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 Betreff des Beitrags: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 14. Jul 2011, 20:15 
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Wirklicher Hofrat

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Der Taler, den ich hier vorstellen möchte, ist dem Namen nach dem einen oder anderen hier vielleicht aus Kindertagen in anderem Kontext bekannt - er ist das Vorbild für das Märchen von den Sterntalern und wird auch als solcher bezeichnet.
Dateianhang:
1778_Sterntaler_Hessen-n.jpg
1778_Sterntaler_Hessen-n.jpg [ 113.55 KiB | 31437-mal betrachtet ]

Zitat:
Hessen-Kassel, Friedrich II. (1760-1785), Taler Landmünze 1778, Kassel, Sterntaler, Dav. 2303, Schütz 1962, Schön#151.

Ich habe eine recht gute Beschreibung gefunden, die ich - natürlich mit Quellenangabe! ;) - hier einfügen möchte:

Dieser Taler, eine Landmünze zu 24 Groschen (13 1/3 Taler-Fuß) – im Gegensatz zum Konventionstaler zu 32 Groschen – wurde nur in Hessen geprägt. Er entsprach ungefähr dem preußischen Reichstaler des Graumannschen Fußes (14 Taler-Fuß). Auf der Rückseite ist der Stern vom Orden des Goldenen Löwen abgebildet. So erhielt dieses Stück den Namen Sterntaler. Die Sterntaler wurden u.a. dazu verwandt, Familien zu entschädigen, deren Söhne im amerikanischen Freiheitskrieg gefallen waren. Auf diesem makabren Hintergrund basierend, entstand das Märchen von den Sterntalern, das die Gebrüder Grimm in der Umgebung von Kassel aufzeichneten. Landgraf Friedrich II. bezog große Subsidien von den Engländern für Soldaten, die er an sie vermietete. In amerikanischen Sammlerkreisen heißen die Sterntaler daher auch "Blooddollar". Quelle: Künker, 90. Auktion 10.-11. März 2004, Los-Nr. 5440

Die Erhaltung des Stücks mag dem einen oder anderen bescheiden erscheinen, aber ich finde, sie wird dem Namen "Blut-Dollar" durchaus gerecht.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 14. Jul 2011, 21:01 
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Hallo Klaupo!

Deine Beiträge verbinden auf vortrefflichste Weise fundierte Information und den Schuss Humor, die sich zu einer gelungenen Harmonie verschmelzen.

Danke
Klosterschüler

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Was du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 15. Jul 2011, 09:05 
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Professor

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Danke für den Beitrag, klaupo. Dieser Taler steht auch noch auf meiner geistigen Habenmöchtliste.

Friedrich II (und Wilhelm/Wilhelm IX) ist wegen seines internationalen wirtschatlichen sehr erfolgreichen Soldatenhandels stark kritisiert worden.

"Der Soldatenhandel macht den Fürsten bis in die Gegenwart hinein zur Zielscheibe von Kritik. Unter den damaligen Umständen war dieses Geschäft jedoch auf Grund wirtschaftlicher und militärischer Überlegungen durchaus verständlich: Hessen-Kassel sah sich infolge seiner Zentrallage auf ein starkes Heer angewiesen, konnte jedoch wegen der Verwüstungen des Siebenjährigen Krieges, der gerade auf hessischem Territorium tiefgreifende Schädigungen des Wirtschaftslebens gezeitigt hatte, aus eigenen Mitteln nur schwerlich die benötigte Truppenstärke unterhalten. Die Anwerbung der Truppen durfte auf Friedrichs Befehl hin nicht unter Zwang oder Gewaltanwendung erfolgen und versprach für viele hessische Freiwillige ein sicheres Auskommen."
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_ ... sen-Kassel)

Aber auch andere Herrscher waren in diesem Handel sehr aktiv unter anderem von Schiller in Kabale und Liebe (Karl Eugen von Württemberg) thematisiert:
http://www.gah.vs.bw.schule.de/leb1800/karleug2.htm

Und wie immer: Achtung Internetquelle (Schulreferat), Vorsicht bei Zahlen und Fakten. Die Zahlen sind beeindruckend.


"Insgesamt kam eine Zahl von über 30.000 deutschen Soldaten über den Ozean. Mit fast 17.000 Mann stammte der weitaus größte Teil von ihnen aus dem Staat Hessen-Kassel, die übrigen verteilten sich auf Hessen-Hanau, Braunschweig, Ansbach, Bayreuth, Anhalt-Zerbst und Waldeck. Wenn man dann noch rechnet, dass Hessen-Hanau und Waldeck ebenfalls als Hessisch gelten, kommt man auf eine Zahl von fast 21.000 Mann, die aus hessischen Landen stammten. Dies macht auch verständlich, warum man diese fremden deutschen Truppen undifferenziert bis heute als "Hessians" bezeichnete."
Quelle: http://www.zauberspiegel-online.de/inde ... ew&id=1732

Und wie auch hier erwähnt der brutale (kopflose) Reiter in dem Film Sleepy Hollow von Tim Burton war Hesse.


