Lieber Latene und liebe andere Liebhaber von numismatischem Kaffee (mehr hell und mit Zucker), vielen Dank für Deine Worte. Früher, als ich noch nicht in Wien lebte, war ich auch auf die wenige Literatur angewiesen, die ich hatte. Ich fuhr damals fast jede Woche nach Graz und besuchte die Münzhandlung Lanz, wo ich oft am Nachmittag drei Stunden verbrachte. Ich unterhielt mich mit Ernst Lanz über alles mögliche (auch über Kinder, Politik usw.) und ich blätterte in Auktions- und anderen Katalogen. Es war für mich ein herber Schlag, als Ernst ermordet wurde... Seit einigen Jahren wohne ich in Wien und habe vor Kurzem mein Numismatik-Studium abgeschlossen. Ich bin aber weiterhin fast jeden Tag auf der Uni, aber nicht als Angestellter (das wäre aus Altersgründen nicht möglich) und leider nicht mehr als Student. Hier kenne ich die Professoren und sie mich und kann in der Bibliothek nachschauen. Allerdings ist es leichter, eine Mittelaltermünze in den Katalogen zu suchen als zu finden... Bei Deinem Pfennig war es, wie ich schon schrieb, reine Glückssache. Prof. Emmerig hatte vorige Woche die Bilder von 4 Pfennigen zugeschickt erhalten, die in unserem nördlichen Nachbarland bei einer Grabung gefunden worden waren (es war ein ganzer Fund, die anderen Münzen konnten die Tschechen selbst bestimmen). Die Pfennige waren wunderbar erhalten, meistens auch die Rückseiten. Der erste Pfennig war ein Wiener von Ottokar, das war leicht. Aber dann fing die Sucherei an... ja, und als ich den Katalog von Kellner - Niederbayern - durchblätterte, war gleich die erste Abbildung Dein Pfennig... Inzwischen konnte ich einen weiteren Pfennig der Tschechen "finden", die restlichen zwei sind weiterhin nicht identifiziert. Nächste Woche fahre ich mit Emmerig zum 5. mal nach Asparn an der Zaya, wo wir im Landesmuseum Münzfunde bearbeiten. Mich interessieren vor allem die Pfennige aus dem Mittelalter und aus unserem Bereich, und wenn man hunderte und aberhunderte in der Hand gehalten hat (in einem Fund waren etwa 1800 Wiener Steinbockpfennige in zahlreichen Varianten!), dann kennt man sich allmählich aus... Für mich ist die Untersuchung von obskuren Pfennigen oder Bruchstücken eine lustvolle Beschäftigung; daß sie nicht immer zum Erfolg führt, vermindert nicht ihren Reiz! Wenn ich daher hier im Forum ab und zu etwas sage, dann geht das auf jahrelange Befassung mit der Materie zurück, und nicht, um aufzutrumpfen. Ich habe auch mit Null angefangen und wenn ich da und dort mehr weiß, dann ist das eine Alterserscheinung und nichts, worauf ich mir etwas einbilden möchte. Die Numismatik des Mittelalters ist eine der wenigen Stellen auf dem Globus, wo es noch etwas zu entdecken gibt. Freundliche Abendgrüße von Jetonicus
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