Numismatik-Cafe

Münzen-Sammeln-Freunde
Aktuelle Zeit: 28. Mär 2024, 09:50

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 76 Beiträge ]  Gehe zu Seite Vorherige  1 ... 4, 5, 6, 7, 8
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Re: Artukiden von Mardin
BeitragVerfasst: 3. Dez 2014, 13:11 
Offline
Doktor
Benutzeravatar

Registriert: 19. Dez 2013, 22:04
Beiträge: 182
Vielleicht noch ein Wort zu 606 AH ?:

Ich war jetzt einfach einmal so frech, und habe den JZ-Ausschnitt Deiner Abbildung mit Farbe besprüht.

Bei Deinem Stück sehen die Buchstaben unmittelbar vor "sanat (سنة)" dem (eigentlichen) "sanat" sehr ähnlich. Rein theoretisch könnte man diese Buchstabenkombination (oben rechts) sogar als "sanat" und den Mittelteil als "sitt" lesen. In diesem Fall müsste zwischen 6 und 600 allerdings ein drittes Numeral (z.B. chamsin (50)) stehen, da es sich aufgrund der Reihenfolge und des zur Verfügung stehenden Platzes nur um ein solches handeln könnte. Das aber würde den zeitlichen Rahmen sprengen... Daher scheint es sich bei den Anfangsbuchstaben - fi (في) sieht ja gänzlich anders aus - um zwei od. auch drei Endbuchstaben von الجزيرة (äl-Dschazira) zu handeln. Allerdings sollte dann das "r" über den unteren Zeilenrand hinaus gehen...

"sitt" (ستّ)" kommt auch in der Form "sitta (ستة)" vor. Dann sieht es ebenfalls wie "sanat" aus.

Man müsste wissen, ob es sich bei den schlecht leserlichen Buchstaben nach dem "sanat" um ein deformiertes "s" oder um ein "m" (Kringel) handelt. Letzteres würde auf "chams (خمس) (5)" oder "theman (8) (ثمان)" schließen lassen. "theman" wäre durchaus möglich.


Hier ist das "sitt" sehr schön zu sehen:
http://mehmeteti.150m.com/zengids/EWm31.htm
Anmerkung: Bei "sittmiat" fehlt das t(t).

Die Frage ist also "605 (wenig wahrscheinlich), 606 od. 608"? Ich würde auf 608 AH tippen.
Wenn man die Münze unter die Lupe nimmt, kann man vielleicht mehr sagen:
ستّ (...III) oder ثمان (...IOI)

Hier eine JZ anzugeben, halte ich für sehr gewagt - zumindest dann,
wenn nur das Bild zur Verfügung steht:
http://mehmeteti.150m.com/zengids/UE-1476.htm
Das entscheidende Numeral sieht aus, als wäre eine Ligatur (th-m) zur Anwendung gekommen, wie sie auch beim l-m (siehe "äl-muminin") Verwendung fand, und unterscheidet sich vom th-m Deiner Münze (sofern diese Kombination auch wirklich zutrifft). Dieser Umstand würde wiederum 606 als wahrscheinlicher erscheinen lassen. :? Alles nicht so einfach...


Gruß
AvP


Dateianhänge:
605-615_al_Jazira_al-Muazzam_Mahmud_SS-87_n.jpg
605-615_al_Jazira_al-Muazzam_Mahmud_SS-87_n.jpg [ 27.46 KiB | 11087-mal betrachtet ]

_________________
Made in Styria
Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Artukiden von Mardin
BeitragVerfasst: 3. Dez 2014, 17:24 
Offline
Wirklicher Hofrat

Registriert: 26. Mai 2009, 21:47
Beiträge: 1035
Bilder: 35
Ich habe das Teil mal bei ZENO eingestellt:

http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=147630

Mal sehen, ob und wie die Kollegen dort sich zum Prägejahr äußern.

Gruß klaupo


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Artukiden von Mardin
BeitragVerfasst: 3. Dez 2014, 18:49 
Offline
Doktor
Benutzeravatar

Registriert: 19. Dez 2013, 22:04
Beiträge: 182
:whow: Ich wollte Dich schon fragen, ob Du das bereits gemacht hast. Da bin ich ja gespannt wie ein Hunnenbogen. Dort sitzen nämlich die wahren Experten wie izmirler oder newcoins. Die sehen Jahreszahlangaben, wo ich nur noch NIX sehen würde.

