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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 02:08 
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Hofrat
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Hallo liebe Sammlerfreunde,

ich hätte da ein "Münzlein", zu dem ich gerne eure Meinung einholen würde, bevor ich sie entgültig archiviere! Es handelt sich um einen goldglänzenden Denar des "Septimius Severus", zu dem ich in der Literatur nur ein Beispiel, nämlich RIC 162 finden konnte. Wie die Oberflächenstruktur nahelegt, scheint er gegossen zu sein. Es könnte also eine antike Fälschung eines Aureus sein. Dem widerspricht allerdings der zu kleine Durchmesser und das äußerst geringe Gewicht, welches allenfalls im Bereich eines stark untergewichtigen Goldquinars liegt. Meine Frage: Kann es sich bei dem Material, aus dem die Münze gegossen zu sein scheint, um Aurichalcum* handeln?

Septimius Severus
Denar (subaerater Gussaureus), Rom 200/201 n. Chr.
Av.: SEVERVS AVG – PART MAX / Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: MONETA – AVGG / Moneta n. l. stehend, hält Waage und Füllhorn.
Gewicht: 2,19 g. Durchmesser: 18 mm.
RIC 162; Sear 5/6315; BMCRE 194; RSC 343, Kampmann 49.114.

* Der Name Aurichalcum ist auf das griechische ορείχαλκος, oreichalkos (von όρος, oros, mountain and χαλκός, chalkos, Kupfer oder Bronze) zurückzuführen, "Bergkupfer" oder "Bergmetall" bedeutend. Die Römer übersetzten "orichalcum" als "aurichalcum", das, wie man dachte, wörtlich "Goldkupfer" bedeutete. Es kann sich dabei sowohl um eine Gold/Kupfer-, als auch um eine Kupfer-Zinn- oder Kupfer-Zink-Messing-Legierung handeln, oder aber um eine Legierung mit einem weiteren, uns nicht mehr bekannten Metall.
In der Münzkunde ist Orichalcum die golden gefärbte Bronzelegierung, die für Sesterzen und Dupondien verwendet wurde. Es wurde für wertvoller gehalten als Kupfer. Man glaubt auch zu wissen, dass orichalcum gezielt verwendet wurde, um Schmuck oder Münzen wie Gold aussehen zu lassen.

mit freundlichen Grüßen ... und in der Hoffnung auf viele Meinungen bzw. einen interessanten Diskurs

Justus


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Sept. Severus - RIC 162.jpg
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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 07:18 
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Beiträge: 2162
Salve magister justus;)

Könnte es sein, dass in derselben Werkstatt auch Beschläge, oder Fibeln hergestellt wurden?
Der Rest des geschmolzenen Metalls im Gußtiegel hat dann offenbar nicht mehr für einen Sesterzen gereicht und man hat einfach einen Denar abgeformt und gegossen.

Sind in den Vertiefungen noch eventuell Silberreste erkennbar?
Wenn nicht, könnte Dein Stück noch vor dem Überzug mit Silberblech verloren gegangen sein.

Als gefälschter Aureus dürfte er nicht sehr glaubwürdig gewesen sein.

In meiner Sammlung befinden sich ebenfalls einige subärate Denare, deren Anima einen ähnlichen Farbton wie Dein Stück aufweist.

Ich werd sie demnächst einstellen.

Viele Grüße
Harald

Viele Grüße
Harald

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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 07:28 
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Professor

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Kann es sich nicht einfach um einen gegossenen Limesdenar handeln?
Der Durchmesser passt für Denare, das Gewicht ebenfalls.
Ein Quinar hätte einen geringeren Durchmesser von ca. 15mm gehabt.
Die Anmutung von Gold macht das Stück auch nicht.
Da ein Aureus ca. 7 Gramm wiegen musste, wäre eine Aureusfälschung mit diesem geringen Gewicht aufgefallen.
Ein Aureus hatte einen erheblichen Wert (ca. 20 Tageslöhne eines Legionärs) und wäre genau geprüft geworden.

Aus Aurichalcum (Messing) waren Sesterzen. Vielleicht hat man alte Sesterzen eingeschmolzen, um Denare daraus zu giessen?

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Gruß,
antoninus1


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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 13:07 
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Hofrat
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Hallo harald, hallo antoninus1,

das ist ja die "crux"! Ich würde ihn ja gerne unter Gussdenar archivieren, vor allem, da es sich zweifellos um einen Guss handelt (siehe Oberflächenstruktur und Gussansatz auf ca. 6 Uhr), aber es sind keinerlei Anzeichen einer ehemals vorhandenen Silberplattierung oder gar für einen Weißmetall-Denar* zu erkennen. In den Vertiefungen taucht dagegen unter dem Mikroskop rot schimmerndes Kupfer auf.

Matthias Pfisterer schreibt in "Eine Gruppe severerzeitlicher Fälscherförmchen aus der Sammlung des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte, in Numismatische Zeitschrift, Band 113/114)" zum Thema Münzfälschungen Mitte des 3. Jahrhunderts: Es gab Kupfer-Zinn-Legierungen, Silber-Kupfer-Legierungen und Kupfer-Blei-Legierungen. Er fügt hinzu, dass einige Gussreste analysiert wurden, wobei sich ergab, dass die verwendete Legierung ein Kupfer-Zinn-Gemisch mit etwa 60 – 70 % Cu und etwa 20 – 30 % Sn war. Der goldfarbene Glanz könnte also auf ein Mischungsverhältnis von 80 - 90 % Cu zurückzuführen sein. Bei den Vertiefungen könnte es sich eventuell um Auswaschungen unedlerer Legierungsanteile handeln oder nicht?

