoma vollendet. Die in Tabora abzweigende Bahnlinie nach Mwanza am Lake Victoria wurde zwar schon zu deutscher Kolonialzeit geplant, aber erst durch die Briten 1928 fertiggestellt.
Zu den großen Seen nach Kigoma und Mwanza ging es Anno 2002 ab Dar Es Salaam viermal in der Woche: dienstags, mittwochs, freitags und sonntags. Der Zug verläßt die heimliche Hauptstadt Tansanias um 17 Uhr nachmittags und erreicht Kigoma am übernächsten Morgen. In Tabora werden zwischendurch die nach Mwanza gehenden Wagen abgehängt und umrangiert. Die Reise folgt weitgehend der berüchtigten Sklavenroute, die von Arabern schon lange vor dem europäischen Einfluß bestand. Lediglich Ausgangs- und Endpunkt wurden verlegt. Zu Zeiten des Bahnbaus hatte Bagamoyo, 75 km nördlich von Dar gelegen, längst als deutsche Kolonialhauptstadt ausgedient. Grund war das flache Gewässer vor der Stadt, das für die arabischen Dhaus kein Problem darstellte, aber für die Woermann-Dampfer schon. Die hätten weit draußen auf Reede gehen müssen. In Dar es Salaam waren die Bedingungen für den Bau eines Hafens viel besser. Deshalb verlegte man auch die Hauptstadt der Kolonie und damit auch den Startpunkt der Eisenbahn dorthin. Im Fall des Endpunktes Kigoma darf man mit Fug und Recht sagen, daß dieser verschlafene Ort nur wegen der Eisenbahn überhaupt irgendjemandem bekannt ist. Aufgrund der Topografie war Ujiji, der alte Hafen am Tanganjika-See viel schwerer erreichbar. Man plante die Bahn also bis Kigoma, das nur ca. 10 km von Ujiji entfernt ist. Über Ujiji, einem wirklich historischen Ort, gibt es in einem späteren Kapitel mehr zu lesen.
Die Bahnfahrt erschließt dem Reisenden hautnah die unterschiedlichsten Aspekte des Landes. Besonders zum Ausdruck kommt dies in dem Angebot der Waren, die während der Halte durch das Abteilfenster verkauft werden. Es wird zu Geld gemacht, was die Gegend hergibt: Verschiedene Obst- und Gemüsesorten, manchmal auch nur Strohmatten, nicht viel mehr als Honig in den Miobo-Waldflächen um Tabora, in Uvinza und Umgebung Salz. Langweilig wird es nie.
Soviel zur Einleitung. Als Auflockerung zu diesem langweiligen Text möchte ich Euch zwei Fotos aus Dar anbieten. Als erstes einen Eindruck vom Hafen von Dar Es Salaam:
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Der Kirchturm mit dem roten Dach im rechten Bildbereich gehört zur Lutherischen Kirche, deren Grundstein 1899 gelegt und die 1902 fertiggestellt wurde. Eines der wenigen Bauwerke aus deutscher Kolonialzeit, die sich bis heute in Dar gehalten haben. Die Kirche mit dem spitzen Dach in der Bildmitte ist die St. Joseph’s Kathedrale, eingeweiht 1903.
Ein zweites Foto stammt vom Fischmarkt. Der junge Mann schleift auf seinem aufgebockten Fahrrad Tag für Tag rückwärtstretend Messer für die fischverarbeitende “Privatindustrie“. Wenn man genau hinsieht, läßt sich auf dem Foto der Funkenflug über seinem rotierenden Schleifstein erkennen. Am Abend fährt er auf seinem Vehikel heim.
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Etwas numismatisches sollte im ersten Kapitel aber auch nicht fehlen. Über den zerfledderten Zustand des Scheins zu 5 Rupien aus 1905 seht Ihr hoffentlich hinweg. Der ist aber garantiert gelaufen….
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Außerdem möchte ich einen Token aus dem Kasino des New Africa Hotels vorstellen, das direkt neben der oben erwähnten Lutherischen Kirche steht. Zur Kolonialzeit stand genau an dieser Stelle das alte Kaiserhof-Hotel.
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#3a_500 TSh New Africa Hotel.jpg [ 203.88 KiB | 31107-mal betrachtet ]
Der Brocken aus Kupfer-Nickel hat immerhin einen Durchmesser von 30 mm und wiegt 11,06 Gramm.
Nun geht es aber los. Bevor allerdings der Abfahrtspfiff ertönt…
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Heute liegt in aller Ewigkeit vor morgen. Bringe den heutigen Tag zu Ende, dann kümmere Dich um den nächsten (afrikanisches Sprichwort)