_________________
Made in Styria


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Artukiden von Mardin
BeitragVerfasst: 8. Dez 2014, 22:44 
Offline
Doktor
Benutzeravatar

Registriert: 19. Dez 2013, 22:04
Beiträge: 182
Hallo Klaupo,

vielleicht war Deine Bitte um "Bestätigung" oder "Korrektur" bereits zu sehr eingegrenzt, um eine Antwort zu erhalten. Wie auch immer: "Keine Antwort ist auch eine Antwort".

Aber sieh Dir einmal dieses Stück an: https://www.numisbids.com/n.php?p=lot&sid=525&lot=1534
Elsen datiert es (korrekterweise) auf 618. 10 Jahre Zeitunterschied ist jetzt nicht so viel... Uns interessiert natürlich nur die "Acht", und zwar ohne Ligatur. Sogar das endständige "n" von "theman" ist vorhanden.

Damit wird 608 h um einiges wahrscheinlicher.

Gruß
AvP

_________________
Made in Styria


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Artukiden von Mardin
BeitragVerfasst: 14. Dez 2014, 17:59 
Offline
Wirklicher Hofrat

Registriert: 26. Mai 2009, 21:47
Beiträge: 1035
Bilder: 35
@AvP Die exakte Datierung des al-Jazira Dirhems muß leider wohl bis auf weiteres offen bleiben.

Als nach dem Tod des letzten Zengidenfürsten Nasir (631 AH / 1234 AD) der Wesir Badr al din Lulu die Macht in Mossul an sich riß und die kurzlebige Dynastie der Luluiden begründete, verschwand auch die Luna vorübergehend von den Münzen der Stadt. D.h. so ganz verschwand sie nicht, wie man auf dem Dirhem von @otakar erkennen kann, der in diesem Thread auf Seite 3 vorgestellt wurde und den ich - etwas verfremdet - in die Abb. links unten eingearbeitet habe. Die Überprägung ist recht deutlich zu erkennen.

Die Herrschaft der Luluiden endete bereits 660 AH / 1262 AD mit der Eroberung Mossuls durch die Mongolen, und nur wenig später kehrte die Luna nach Mossul zurück, als der Ilkhan Abaqa sie nach fast hundert Jahren seit ihrem ersten Auftritt noch ein letztes Mal prägen ließ. Sie ist in der Abb. rechts zu sehen.

Dateianhang:
585-673_Luna_Mossul_Ilkhan_n.jpg
585-673_Luna_Mossul_Ilkhan_n.jpg [ 109.96 KiB | 11018-mal betrachtet ]

Ilkhans, Abaqa 663-680 AH (1265-1282 AD), AE Fals, al-Mawsil 673 AH, Av. Gekrönte Figur sitzt frontal mit gekreuzten Beinen, in den erhobenen Händen die Mondsichel haltend. Rv. Legende (soweit lesbar) Qaan / al-A'zam / Abaqa Ilkhan / al-Mu'azzam..../ ' Azam.... 4,63 g, 25 mm. Ref.: Album 2131.2; SICA vol.9 #1499.

Da wir uns hier mit den Bild-Dirhems der Dschazira beschäftigen, ist m.E. auch diese Münze hier am richtigen Platz untergebracht.

Gruß klaupo


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Artukiden von Mardin
BeitragVerfasst: 4. Mär 2019, 20:38 
Offline
Wirklicher Hofrat

Registriert: 26. Mai 2009, 21:47
Beiträge: 1035
Bilder: 35
In diesem Thread wurden von den Allegorien des Mondes (Luna), der Planeten (Mars) und der Sternbilder (Gemini / Zwillinge) bereits einige Beispiele vorgestellt. Hier folgt nun die eigenartige Darstellung eines weiteren Sternbilds – des Sagittarius / Schützen.

Dateianhang:
599AH_Nasir_Archer_SS38-2_n.jpg
599AH_Nasir_Archer_SS38-2_n.jpg [ 114.77 KiB | 7994-mal betrachtet ]

Zitat:
NASIR AL-DIN ARTUQ ARSLAN BIN IL-GHAZI, AH 597-637 = 1201-1239 AD. Bronze-Dirhem (31 mm, 11,94 gr.), Mardin, unter Kalif Al-Nasir, AH 599 = 1202 / 1203 AD. Av. Kentaur n.r., Kopf mit Krone von vorne, mit dem Bogen auf einen Drachen mit weit aufgerissenem Rachen im Felde l. zielend. Legende: Bi-Mardin sanah tis' wa tis'in wa khamsa- mia. Rv. 5 Zeilen Schrift in Kreis. Al-Nasir li-din Allah Amir / al-mu'minin al-Malik / al-Adil Abu Bakr / Malik Diyarbakr Na / slan, l. Artuq ar-, r. Sir al-Din. S/S 38.2; Mitchiner WOI 1048; Poole 60b.

