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BeitragVerfasst: 11. Okt 2009, 15:15 
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Hier möchte ich eine schadens- und abnützungsbedingte Umwandlung der Bilder keltischer Eisenstempel für die hier bereits vorgestellte Prägung von 1/8 Stateren des boischen Typs Athena- Alkis zeigen.
viewtopic.php?f=44&t=660


Diese Prägestempel wurden von wandernden hochspezialisierten Stempelschneidern hergestellt und weisen eine hohe Qualität des Stempelschnittes auf.
Die Nachschnitte, Umschnitte und diverse Ausbesserungarbeiten bei Stempelschäden wurden vom weniger begabten Dorfschmied erledigt, welcher nach oftmaligem Ausbessern oft nicht mehr wußte, wie das Bild auf dem Erststempel aussah.

Der Beginn der Ausprägung erfolgte etwa 220 v.Chr.
Umgelaufen sind die spätesten Umschnitte dieser Serie bis etwa 160 v. Chr.

Die Bilder 1- 5 zeigen Münzen, bei denen die Entwicklung und Umgestaltung
der Avers- und Reversstempel gut erkennbar ist.
Das Bild Nr. 6 zeigt einen Münztyp, welcher aus der Variante auf Bild Nr. 5
durch kompletten Neuschnitt entstand.

Rostspuren konnten auf vielen keltischen Goldmünzen nachgewiesen werden.
Das könnte dafür ein Indiz sein, dass die Eisenstempel wohl über einen sehr langen Zeitraum
in feuchter Umgebung gelagert wurden. Mögliche Gründe für diese lange Lagerung könnten sein, dass für längere Zeit kein Gold vorhanden war, oder keine neuerliche Ausprägung benötigt wurde.

Achtelstater, Typ Athena- Alkis
D: 8mm


Avers
Bild 1:
Stempelbruch bei 8h, Risse bei 1h, 3h, 6-11h, erste Rostspuren.

Bild 2:
Der Stempel wurde durch Überschleifen und Politur ausgebessert.
Dadurch und durch Abnützung weniger Detailwiedergabe. Leichter Nachschnitt.

Bild 3:
Bilddetails durch Abnützung und fortgeschrittene Korrosion stark beeinträchtigt.
Die ursprünglichen Stempelschäden treten erneut auf und haben im Umfang zugenommen.
Der Helmbusch und andere Details sind nicht mehr erkennbar.
Der diagonal verlaufende Stempelbruch, welcher am Rand bei 8h beginnt,
bildet eine tiefe Furche.

Bild 4:
Neuerliche Vergrößerung des furchenförmigen Schrötlingsbruches zwischen 1 und 8h.
Die letzten Details des Gesichtes sind der starken Korrosion und Abnützung zum Opfer gefallen.

Bild 5:
Die Korrosion und die Abnützung durch andauernde Prägetätigkeit führen zu starken Schäden.

Bild 6:
Kompletter Neuschnitt des Stempels, der Kopf wird in Unkenntnis des Erstbildes als Buckel dargestellt.

Revers
Bild 1:
Früher Stempel mit geringen Abnützungs- und Korrosionsspuren.

Bild 2:
Leichte Abnützung an den Details und Korrosionsspuren.

Bild 3:
Detailwiedergabe durch Abnützung stärker beeinträchtigt, fortgeschrittene Korrosion.

Bild 4:
Starke Abnützung an den Bilddetails und starke Korrosionsspuren.

Bild 5:
Starke Beeinträchtigung der Bilddetails.

Bild 6:
Neuschnitt nach dem Vorbild von Nr. 5.
Die Rostschäden und strahlenförmigen Risse haben den Stempelschneider zu dem Bild mit der stark stilisierten menschlichen Gestalt im Strahlenkranz inspiriert.

Viele Grüße
Harald


Dateianhänge:
Stempelentwicklung Achtelstater AA Av..jpg
Stempelentwicklung Achtelstater AA Av..jpg [ 79 KiB | 13573-mal betrachtet ]
Stempelentwicklung AA Achtelstater Rv.jpg
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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 12. Okt 2009, 11:43 
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Beiträge: 2162
Zur Erläuterung möchte ich Euch einen keltischen Prägestempel vorstellen.
Er besteht, so wie die meisten keltischen Exemplare aus mäßig gehärtetem Eisen.
Leider wurde dieses Stück vom Finder einer unsachgemäßen Reinigung (Electrolyse) unterzogen.

Der stabförmige Stempel ist rund und weist eine Länge von 69,8 mm. auf.
Die 6mm tief gestauchte Schlagfläche ist 12x14mm breit und das Bildfeld mißt 8,5x 7,8mm.
Das Gewicht beträgt 31,33g.

