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BeitragVerfasst: 12. Mai 2009, 15:16 
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Wirklicher Hofrat
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Das Forum Mittelalter sei hiermit eröffnet:

Der Silberbergbau zu Zeiring gehört mithin zu den sagenhaften alten Bergwerksorten und Münzstätten in Österreich, Oberzeiring (Bez. Judenburg/Stmk.) ist ein mittelalterlicher Silberbergwerksort, dessen ursprünglich sehr reiche Silbermine ab dem 13. Jahrhundert ausgebeutet wurde.

Bereits weit vor der Römerzeit war Oberzeiring besiedelt, Besiedelungsspuren reichen bis ca. 10.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung zurück. Eine alte römische Hauptstraße, die "Via Norica" führte zumindest unmittelbar an der Siedlung in Unterzeiring vorbei. Eine heute noch intakte Brücke aus einem Steinbogen stammt wahrscheinlich aus dem 3.-4. Jhdt der römischen Kaiserzeit. Die Römerstraße war als Wirtschaftsfaktor eine wichtige Verbindung für den Fernhandel, besonders zum Salztransport zwischen Nord- und Südalpen (vom Ennstal ins Murtal und nach Norditalien und Venedig).

Seine Blütezeit erlebte Zeiring allerdings im Mittelalter als im Zeiringer Erzberg Silber abgebaut wurde. Den Zeiringern selbst blieb nicht viel vom Geld aus dem Berg, dennoch erhielten sie für die Arbeiten, die die Knappen für ihre Herren leisten mußten, sehr viele Vorrechte, so z.B.: das Stadtrecht für Zeiring, das Münzrecht, die Bergleute waren frei von allen Rechtsprüchen und vieles mehr.

Mitte oder Ende des 14. Jh. wurde der Bergbau in Zeiring aus ungeklärter Ursache eingestellt, heute erzählt man sich, daß Wasser in den Berg eingedrungen wäre und viele Tausend Knappen dabei ersoffen wären. Tatsache ist allerdings, daß keine Schriften aus dieser Zeit einen Einsturz dieses wichtigen Bergwerks erwähnen. Andererseits gibt es Urkunden, in denen von einer Unrentabilität des Silberabbaus gesprochen wird, man nimmt heute an, dass die Silbervorkommen in Zeiring erschöpft waren.

Vom vermeintlichen Wassereinbruch wird eine Sage erzählt, die vom Übermut und der Mordlust der reichen und betrunkenen Knappen erzählt. Sie hätten einem kleinen blonden Knaben mit einem Schwert den Kopf abgeschlagen und als Kugel beim Kegeln zu ihren silbernen Kegeln verwendet. Die Großmutter des Knaben verfluchte sie, verstreute einen Krug mit Mohn und sagte: "Soviele Mohnkörner hier liegen, solange soll es in Zeiring keinen Silbersegen mehr geben". Am nächsten Tag, so erzählt die schaurige Geschichte, wäre Wasser in die Zeiringer Silberstollen eingebrochen, das 1400 Frauen zu Witwen gemacht hätte.

Der Silberbergbau auf der Zeiring ob Judenburg scheint für die Mitte des 13. Jhdts gesichert zu sein, wenn vielleicht auch schon früher dort Silber gewonnen wurde. Schriftliche Belege für eine Münztätigkeit in Zeiring finden sich erst aus dem 14. Jhdt. 1317 und 1320 wird eine "Mathe der Minczer" erwähnt, es ist jedoch anzunehmen, dass man in Zeiring schon in der zweiten Hälfte des 13. Jhdts Münzen zu prägen begonnen hatte. Wahrscheinlich ist die Münzstätte 1267-1270 unter Ottokar II. eingerichtet worden. Das Ende der Oberzeiringer Münze dürfte dann in den 60er Jahren des 14. Jhdts gekommen sein.

