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 Betreff des Beitrags: MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 12. Nov 2009, 12:24 
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Kandidat

Registriert: 19. Mai 2009, 14:16
Beiträge: 34
Hallo allerseits,

hier einmal ein westlicherer Kelte. Eine Imitation der Massalia-Drachme. Und zwar ein ligurischer:

Skorpion-Typ
vgl. Dembski 115ff
Datierung: (laut Dembski) Ende 3. Jh v. Chr.
3,62g

Ich glaube ähnliche Münzen wurden hier im Forum schon einmal vorgestellt. Vor einiger Zeit kursierte ein größerer Posten im Münzhandel. Momentan habe ich den Eindruck es sind einige Stücke dieses Typs auf dem Markt.

http://www.hdrauch.com/auction/coins/in ... db98781713

Ebenfalls ein wunderschönes Beispiel der Abstrahierungsfähigkeit der Kelten. Die Welt der Kunst hat lange darauf warten müssen, bis solch eigenwillige Formgebungen wieder in Mode gekommen sind.

beste Grüße
Marc


Dateianhänge:
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 Betreff des Beitrags: Re: MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 12. Nov 2009, 17:21 
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Mitglied der geheimen Hofkammer
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Registriert: 3. Apr 2009, 22:20
Beiträge: 4036
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Hallo Marc!

Ein interessantes und wunderschönes Gepräge.
Warum aber Skorpion-Typ ? Bitte höflichst um Aufklärung.

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 Betreff des Beitrags: Re: MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 12. Nov 2009, 18:32 
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Administrator
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Registriert: 29. Apr 2009, 21:39
Beiträge: 2162
Marius hat geschrieben:
Ebenfalls ein wunderschönes Beispiel der Abstrahierungsfähigkeit der Kelten. Die Welt der Kunst hat lange darauf warten müssen, bis solch eigenwillige Formgebungen wieder in Mode gekommen sind.
Marc

Ein schönes Beispiel für ein fast aufgelöstes Bild zeigst Du uns da.
Auch ich sehe eine große Ähnlichkeit zur gegenstandslosen,
oder abstrakten Kunst des 20. Jahrhunderts.
Von der so oft zitierten Barbarisierung kann da absolut keine Rede sein,
sondern die Auflösung in Einzelelemente ist bewußt gewählt.

Diese keltische "Mode" erstreckt sich fast über den gesamten keltischen Bereich
und der Höhepunkt im 1. Jh.v. Chr. ist bei fast allen Stämmen gleichzeitig zu beobachten.
Ein Beweis für die äußerst weitreichenden Kontakte.

Als Beispiel die Entwicklung des Büschelquinars bei den Vindelikern
und des Prager Typs bei den Boiern,
sowie bei den keltischen Stämmen Englands und Frankreichs.
Bei den Ostkelten ist diese Entwicklung vom Zweigarmreiter zum kienlosen Typ gut erkennbar.

Zur Datierung Deiner Münze:
Der Beginn fällt noch ins 3.Jh.v. Chr. wie ein Schatzfund vom Kapitol in Rom belegt,
welcher in den Zeitraum zwischen 215-212v. Chr. datiert werden kann.
(Castelin, Sammlung Zürich Bd. II, 1985, S 147)
Deine Variante wurde etwa ab der Mitte des 2. Jh. v. Chr. geprägt (Pautisso 1970)
Die cisalpinen Drachmen waren noch bis zur zweiten Hälfte des 1.Jh.v.Chr im Umlauf
und wurden sogar noch unter Tiberius und Augustus als Grabbeigaben benützt.
(A. Crivelli, 1961)

Castelin schreibt:
Die Wichtigkeit der dieser Prägungen für die keltische Numismatik liegt darin, dass sie ein Beispiel ortlicher Prägungen demonstriert, die sich mit sehr geringen Änderungen über einen Zeitraum von etwa 200 Jahren erstreckt.

Deine Variante wird ob ihrer Ähnlichkeit mit dem stacheligen Genossen "Skorpiontyp" genannt

Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 13. Nov 2009, 09:55 
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Doktor
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Beiträge: 131
Der Skorpiontyp ist eine Weiterentwicklung aus der Vorlage, die einen Löwen darstellt.

