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BeitragVerfasst: 24. Jul 2010, 20:12 
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Wirklicher Hofrat

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Hallo mal wieder,

eine Münze aus der Grafschaft Stolberg inThüringen wurde hier ja bereits vorgestellt. Sie zeigt u.a. bereits das Wappentier der Grafen von Stolberg - einen Hirsch. Dieser Hirsch - oder zumindest doch sein Geweih - waren seit Beginn der Stolberger Münzprägung, die im 13. Jh. mit Brakteaten ihren Anfang nahm, das durchgängige Münzmotiv. Wann genau der Hirsch vor die Säule des Stolberger Wappens geraten ist, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.
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1764_2-3T_Stolberg-n.jpg
1764_2-3T_Stolberg-n.jpg [ 107.43 KiB | 17412-mal betrachtet ]

Zitat:
Stolberg-Stolberg, Friedrich Botho und Karl Ludwig (1761-1768) 2/3 Taler 1764. Friederich 1986, Jaeger 19; 13.84 g, 32 mm Ø. Anm. Die Auflösung der Legende überlasse ich dem geneigten Leser.

Die Herkunft des Wappens ist eine hübsche Geschichte mit reichlich sagenhaften Zügen und geht etwa so: Der Überlieferung zufolge soll der Stammvater der Grafen von Stolberg ein gewisser Odo / Otto de la Columna - also "der von der Säule" - gewesen sein, ein römischer Adliger, der als Heerführer im Dienst Justinus des Jüngeren zwischen 530 und 564 Thüringen befrieden sollte. Diese Aufgabe erledigte er anscheinend zur Zufriedenheit seines Dienstherrn ... aber damit nicht genug! Denn als der Kaiser ihn besuchen kam, gelang es ihm, einen schwarzen Hirsch lebendig zu fangen und diesen dem hohen Besuch als Geschenk zu präsentieren. Eine Gabe ist der Gegengabe wert - seine kaiserliche Hoheit gewährte dem Odo / Otto neben einem ordentlichen Streifen Land, das er gegen die Sachsen verteidigen sollte, auch die Gunst, den schwarzen Hirschen zusammen mit seiner Familien-Säule als Wappen zu führen. Und dabei ist es dann geblieben.

Vermünzt wurde in Stolberg in erster Linie eigenes Silber aus den Bergwerken der Grafschaft, doch mußte der Vorrat für die Prägung zeitweilig durch Zukauf aufgestockt werden. Es ist mir ein besonderes Vergnügen, hier neben einer attraktiven Münze einen motivgleichen Münzmeister-Jeton vorstellen zu dürfen. Beide Stücke sind ungefähr zeitgleich - und möglicherweise sogar von der gleichen Hand - geprägt worden.
Dateianhang:
1750-65_Rpf_Stolberg-n.jpg
1750-65_Rpf_Stolberg-n.jpg [ 101.62 KiB | 17412-mal betrachtet ]

Zitat:
Kupferner Münzmeister-Jeton o.J. Hirsch vor Säule, im Sockel S Umschrift JULIANUS EBERHARD VOLCKMAR CLAUS HOCHGRAEFF STOLB M MEIST/ Hand aus Wolken hält gleichstehende Waage, in den Waagschalen Zirkel und Metallbarren Umschrift OMNIA PONDERE NUMERO ET MENSURA. 28 mm, 4,98 g. Neumann V. 32039.

Mit berechtigtem Stolz weist man in Stolberg heute darauf hin, daß der Stadt ihre Münzstätte aus dem 16. Jh. nahezu komplett erhalten geblieben ist. Eine originale Werkstatt in dieser Vollständigkeit sei im europäischen Raum einmalig.

Gruß klaupo

P.S. Über eine zusätzliche Referenz zum 2/3 Taler aus dem Schön würde ich mich freuen. Es gibt diesen Gulden in diversen Varianten, und ich bin nicht sicher, ob ich die richtige erwischt habe.


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BeitragVerfasst: 24. Jul 2010, 20:24 
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Wirklicher Hofrat
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Lieber klaupo,

mit einer Referenz zum 2/3 Taler kann ich leider nicht dienen, aber trotzdem ein herzliches Dankeschön für diesen Beitrag. Du hast uns in eine faszinierende Ecke der Geschichte rangiert. Warum nur erinnert mich der Münzmeister-Jeton an Gepräge aus Mombasa und Sansibar?....

Lg
Dietmar

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BeitragVerfasst: 24. Jul 2010, 20:39 
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Lieber Klaupo!

Die Geschichte ist für mich zweifach interessant:
Neben dem numismatischen Mehrwert deiner Beiträge hat meine Familien Verbindungen zu den Grafen Stolberg: Einer meine Vorfahren, Wilhelm Hemsen (1829-1885, ihm wurde "Rang und Charakter" eines Hofrats verliehen), seines Zeichens Vorstand der Handbibliothek seiner Majestät, des Königs von Würtemberg, unterhielt eine Beziehung zu einer Gräfin Stolberg. Da dieses Verhältnis natürlich völlig unstandesgemäß war, durfte er nicht einmal an Ihrem Begräbnis teilnehmen, sondern musste die Bestattung durch ein Friedhofstürl beobachten. So die zumindets mir erinnerliche Geschichte.

