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BeitragVerfasst: 9. Nov 2012, 00:15 
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Wirklicher Hofrat
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Hallo Freunde!
Ich probier´s wieder einmal mit einem Beitrag für das Mittelalterforum, damit es nicht einschläft:
Die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts war eine turbulente Zeit, die für die weitere Entwicklung Österreichs von großer Bedeutung war. 1246 starb der letzte Babenberger, Friedrich II. ohne einen Erben zu hinterlassen. Der Böhmenkönig Ottokar II., der mit Margarete, der Schwester Friedrichs verheiratet war, erhob Anspruch auf die babenbergischen Besitzungen und besetzte das Land. Begünstigt wurde diese Okkupation durch das Aussterben der Staufer (Konrad IV. und Konradin) und dem folgenden Interregnum in Deutschland. Ottokar erbte nach dem Aussterben der Spanheimer auch das Herzogtum Kärnten/Krain und besaß damit ein Reich, das von Schlesien bis fast an die Adria reichte. Natürlich erhob er auch Anspruch auf die deutsche Königskrone; den deutschen Fürsten war er jedoch bereits zu mächtig und sie wählten 1273 den Grafen Rudolf von Habsburg, der sich die babenbergischen Länder als Hausmacht sichern wollte. Ottokar unterwarf sich 1276 dem überlegenen Reichsheer, um 2 Jahre später mit einem starken Heer zurückzukehren. Er verlor jedoch nicht nur die Schlacht auf dem Marchfeld sondern auch sein Leben (auf der Flucht, vermutlich durch Mörder aus den eigenen Reihen). Im Licht dieser Ereignisse erscheinen einige Münzprägungen dieser Zeit besonders bemerkenswert. Hier wird offensichtlich über die Münzen politische Propaganda betrieben und der Machtanspruch manifestiert. Vermehrt findet sich das Brustbild mit Königskrone und sogar der Namenszug OTA-KER oder RUD-OLF, was bei Münzen dieser Zeit eher selten ist.
Beispiel:
1. CNA B177 Wien und Enns: Gekrönter Kopf mit Krone
2. CNA B176 Wien: Gekröntes Brustbild mit Umschrift OTA-KER
3. CNA D20 Graz: Königsbrustbild mit einem Kreuz an einem um den Hals geschlungenen Band; 2 aufrecht stehende Schwerter
4. CNA D26 Graz: Königsbrustbild, RUD-OLF
5. CNA B183 Wien: König Rudolf und Königin Anna einander zugekehrt; senkrecht dazwischen: WIn
Es gibt noch einige Beispiele aber leider auch Lücken in meiner Sammlung.
Mit mittelalterlichen Grüßen!
OTAKER (Bitte nicht mit Ottokar verwechseln)


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BeitragVerfasst: 9. Nov 2012, 10:23 
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Wirklicher Hofrat

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Hallo otakar,
vielen Dank für den interessanten Beitrag und das Zeigen Deiner schönen Münzen. Ich bin ausgesprochen angetan von der Qualität, denn der Kundige weiß, wie schlecht sonst gepägt wurde bei diesen Stücken.
Gruß ischbierra


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BeitragVerfasst: 9. Nov 2012, 10:36 
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Professor

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otakar hat geschrieben:
OTAKER (Bitte nicht mit Ottokar verwechseln)

:-)

Vielen Dank für Deinen interessanten und lesenswerten Beitrag, otakar!

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BeitragVerfasst: 1. Dez 2013, 20:28 
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Wirklicher Hofrat
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Vor ein paar Tagen ist mir wieder ein Pfennig in die Hände gefallen, der mir beweist, dass sich die Machtdemonstration auf Münzen durch Rudolf I. von Habsburg nach seiner Krönung zum König auch auf reichdeutschen Münzen findet.
Dieser Pfennig stammt aus der Reichsstadt Nürnberg (Erlanger 86) und gleicht im Motiv den österreichischen Pfennigen der Periode.
Mir ist bekannt, dass es auch in Frankfurt einen solchen Pfennig gab (ist mir leider bei einer Versteigerung nicht zugefallen); es wäre interessant zu erfahren, ob Rudolf auch in anderen Städten ähnliche Münzen prägen ließ. Vielleicht hat jemand Bilder?
Mir fehlt auch die passende Literatur für deutsche Pfennige.
LG
OTAKAR


