Für folgende Münze habe ich ein wenig recherchieren müssen. Zwar ist sie natürlich im Sammlungkatalog beschrieben, aber der Text hat mich nicht so ganz zufriedengestellt (ich weiß schon, dass meine numismatischen Kenntnisse nicht annähernd so umfassend sind wie die von Dr. Hans Vögtli, der den Katalog bearbeitet hat, aber ich kann für eine verhältnismäßig geringwertige Münze natürlich auch mehr Zeit aufwenden als ein Katalogschreiber, der ja auch immer wirtschaftliche Interessen beachten muss).
Hier erst einmal die Münze:
Hierokome in Lydien.
AE18. Ca. 1. Jhdt. v. Chr. 5,77 g.
Av.: drapierte Büste der Artemis mit Diadem n. re., Köcher und Bogen auf dem Rücken, [darunter ΠEPΣIKH].
Rv.: Hirschprotome n. re. lagernd, darüber IEP als Monogramm.
SNG von Aulock 2951. SNG München 131. SNG Cop. 170. Imhoof-Blumer, Lydische Stadtmünzen 1.
Ex coll. Roland Müller (M&M Deutschland, Auktion 30, 28.05.2009, Nr.584).
Dateianhang:
hierokaisarea.jpg [ 65.01 KiB | 11439-mal betrachtet ]
Im Katalog wird als Stadtbezeichnung Hierokaisareia angegeben, was im Prinzip erst mal nicht falsch ist, denn tatsächlich handelt es sich bei beiden um dieselbe Stadt, aber zu verschiedenen Zeiten: Ursprünglich nannte sich die Stadt eben Hierokome. Sie liegt im Nordwesten Lydiens bei Arpali auf dem gegenüber liegenden Ufer des heutigen Dorfes Beyoba am Fluss Glaukos. Polybios ist der einzige Schriftsteller der von dieser Stadt (unter diesem Namen!) berichtet, die berühmt durch ihren Artemistempel war, den 204 v. Chr. Philipp V. und um 155 v. Chr. Prusias II. ausraubten.
Im Jahr 17 n. Chr. gab sich die Stadt nach dem großen Erdbenen den Namen Hierokaisareia aus Dankbarkeit zu Tiberius, da dieser die Stadt großzügig unterstützt hatte.
Tacitus berichtet nun, dass sich im Jahre 23 n. Chr. die Gesandten von Hierokaisareia vor dem römischen Senat brüsteten, dass die Gründung des Tempels der Artemis Persike auf Kyros zurückzuführen sei, und dass Perpenna, der 130 v. Chr. das ihrer Stadt benachbarte Stratonikeia am Kaikos belagerte, Isauricus und andere römische Feldherren die Heiligkeites des Tempelbezirkes anerkannt und dieses sogar erweitert hätten. Pausanias erzählt dann unter anderem von dem Feuerkult der persischen Magier, der noch zu seiner Zeit in Hierokaisarea und Hypaipa ausgeübt wurde, was er noch selbst gesehen hatte.
Soweit ist die Chronologie der Stadt und was wir über sie wissen klar. Und dass dann Artemis prominent auf den Münzen zu sehen ist, wundert auch nicht weiter. Das Monogramm IEP ist schon schwieriger, denn natürlich passt es zu beiden Bezeichnungen. Vögtli legt die Münze unter der neuen Bezeichnung ins erste nachchristliche Jahrhundert, und damit wäre sie eigentlich schon eine römische Provinzialmünze. Ich mag ihm darin aber nicht folgen, und zwar aus folgendem Grund:
Wenn die Stadt sich einen neuen Namen gibt, dann will sie sicher auch, dass dieser neue Name bekannt wird und wird ihn auf der Münze ausschreiben und nicht das alte Monogramm weiterverwenden. Und tatsächlich gibt es einige Münzen aus dem ersten Jahrhundert nach Chr., die schon den neuen Namne in voller Länge tragen:
http://www.acsearch.info/record.html?id=59403http://www.acsearch.info/record.html?id=149031http://www.acsearch.info/record.html?id=115919http://www.acsearch.info/record.html?id=153019Und diese Münzen sind stilistisch so verschieden von der obigen Münze, dass ich darin Imhoof-Blumer folge, der die Münze unter der alten Bezeichnung Hierokome ins erste vorchristliche Jahrhundert legt. Und damit haben wir wieder eine echte griechische Münze.