PS: Wir sind doch keine Erhaltungsfanatiker/-fetischisten!

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Bauftragter des Numismatisch Beratenden Ausschusses Telefonwertmarken der Mitgliedsstaaten der Warschauer Vertragsorganisation des Zentralkomitees des Numismatik-Cafés Österreichs


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 15. Jul 2011, 09:55 
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k&k Hoflieferant, Wirklicher Hofrat
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Vielen Dank für diese spannenden Beiträge - da bekommt man richtig Lust, doch auch "moderne" Münzen zu sammeln! :P

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Viele Grüße
helcaraxe
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Meine Galerie: Römische Provinzbronzen (ausbaufähig... ;-))


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 16. Jul 2011, 08:56 
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Kandidat

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Danke für die gute Ausführung.
Gab es von diesem taler auch Teilstücke?
Und wenn ja, hatten die auch einen Stern?


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 16. Jul 2011, 11:12 
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k&k Hoflieferant, Professor
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Strolch hat geschrieben:
Gab es von diesem Taler auch Teilstücke? Und wenn ja, hatten die auch einen Stern?
Es gibt auch Halbtaler von 1776 und sie tragen ebenfalls den Ordensstern (Hessen-Kassel S#150).
Gruß,
gs


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 17. Jul 2011, 21:41 
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Kandidat
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Neben den Silbermünzen gab es auch doppelte und einfache Friedrich d'or mit diesem Design.
Und als Ergänzung zu Klaupos Beitrag: Grimms Märchen Die Sterntaler geht möglicherweise auch auf diesen Münztyp zurück.

Einen autobiographischen Bericht eines hessischen Söldners hat übrigens Johann Gottfried Seume geschrieben.
Seine wenigen Schriften bereiten immer wieder Lesespaß.

Grüße
Zwerg


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 14. Nov 2012, 16:55 
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Wirklicher Hofrat

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Der Titel dieses Threads ist neutral genug, um hier einen weiteren "Taler" aus Hessen vorzustellen, der nahezu zeitgleich mit dem "Sterntaler" geprägt wurde. Zumindest bezeichnete der Volksmund diese Kupfermünze - wohl wegen ihrer Größe - leicht spöttisch als "Schustertaler".
Dateianhang:
1777_8_Heller_Schustertaler_n.jpg
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Zitat:
Hessen-Kassel, Friedrich II. (1760-1785), 8 Heller 1777 (Cu). Vs. Hessischer Löwe hält verzierten Schild, darin Monogramm FL (= FRIDERICUS LANDGRAVIUS) Rs. Drei Zeilen Schrift / * 8 * / HELLER / 1777, Münzstätte Kassel. 32 mm, 15,48 g. Schoen#146, KM#509.

Geprägt nur 1774 und 1777 war die Laufzeit des Schustertalers außerordentlich lang. Sie reichte bis in die Zeit der Einführung der Scheidemünzen der Mark als neuer Währung des Deutschen Reiches nach 1873. In seiner langen Laufzeit erfuhr er einige Umwertungen. Als Preussen 1866 das Kurfürstentum Hessen annektierte, erhielt er den Status einer preußischen Scheidemünze und galt 8 Pfennig preussisch. Mit der Einführung der Reichswährung wurde der Schustertaler immerhin noch mit dem merkwürdigen Wert von 6 2/3 Pfennig bewertet, ehe er schließlich aus dem Zahlungsverkehr verschwand.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Taler aus Hessen
BeitragVerfasst: 29. Mai 2019, 09:45 
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Wirklicher Hofrat

Registriert: 26. Mai 2009, 21:47
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Die folgende Medaille habe ich vor Jahren bereits einmal im NF vorgestellt – seinerzeit allerdings ohne Kenntnis des Hintergrunds, den ich mittlerweile recherchieren konnte. In diesem Hessen-Thread scheint sie mir daher gut untergebracht.

