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 Betreff des Beitrags: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 9. Okt 2010, 16:55 
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Doktor
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Liebe Freunde der keltischen Münzen,

ich hätte eine Frage zu der abgebildeten Münze. Es dürfte sich um einen Blassgoldstater der Ambiani handeln. Der Durchmesser beträgt 17 mm und das Gewicht 5,77g. Was hat es bei diesem interssanten Stück mit der Symbolik auf sich? Ist hierzu etwas aus der keltischen Mythologie bekannt? Außer dem Pferd, würde ich meinen, sind Mond und Sterne abgebildet sowie zwei schlagenförmige Objekte. Kennt vielleicht jemand ein Literaturzitat?
Leider bin ich nicht im Besitz dieser schönen Münze, aber es würde mich interessieren, was es damit auf sich hat.

Für Eure Hilfe bedanke ich mich im Voraus.

Viele Grüße
pontifex72


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Viele Grüße
pontifex72
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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 10. Okt 2010, 09:36 
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Die Beizeichen auf gallischen Münzen sind zum Großteil unbekannt in ihrer Bedeutung. Zuviel da hinein interpretieren zu wollen halte ich für wenig sinnvoll, man weiß es schlicht und einfach nicht. In den meisten Fällen scheint der Symbolik auf gallischen Münzen eine Art von Zahlenmystik der Hintergrund zu sein; manchmal handelt es sich wahrscheinlich auch um sakrale Motive (zB. Matrixmotiv). Einen gewissen Ansatz liefert da u.a. ein gewisser Lancelot Lengyel - Das geheime Wissen der Kelten, Verlag Hermann Bauer, Freiburg - das ist allerdings rein wissenschaftlich gesehen mit Vorsicht zu genießen, es ist aber ein interessanter Ansatz der durchaus Möglichkeiten aufzeigt. Das Buch ist nur antiquarisch erhältlich, manchmal taucht es auch in der Bucht auf.

Reichhaltige Symbolik ist besonders auf den gallischen Goldstateren schön zu sehen, vielleicht spielte da auch die Furcht der Kelten vor leeren Flächen eine gewisse Rolle ... ein höchst interessanter Stoff, aber auch sehr problematisch in der Bewertung.

salut
taurisker

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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 10. Okt 2010, 09:43 
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Doktor
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Guten Morgen taurisker,

vielen Dank für die interessante Antwort.

Grüße
pontifex72

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Viele Grüße
pontifex72


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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 10. Okt 2010, 09:51 
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Hallo pontifex!

Die vorgestellte Münze ist wohl die am häufigsten im Handel angebotene keltische Goldmünze und dementsprechend umfangreich wurde dieser Typ auch ausgeprägt.
Das Zitat lautet: De la Tour 8710, Van Arsdell 54-1

Ein paar Zusatzinfos zu dieser historisch interessanten Prägung:
Der Goldgehalt liegt bei der jüngsten der 3 Varianten zwischen 62 und 45%
Die Variante 1 dieses Typs erreichte noch bis zu beachtlichen 75%.

Diese einseitige Variante machte vielen Numismatikern Probleme bei der Zuweisung.
Sie wurden früher allgemein den Morini zugewiesen und erst Simone Scheers hielt eine Zuweisung zu den Ambiani am wahrscheinlichsten.

Im letzten Jahrzehnt der belgischen Goldprägung während der gallischen Kriege Caesars ( 8-52v.Chr.)
können einzelne Münzfunde mit diesem Münztyp bis auf das Jahr genau datiert werden.

Das gilt zum Beispiel für den Fund von Largny-sur-Automne, welcher mit dem Feldzug Caesars
gegen die Belgi (57v.Chr.) in Verbindung gebracht wird.

Das Ende der Ambiani-Goldprägung fällt mit dem Ende der Kriege Caesars und dessen Goldkonfiskationen in Gallien zusammen.
(K. Castelin, Sammlung Zürich, Bd. II, S92-93, Bern 1985)

Über die Bedeutung der Beizeichen wurde schon viel diskutiert, aber eindeutige beweisbare Aussagen gibt es leider bis jetzt so gut wie keine. Alle derartigen Versuche wurden von den anerkannten Numismatikern abgelehnt.
Man kann wohl davon ausgehen, dass alle Beizeichen eine große Bedeutung hatten und der Auftraggeber der Prägungen auch einen besonderen Bezug dazu hatte.
Primär galt aber bei den Kelten die Tendenz, alle freien Flächen auf den Münzen möglichst auszufüllen.
Die Ursache dafür war ein so genannter "horror vacui", die Angst vor dem leeren Raum.

