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 Betreff des Beitrags: Volcae Tectosages
BeitragVerfasst: 26. Jun 2009, 10:02 
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Wirklicher Hofrat
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Registriert: 4. Apr 2009, 13:57
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Ein kleiner Abstecher in die westliche Region der keltischen Welt und zwar nach Gallien:

Südwestgallien Tolosates, Volcae Tectosages, AR Drachme spätes 2. Jhdt v.u.Z.
Av. stilisierter Kopf links ("a tête cubiste"), davor zwei Delphine
Rv. Kreuz, in den Winkeln Körner Rhombus und Axt mit Sicheln an den Außenseiten jedes Quadranten
14,3mm 2,43g Savès 15 Castelin 69 de la Tour 3104 Dessewffy 581
Ex: Tom Vossen Kerkrade NL
Der Hackschrötling ist typisch für die Drachmenprägung der Tectosagen.

Die Tectosagen waren ein keltischer Stamm, der ursprünglich aus Hercynia silva (Gesamtheit der deutschen Mittelgebirge vom Rhein bis zu den Karpaten) stammte. Ein Zweig siedelte später in die Gegend von Tolosa (Toulouse) um, ein anderer wanderte zusammen mit den Tolistoagiern und den Trokmern, zwei weiteren Keltenstämmen, über den Balkan nach Kleinasien aus und eroberte dort das Gebiet um Ankara.

Volcae (Volker oder Volken, von den Germanen Welsche genannt) ist der Oberbegriff für eine bestimmte keltische, sehr mächtige, Volksgruppe in Gallien. Die Volcae Tectosages hatten als Zentrum das Oppidum Tolosa, die heutige Stadt Toulouse in Frankreich. Die Tektosagen kamen 278 v.u.Z. als Söldner nach Kleinasien und ließen sich in der Gegend des heutigen Ankara nieder. Sie nannten sich hier Galater. Vermutet wird auch, dass dies die Nachkommen der Völker waren, die 100 Jahre zuvor in Griechenland eingedrungen sind.

Die Germanen bezeichneten alle Kelten nach dem Stamm der Volcae als walhoz (welsch). Caesar verwendete den Begriff dann zur Abgrenzung von den Galliern. Hinter dieser Verwendung stand Caesars Absicht, sagen zu können, alle Gallier besiegt zu haben. Laut Caesar siedelten sie im herkynischen Wald, der zu Caesars Zeiten den Schwarzwald bis Thüringer Wald, Erzgebirge und Böhmerwald, sowie die Karpaten mit einschloß. Dies gilt als Beweis, dass zur Zeitenwende die keltische Kultur in Mitteleuropa noch Bedeutung hatte. In den folgenden Jahrhunderten wurden die Volcae romanisiert und gingen in der kelto-romanischen Kultur auf. Der Volcae-Begriff wurde später auch als historischer Oberbegriff verwendet, der auch Helvetier und Boier einschließt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Volcae Tectosages
BeitragVerfasst: 26. Jun 2009, 11:27 
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Beiträge: 2162
Hallo Herfried!

Bei dieser Kopfdarstellung sieht man wieder, wie eng die keltische
und die "moderne" Kunst miteinander verbunden sind.
Haben vielleicht die Künstler des 20 Jahrhunderts die Kelten kopiert? ;)

Da hast Du wieder mal einige komplexe historische Zusammenhänge auf den Punkt gebracht- so bereitet Geschichte Freude.

Viele Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Volcae Tectosages
BeitragVerfasst: 15. Feb 2016, 15:07 
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Wirklicher Hofrat

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Beiträge: 1553
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Liebe Forumulaner,
ich hänge meine Frage mal an den alten Faden, weil es um das gleiche Thema geht. Es ist eine Drachme, 2,77 gr. Die wird mal den Volcae Tectosages zugeschrieben und mal als Monnaies a la croix bezeichnet. Castelin hat sie unter den Nr. 79-83 und Dembski unter 177. Manchmal ist eine Axt darauf, manchmal über dem Halbmund ein Punkt, ein "korn" oder ein hohlförmiges Gebilde. Kann mir jemand Klarheit verschaffen, auch in der Zitation?
Gruß ischbierra


