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BeitragVerfasst: 20. Apr 2015, 17:57 
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Dieser sehr rare Vierundzwanzigstelstater des Typs Manching A auch Typ Androkephales Pferd I genannt, zählt wohl zu den frühesten Süddeutschen Prägungen.

In der Fundortliste von Michael Nick sind lediglich 7 Exemplare mit dem Fundort Manching, Stöffling und eines mit dem Fundort Butera in Sizilien (!) verzeichnet.

Steffgen- Ziegaus schreiben von 12 Exemplaren aus 4 Stempelpaaren.

Nach Meinung von Nick kann lediglich der Fund aus dem Gräberfeld von Butera als Datierungsanhalt herangezogen werden, welcher aber bedauerlicherweise nicht aus einem geschlossenem Grabfund stammt.
Steffgen und Ziegaus vermuten die Aufgabe des Gräberfeldes mit dem Ende des zweiten Punischen Krieges im Jahre 201 v. Chr.und kommen zu dem Schluß, das das Stück spätestens zu Beginn des 2. Jh. v. Chr. in den Boden gelangt sein muß.

Nach Nick liegt die Ausprägung der süddeutschen 1/24 Stater sogar noch in der 2. Hälfte des 3. Jh. v. Chr.

Kellner schreibt in seinem Gesamtwerk über die keltischen Münzfunde aus Manching über den Manchinger Börsenfund:

Im Zuge einer archäologischen Grabung wurde im Jahr 1972 als ältestes numismatisches Zeunis dieser Siedlung ein kleiner Schatzfund von sechs keltischen Goldmünzen geborgen, welcher sich in einem Bronzebehälter in Beutelform befand. In diesem Bronzebehälter, der große Ähnlichkeit mit heute noch in Ungarn von Hirten verwendeten ledernen Gelbörsen aufweist, wurden neben 2 Exemplaren dieses Typs noch folgende weitere Goldnominale gebogen:

Viertelstater Typ glattes Regenbogenschüsselchen V A, Castelin I 1092
Zwei Exemplare von 1/24 Stateren des Typs Androkephales Pferd, Variante Manching B
Boiischer 1/24 Stater Typ Athena Alkis, Castelin Serie A Serie II (Diese Münze wurde von Kellner fälschlicherweise den Vindelikern zugeordnet und mit der Bezeichnung Manching C versehen.)

Auf Grund der Vergesellschaftung mit dieser boiischen Prägung kann man meiner Meinung nach von einer Datierung des Schatzfundes im Zeitraum 210-180 v. Chr. ausgehen.

1/24 Goldstater, Typ Androkephales Pferd I
Av: Stark stilisierter Kopf r. mit Punktauge rechts
Rv. Androkephales Pferd mit zurückgewandtem Menschenkopf nach rechts.

Obwohl das Reversbild aus einem abgenützten Stempel stammt, ist der nach links gewandte Menschenkopf trotz seiner winzigen Größe von unter 1mm. (!) noch sehr detailreich dargestellt.

Das hier vorgestellte Exemplar weist auf dem Avers und dem Revers eine Stempelidentität zum folgenden Beleg auf:
Steffgen- Ziegaus, Untersuchungen zum Beginn der keltischen Goldprägung in Süddeutschland, JNG 44( 1994), S14-15, Nr. 26, (Stempelpaar 3) =Lanz 128, 2006, 06= Lanz 70, 1994, Nr. 232 http://www.acsearch.info/search.html?id=301131

Der Schrötling besteht aus hochwertigem Gold, sein Durchmesser beträgt lediglich 4,2 mm(!) und das Gewicht liegt bei 0,32 Gramm.

Die Bilder wurden wegen der geringen Münzgröße mit einem Mikroskop aufgenommen.

Grüße
Harald


Dateianhänge:
Vierundzwanzigstel- Stater Vindeliker Typ androkephales Pferd...jpg
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Zuletzt geändert von harald am 21. Apr 2015, 08:39, insgesamt 1-mal geändert.
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BeitragVerfasst: 21. Apr 2015, 08:37 
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Zum Fundort Butera in Sizilien:

Anfang der 1950er Jahre wurde im Zuge von Ausgrabungen in der hellenistischen Nekropole von Butera ein Exemplar dieses Typs gefunden. Mangels Vergleichsmöglichkeiten ist esjedoch lange nicht gelungen, dieses für dortige Verhältnisse ungewöhnliche Stück zu identifizieren und es ließ sich auch nicht rekonstruieren, wie es dorthin gekommen ist.

Es besteht jedoch eine große Wahrscheinlichkeit, das es als Zeugnis für die Anwesenheit eines Kelten aus Südbayern gedeutet werden kann, da es im 3. Jh. v. Chr. historische Nachweise für die Anwesenheit keltischer Krieger gibt, welche sich als Söldner in den Heeren hellenistischer Herrscher verdingten.

