Zum venezianischen
Grosso möchte ich einige Anmerkungen anfügen. Er war das Ergebnis einer notwendigen Münzreform im Vorfeld des 4. Kreuzzuges 1202, den der Urgroßvater des obigen Münzherrn bekanntlich nach Konstantinopel umleitete. Mit der Zerstörung dieser Stadt wurde zugleich die wirtschaftliche Vormachtstellung von Byzanz im östlichen Mittelmeerraum endgültig vernichtet, und Venedig, das dieses Vakuum füllen wollte, benötigte dafür ein brauchbares Geldsystem. Das hatte man - nolens volens - bei den Vorbereitungen dieses Kreuz- oder besser Raubzugs bereits geschaffen, denn als Münzgeld gab es bis zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich den Denar, und davon wären ungeheure Summen aufzubringen gewesen. Der Grosso, der bei seiner Einführung noch "
Ducato" hieß (vermutlich weil Venedig ein konstitutionelles Herzogtum - ein "Ducato" war), galt als erste größere Münze mit multiplem Wert - bei seiner Einführung 24 Denare. Er war durch seinen Namen nicht in das Münzsystem
£ - s - d eingebunden und ermöglichte so eine variable Wertfestsetzung im Verhältnis zum Denar, d.h. der Grosso blieb substantiell unverändert und konnte als willkommenes Instrument für die Münzverschlechterung des Denars eingesetzt werden. Gleichzeitig war der Grosso als Handelsmünze hochwillkommen und wurde in kürzester Zeit als Münztyp vielfach übernommen. Hier nun zunächst ein weiterer Grosso aus dem näheren Umfeld des oben gezeigten Dandolo.
Dateianhang:
1312-1328_Soranzo_Grosso_n.jpg [ 105.84 KiB | 6970-mal betrachtet ]
Zitat:
ITALIEN-VENEZIA (VENETO) GIOVANNI SORANZO, 1312-1327. Grosso. Der Doge erhält vom hl. Markus die Herzogsfahne. IO SVPANTIO S M VENET . Rv. Thronender Christus. 1,95 g, 19 mm. Gamb. 67. Paol. 26, 2. Biaggi 2803.
Das Münzbild des Grosso orientierte sich an byzantinischen Vorbildern, was für den Handel in der Levante zweifellos von Vorteil war, da diese Ikonographie dort bekannt war. Ein interessantes Detail findet sich auf einigen Grossi. War der Name des amtierenden Dogen zu lang für das Münzrund, verwendete man Kürzungsformen. So setzte man z.B. bei dem gezeigten Stück in den Namen
SUPERANTIO eine Art Monogramm - in diesem Fall ein
PER. Diese Kürzungsformen bereiten bei der Auflösung der Namen gelegentlich Schwierigkeiten.
Der Erfolg des Grosso führte zu Beginn des 14. Jahrhunderts zu zahlreichen Nachahmungen des Münzbilds, die meisten davon anonym, da man Strafaktionen seitens Venedig fürchtete. Die serbischen Könige allerdings waren selbstbewußt genug, ihre Namen auf die Kopien zu setzen. Auf Änderungen der Ikonographie verschwendeten sie keine Zeit. Der heilige Markus wurde in den heiligen Stefan umgetauft, hielt aber weiterhin das Evangelium in der Hand, anstatt ihn mit der üblichen Palme des Märtyrers kenntlich zu machen. Der DVX wurde durch den REX ersetzt, die Fahne durch das Patriarchenkreuz. Hier nun ein serbischer Zeitgenosse der beiden Venezianer Dandolo und Soranzo.
Dateianhang:
1282-1321_Urosh_Grosso_n.jpg [ 110.69 KiB | 6970-mal betrachtet ]
Zitat:
SERBIEN, Stefan Uros II. Milutin (1282 - 1321). Dinar o.J. VROSIVS - R/E/X - S STEFANV, der König links stehend, der heilige Stefan mit Nimbus und dem Evangelium in der Linken rechts stehend, gemeinsam Patriarchenkreuz haltend. Unten im Feld T-R. Rs: IC-XC, Christus mit Kreuznimbus en face auf mit Perlen verziertem Thron sitzend, das Evangelium mit beiden Händen auf dem Schoß haltend. Im Feld T-V. 1,98 g, 19,2 mm. Jovanovic 7.7.
Der serbische "Grosso" war von ungefähr gleicher Qualität wie der venezianische. Venedig war daher verständlicherweise gar nicht glücklich über diese Aktivitäten der Konkurrenz und richtete sogar ein eigenes Amt ein, dessen einzige Aufgabe darin bestand, die serbischen Gepräge zu überprüfen.
Gruß klaupo