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 Betreff des Beitrags: Re: Volcae Tectosages
BeitragVerfasst: 24. Feb 2016, 23:32 
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Hofrat

Registriert: 11. Okt 2010, 21:53
Beiträge: 533
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Lieber ischbierra,

beides ist richtig. Diese Münze der Volcae Tectosages (Drachme “à la tête cubiste") gehört zur Gruppe der "monnaies à la croix". Im Prinzip sind es Kopien von Münzen von Rhode, der antiken griechische Kolonie am Cap de Creus im heutigen Spanien (am Ort der heutigen Ciutadella de Roses von Roses in Katalonien). Anders als bei den Originalen prägte man diese Münzen auf länglichen Silberbarren, die man dann brutalstmöglich auseinanderhackte. Die Drachmen wurden über einen langen Zeitraum hergestellt und wurden immer leichter. Es gibt auch sehr viele Varianten für die Rückseite. Eine Übersicht bietet Abb. 9 von:

Laurent Callegarin, Vincent Geneviève & Eneko Hiriart, Production et circulation monétaire dans le sud-ouest de la Gaule à l’âge du Fer (IIIe-Ier s. a.C.). In: Anne Colin, Florence Verdin (dir.), L'âge du Fer en Aquitaine et sur ses marges : mobilité des hommes, diffusion des idées, circulation des biens dans l'espace européen à l'âge du Fer : actes du 35e Colloque international de l'AFEAF (Bordeaux, 2-5 juin 2011). Aquitania, Supplément 30 (Bordeaux 2013), 185-217.

http://www.academia.edu/4990758/Production_et_circulation_mon%C3%A9taire_dans_le_sud-ouest_de_la_Gaule_%C3%A0_l_%C3%A2ge_du_Fer_IIIe-Ier_s._a.C._

Aus Abb. 10 und 16 des Aufsatzes geht hervor, dass diese Münzen ein weites Verbreitungsgebiet hatten (und vielleicht an verschiedenen Orten geprägt wurden ?). Die traditionelles Zuordnung zu den Volcae Tectosages ist aber sicher nicht falsch. Standardwerk ist das im Aufsatz zitierte Buch von Georges Savès (1976). Neueren Datums ist das dort ebenfalls aufgelistete Werk von Feugère und Py (2011).

Durch Grabungen in Lattes haben sich Indizien zur Datierung der "monnaies à la croix" ergeben. Das findest Du augedröselt bei:

Michel Py, Les monnaies préaugustéennes de Lattes et la circulation monétaire protohistorique en Gaule méridionale. Lattara 19 (Lattes 2006)

https://www.academia.edu/5905982/Les_monnaies_pr%C3%A9august%C3%A9ennes_de_Lattes_et_la_circulation_mon%C3%A9taire_protohistorique_en_Gaule_m%C3%A9ridionale_tome_1

http://www.academia.edu/5906043/Les_monnaies_pr%C3%A9august%C3%A9ennes_de_Lattes_et_la_circulation_mon%C3%A9taire_protohistorique_en_Gaule_m%C3%A9ridionale_tome_2_partie_1

http://www.academia.edu/5906301/Les_monnaies_pr%C3%A9august%C3%A9ennes_de_Lattes_et_la_circulation_mon%C3%A9taire_protohistorique_en_Gaule_m%C3%A9ridionale_tome_2_partie_2

Viele Grüße,
Docisam


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 Betreff des Beitrags: Re: Volcae Tectosages
BeitragVerfasst: 30. Mai 2016, 15:39 
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Wirklicher Hofrat

Registriert: 2. Jun 2010, 13:03
Beiträge: 1553
Wohnort: Dresden
Lieber DOCISAM,
endlich fand ich Zeit, die Literatur etwas näher zu betrachten, besser gesagt, die Bilder anzuschauen, denn beim Text bin ich mehr auf's Raten angewiesen. Es ist ja eine Fülle von Material. Danke für die Hinweise und die Literaturangaben.
Gruß ischbierra


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