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Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)
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Autor:  AvP [ 6. Okt 2017, 23:15 ]
Betreff des Beitrags:  Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Liebe Mittelalter-Freunde,

das hier vorgestelle Stück aus England (Ursprungsland?) ist zwar nicht rund (also keine Münze), stammt aber zweifelsohne aus dem Mittelalter. Da der Greif ein beliebtes Motiv dieser Zeit war und sich die MA-Kundigen eher hier als anderswo herumtreiben (Plauderecke...), versuche ich dem Alter dieser ziemlich großen Gürtelschnalle in der Rubrik "Münzen aus dem MA" auf die Spur zu kommen.

Angabe war 13. Jh. Meinem Empfinden nach reicht die Art der Darstellung jedoch weiter zurück. Vielleicht täusche ich mich auch. Entfernt ähnliche Stücke haben die Gothen (Visigoths) produziert:
https://www.google.de/search?q=visigoth ... 24&bih=473

Was ist eure Meinung (falls ihr eine habt ;) )?
Vielleicht nennt jemand ein "Greifenlexikon" :book: sein Eigen. ;)



Gruß
AvP

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K800_P1300594.JPG
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Autor:  hexaeder [ 7. Okt 2017, 06:38 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Lieber AvP,
die Greifdarstellungen auf den (österreichischen) Mittelaltermünzen zeigen das Fabeltier ausschließlich mit Flügeln, die auf deiner Schnalle eindeutig fehlen. Tierdarstellungen ohne (zumeist geöffnete) Flügel werden als Panther, Löwen,... bezeichnet. Obwohl die Tierzuweisung oftmals sehr viel Phantasie benötigt.
Laut Definition (Wikipedia) ist ein Greif ein Mischwesen aus einem löwenartigen Körper mit Adlerschwingen und vogelartigem Kopf. Dargestellt in der Antike seit Ende des 4. Jahrtausend v.Chr. hat der Greif bis ins europäische Mittelalter aber einiges an verschiedenartigen Darstellungen durchgemacht.

Im österreichischen Mittelalter findet sich der Greif im 12. Jhdt. recht häufig auf den Rückseiten diverser Pfennige, leider oftmals schwach geprägt und schwer erkennbar. Habe dir drei Münzbeispiele aus dieser Zeit eingefügt. Einen A 44 aus Salzburg von Wladislaus von Schlesien (1265-1270) der am Avers einen "Greif im Fadenreif" zeigt. Weiters einen B 140 aus der Münzstätte Wiener Neustadt, ca.1230 - ca. 1250. Auch der B 139 hätte den selben Revers. Als drittes Beispiel noch den B 127 von Leopold VI., ab ca. 1210-1230 mit fraglicher Münzstätte. Hier beschreibt Koch allerdings auf der VS einen Panther (?) und auf der RS einen Adler (?). Möglicher Weise liegt hier ein Fehler vor, denn auch in der Abbildung dieses Pfennigs sind die Flügel deutlich erkennbar. Und ein Panther mit Flügeln.........
Der Panther wäre aber auch eine Möglichkeit für deine Gürtelschnalle, denn Flügeln kann ich beim besten Willen keine erkennen.

Mal sehen, was die anderen darüber denken?

Beste Grüße,
hexaeder

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0019-CNA-A44-Wladislaus-(1265-1270)-web.jpg
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Autor:  ischbierra [ 7. Okt 2017, 08:03 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Hallo AvP,
versuch es doch mal hier im Sucherforum: http://www.sucherforum.de/smf/index.php/board,22.0.html
Da gibt es das Unterforum Schnallen und dort sind auch die Spezialisten für diese Dinger.
Gruß ischbierra

Autor:  AvP [ 7. Okt 2017, 12:37 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Lieber hexaeder und ischbierra,

vielen Dank für Eure Beiträge! Das Sucherforum ist ein guter Tipp.
Tja, die Flügel fehlen oder sind angelegt und nicht herausgearbeitet.
Der Kopf weist jedoch eindeutig einen Schnabel auf.
Auch die Krallenfüße weisen auf einen Raubvogel hin.
0106-CNA-B127 zeigt m.E. einen Drachen.

