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 Betreff des Beitrags: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 6. Apr 2012, 16:40 
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Da in der letzten Zeit dieser Typ schon ofters erwähnt wurde, möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf näher eingehen und erklären, warum er eine numismatische Besonderheit darstellt:
viewtopic.php?f=44&t=4162&p=41205#p41205

Hier ist eine übersetzte Zusammenfassung eines Artikels aus balcancelts:
http://balkancelts.wordpress.com/2011/1 ... -zaravetz/

Erstmals wurden diese Münzen im Jahr 1980 in Folge einer Grabung am Burgberg von Zaravetz
(Veliko Tarnovo, Nordostbulgarien) bekannt.
Unter einer bedeutenden mittelalterlichen Burg wurden thrakische Siedlungsreste des 1. Jh.v. Chr. und Reste einer älteren Siedlung des 3. Jh.v.Chr. entdeckt.
Dabei wurde auch eine kleinere Anzahl von Münzen, sowie thrakischer und keltischer Artefakte geborgen.
Unter den Münzfunden befanden sich auch 2 Exemplare des Zaravetz Typs aus Blei.
Es handelt sich dabei um Imitationen der Odessos- Bronzen.
http://www.acsearch.info/record.html?id=113074

Bei den Imitationen aus Blei und Bronze kann man von einer sehr frühen Datierung in des letzte Viertel des 3. Jh.v.Chr. ausgehen.
Die Existenz von Metallverarbeitung und einer Münzprägestätte vor Ort läßt die Möglichkeit einer Entstehung dieser Prägungen in Zaravetz in Betracht ziehen.
Diese Imitationen wurden nicht von den thrakischen Geten, sondern einer tribalisch- getisch- keltischen Mischkultur, der so genannten Zaravetzkultur angefertigt.

Der Typ unterscheidet sich von so gut wie allen antiken Münzen in der Tatsache, dass es sich dabei nicht um Ersatzgeld, sondern um eine vollwertige Währung gehandelt hat.
In der Antike entsprach der Nominalwert in der Regel immer dem Materialwert- die Münze war soviel wert wie die Menge des Materials aus dem sie bestand.
Dieses Nordostbulgarische Nominal besteht dagegen aus damals relativ billigem Blei.
Daraus läßt sich der Schluß ziehen, dass diese Prägungen wohl nur in einem eng begrenzten Gebiet kursierten,
auf welches ihre Erzeuger Einfluß hatten.

Dieses Nominal vom Ende des 3. Jh.v.Chr. repräsentiert die früheste europäische Währung aus nicht wertvollem Material und könnte sogar als frühe Variante unseres heutigen Papiergeldes angesehen werden.

Ein weiterer für die keltische Numismatik sehr wichtige Aspekt bezieht sich auf den hohen Grad der Abstrahierung.
Eine derart starke Auflösung der Bilder in charakteristisch keltischem Stil erfolgte bei fast allen keltischen Völkern erst über hundert Jahre später.

Bleinominal
Imitation des Odessos- Typs

zeitgenössischer Prüfhieb
Hier handelt es sich um eine relativ seltene Variante mit Pferd nach links.

G: 7,42g
D: 19-21mm

Grüße
Harald


Dateianhänge:
Zaravetz- Typ Blei.jpg
Zaravetz- Typ Blei.jpg [ 71.21 KiB | 18222-mal betrachtet ]
typus zaravetz, Bleinominal.jpg
typus zaravetz, Bleinominal.jpg [ 48.5 KiB | 18231-mal betrachtet ]

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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 7. Apr 2012, 08:59 
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Ein spannendes Stück!
Aber ergibt ein Prüfsinn bei einer Münze aus Blei, das sich deutlich von Silber unterscheidet, Sinn - da doch sowieso klar war, auch aufgrund des engbegrenzten Umlaufgebietes, dass es keine Silbermünze sein konnte? Wenn ich den HIeb mit anderen Münzen, bei denen Prüfhiebe vorkommen vergleiche, erscheint es mir doch eher ein zufälliger Schaden zu sein als ein gerichteter Prüfhieb.

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Viele Grüße
helcaraxe
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Meine Galerie: Römische Provinzbronzen (ausbaufähig... ;-))


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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 7. Apr 2012, 10:12 
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Hallo helcaraxe!

Dein Einwand ist durchaus berechtigt.
Eine hundertprozentige Sicherheit, dass es sich hier um einen Prüfhieb handelt, gibt es wohl nicht.
Die bekannten Probehiebe auf keltischen Prägungen sehen anders aus, beziehungsweise wurden mit einem anderen Werkzeug erzeugt.
Möglicherweise ist es in der Tat nur eine Beschädigung, welche wegen der Weichheit des Materials entweder schon im Umlauf, oder auch im Zuge der Erdlagerung entstand.

Unter dem Mikro konnte ich jedenfalls innerhalb des Einhiebes eine gleichmäßige Patinierung feststellen, was auf dem Foto leider kaum erkennbar ist.

Die Möglichkeit eines Probehiebes möchte ich trotzdem nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen.

Die Münzen waren sowohl vom Material, als auch vom Stil komplett neu und zwischen frisch geprägte Bleimünzen und Silbermünzen besteht in punkto Farbe und Gewicht doch eine gewisse Ähnlichkeit, was möglicherweise zu dem Test veranlaßt haben könnte.

Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 7. Apr 2012, 11:50 
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Bilder: 22
Hallo Harald,

gehört diese Blei-Drachme auch zu den Zaravetz-Typen:

Pb-"Drachme" 3,11g. Zeuskopf m. Lkr. n.r. / Reiter n,.r. unten . OTA - , Pink - , Castelin - , Slg.Lanz - . RR graue Patina, s
Dateianhang:
Bleidrachme00157r00.jpg
Bleidrachme00157r00.jpg [ 32.51 KiB | 18200-mal betrachtet ]

http://www.muenzzentrum.de/detaillager.php?losnr=157

Sie wiegt aber nicht einmal mal die Hälfte der von Dir vorgestellen Münze.

Viele Grüße,
Docisam


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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 7. Apr 2012, 12:30 
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Hallo DOCISAM!

Ich würde meinen, mit deiner Vermutung liegst du richtig.
Sowohl der Stil, als auch die Form der Auflösung, welche bei diesem Typ innerhalb einer sehr großen Bandbreite liegt, lassen den Schluß durchaus zu.

Leider existieren von den meisten bisher publizierten Münzen nur Fotos und keine Gewichte, aber ich glaube, dass auch derart geringe Gewichte vorgekommen sind,
da es bei dem billigen Material wohl nur eine sekundäre Rolle gespielt hat.

Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 2. Sep 2012, 18:00 
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Diese Variante zeigt auf dem Avers den bärtigen Kopf ebenfalls nach rechts, der Revers trägt das häufigere Bild eines nach rechts galoppierenden Pferdes, darunter ein Beizeichen.

Blei
G: 4,84g
D: 17,5-19mm

Grüße
Harald


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Bleinominal Typ Zarawetz II.jpg
Bleinominal Typ Zarawetz II.jpg [ 60.06 KiB | 17974-mal betrachtet ]

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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 22. Mär 2016, 23:02 
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Registriert: 21. Mär 2016, 21:28
Beiträge: 9
harald hat geschrieben:
Da in der letzten Zeit dieser Typ schon ofters erwähnt wurde, möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf näher eingehen und erklären, warum er eine numismatische Besonderheit darstellt:
viewtopic.php?f=44&t=4162&p=41205#p41205

Hier ist eine übersetzte Zusammenfassung eines Artikels aus balcancelts:
http://balkancelts.wordpress.com/2011/1 ... -zaravetz/

Erstmals wurden diese Münzen im Jahr 1980 in Folge einer Grabung am Burgberg von Zaravetz
(Veliko Tarnovo, Nordostbulgarien) bekannt.
Unter einer bedeutenden mittelalterlichen Burg wurden thrakische Siedlungsreste des 1. Jh.v. Chr. und Reste einer älteren Siedlung des 3. Jh.v.Chr. entdeckt.
Dabei wurde auch eine kleinere Anzahl von Münzen, sowie thrakischer und keltischer Artefakte geborgen.
Unter den Münzfunden befanden sich auch 2 Exemplare des Zaravetz Typs aus Blei.
Es handelt sich dabei um Imitationen der Odessos- Bronzen.
http://www.acsearch.info/record.html?id=113074

Bei den Imitationen aus Blei und Bronze kann man von einer sehr frühen Datierung in des letzte Viertel des 3. Jh.v.Chr. ausgehen.
Die Existenz von Metallverarbeitung und einer Münzprägestätte vor Ort läßt die Möglichkeit einer Entstehung dieser Prägungen in Zaravetz in Betracht ziehen.
Diese Imitationen wurden nicht von den thrakischen Geten, sondern einer tribalisch- getisch- keltischen Mischkultur, der so genannten Zaravetzkultur angefertigt.

Der Typ unterscheidet sich von so gut wie allen antiken Münzen in der Tatsache, dass es sich dabei nicht um Ersatzgeld, sondern um eine vollwertige Währung gehandelt hat.
In der Antike entsprach der Nominalwert in der Regel immer dem.....



Hey,
kurze Frage! Denkt ihr hierbei könnte es sich auch um so ein tolles Exemplar handeln?? Besteht zu 98,3% aus Blei, zum Rest aus Zinn und Eisen. Keine Einschlüsse am Rand die auf eine Plombe schließen lassen. Gewicht kann ich leider nicht sagen

Lg Flobber


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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 23. Mär 2016, 21:37 
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Aspirant

Registriert: 21. Mär 2016, 21:28
Beiträge: 9
flobber hat geschrieben:
harald hat geschrieben:
Hey,
kurze Frage! Denkt ihr hierbei könnte es sich auch um so ein tolles Exemplar handeln?? Besteht zu 98,3% aus Blei, zum Rest aus Zinn und Eisen. Keine Einschlüsse am Rand die auf eine Plombe schließen lassen. Gewicht kann ich leider nicht sagen

Lg Flobber


Keiner ne Idee?


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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 25. Mär 2016, 10:53 
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Registriert: 29. Apr 2009, 21:39
Beiträge: 2162
Leider nein.
Mit diesem Revers jedoch sicher kein Zaravetz.

Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Der Zaravetz- Typ
BeitragVerfasst: 26. Mär 2016, 12:31 
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Registriert: 21. Mär 2016, 21:28
Beiträge: 9
harald hat geschrieben:
Leider nein.
Mit diesem Revers jedoch sicher kein Zaravetz.

Grüße
Harald


Hallo Harald,

Danke für deine Antwort. Selbst wenn es kein Zaravetz ist denkste das dies "Münze" im selben Alter liegen könnte?

Lg Flobber


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