Wie Euch sicher bekannt ist, hat sich die Steiermark aus der oberen Karantanenmark (an Enns-Mürz-Mur) entwickelt. Karantanien war ja das erste Herzogtum auf dem Gebiet des heutigen Österreich und wurde später auf das Gebiet Kärntens und der angrenzenden südlichen Gebiete reduziert. Um das Jahr 1000 wurde Herzog Konrad, ein Salier, vom verfeindeten Sachsenkaiser Heinrich II. abgesetzt und das Herzogtum der begüterten Familie der Eppensteiner übergeben. Der Eppensteiner Herzog Adalbero legte sich jedoch mit Salier-Kaiser Konrad II. an und wurde von ihm abgesetzt. Die Eppensteiner verloren empfindlich an Land, kamen erst um 1090 wieder in Besitz der Herzogswürde und starben 1122 aus. Zur oberen Karantanenmark gehörten auch weite Teile Oberösterreichs bis über die Donau hinaus. Es war dies vor allem das alte slawische Siedlungsgebiet (vergl. Ortsnamen wie „Windischgarsten“ oder „Gaflenz“), das die Süd- und Nordslawen noch miteinander verband. Das Gebiet zwischen Donau und Alpen bzw. Enns und Hausruck wurde seit dem 10. Jahrhundert als „Traungau“ bezeichnet. Nach der Absetzung Adalberos übertrug Kaiser Konrad II. die Markgrafschaft über die obere Mark an Arnold aus dem alteingesessen bayerischen Geschlecht der Grafen von Wels Lambach. Dessen Sohn Gottfried errang 1042 bei Pitten (Pütten) einen Sieg über die Magyaren und konnte das Land um dieses Gebiet erweitern. Um 1050 kam es jedoch zu einer furchtbaren Tragödie. Die ganze Familie der Grafen von Wels Lambach wurde – vielleicht im Zusammenhang mit einer Fehde – ermordet. Einziger Überlebender war Adalbero, der Bischof von Würzburg, der seine Familienburg in Lambach in ein Kloster umwandelte und mit Benediktinermönchen aus Münster-Schwarzach besiedelte. Adalbereo spielte zusammen mit Markgraf Leopold II. und seinen Freunden Bischof Altmann von Passau und Bischof Gebhart von Salzburg eine wichtige Rolle im Investiturstreit zwischen Heinrich IV. und Papst Gregor VII. Ursprünglich ein treuer Vasall des Kaisers wandte er sich aufgrund des Kirchenbannes gegen den Kaiser und diverser gebrochener Versprechen zusammen mit seinen beiden Freunden der päpstlichen Partei zu. In seinen letzten Lebensjahren gründete er von Lambach aus auch das Kloster Melk. Ob die Otakare, ein Geschlecht aus der Gegend des Chiemsees, an dem oben erwähnten Mordanschlag beteiligt waren, ist nicht sicher. Auf alle Fälle erhielten sie nach dem plötzlichen Aussterben der Wels-Lambacher den Traungau und die Markgrafenwürde und nannten die Mark nun nach ihrer Hauptburg in Steyr an der Enns „Steiermark“. Bis zur Erhebung zum Herzogtum (1180) gehörte die Mark zum Herzogtum Bayern. Die Grafschaft Pitten fiel an die Formbacher, deren Stammsitz in der Nähe von Passau lag. Sie gründeten in Neunkirchen eine eigene Münzstätte, die zunächst von den Äbten des Stiftes Formbach (Werinto, Dietrich) und später von den Grafen (Ekbert II. / III.) betrieben wurde. Erst als die Formbacher 1158 ausstarben, kam das Gebiet wieder an die Steiermark. Otakar der III. betrieb die Münzstätte in Neunkirchen noch kurz, sein Sohn Otakar IV. verlegte sie nach Fischau. Die Otakare festigten ihre Stellung in der Mark indem sie lästige Konkurrenten wie die Aribonen ausschalteten, die Vogteigewalt über zahlreiche Klöster (Admont, Garsten, Gleink, Vorau, St. Lamprecht) und vor allem das Bergregal, das Recht, Bergbau nach Metall und Salz zu betreiben an sich zogen. Der Eppensteiner Besitze dessen Großteil sie nach deren Aussterben (1122) erhielten, machte sie zu den mächtigsten Grundherren. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass das „Hin- und Herschachern“ und Vererben von Gebieten, Rechten und Besitzungen oft verwandtschaftliche Gründe hatte. So war die Gattin von Otachar/Oci, dem Vater von Otakar I. eine Tochter des Lambacher Grafen Arnold II., Otakar I. selbst war mit Willibirg von Eppenstein verheiratet und Otakar II. mit Elisabeth, der Tochter Leopolds II. (Babenberger). Deren Tochter Willibirg heiratete Ekbert II. von Formbach, usw. Die verwandtschaftlichen Bande waren aber oftmals auch wieder nicht so eng, dass man sich nicht gelegentlich auch gegenseitig die Köpfe einschlug, z.B. in der Fehde zwischen Otakar II. und seinem Bruder Adalbero. Für die Numismatik ist natürlich die Münzstätte Enns von großer Bedeutung. Sie wurde um ca. 1145 von Otakar III. gegründet und bestand über 200 Jahre. Nach dem Aussterben der Otakare wurde auch noch unter den Babenbergern, unter Ottokar II. von Böhmen und unter den Habsburgern hier geprägt. Zu Beginn prägte man Halbbrakteaten, ähnlich dem Kremser Pfennig, unter den Babenbergern und unter den Habsburgern wurden Wiener Pfennige wie in den Münzstätten Wien und Wiener Neustadt hergestellt, bei denen teilweise die gleichen Stempelmotive verwendet wurden. Die Münzstätten kann man daher oft nur an den charakteristischen Unterstempeln, deren Abdruck leider wegen der langen Verwendungsdauer oft unkenntlich ist, unterscheiden. Am häufigsten finden wir den zurückblickenden Hirsch und den Panther. Enns hat natürlich auch von der Lösegeldaffäre um Richard Löwenherz profitiert. Hauptnutznießer war ja unser erster gemeinsamer Herzog Leopold V., der Enns, Wiener Neustadt und Wien stark ausbaute und die Münzstätten reichlich mit Silber versorgte. Aber das ist eine andere Geschichte.
_________________ Das Leben ist viel zu kurz um schlechten Wein zu trinken.
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