Klosterschüler

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BeitragVerfasst: 24. Jul 2010, 20:54 
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Liegt wohl an der Waage. ;)

Zur Legende rate ich mal: Friedrich Botho und Claus Ludwig Grafen zu Stolberg... (hier muss ich passen).

Gruß Chippi

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Wurzel hat geschrieben:
@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)

Münz-Goofy hat geschrieben:
Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.


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BeitragVerfasst: 24. Jul 2010, 22:04 
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Wirklicher Hofrat

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Hallo Olaf,

mit deinem Exkurs in die Familiengeschichte bekommt der Stolberger Hirsch eine hübsche pikante Note ... Anscheinend hat dein Altvorderer ihn ein wenig umgedeutet und dem Grafen persönlich - wie man so sagt - "die Hörner aufgesetzt" ... ;)

Gruß klaupo


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BeitragVerfasst: 25. Jul 2010, 08:05 
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klaupo hat geschrieben:
und dem Grafen persönlich - wie man so sagt - "die Hörner aufgesetzt" ... ;)

:lol: :lol:

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BeitragVerfasst: 25. Jul 2010, 10:10 
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Wirklicher Hofrat

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Wo wir schon mal beim Thema sind, - einen kleinen Hirschen möchte ich noch nachreichen:
Dateianhang:
1719_1-24_Stolberg-n.jpg
1719_1-24_Stolberg-n.jpg [ 100.13 KiB | 17388-mal betrachtet ]

Zitat:
Stolberg-Stolberg, Christoph Friedrich und Jost Christian (1704-1738), Groschen = 1/24 Taler 1719 IIG (Si), Stolberg, S#13

Die Wertseite weist in der Vergrößerung ein merkwürdiges Phänomen auf: Sie ist vollständig durchzogen von feinen Haarrissen.
Dateianhang:
1719_1-24_Stolberg_Detail-n.jpg
1719_1-24_Stolberg_Detail-n.jpg [ 110.27 KiB | 17388-mal betrachtet ]

Wie mag das zustandegekommen sein?

Gruß klaupo


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BeitragVerfasst: 25. Jul 2010, 11:11 
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Wirklicher Hofrat

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Hier noch mal ein Link zum Thema Stollberger Münze:http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?f=45&t=25134&start=120
Gruß ischbierra


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BeitragVerfasst: 26. Feb 2011, 22:36 
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Hallo klaupo !

Bei der ersten Frage (wann der Hirsch vor die Säule geraten ist) muss ich leider passen. Es dürfte irgendwann Anfang des 17. Jahrhunderts passiert seit. Prägungen bis um 1600 weisen jedenfalls noch den "nackten" Hirschen auf.

Bestätigen kann ich aber deine Vermutung, dass beide eingangs vorgestellten Prägungen vom selben Münzmeister stammen.
Beide sind von Julian Eberhardt Volckmar Claus (als Münzmeister tätig 1750-1765).

Seine Bestellung als Münzmeister war übrigens politisch bedeutsam. Denn von ihm forderte Sachsen erstmals, dass er sich in Dresden einer Tauglichkeitsprüfung unterziehen müsse und noch dazu einen Eid auf das Kurhaus Sachsen abzulegen hat. In der damaligen Zeit war das ein Affront auf die Unabhängigkeit der Grafen zu Stolberg.

_________________
Gruß Muenzenfreund

www.welfen-muenzen.de
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 Betreff des Beitrags: Re: Stolberg
BeitragVerfasst: 27. Feb 2011, 22:39 
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k&k Hoflieferant, Professor
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Registriert: 26. Mai 2009, 07:59
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Bilder: 1

Wohnort: München
Muenzenfreund hat geschrieben:
Seine Bestellung als Münzmeister war übrigens politisch bedeutsam. Denn von ihm forderte Sachsen erstmals, dass er sich in Dresden einer Tauglichkeitsprüfung unterziehen müsse und noch dazu einen Eid auf das Kurhaus Sachsen abzulegen hat. In der damaligen Zeit war das ein Affront auf die Unabhängigkeit der Grafen zu Stolberg.
Nach den Reichsmünzordnungen hatte jeder angehende Münzmeister eine Prüfung vor dem Generalmünzwardein abzulegen, und der wurde im Obersächsischen Kreis in dieser Zeit von Kursachsen gestellt. Weil in diesem Kreis schon lange keine Münzprobationstage mehr abgehalten wurden, ist also des Kreiswardeins kursächsische Dienststelle in Dresden der naheliegende Prüfungsort. Es handelte sich also weder um einen erstmaligen Vorgang noch um einen Angriff auf die Souveränität des Stolberger Grafenhauses.
Gruß,
gs

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