Wenn man das Rs betrachtet ist es eigentlich ein Löwe mit zangenartigem Kopf, daher die Verbindung zum Skorpion.

Es gibt auch noch andere Reverse, die wieder eher einem Wolf ähnlich sehen.

LG

biatec


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 Betreff des Beitrags: Re: MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 13. Nov 2009, 14:40 
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Mitglied der geheimen Hofkammer
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Danke für die Erklärung!

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 Betreff des Beitrags: Obole zu den MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 20. Apr 2014, 20:38 
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Hofrat

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Beiträge: 533
Bilder: 22
Zu den Massalia Imitationen gibt es auch Obole, die in größerer Menge vor allem im Fund von Serra Riccò (1923) bei Genua gefunden wurden:

Ligures, Obol
Ag, 0,83 g, 12 mm, 5 h.
Av: Kopf mit lockigem Haar nach rechts, am Hals Perlenhalsband.
Rv: Raubkatze mit gepunktetem Körper nach links, der Kopf in Linien aufgelöst; über der Raubkatze 5 (?) Kugeln, zwischen den Beinen des Tieres weitere Kugeln und Stempelbruch.
Pautasso 40 (Rv. stgl. ?); BMCC S87 (Av. u. Rv. stgl.).
Ex Künker 243, 21.11.2013, Los 4498.
Ex WAG Online Auktion 38, 6.4.2014, Los 31.
Dateianhang:
Gallia Cisalpina Obol combi.jpg
Gallia Cisalpina Obol combi.jpg [ 77.57 KiB | 12212-mal betrachtet ]

Pautasso: Andrea Pautasso, Le monete preromane dell'Italia settentrionale (Padova 1966, Ristampa anastatica 1991).

BMCC : Derek Allen, Catalogue of celtic coins in the British Museum, vol. II. Silver coins of North Italy, South and Central France, Switzerland and South Germany. Edited by John Kent and Melinda Mays. London 1990.

Auktion 243 von Künker enthielt noch drei weitere ligurische Obole, die ich hier mit anfügen möchte, ohne sie zu haben, weil sie vielleicht zusammengehörten. Die Datierung von Künker halte ich für plausibel, würde die Obole aber eher am Ende dieser Zeitspanne sehen. Nimmt man die ca. 0,80 g der Obole mal vier kommt man auf ein Gewicht der zugehörigen Drachme von 3,2 g, etwas weniger als das Gewicht der Drachme von Marc. Wenn diese am Ende des 3. Jh. bzw. an der Mitte des 2. Jh. steht, dann können die Obole gut und gerne in die zweite Hälfte des 2. Jh. v. Chr. gehören. Jedenfalls entspräche die 'rekonstruierte Drachme' vom Gewicht her einigen Drachmen (Monnaies à la croix) aus dem Languedoc, die im 2. Jh. nachgewiesen sind.

Los 4430:
Zitat:
GALLIA CISALPINA
SALLUVII (?), (Provence)
AR-Obol, 3./2. Jahrhundert v. Chr.; 0,84 g. Frauenkopf r.//Gehörnter Vierfüßer r., darüber Punkte. BMC 30.

http://www.acsearch.info/record.html?id=700071
Dateianhang:
Künker 243 - 4430 - 700071.jpg
Künker 243 - 4430 - 700071.jpg [ 60.23 KiB | 12208-mal betrachtet ]


Los 4431:
Zitat:
GALLIA CISALPINA
SALLUVII (?), (Provence)
AR-Obol, 3./2. Jahrhundert v. Chr.; 0,74 g. Frauenkopf r.//Gehörnter Vierfüßer l., darüber vierstrahliger Stern. BMC 32.

http://www.acsearch.info/record.html?id=700072
Dateianhang:
Künker 243 - 4431 - 700072.jpg
Künker 243 - 4431 - 700072.jpg [ 62.13 KiB | 12208-mal betrachtet ]


Los 4432:
Zitat:
GALLIA CISALPINA
SALLUVII (?), (Provence)
AR-Obol, 3./2. Jahrhundert v. Chr.; 0,78 g. Frauenkopf r.//Gehörnter Vierfüßer l., darüber vier Punkte. BMC vergl. 33 ff.