Dateianhang:
1693_Med_Rheinfels_Sign_PHM_Rim_n.jpg
1693_Med_Rheinfels_Sign_PHM_Rim_n.jpg [ 115.01 KiB | 23984-mal betrachtet ]

Zitat:
Landgraf Carl von Hessen-Kassel (1670-1730), Medaille auf den Entsatz der Festung Rheinfels und St. Goars von den Franzosen, 1693. Medailleure Philipp Heinrich Müller (PHM) und Friedrich Kleinert (FK Randinschrift). 44 mm, 29,38 g. Hoffmeister 6244, Forster 683, Schütz 1324.
Vs. Blick auf das linke Rheinufer mit St. Goarshausen und der Burg Neukatzenelnbogen, gen. die Katz, im Hintergrund die Festung Rheinfels, Umschrift STRENAE GALLICAE, im Abschnitt REINFELS FRUSTRA OBSESS. LIBERTAT. DIE 2. IAN 1693.
Rs. Zwei korinthische Säulen mit der Aufschrift NON ULTRA, am Sockel der linken Säule PHM, zwischen den Säulen der sitzende Flussgott Rhenus mit einer sprudelnden Quellurne. Über dem Flussgott ein Spruchband mit der Inschrift HABET ET GERMANIA METAS, erhabene Randinschrift ARX RHEINFELS HASSORVM VIRTVTE FVGIENTE TALLARDO SERVATVR ** FK ** („Die Festung Rheinfels durch den Mut der Hessen und die Flucht Tallards gehalten.“ Die großen Lettern – s. Abb - stellen ein Chronogramm dar – 1693.)

Anm. 1 F-K - Friedrich Kleinert, 1633 - 1714, Münzhändler in Nürnberg, ließ Denkmünzen zum Verkauf anfertigen und war der Erste in Deutschland, der denselben mittels einer Maschine eine scharfe erhabene Randschrift gab.
Anm. 2 P.H.M. - Philipp Heinrich Müller, 1650 - 1718, Goldschmied und namhafter Medailleur in Nürnberg und Augsburg, fertigte auch berühmte Brettspiele aus Buxbaum- und Ebenholz.

Hintergrund. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697), in dessen Verlauf Ludwig XIV. versuchte, Teile des Elsass, der Pfalz und Luxemburgs dem französischen Staat anzugliedern, kam es Ende 1692 zur Belagerung der Festung Rheinfels im Oberen Mittelrheintal durch französische Truppen. Unter dem Landgrafen Carl von Hessen-Kassel war diese Festung mit erheblichen Mitteln ausgebaut worden, aufgrund strittiger Besitzverhältnisse mit der verwandten Linie Hessen-Rotenburg von der letzteren jedoch den Franzosen erfolglos zum Kauf angeboten worden. Der französische Marschall Tallard hatte vielmehr seinem König versprochen, ihm die Schlüssel zur Festung als "Neujahrsgeschenk" zu überreichen. Diese STRENAE GALLICAE - d.h. französische Neujahrsgeschenke – wählte der Landgraf als Legende für die o.a. Medaille, die er nach der erfolglosen Belagerung der Festung ( REINFELS FRUSTRA OBSESS) und dem Abzug der Franzosen ausbringen ließ.

Das Revers verbindet den Rhein mit dem Motiv der Säulen des Herkules samt Spruchband – HABET ET GERMANIA METAS, d.h. "Auch Deutschland hat Grenzen" (gemeint ist hier der Rhein) mit abgewandelter Devise – NON ULTRA, "Nicht weiter" anstelle des PLUS ULTRA, "Immer weiter". Vorbild für dieses Münzbild-Element war der sog. Pillar- oder Säulen-Dollar der spanischen Habsburger und ihrer Nachfolger, der spanischen Bourbonen. Gedeutet wird diese Abwandlung hier als Warnung an Ludwig XIV. mit seinen Ansprüchen auf Spanien nicht zu weit zu gehen. Als Anschauungsmaterial zum Vergleich mag ein originaler "Pillar-Dollar" dienen.

Dateianhang:
1758_JM_8_Reales_Lima_Fernando_VI_n.jpg
1758_JM_8_Reales_Lima_Fernando_VI_n.jpg [ 105.11 KiB | 23984-mal betrachtet ]

Die Beschreibung der Medaille erfolgte nach Wolfgang Eichelmann, Hessische Münzen und Medaillen Bd. 1. Wer an einer ausführlicheren Beschreibung des Hintergrunds und der Deutung der Medaille interessiert ist, findet sie hier.

Zum Schluß noch eine Bemerkung zum Vorkommen der Medaille. Ich habe sie seinerzeit ohne jede Kenntnis zu einem mittleren zweistelligen Betrag erworben, weil ich sie attraktiv und interessant fand. Etwa zeitgleich fand ich sie dann in einer Auktion mit dem Vermerk „RR“ und dem gleichen "üblichen Stempelfehler" für ein Vielfaches zugeschlagen. Sechs Jahre später wurde dieses Vielfache in einer weiteren Auktion noch einmal erheblich erhöht. Sie scheint also wirklich selten zu sein.

Gruß klaupo


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