Aus Zeiring stammen diese drei Silber Pfennige, Beschreibung vlnr.:

Ottokar II. v. Böhmen 1260-1278
Av. reitender König rechts, zwischen zwei Sternen
Rv. Panther nach links, im Sternenkreis
19mm 0,63g Koch CNA D32 Ex: Mag. Tursky Innsbruck

Friedrich der Schöne 1306-1330
Av. Panther nach links, vor dem Kopf Rosette
Rv. leer, incuse Prägespuren
19,9mm 0,56g Koch CNA D87 Ex: Dr. Lanz Graz/München

Albrecht I. v. Habsburg 1282-1298
Av. Turm mit Kreuz zwischen zwei auswärts gestellten Adlern
Rv. Prägespuren (Löwe oder Panther)
18,7mm 0,77g Koch CNA D53 Ex: Dr. Lanz Graz/München


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BeitragVerfasst: 12. Mai 2009, 15:46 
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Schöner Artikel und schöne Münzen!
Das Interesse ist gleich um ein vielfaches grösser wenn man die Geschichte - Silberabbau in deiner Gegend - dazu erzählen kann.
Seit wann sammelst du MA-Münzen?

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Das Leben ist viel zu kurz um schlechten Wein zu trinken.


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BeitragVerfasst: 12. Mai 2009, 16:52 
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payler hat geschrieben:
Schöner Artikel und schöne Münzen!
Das Interesse ist gleich um ein vielfaches grösser wenn man die Geschichte - Silberabbau in deiner Gegend - dazu erzählen kann.
Seit wann sammelst du MA-Münzen?


Danke für dein Lob, payler!

Bei meiner Sammlung spielt nicht nur "die Münze" eine Rolle, sondern auch die damit einhergehende Historie, die mindestens ebenso wichtig ist wie die Münze selbst. Echtes Verständnis für die Münzlein kann man meiner Meinung nach nur aufbauen, wenn man deren Geschichte und deren Herkunft genau ergründet. Da ich meine Sammlung auch als "wissenschaftliche" Arbeit betrachte, ist mir die Gesamtheit an Information zu jeder einzelnen Münze sehr wichtig. Ich sammle seit ca. 4 Jahren österreichische Gepräge aus dem Mittelalter.

Gruß aus dem Erzherzog-Johann-Land ins Gefürstete

taurisker

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BeitragVerfasst: 13. Mai 2009, 06:10 
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Lieber Herfried!

Jetzt bin auch ich dazugekommen, mir deinen Beitrag als "Morgenlektüre" zu vergönnen - danke für den interessanten Beitrag.

Klosterschüler

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Zuletzt geändert von Klosterschueler am 18. Mai 2009, 17:38, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 13. Mai 2009, 12:45 
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Vielen Dank für den interessanten und aufschlußreichen Beitrag.

Wenn einem die Zusammenhänge derart professionell präsentiert werden, könnte man direkt auf diese Prägungen neugierig werden und auf den Geschmack kommen.

Was mich noch interessieren würde ist der Erhaltungsgrad der vorgestellten Prägungen.
Ihr stimmt sicher damit mit mir überein, dass man antike, mittelalterliche und neuzeitliche Prägungen mit unterschiedlichen Kriterien der Erhaltung bewerten muß.

Wie würdet ihr dies Prägungen einstufen und gehe ich fehl in der Annahme, dass diese Stücke eine überdurchschnittliche Qualität der Ausprägung und Erhaltung aufweisen?

Grüße
Harald

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BeitragVerfasst: 13. Mai 2009, 13:22 
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harald hat geschrieben:
Was mich noch interessieren würde ist der Erhaltungsgrad der vorgestellten Prägungen.
Ihr stimmt sicher damit mit mir überein, dass man antike, mittelalterliche und neuzeitliche Prägungen mit unterschiedlichen Kriterien der Erhaltung bewerten muß.

Wie würdet ihr dies Prägungen einstufen und gehe ich fehl in der Annahme, dass diese Stücke eine überdurchschnittliche Qualität der Ausprägung und Erhaltung aufweisen?


Die Erhaltungen der gezeigten Exemplare sind als gutes ss bis knapp vz einzustufen ... da diese Pfennige damals in sehr großer Stückzahl geschlagen wurden, sind Prägeschwächen/Prägefehler an der Tagesordnung gewesen ... sicher finden sich auch noch besser erhaltene Stücke, die sind aber sehr selten anzutreffen, perfekte Prägungen der mittelalterlichen Pfennige, soferne erhältlich, erzielen je nach Seltenheit mitunter oft Preise um die 100-200EUR und mehr.