Dieser Dirhem des Nasir al-Din Artuq Arslan (der Name bedeutet "Verteidiger des Glaubens, Artuq der Löwe") ist der erste Dirham der Artuqiden von Mardin, der seit einem frühen Typ unter Timurtash aus dem Jahr 543 AH/1149 AD wieder die Münzstätte - Mardin – nennt. Das Revers nennt den Abbasiden-Kalifen al-Nasir und darunter den Namen des Oberbefehlshabers der Ayyubiden in Kairo, Al-' Adil Abu Bakr. Hinzugefügt ist der Name des Artuqiden-Fürsten mit dem Titel Malik (Herr von) Diyarbakr.

Die Revers-Legende steht vor folgendem Hintergrund: Al-' Adil Abu Bakr betrachtete die Kontrolle über Mardin als Schlüssel zu Diyarbakir und dem oberem Mesopotamien. Anfang des Jahres 599 H (1202 AD) hatte er eine Armee unter Führung seines Sohnes al-Ashraf Musa für den Angriff auf die Festung von Mardin in Marsch gesetzt. Al-Ashraf Musa blieb erfolglos, aber nach mehrmonatiger Belagerung erreichte man eine diplomatische Einigung, die Artuq Arslan verpflichtete, Al- ' Adil Abu Bakr als seinen Oberherrn anzuerkennen und ihm eine Entschädigung von 150.000 Golddinaren zu zahlen.

Das eigentlich spannende Motiv ist der Schütze – der Kentaur, dessen Schwanz zu einem Drachenkopf ausgeformt ist, auf dessen aufgerissenes Maul er zielt. „Der Drachen (arabisch: al-dschauzahar) symbolisiert die Nähe des Mondes zur Erdbahnebene oder Ekliptik, in der Verfinsterungen vorkommen können. Daher wird in der Astrologie diese Konstellation mit jeweils besonderen Ereignissen verbunden.“ (Stefan Heidemann, Die Dschazira – Land zwischen Euphrat und Tigris,, S. 19) Lt. Heinemann weiß man aber nichts über die Kontexte, die zur Verwendung der jeweiligen Allegorien führten. Anderen Quellen zufolge galt der Drachenkopf als Symbol für ein schweres Unglück, und der Schuß auf seinen Rachen konnte als Glücksomen gedeutet werden. Möglich ist aber auch eine Symbolik als Hinweis auf eine Sonnenfinsternis, die sich im Jahr 598 AH (1201 AD) ereignet hatte.

Die Nennung der Münzstätte allerdings war ein Hinweis für Al-' Adil Abu Bakr, dass Artuq Arslan Mardin weiterhin als seinen Besitz betrachtete, und verdeutlicht, zusammen mit dem Zielen auf den Kopf des Unglücks-Drachenkopfes möglicherweise Artuq Arslans wahre Gefühle für seinen Ayyubiden-Oberherrn.

Exkurs

Neben die Münze habe ich eine Arbeit mit vergleichbarem Motiv – den Sagittarius / Schützen – gestellt. Es handelt sich um eine Tafel aus der Bronzetür aus Plock , entstanden 1152-1154 in Magdeburg und heute in das Westportal der Sophienkathedrale im Nowgoroder Kreml eingefügt. Die Tafeln der Tür zeigen mehrheitlich Szenen aus dem Heilsgeschehen von der Erschaffung des Menschen bis zur Auferstehung Christi. Für die Einfügung des Sagittarius (ganz unten rechts) in diesen Zyklus habe ich keine Erklärung finden können! Die beiden Arbeiten (Tür und Münze) liegen zeitlich nur ca. 50 Jahre auseinander. Sie zeigen m.E., daß verschiedene Kulturen sich zeitgleich auf unterschiedliche Weise mit vergleichbaren Phänomenen befaßten.

Dateianhang:
599AH-1152AD_Sagittarius_Nowgorod_n.jpg
599AH-1152AD_Sagittarius_Nowgorod_n.jpg [ 97 KiB | 7994-mal betrachtet ]

Als weiteres - etwas jüngeres – Beispiel verweise ich auf den Sagittarius des indischen Ilahi-Zyklus , bei welchem die Datierung der Münzen u.a. anhand des Zodiac-Sternkreises vorgenommen wurden, ähnlich der Datierung nach Monaten des Jahres-Zyklus, wie sie auch in Europa gelegentlich zu finden sind.

Gruß klaupo


Nach oben
 Profil  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 76 Beiträge ]  Gehe zu Seite Vorherige  1 ... 4, 5, 6, 7, 8

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 17 Gäste


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
POWERED_BY
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de

Münzen Top 50