In meiner 2014 publizierten Arbeit über die Münzen der Boier in historischem Kontext erwähnte ich noch einen weiteren Nachweis von Verbindungen nach Süditalien, jedoch diesmal in umgekehrter Richtung:
Sowohl in Roseldorf, als auch in Nemcice wurden Kleinbronzen des Hieron II aus Syrakus in Sizilien gefunden, welche in die zweite Hälfte des 3. Jh. v. Chr. datiert werden (Buttrey et al. 1989, 106, Nr. 368).
König Hieron II von Syrakus unterstützte die Römer im Zeitraum zwischen 260 und seinem Tod im Jahr 215 v. Chr. bei ihren Kriegen gegen Karthago mit Kriegern und Verpflegung.

Grüße
Harald


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BeitragVerfasst: 22. Apr 2015, 16:19 
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Danke Harald für deine ineressanten Beiträge.

1/24 Goldstater - 4,2 mm(!) und das Gewicht liegt bei 0,32 Gramm

Wurden diese Münze wirklich als Zahlungsmittel verwendet?
Was machte - Grösse/Gewicht - das für einen Sinn?


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BeitragVerfasst: 23. Apr 2015, 07:47 
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Hallo Spezie!
Ich bedanke mich für dein Interesse an diesem Thema :D !

Die süddeutschen 1/24 Stater hatten mit Sicherheit die boiischen 1/24 Stater als Vorbild, da die frühesten boiischen schon etwa 40 Jahre davor existierten.

Für diese frühesten Prägungen der Boier existieren ausschließlich Nachweise in Gold, das silberne Kleingeld wurde erst einige Jahrzehnte später ausgebracht..
Da Gold einen sehr hohen Materialwert hatte- der Vollstater würde etwa einem heutigen Kaufwert von mehr als 1000 Euro entsprechen- benötigte man für den täglichen Bedarf Kleingeld.
Diese kleinsten boiischen Nominale hatten etwa dasselbe Gewicht wie die Süddeutschen und waren nur geringfügig größer.

Bei den Vindelikern gab es nicht nur 1/24 Teilstücke, es gibt mehrere Nachweise von 1/48stel mit einem Gewicht von 0,16 Gramm.
Der Durchmesser dieser Winzlinge entsprach etwa der hier vorgestellten Münze, die Gewichtsreduktion erzielte man durch entsprechend dünnere Schrötlinge.

Als Nachweis für Zahlungsmittel gilt der von mir erwähnte Fund einer Geldbörse aus Manching mit boiischen und süddeutschen 1/24 Teilstücken, sowie einem vindelikischen Viertelstater.

Viele Grüße
Harald

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BeitragVerfasst: 23. Apr 2015, 21:48 
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Hallo Harald,

herzlichen Glückwunsch zu einer so seltenen und frühen Keltenmünze. Ein Winzling aus dieser Serie (0,15 g) wurde als Kleinstsilber - nicht als Goldmünze - vor fast einem Jahr bei der Münzhandlung Sonntag versteigert (Auktion 19, 2.-3. Juni 2014, Los 4):
Zitat:
Keltische Münzen
Ostkelten

Böhmen. BOIER. Kleinstsilber. Männlicher Kopf nach rechts / Kentaur nach rechts mit zurück gewandtem Kopf. 0,15 g

äußerst selten-scheint unpubliziert, sehr schön

Dateianhang:
image00004.jpg
image00004.jpg [ 60.32 KiB | 13486-mal betrachtet ]

https://www.numisbids.com/n.php?p=lot&sid=727&lot=4

Ich hatte nicht geboten, weil die Münze nicht in mein Beuteschema fällt. Und war sehr erstaunt, zu welch geringem Preis sie zugeschlagen wurde (130 Euro bei einem Schätzpreis von 100 Euro). Im Nachhinein reut mich schon etwas, nicht geboten zu haben ...

Viele Grüße,
Docisam


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BeitragVerfasst: 24. Apr 2015, 07:13 
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Professor

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Danke für die ausführliche Erklärung, der Verlust der Münzen bei dieser Grösse muss vermutlich enorm gewesen sein?


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BeitragVerfasst: 24. Apr 2015, 12:27 
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Hallo Docisam!

Vielen Dank.

Zu der von dir vorgestellten hochinteressanten Prägung:
Diese Auktion habe ich absolut nicht mitbekommen und ich bedaure es sehr.
In Silber ist dieser Typ unbekannt.


Für besonders interessant halte ich das Gewicht, da es entspricht ziemlich genau dem eines 48stel Staters entspricht.
Auf dem Bild hat es fast den Anschein, als wären noch geringe Reste von Vergoldung erhalten.
Von den Boiern kenne ich mehrere Beispiele mit nahezu identem Gewicht, ebenfalls aus Silber und mit Vergoldung.
Diese werden jedoch in eine spätere Periode, das heißt in La-tene D datiert.

Viele Grüße
Harald

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BeitragVerfasst: 24. Apr 2015, 12:31 
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@Spezie!

Wenn man sie mit den etwa gleich großen Nominalen der Boier vergleicht, kann man mit Sicherheit von einer sehr großen Verlustrate ausgehen.
Die boiischen 1/24stel Stater zählen neben den Achtelstateren zu den am häufigsten gefundenen Goldprägungen auf boiischen Siedlungen.

Viele Grüße
Harald

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