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Rudolf I. v. habsburg Pfennig Nürnberg av.jpg
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Rudolf I. v. habsburg Pfennig Nürnberg rv.jpg
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BeitragVerfasst: 14. Mai 2014, 21:07 
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Doktor
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Beiträge: 182
@otakar:

Grüß Di Gott,

wurde CNA B183 nun unter Ottokar http://www.mcsearch.info/record.html?id=91661 oder unter Rudolf geprägt, und was bedeutet "WIn"? Etwa Sieg? War der Ottokar tatsächlich so frech?

Besten Dank und liebe Grüße
AvP

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BeitragVerfasst: 17. Mai 2014, 00:32 
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Wirklicher Hofrat
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Hallo AvP.
Die Münze war vor kurzem in der Bucht und wurde dort fälschlich auch Otakar zugeschrieben. Das ist zunächst einmal irreführend, weil man ja vermutlich Ottokar II. von Böhmen gemeint hat, auch wenn er auf Münzen auch als OTAKER geschrieben wurde. Die (steirischen) Otakare waren zu dieser Zeit ja schon ausgestorben (1192). Mit ziemlicher Sicherheit gehört der B183 aber zu Rudolf I. von Habsburg, der nach dem Sieg (1276) über Ottokar seine Macht auch durch die Münzprägung demostrieren wollte. WIN steht wahrscheinlich für Wien. Die Münze zeigt auf der Rückseite auch den (österreichischen) Bindenschild und die Umschrift AUSTRIA. Ottokar hätte das sicher nicht prägen lassen.
Der 2. Pfennig, der vom gleichen Anbieter eingestellt wurde, ist der von mir auch schon vorgestellte B176, der natürlich wirklich Ottokar zuzuschreiben ist; vermutlich ziemlich spät (1275). Sie zeigt auf der Rückseite den Wappenschild des Stadtschreibers Konrad von Tulln, der in Urkunden als Vasall Ottokars aufscheint und später auf die Seite Rudolfs gewechselt ist. Ottokar verhalf auch dem Grazer und Oberzeiringer Münzwesen zu großer Blüte. Die von im dort geschlagenen Pfennige zeigen oft sein Bild und seinen Namen (D13) oder auch Hinweise auf die Münzstätte (MUNE GRETZ, MOH(N)ETH STIRIE, SCHILT VON STEIER).
Schöne Grüße!
OTAKAR
(Der Nickname bezieht sich natürlich auf die steirischen OTAKARE, die ja unsere Münzstätte Enns gegründet haben.)

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Zuletzt geändert von otakar am 17. Mai 2014, 20:50, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 17. Mai 2014, 10:14 
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Doktor
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Hallo otakar,

vielen Dank für die ausführliche Information! Hätte mich auch sehr gewundert, wenn die Zuschreibung korrekt gewesen wäre.

In meiner Kindheit bin ich oft nach Eppenstein geradelt, um dann die Ruine zu erklimmen. Natürlich nahm ich schon beim ersten Mal ein kleines Mauersteinchen als Souvenir mit, wie auch von der Ruine Lichtenstein, Fohnsdorf und der Frauenburg. Am faszinierendsten fand ich die Sternschanze bei Schloss Thalheim, in der ich mich des Öfteren verschanzt hatte. ;) Damals hatte ich jedoch noch nicht gewusst, wie sehr die österr. Flagge mit den Eppensteinern verbunden war.

Von der Volksschullehrerin wurde uns diese Geschichte als Ursprung präsentiert:

"Der Sage nach soll der weiße Waffenrock Leopolds des Tugendhaften nach den siegreichen Kämpfen bei der Belagerung von Akkon (1189–1191) während des Dritten Kreuzzuges rot von Blut gewesen sein. Als er seinen Schwertgurt abnahm, war darunter noch ein weißer Streifen zu erkennen. Da sein Banner während der Schlacht verloren gegangen war, erteilte Kaiser Heinrich VI. ihm das Recht die rot-weiß-roten Farben als neues Banner zu tragen. So soll der Bindenschild des Erzherzogtums Österreich und letztlich die Flagge Österreichs entstanden sein." [Wikipedia]

Eine sehr schöne, wenn auch blutige Geschichte. Und es gibt sicher nichts Vergleichbares hinsichtlich des Zustandekommens einer Nationalflagge.


