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 Betreff des Beitrags: Ostkelten Baumreiter
BeitragVerfasst: 8. Jun 2009, 19:40 
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Hier möchte ich euch eine meiner letzten Neuerwerbungen vorstellen.
Der Typ Baumreiter ist eine frühe ostkeltische Schöpfung mit vollig neuen Bildinhalt des Averses.
Dieser Typ wird auch Typus Criseni-Berchies genannt und entspricht der Variante A.
Die Verbreitung liegt in Siebenbürgen.
Diese Münze stammtaus einem der frühesten Aversstempel mit noch relativ naturalistisch getroffenem Portrait und äußerst hohem Relief.
Das Haar ist in Ornamente umgeformt und der Lorbeerkranz läuft bis in das Genick.

Av: Belorbeerter Zeuskopf rechts mit Bartkranz und ornamental gestaltetem Haar.
Rv: Behelmter Reiter mit Helmschweif hält baumartigen Gegenstand.
Unter den Pferdebeinen Ornament.

Bemerkenswert ist das rechts laufende Tier auf der Pferdebrust.

OTA 129/2
Dembski 1083
13,78Gramm
D: 23mm

180-150v.Chr.

Grüße
Harald


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Baumreiter Av..JPG
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Baumreiter Rv..JPG
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Baumreiter Prägerelief.JPG
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 Betreff des Beitrags: Re: Ostkkelten Baumreiter
BeitragVerfasst: 9. Jun 2009, 07:58 
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Dieses Stück passt wahrscheinlich auch in dieses Thema.

Ich fand es in einer Wühlkiste und dachte zunächst an eine Art Weihnachts-Medaille oder eine vorweihnachtliche Werbe-Zugabe.
Andere wiederum, vor allem im angelsächsischem Kulturkreis, konnten sich absolut nicht vorstellen, dass dies einmal eine Münze gewesen sein soll und benutzten Worte wie "santa-token".

Es ist laut Coinarchieves wohl auch ein (seltenerer) Baumreiter-Typ, allerdings sind sie dargestellten Motive in unserer heutigen Konsum- und Medienwelt anderweitig besetzt (Gartenzwerge, Schlümpfe, Weihnachtmänner, - verkaufsfördernde positiv besetzte Märchengestalten), so dass ihr ursprünglicher Symbolgehalt nur noch schwer vorstellbar ist:

Bild

Donau-Kelten, "Baumreiter" Typ, ca. 300-200 v.C.,
AR Drachme (15-16 mm / 3,85 g),
Obv.: männlicher Kopf (des Zeus ?) mit Lorbeerkranz n.r.,
Rev.: Reiter auf graziösem Pferd in langsamen Schritt nach links (seine Nachfahren sind bestimmt in der Hofreitschule), trägt eine Kopfbedeckung mit langem Schweif, Bänder(?) an den Hufen.

laut coinarchieves:
Göbl, OTA 131.1 ; BMC I, xix, c, p. 81-82 ; W. 1088 ; Dembski 1088 (wohl stempelgleich) ; Sammlung Lanz - .
R

(So brachte mir diese Entdeckung auch ein wenig Selbsterkenntnis und Bewusstsein über die Manipulierbarkeit über optische Motive.)

A.

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Zuletzt geändert von Arminius am 9. Jun 2009, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ostkelten Baumreiter
BeitragVerfasst: 9. Jun 2009, 09:23 
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Beiträge: 2162
Hallo Arminius,

Da hast Du aber in der Wühlkiste einen ganz schönen Glückstreffer gelandet.
Drachmen dieses Typs erzielen in ähnlich guter Erhaltung relativ hohe Preise und werden von Sammlern (einschließlich mir ;) ) gesucht.

Deine Assoziation mit Schlümpfen und Gartenzwergen kann ich voll nachvollziehen,
gemeint ist mit dieser Kopfbedeckung jedoch ein Helm mit langen Schweif.
Diese "Helmschweifreiter" sind charakteristisch für die Prägungen der Skordisker im heutigen Serbien.
Die Zipfelmütze der Zwerge hat einen anderen historischen Hintergrund.
Ich habe mal gelesen, dass in den norischen Bergwerken viele Kleinwüchsige Gastarbeiter aus weit entfernten Gebieten tätig waren und zu deren Arbeitsbekleidung die erwähnte Mütze gehörte.
Daraus sind dann die bekannten Volksmärchen mit den Zwergen als Hüter der Goldschätze ("Gold und Karfunkelstein" = Granat) entstanden.

Zu erwähnen wäre noch, dass Drachmen des Typs Baumreiter das früheste ostkeltische Kleingeld darstellen.

Viele Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Ostkelten Baumreiter
BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 08:40 
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Hallo,

eine Grundsatzfrage: Warum heißt der Baumreiter "Baumreiter"?

Auf den Reiter im Wort könnte ich eine Erklärung wagen, wenn ich so die Rückseiten betrachte.

Aber wo ist der Baum gewachsen?

Gruß, A.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ostkelten Baumreiter
BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 09:28 
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Hallo Arminius,

Die Namensgebung stammt von Karl Pink, einem ehemaligen Kollegen von mir.
Dieser war vor vielen Jahrzehnten Direktor des Wiener Münzkabinetts und Lehrer von Richard Göbl. R. Göbl war Lehrer von Günther Dembski.
Pink verfasste das erste und noch heute gültige Standartwerk über ostkeltische Prägungen.
Er versuchte die vielen Typen nach deren Darstellungen einzuordnen und unterschied dabei nach charakteristischen Merkmalen.
Obwohl R. Göbl in seinem Ostkeltischen Typenatlas viele Ergänzungen eingefügt hat, wurde von ihm und auch allen nachfolgenden Autoren diese Namensgebung beibehalten.
Eine Änderung wäre auch nicht sehr sinnvoll gewesen und hätte nur zur Begriffsverwirrung beigetragen.

Der Typ Baumreiter wurde nach dem baumartigen Gegenstand in der Hand des Reiters benannt.

Viele Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Ostkelten Baumreiter
BeitragVerfasst: 10. Jun 2009, 17:47 
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Entweder waren die Kelten und Ihre Pferde Riesen oder es gab bereits zu ihrer Zeit Bonsais. ;)

Danke Harald für deine umfassenden und sehr interessanten Antworten!

mfG, A.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ostkelten Baumreiter
BeitragVerfasst: 26. Jan 2014, 15:12 
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Eine Übersicht über die Nachfolger-Typen der Baumreiter Tetradrachmen geben:

Melinda Torbagyi & István Vida, The coin hoard of Abasár. Dissertationes Archaeologicae Ser. 3, No. 1, 2013, 7-20.

https://www.academia.edu/5664713/The_coin_hoard_of_Abasar

Viele Grüße und schönen Sonntag,
Docisam


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