Ein Greif mit allem Drum und Dran ist auf diesem Überlinger Brakteaten
(Königliche Münzstätte) zu sehen.
Münzherr und und Zeit sind nicht gesichert.
Vermutlich zweite Hälfte 13. Jh. [Berger 2582; Bonh. 1859]


Gruß
AvP

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Autor:  zwanzger [ 7. Okt 2017, 13:02 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Hallo AvP,

ob Greif, Basilisk, oder ähnliches.............

Hier ein Link, in dem Du vieleicht fündig wirst......... :book:

http://bestiary.ca/index.html

Viel Vergnügen!

Autor:  AvP [ 7. Okt 2017, 22:03 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Danke! Ja, Bestiarien waren im MA sehr beliebt. :)

Autor:  otakar [ 9. Okt 2017, 12:25 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Liebe Freunde,
diese Schnalle stammt meines Erachtens – wenn sie echt ist - aus der späten Völkerwanderungszeit und ist germanisch. Das Motiv leitet sich tatsächlich vom Greif her, der schon seit dem 3. Jahrtausend v. C. ausgehend von Mesopotamien in vielen Kulturen vorwiegend als apotrophäisches (Unheil-abwendendes) Symbol verwendet wurde. Über die Skythen breitete sich dar Greif bis nach China, ja sogar auf die koreanische Halbinsel und nach Japan aus. Von den nach Westen vordringenden Steppenvölkern waren es vor allem die Avaren, die das Motiv häufig verwendeten. Bei den Franken, Alamannen und Burgundern taucht das Motiv ab 550 auf. Verschiedene Theorien legen die Herkunft zu den Römern, in den Kaukasus, in den Orient und zu den Avaren. Sie sind aber alle nicht stichhältig. Kühn legt daher die Herkunft nach Byzanz, wo es über Oberitalien oder Marseille Eingang in die germanische Kultur vor allem der Burgunder fand. Der Hauptteil der Funde beschränkt sich daher auf dieses Gebiet (Westschweiz, östliches und nördliches Frankreich), in wenigen Exemplaren nördlich und südlich der Pyrenäen. Dass der byzantinische Einfluss auf die Völker des Nordens relativ groß war, belegen ja auch die zahlreichen Nachprägungen von Münzen, vor allem goldene Solidi, die oft mit Billigung des Kaisers in „Lizenz“ hergestellt wurden. Das Greifenmotiv hat in dieser Zeit eine Wandlung mitgemacht. Der bei den Germanen ursprünglich nicht bekannte Greif entwickelte sich zum Flügelpferd, und die Flügel wurden später zum Reiter oder fielen ganz weg. Einzig der Greifenschnabel und die Krallen haben sich lange gehalten. Und damit sind wir bei dieser Darstellung, die daher als relativ spät einzustufen ist.
Literatur: Herbert Kühn: Jahrbuch für prähistorische & ethnographische Kunst, Jg. 1934; Verl. Walter De Gruyter & Co, Berlin und Leipzig
Dateianhang:
Greifenschnalle 2.jpg
Greifenschnalle 2.jpg [ 44.19 KiB | 14213-mal betrachtet ]

Vielleicht findet jemand noch neuere Literatur zudiesem Thema.
OTAKAR

Autor:  otakar [ 9. Okt 2017, 12:38 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Ich habe gerade die von Dir, AvP angeführte Seite noch einmal angeschaut und hier findet sich ein Stück, das auch in der Datierung und in der Fund-Beschreibung (Burgund) zu meiner Theorie passt.
https://www.metmuseum.org/art/collection/search/464928
Kühn widerlegt auch die These, dass das Motiv von den Goten stammen könnte, da es bei den Ostgoten am schwarzen Meer unbekannt war.
LG
OTAKAR

Autor:  AvP [ 10. Okt 2017, 08:09 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Darstellung eines Greifen, (AE mit Vergoldungsspuren)

Vielen Dank, lieber otakar! Also doch Frühmittelalter. Wenn ich das Ding nicht eingehend unter die Lupe genommen hätte, hätte ich auch an seiner Echtheit gezweifelt. Am Foto kommt das nicht so rüber.
Dass ich der einzige war, der darauf geboten hatte, dürfte unter anderem an den schlechten Bildern gelegen haben.

Gruß
AvP

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