http://www.acsearch.info/record.html?id=700073
Dateianhang:
Künker 243 - 4432 - 700073.jpg
Künker 243 - 4432 - 700073.jpg [ 64.98 KiB | 12208-mal betrachtet ]


Im Fund von Serra Riccò konnten zahlreiche stempelgleiche Münzen bzw. solche mit Stempelkoppelungen festgestellt werden. Damit befassen sich folgende Aufsätze:

Derek Allen, New light on the Serra Riccò hoard of Cisalpine coins ·» JNG 21 (1971) 97-108, Tf.6-8.
http://www.bngev.de/wp-content/uploads/2013/07/1971-Band-XXI.pdf

Brigitte Fischer, Le trésor de Serra Riccò: Étude charactéroscopique partielle. Cahiers numismatiques 68, 1981, 45-53.

Ferner enthielt die Sammlung von Ernest Bertrand eine ganze Reihe von Drachmen und Obolen aus dem Fund von Serra Riccò:

Jacques Meissonnier, Catalogue des monnaies celtiques. In: Jacques Meissonnier (dir.), Monnaies & jetons : collection Ernest Bertrand, Dijon 2009, 25-185. [Nr. 452-465].

Hier noch Links zu neueren Artikeln zum Thema:

http://www.academia.edu/1165484/Il_deposito_di_Serra_Ricco_e_gli_altri_depositi_delleta_del_ferro_in_Italia_Settentrionale

http://www.ermannoarslan.eu/Contributi/2009-EAA-SilverDiobolsOfTheCisalpineInsubrians-EssaysScheers.pdf

http://www.associazioneaiar.com/cms/sites/default/files/Extended_abs_2014/CeD_oral/Corsi%20et%20al.pdf

http://www.academia.edu/2551044/Medagliere._Monetazione_preromana_dellItalia_settentrionale_analisi_composizionali_e_studio_della_tecnologia_produttiva

Ansonsten möchte ich noch auf folgenden Buchbeitrag verweisen, der sich mit den Konflikten zwischen Römern und Kelten in Oberitalien befasst (auch bei academia.edu):

Sarah Scheffler, Die Gallia Cisalpina - immer noch gallisch oder schon römisch? In: Martin Schönfelder (Hrsg.), Kelten! Kelten? Keltische Spuren in Italien. Begleitbuch zur Ausstellung im Römisch-Germanischen Zentralmuseum 19. Mai bis 1. August 2010, Mainz 2010, 49-58.

Viele Grüße und frohe Ostern!
Docisam


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 Betreff des Beitrags: Re: MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 22. Apr 2014, 09:18 
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Registriert: 29. Apr 2009, 21:39
Beiträge: 2162
Hallo DoCISAM!

Herzlichen Glückwunsch zu diesem sicher sehr seltenen Obol und vielen Dank für die ausführlichen und äußerst aufschlußreichen Info´s dazu.

Die Art der Stilisierung und die Umwandlung vom Ursprung zu dieser expressionistischen Reversdarstellung hinterlassen bei mir immer wieder auf´s Neue einen absolut faszinierenden Eindruck.

Viele Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: MASSALIA-Imitationen
BeitragVerfasst: 22. Apr 2014, 11:11 
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Registriert: 29. Apr 2009, 21:39
Beiträge: 2162
In diesem Zusammenhang möchte ich gerne eine Drachme aus meiner Sammlung vorstellen:

Cenomani in der Lombardei
Imitation des Massalia- Typs

Silber, gehackter Schrötling (bei den Typ öfter nachgewiesen)

Av: Dianakopf mit gewelltem Haar und dreiteiligem Ohrschmuck r.
Rv: Skorpionartig gestalteter Löwe r, darüber Scheinlegende.

G: 2,54g,
D: 12-13mm

Pautasso Taf. LXVII, Nr. 351
Castelin Zürich 1040

Provenienz: Lanz Ebay, 03. 2012 (aus alter Sammlung)

Grüße
Harald


Dateianhänge:
Drachme Massalia- Imitation. Pautasso LXVII, 351.jpg
Drachme Massalia- Imitation. Pautasso LXVII, 351.jpg [ 64.37 KiB | 12162-mal betrachtet ]

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