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BeitragVerfasst: 18. Jun 2009, 19:51 
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Wirklicher Hofrat
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Hallo allerseits,

was kann ich aus meiner regional eingeschränkten Sammlung altdeutscher Münzen noch bieten? Wie wäre es mit einem Prägestück der kleinen Stadt Warburg im Bistum Paderborn? Dieser Ort stand immer unter der Fuchtel des Paderborner Fürstbischofs. Im Mittelalter wurden zwar von einigen Paderborner Bischöfen eigene Prägungen mit Warburger Wappen herausgegeben – man schaue auf den Denar, den ich vor ein paar Tagen hier vorgestellt habe - :

viewtopic.php?f=38&t=507

Aber auch in der Neuzeit gab es eine kurze Phase von zwei Jahren, in der Warburger Münzen geschlagen wurden. Diese Prägungen wurden nicht durch das Bistum Paderborn, sondern durch die Stadt Warburg veranlaßt. Sie erfolgten Anno 1622/1623. Hintergrund war der Dreißigjährige Krieg, der die Paderborner Gegend stark in Mitleidenschaft gezogen hatte. Die im folgenden Text in Gänsefüßchen verfaßten Passagen stammen als Zitat aus dem Buch von Arnold Schwede: Das Münzwesen im Hochstift Paderborn 1566-1803 (Paderborn 2004).

“…um mit dem Geld das zerstörte Hospital wieder aufbauen zu können“, beantragte die Stadt Warburg beim Bistum Paderborn, das zuvor zurückgegebene Münzrecht wieder aufleben lassen zu dürfen. Nach vielem Hin- und Her “...am 6. September 1622, erteilte die Fürstbischöfliche Regierung in Paderborn der Stadt Warburg die Erlaubnis, Kupfermünzen zu Ein-, Zwei, Drei- und Vier-Pfennig zu prägen…Das Kupfergeld sollte nicht in hohen und großen, sondern in geringen Summen ausgegeben werden. Der Umlauf war auf das Oberamt Dringenberg…beschränkt. Nach vier Jahren sollte die Genehmigung auslaufen…“

Soweit kam es gar nicht. Es wurden 1622 nur Stücke zu 1, 3, und 4 Pfennig und 1623 nochmals einige zu 4 Pfennig geschlagen. Und zwar von Hand mit Hammerschlag und nicht, wie zu gleicher Zeit in der Münzstätte der Stadt Paderborn geschehen, mit Maschinen. (Zu den Prägungen der Stadt Paderborn, nicht zu verwechseln mit denen des Bistums, komme ich in einem späteren Thread vielleicht einmal zu sprechen). Zweipfennigstücke aus Warburg sind trotz der verfügten Genehmigung nicht bekannt.

Wieviele Kupfermünzen durch die Stadt Warburg geprägt wurden, ist nach wie vor unklar. Man rätselt um einen Wert von 5000 Reichstaler. Die Stücke sind recht selten zu finden und meist in schäbigem Zustand. Ich selbst habe nur ein einziges Teil in meiner Sammlung, das ich Euch heute vorstellen möchte. Es ist ein Stück zu 4 Pfennig von 1622, gelistet im Schwede unter der Nummer 376 und im alten Werk von Josef Weingärtner (Kupfermünzen Westfalens nebst historischen Nachrichten, Paderborn 1872) unter 712a.. Der Winzling bringt 1,16 Gramm auf die Waage und mißt in etwa (Durchschittswert) 19,5 mm im Durchmesser.

Den Namen des Münzmeisters der Warburger Stadtmünzen kennen wir leider nicht. Hergestellt wurden sie allerdings vor Ort, in Warburg. Aus einem Protokoll von 1622 “…ist ersichtlich, dass die Münzen in der Mühle hergestellt werden sollten, so dass für die Prägevorgänge die Wasserkraft der Diemel genutzt werden konnte…“. Weiter heißt es bei Schwede: “Vermutlich wurden die Stempel der Warburger Münzen in Mengeringhausen von einem Angehörigen der Familie Esau geschnitten…“

Das ist so ziemlich alles bemerkenswerte, was ich zu dem mäßig erhaltenen 4-Pfennig-Stück aus Warburg, dessen Abbild Ihr im Anhang findet, beitragen kann.

Liebe Grüße und herzlichen Dank an alle, die diesen langen Text bis zu Ende gelesen haben.

Euer
MG


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BeitragVerfasst: 18. Jun 2009, 20:01 
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Lieber Dietmar!

Danke für deinen Beitrag. Möchte dir aber sagen, dass das kleine Münzlein in nicht so bemitleidenswertem Zustand ist, wie du berichtest. Da hab ich deutlich schlechtere erhaltene Stücke vor mir liegen. :)

Klosterschüler

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BeitragVerfasst: 18. Jun 2009, 20:18 
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Wirklicher Hofrat
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Wohnort: Bergisch Gladbach
Klosterschueler hat geschrieben:
Lieber Dietmar!

Danke für deinen Beitrag. Möchte dir aber sagen, dass das kleine Münzlein in nicht so bemitleidenswertem Zustand ist, wie du berichtest. Da hab ich deutlich schlechtere erhaltene Stücke vor mir liegen. :)

Klosterschüler


Moin Olaf,

Na ja, toll ist es auch nicht. Als Ostwestfale neige ich manchmal zu Untertreibungen. Aber im Grunde hast Du recht. Im Vergleich zu den Dingern an Warburger Münzen, die man ab und zu angeboten bekommt, war das Preis-/Erhaltungsverhältnis schon recht zufriedenstellend. Sonst hätte ich das Teil hier auch nicht vorgestellt.

Bis denn dann
Dietmar

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BeitragVerfasst: 18. Jun 2009, 20:23 
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k&k Hoflieferant, Professor

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Hallo Dietmar.

Danke für den interessanten und wirklich gut lesenswerten Beitrag. Meine Allgemeinbildung freut sich. :D

Ginkgo

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BeitragVerfasst: 19. Jun 2009, 13:10 
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Hofrat

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Münz-Goofy hat geschrieben:
mäßig erhaltenen = westfälische Untertreibung


Ein schönes Beispiel zum westfälischen Diminutiv: Während meines Studiums las ich des öfteren Hinweise auf "Haus soundso". Wie erstaunt war ich, als sich die meisten dieser Gebäude entweder als ausgewachsene Wasserburgen oder sogar kleine Schlösser entpuppten. Erst als mich jemand auf die westfälische Untertreibung hinwies, wurde mir klar, dass es sich tatsächlich um eine regionale Eigenschaft handelt. :) Hier in Schwaben hatte nahezu jede Ortschaft ihr Schloß (allerdings in der wörtlichen Bedeutung: hier wohnte der Grundherr und es war damals zumeist das einzige Gebäude, was man abschließen konnte :) )

Trotzdem auch einen Dank von mir für den interessanten Vortrag. Interessant auch insofern, als das die Zeit war, in der in anderen Heckenmünzstätten tonnenweise untergewichtige Silbermünzen hergestellt wurden und hier offenbar jemand der Versuchung widerstand.

Es grüßt freundlichst
Dietemann


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