Möge Deine Rippe heilen,
und die Schmerzen mögen vergehen!

Gruß
AvP

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BeitragVerfasst: 17. Mai 2014, 21:12 
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Lieber AvP,
zunächst einmal danke ich Dir für Dein Mitgefühl mit meiner Rippe. Sie schmerzt nur mehr bei Druck (Schlafen auf der rechten Seite).
Die blutrünstige Geschichte mit der Entstehung des Bindenschildes klingt zwar gut und plausibel, ist aber nicht verbürgt. Die wahre Herkunft ist allerdings auch nicht 100%ig zu gesichert. Das Wappen stammt nach Ansicht mancher Historiker (Zöllner) von den Grafen von Poigen-Hohenburg-Wildberg, die von Herzog Leopold VI. beerbt wurden. Erstmals erscheint es auf Siegeln seines Sohnes Friedrich II. Ottokar der II. hat nach der Machtübernahme in Österreich den Bindenschild wohl auf Münzen dargestellt, allerdings fast ausschließlich in Verbindung mit dem böhmischen Löwen. Das Wappen wird entweder von 2 Löwen umschlossen oder von einem Löwen mit den Pranken gehalten. Ich könnte mir vorstellen, dass auch hier die politische Dimension sichtbar wird: eine Machtdemonstration, die den Österreichern zeigen soll, wer der Chef ist.
Einen schönen Sonntag!
OTAKAR


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CNA B158 Wien Hälbl. Ottokar II. Bindensch. zw.2 Löwen.jpg
CNA B158 Wien Hälbl. Ottokar II. Bindensch. zw.2 Löwen.jpg [ 17.67 KiB | 14734-mal betrachtet ]
CNA B160 Wie, Ottikar II. Löwe Bindensch.av.jpg
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BeitragVerfasst: 17. Jun 2014, 00:28 
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Ich versuche wieder einmal das schlafende Forum zu wecken:
Gestern konnte ich meiner Sammlung wieder einen interessanten Pfennig einverleiben, den CNA Cn19 aus Landstrass (Landestrost – Kostanjevica). Dieser Pfennig ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Er zeigt auf der einen Seite einen Greifen und würde daher auch in den Beitrag über die Fabeltiere passen. Auf der 2. Seite befindet sich ein Doppeladler, der zu dieser Zeit auf österreichischen Pfennigen kaum vorkommt (mir fällt momentan überhaupt kein anderes Exemplar ein). Im der südöstlichen Ecke Sloweniens, das damals teils in herzoglich-kärntnerischem, teils in geistlichem Besitz (Salzburg, Aquilea, Freising) war, liegen auf engem Raum eine Reihe von Münzstätten an der Save und an der Krainer Gurk: Reichenburg und Rann, standen in Salzburger Besitz; Heiligenkreuz, Landstraß und Tschatesch waren herzoglich. In der Münzstätte Gutenwert (Otok) gab es sowohl weltliche (Babenberger) als auch geistliche (Patriarchen von Aquilea, Bischöfe von Freising) Münzherren. Der Cn19 ist der einzige bekannte Pfennig, der in Landstraß von Herzog Ulrich III. (wahrscheinlich - nicht gesichert) geprägt wurde. Ulrich war der letzte Spanheimer Herzog und vererbte sein Herzogtum 1269 an Ottokar von Böhmen, der damit neben seinem eigenen Königreich die Herzogtümer Österreich, Steiermark und Kärnten besaß – womit wir wieder beim Beginn dieses Beitrags angelangt wären.
OTAKAR


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CNA Cn19 Bernhard III. v. Kärnten Landstraß rv.JPG
CNA Cn19 Bernhard III. v. Kärnten Landstraß rv.JPG [ 32.76 KiB | 14609-mal betrachtet ]
CNA Cn19 Bernhard III. v. Kärnten Landstraß av.JPG
CNA Cn19 Bernhard III. v. Kärnten Landstraß av.JPG [ 28.69 KiB | 14609-mal betrachtet ]

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