Wie schwer eine klare Deutung dieser Zeichen fällt, ist gut am Kleinsilber des Typs Roseldorf I und II erkennbar.
Die Beizeichen Bogen und Punkt über dem Pferd könnten sowohl Sonne und Monsichel, als auch einen stark stilisierten Reiter Darstellen.

Viele Grüße
Harald

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Cuiusvis hominis est errare, nullius nisi insipientis in errore perseverare.


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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 10. Okt 2010, 11:38 
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Doktor
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Hallo Harald,

auch Dir vielen herzlichen Dank für Deine umfangreichen und hochinteressanten Ausführungen.

Grüße
pontifex72

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Viele Grüße
pontifex72


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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 11. Okt 2010, 22:41 
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Hofrat

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Hallo Pontifex,

der Stater ist eine seltene Variante eines an sich häufigen Typs, sie heißt "Statère d'or uniface, revers aux esses". Entscheidend sind die beiden "Schlangen" oder "s-förmigen" Zeichen neben dem Punkt unter dem Pferd. In einem aktuellen französischen Auktionskatalog (CGB, Monnaies 45, lot 947) findet dazu folgendes:
"Si le statère uniface des Ambiani est probablement la monnaie gauloise en or la plus courante, cette variété de revers (avec un globule encadré de deux petites esses entre les jambes et un annelet perlé et pointé devant le cheval) était nettement plus rare, presque exceptionnelle.
Cependant, depuis le printemps 2009, plusieurs exemplaires de ce type sont arrivés simultanément sur le marché... Il est probable que cet afflux relatif de monnaies extrêmement rares auparavant soit le résultat de la dispersion d’une trouvaille (?). Son étude aurait sans doute été instructive !" - In jüngster Zeit ist also ein Schatzfund von Münzen dieser seltenen Variante auf den Markt gekommen, und wenn man mit wachen Augen durch die gängigen Internet-Münzhandlungen guckt, findet man diese Stücke auch. Auf eine Linksammlung verzichte ich, um nicht noch Werbung zu machen.
Was die Zeichen beim Pferd angeht, so können sie zwar eine spezielle Bedeutung gehabt haben, sind aber in jedem Fall gleichzeitig ein Überbleibsel des ursprünglichen Münzbildes, das die Kelten kopierten, nämlich wohl der Statere des Philipp II von Makedonien. Der Torques-artige Kringel über dem Pferd entspräche dem Wagenlenker des griechischen Originals, ein Kaffebohnen-artiges Zeichen hinter dem Pferd (bei Deiner Münze außerhalb des Schrötlings) dem Wagenrad der Biga.

http://www.acsearch.info/record.html?id=45326

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Stater Philipp 45326.jpg
Stater Philipp 45326.jpg [ 49.52 KiB | 10674-mal betrachtet ]


http://www.acsearch.info/record.html?id=42413

Dateianhang:
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Ambiani Stater 42413.jpg [ 49.3 KiB | 10674-mal betrachtet ]


Viele Grüße,

DOCISAM


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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 12. Okt 2010, 13:37 
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Doktor
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Hallo Docisam,

vielen Dank für Deine ergänzenden, ebenfalls sehr interssanten Infos.
Ich habe mal geschaut und bin auch fündig geworden. Faszinierend was im Verlauf von knapp 300 Jahren, über die Generationen hinweg, aus der ursprünglichen Vorlage geworden ist.

Viele Grüße
pontifex

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Viele Grüße
pontifex72


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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 12. Okt 2010, 17:38 
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Hallo DOCISAM!

Willkommen bei den Kelten und vielen Dank für die interessanten Info´s.
Leider habe ich bei den Westkelten noch viele Bildungslücken.
Umso mehr freut es mich einen offensichtlichen Spezialisten auf diesem Gebiet hier begrüßen zu dürfen.

Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Frage zu Ambiani-Stater
BeitragVerfasst: 12. Okt 2010, 22:12 
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Hallo Harald,

danke für die freundliche Begrüßung.

Stefan


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