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BeitragVerfasst: 13. Mai 2009, 14:55 
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Vielen Dank, Herfried für die interessanten Info´s

Grüße

Harald

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BeitragVerfasst: 29. Jul 2009, 14:33 
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Fortführen möchte ich die Prägungen aus Zeiring mit folgendem Stück:

Albrecht I. v. Habsburg (1282-1298) Münzstätte Oberzeiring (oder Graz)
Av. Hirsch nach links mit aus dem Maul hängenden Kleeblatt
Rv. Drache (?) rechts (kann auch Zierrat und Krone mit geom. Linienornament darstellen)
19-21mm 0,84g Koch CNA D 48 b (oder a)

Bei gewissen Pfennig Geprägen dieser Zeit ist unsicher ob in Zeiring oder in Graz geschlagen wurde. In beiden Münzstätten wurden damals viele gleichartige Typen von Pfennigen produziert.

Schwierigkeiten für die Zuteilung von Münzen an die Münzstätte Zeiring oder Graz ergeben sich vor allem auch aus Folgendem: wir können nicht bestimmt sagen, seit wann die Zeiringer Münze tätig gewesen ist und weiters fehlt gerade bei den Pfennigen Grazer Typus, die dem Zeitraum der sicheren Aktivität im 14. Jhdt zugewiesen wird, weitgehendst die Kenntnis der Rückseitenbilder bzw. sind diese, wo vorhanden, nicht aussagekräftig genug.


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pf_zeir_albr_d48b.jpg
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BeitragVerfasst: 10. Jun 2010, 21:12 
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Hallo Freunde!
Ich möchte mich als Neuling auf diesem Forum in diese interessante Diskussion einbringen, bei der Herfried großes Wissen und eine Einstellung zeigt, die ich voll unterstütze. Auch mich interssieren an einer Münze nicht nur das "Besitzen" oder gar der "Wert" sondern vor allem die geschichtlichen Hintergründe. Daher erlaube ich mir eine Anmerkung zum Thema Wassereinbruch in Oberzeiring: Günther Probszt schreibt in seiner "Österreichischen Münz- und Geldgeschichte" Teil 1 auf S 148. Zitat: "Mit einem katastrophalen Wasserinbruch im August 1361 fand die Prägetätigkeit in Zeiring ein vorschnelles Ende. Zwar hatte Herzog Rudolf IV. der Bürgerschaft zum Trost für die vielen Todesopfer urkundlich den Weiterbetrieb der Münzstätte zugesichert; als sich aber herausstellte, dass an eine Wiederbewältigung der ersäuften Gruben nicht mehr zu denken war, verliefen sich alsbald sowohl Gewerken als auch Bergknappen." Probszt, der als fundierter Numismatiker und Historiker bekannt ist, wird sich diese erwähnte Urkunde nicht aus den Fingern gesogen haben. Es wäre als ein Auftrag an die steirischen Kollegen, nach ihr zu suchen, um die Frage endgültig zu klären.
Danke für die vielen interessanten Beiträge. OTAKAR

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BeitragVerfasst: 23. Jun 2010, 10:56 
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otakar hat geschrieben:
Hallo Freunde!
Ich möchte mich als Neuling auf diesem Forum in diese interessante Diskussion einbringen, bei der Herfried großes Wissen und eine Einstellung zeigt, die ich voll unterstütze. Auch mich interssieren an einer Münze nicht nur das "Besitzen" oder gar der "Wert" sondern vor allem die geschichtlichen Hintergründe.
[...]
Danke für die vielen interessanten Beiträge. OTAKAR

Servus, lieber OTAKAR :) vielen Dank für das Lob und für die wertvolle Zusatzinfo zu diesem Thema!!
In der Tat wäre es interessant diese von Probst erwähnte Urkunde zu identifizieren, wenn Zeit bleibt werde ich mich an die Sache heranmachen.

Ich darf noch auf ein weiteres Thema aus dem österr. MA aufmerksam machen, das dich vielleicht auch interessieren wird (du trägst schließlich als nickname hier im Café den Namen der Traungauer Markgrafen!), der Letzte der Otakare ist doch ein höchst interessantes Kapitel der österr. Geschichte:
viewtopic.php?f=40&t=679

salut
taurisker

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