Der Stempel wurde zur Erzeugung von boischen Achtelstateren des Typs Athena Alkis
(Paulsen 112-139) verwendet.

Dieser Stempel war anläßlich der Keltenausstellung 2009 im KHM ausgestellt und wurde von Dembski in den MÖNG bereits vorgestellt. ( MÖNG Band 45, 2005, Nr.4, S 236- 239)

Grüße
Harald


Dateianhänge:
Prägestempel für Achtelstaterr AA.JPG
Prägestempel für Achtelstaterr AA.JPG [ 31.65 KiB | 13540-mal betrachtet ]
Prägestempel für Achtelstater AA. Aufsicht.JPG
Prägestempel für Achtelstater AA. Aufsicht.JPG [ 17.17 KiB | 13540-mal betrachtet ]

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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 12. Okt 2009, 11:55 
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Galerie - Administrator
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Lieber Harald!

Danke fürs Herzeigen der Exponate hier im Forum 8-)
Ich hatte das ja das Privileg, mit Dir eine Superführung durch diese Ausstellung zu bekommen!
Es war beeindruckend und unvergeßlich :!: :!:
Vorallem freut es mich, daß doch paar Detials und Erklärungen in meinem Gedächtnis verhaftet geblieben sind und ich nun beim Wort "Kelten" nicht mehr ganz so ahnungslos dreinschau wie früher ;)

Liebe Grüße
Gerhard

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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 12. Okt 2009, 13:02 
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Beiträge: 2162
Lieber Gerhard,

Es macht mir immer wieder Spaß, wenn ich derart interessierten und wissensbegierigen Numismatikkollegen etwas neues über die Kelten erzählen darf.
Wie man sieht, fielen meine Erklärungen auf "fruchtbaren Boden".
Schön, wenn bei Dir etwas davon "hängengeblieben" ist. :D



Liebe Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 2. Dez 2009, 14:19 
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Doktor
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Hallo Harald,

Ist der Fundort dieses Stempels bekannt?
Der Präzise Ort interessiert mich nicht: nur das Lad oder die Provinz....
Liegt er in Tschechien?
Meine Frage weil in Gallien fast alle bekannte Münzstempel in Orten, wo "man sie nicht erwartete", gefundenden wurden! Grund dieser gallischen Merkwürfdigkeit ist mir nicht beklannt.
Wird dieser Stempel nun in einem Museum aufbewahrt? Wenn ja, Inventar-Nr.

Grüsse,

Edgar


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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 2. Dez 2009, 14:25 
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Beiträge: 2162
Hallo Edgar,
Der Stempel stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Südostösterreich,
weit weg von boischem Siedlungsgebiet.
Er befindet sich in Privatbesitz.

Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 13. Dez 2009, 17:43 
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Hofrat

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Bilder: 59

Wohnort: Backnang in Süddeutschland
Den Artikel habe ich mit großem Interesse gelesen. Aus den Ausführungen schließe ich, dass es deutlich mehr Informationen zur keltischen Technik des Münzprägens gibt, als mir bisher bekannt ist.

Kann man das irgendwo nachlesen oder bleibt mir Nichts weiter übrig, als die Äußerungen zu sammeln?

Es grüßt freundlichst Dietemann


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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 14. Dez 2009, 10:47 
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Beiträge: 2162
Hallo Dietemann!

Einer der besten Spezialisten in der Erforschung keltischer Prägestempel ist für mich Dr. Bernward Ziegaus.
Er hat mir vor einiger Zeit berichtet, dass er mittlerweile über 100(!) keltische Stempel bearbeitet hat.
Der Großteil stammt aus dem gallischen Raum.
Eine Gesamtpublikation ist in Vorbereitung.

Hier hat er zwei Depotfunde von Stempeln, Wekzeugen und Patrizen aus Deutschland publiziert:
Interdisziplinäre Tagung zur Geschichte der neuzeitlichen Metallgeldproduktion.
Numismatische Kommission Deutschland, Teil 1
Braunschweig 2008
B. Ziegaus, keltische Werkzeuge aus dem Nördlinger Ries- ein Vorbericht, S113-127

Grüße
Harald

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 Betreff des Beitrags: Re: Prägestempel
BeitragVerfasst: 14. Dez 2009, 11:36 
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Doktor
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Registriert: 29. Nov 2009, 16:49
Beiträge: 118
Wohnort: F 57160 CHÂTEL-SAINT-GERMAIN, 17 RUE de LORRY
Hallo Dietermann!

Wenn du französisch liest, kannst du ebenfalls folgende Kapitel besichtigen:
für gepr£ägte Münzen:

http://www.celtic-coin-agora.com/01.Mon ... NDLING.htm

für gegossene Potins:
http://www.celtic-coin-agora.com/41.Mon ... NDLING.htm

Grüsse aus Metz-Land

Edgar WENDLING


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