Was die Verbreitung derartiger Münzfälschungen in der Antike anbetrifft, so schreibt Pfisterer dazu: Das Militär als Adressat der gegossenen Denare ist auszuschließen, vielmehr dürfte die Zivilbevölkerung der Hauptverwender des Geldes sein. "Die produzierenden Stellen dürften führende Institutionen auf lokaler Ebene, etwa größere Gutshöfe etc. gewesen sein".

Einen besonderen Aspekt der Wertschätzung von Münzfälschungen in der Antike, möchte ich noch hinzufügen. Plinius der Ältere liefert uns dazu einen unmittelbaren Kommentar: Er äußert sein Erstaunen über die Nachricht, dass „Fälschermethoden Anlass zu Studien sind; man prüfte sorgfältig einen gefälschten Denar, und man musste mehr als einen echten Denar bezahlen, um die gefälschte Münze zu erwerben". (E. und V. Clain-Stefanelli, Das große Buch der Münzen und Medaillen, Battenberg Verlag 1991, Seite 146).

Plinus Maior, Naturalis Historia, Buch 33: "... mirumque, in hae artium sola vita discuntur et falsi denarii spectatur exemplar pluribusque veris denariis adulterinus emitur.“ - Seltsamerweise werden sie in diesen Künsten (die Denare zu prüfen) allein mit dem Leben gelehrt und auch das Beispiel eines falschen Denars wird betrachtet und mit mehr echten Denaren wird die Fälschung gekauft.

Summa summarum könnte man vielleicht folgende Schlußfolgerung ziehen: Fälschung eines Gussdenars - aus goldfarbener Kupfer-Zinn-Legierung (Aussehen ähnlich einem Aureus) - hohe Wertschätzung von antiken Fälschungen - höherer Gewinn bei der Verbreitung im Decumatland.

mfg Justus

* Weißmetall-Denar/Weißsieden - eine silberne Oberfläche wird durch eine spezielle Säurebehandlung über dem Kupferkern der Münze hergestellt. Dieses geschah durch Silberamalgamierung. Bei der Silberamalgamierung ist Quecksilber nötig. Bei einer späteren Erhitzung können demnach Reste des Quecksilbers aus dem Amalgam frei werden.

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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 18:10 
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Professor
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Hallo,

meiner Meinung nach lässt das rauhe, goldige Erscheinungsbild der Oberfläche auf eine erst vor einigen Jahren durchgeführte "brutale" Reinigung und ebensolche Nachbehandlung schießen.

Z.B. saure Reinigung und anschließendes Versilbern mit Amalgam-Gemisch ;
- oder elektrolytische Reinigung und anschließende elektrochemische Abscheidung oder - Fällung einer dünnen, kupferhaltigen Schicht.

(Die Phantasie der Reinigungs-Experten kann manchmal grenzenlos sein.) :evil:

Gruß,
A.

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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 18:43 
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CHIEFINSPECTOR of NUMISMATIC SCOTLAND YARD, Hofrat.

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Ich stimme der Ausführung von Arminius zu.
Diese "Bronzemünze" wurde übermäßig stark gereinigt und anscheinend auch noch
mit einer Bürste arg behandelt.
Ich glaube zwar nicht an eine vor Jahren durchgeführte Reinigung, da hätte sich bis heute
wieder etwas Patina auf der Oberfläche gebildet, sondern diese wurde vielmehr erst vor kurzem
durchgeführt.
justusmagnus, seit wann bist Du im Besitz der Münze?

Viele Grüße
muenzenputzer06


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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 19:13 
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CHIEFINSPECTOR of NUMISMATIC SCOTLAND YARD, Hofrat.

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Unter Umständen hingt dieser Vergleich, aber ich möchte ihn trotzdem stellen.
Eine erst gestern bis aufs Metall gereinigte Münze.
Nun auch "goldfarben" bw. "messingfarben".
Sicherlich ein Frevel am Münzlein, aber ich mache so mache Testreihen, um noch selbst einiges
über gute - in diesem Falle natürlich nicht - Reinigung und vorherige Oberflächenstrukturen bzw.
Verschmutzungen zu lernen.
Kritik Willkommen.
Viele Grüße
müpu


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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 19:37 
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Hofrat
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muenzenputzer06 hat geschrieben:
... seit wann bist Du im Besitz der Münze?


Erst ca. 2 Monate!

mfg Justus

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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 19:43 
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CHIEFINSPECTOR of NUMISMATIC SCOTLAND YARD, Hofrat.

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@justusmagnus

Das könnte dann auf eine erst vor kurzem durchgeführte Reinigung hindeuten.
Es ist aber wie immer sehr schwierig, nur anhand Fotos die Münze bzw. deren Zustand zu beurteilen.
Grüße
müpu


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BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 22:44 
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Hofrat
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hallo müpu,
ich weiss ja nicht wie die münze vorher ausgesehen hat, aber lieber so, als mit einer schlechten patina!
grüsse
frank


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