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BeitragVerfasst: 30. Aug 2009, 18:45 
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Wirklicher Hofrat

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Schweden ist bei uns ja eher bekannt durch Ikea und Viktoria als durch seine Münzen. Von Gustav II. Adolf hat man aber sicher auch schon gehört, weil er ja im 30-jährigen Krieg bei Lützen - also mitten in Deutschland - fiel und damit den frommen Kaiser Ferdinand II. von einer schweren Sorge befreite.

Ich möchte hier eine seiner Münzen vorstellen: ein imposantes Stück (40 mm). Im Avers zeigt es im bekrönten Wappen je zweimal die drei Kronen (Schwedens Landeswappen seit dem 14. Jahrhundert) und zweimal den Löwen der Folkunger (des ersten schwedischen Königshauses). Aufgelegt ist das Wappen des Hauses Vasa, die Ährengarbe (vasa heißt im Schwedischen 'Garbe'). Das Revers zeigt zwei gekreuzte Pfeile, darüber die Krone und im Feld den Wert 1 Ör. Das Stück ist ziemlich mitgenommen - eine Münze aus einem gnadenlosen Krieg halt - und ich finde, das kommt recht gut rüber. Sie ist aber auch etwas Besonderes - der erste Typ einer runden (!) schwedischen Kupfermünze. Auch das hatte natürlich seine Gründe:

Im Jahr 1624 wurde unter Gustav II. Adolf in Schweden neben dem Silber-Münzfuß ein wertgleicher Kupfer-Münzfuß durchgesetzt. Die Gründe dafür waren die üblichen: Silberknappheit, Krieg und Kriegsschulden auf der einen Seite, eine Kupferförderung, die damals 50 % der Weltproduktion ausmachte, auf der anderen. Im Kalmarkrieg (1611-1613) hatte Dänemark im Göta-Älv vor Göteborg die strategisch wichtige Festung Älvsborg erobert und für die Auslösung der Festung die ungeheure Summe von 1 Million Riksdaler durchgesetzt. Dieser Betrag war zwar in Raten, dafür aber in Silber (!) zu bezahlen, und daran fehlte es in Schweden. Mit der Einführung des Kupfer-Münzfusses versuchte man also Abhilfe zu schaffen, und in den drei Jahren bis 1627 wurde die ungeheure Menge von 45 Millionnen Münzen in diversen Nominalen hergestellt - als Klippen! Produziert wurden diese Klippen als Hammer- und als Walzenprägung. 1627 trat dann an die Stelle der Klippe die Rundmünze, nunmehr nur noch als Walzenprägung ausgeführt. Ein solches Stück haben wir hier vor uns.

Das Projekt hatte natürlich seine schwache Seite: das war der Kupferpreis, der an den Silberwert gekoppelt war, und die Bemühungen, den Kupferpreis hoch zu halten, gelangen nicht wie gewünscht. Er verfiel - schneller als erwartet, und bereits 1633, nur ein Jahr nachdem Gustaf II. Adolf gefallen war, hatte der gezeigte Typ nur noch den halben Wert - ½ Ör also. Dennoch gehört es in die Anfänge, die man in Schweden als die "Kupferzeit" bezeichnet und die bei stetigem Verfall bis ins 18. Jahrhundert andauerte.

Zu Gustaf II. Adolf und den Münzen, die mit ihm im Zusammenhang stehen, wäre noch das eine oder andere zu erzählen. Davon vielleicht später mehr.

Gruß klaupo


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BeitragVerfasst: 30. Aug 2009, 18:55 
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Wirklicher Hofrat
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Lieber klaupo,

ein toller Text und eine herrliche Münze. Vierzig mm, das muß gut in der Hand liegen. Die Gebrauchsspuren des Stückes lassen einen bei der Betrachtung fast in den 30-jährigen Krieg zurückfallen. Es ist ja nicht gerade mein spezielles Sammelgebiet, aber ein paar Münzen aus dieser Zeit aus Paderborn habe ich auch. Die habe ich mir aufgrund Deines Postings mal wieder angesehen. Das sind natürlich nicht so große Exemplare wie Deines und nur lokale Pfennig-Prägungen. Die Vorstellung Deines Kupferstückes ist für mich deshalb auch interessant, weil ich Kupfermünzen viel interessanter finde als alles aus Silber. Da sieht man den Zeitgeist einfach besser. Das ist irgendwie blöd ausgedrückt, aber besser kann ich es nicht. Herzlichen Dank für die Vorstellung!

Sieht man sich übernächstes Wochenende in Dormund? Ich hoffe doch sehr.

Bis denn
Dietmar

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Heute liegt in aller Ewigkeit vor morgen. Bringe den heutigen Tag zu Ende, dann kümmere Dich um den nächsten (afrikanisches Sprichwort) Bild


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BeitragVerfasst: 2. Sep 2009, 21:40 
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Wirklicher Hofrat

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Hier kommt nun die angedrohte Fortsetzung zu Gustaf II. Adolf. Leider kein Kupfer ... ;) Aber keine Sorge - eine weitere Fortsetzung wird es kaum geben. Bekanntlich fiel der "Löwe aus Mitternacht" in der Schlacht bei Lützen, die letztendlich keinen Sieger kannte. Golo Mann vertritt in seiner "Wallenstein"-Biographie die Ansicht, daß er zur rechten Zeit fiel, um der Nachwelt als "Lichtgestalt" im Gedächtnis zu bleiben, denn was nach dieser Schlacht kam, war nur noch "Schmutz und Dunkelheit", und er hätte es nicht verhindern können. Das schwedische Stück von 1932 (Abb. unten) wurde auf seinen 300. Todestag herausgegeben.

Wohl noch zu seinen Lebzeiten ließ dagegen die Stadt Erfurt einen Huldigungstaler auf den Jahrestag seines Sieges bei Breitenfeld 1631 gegen die katholische Liga unter dem bis dahin unbesiegten General Tilly prägen. Dieser Taler wird als Purim-Taler bezeichnet, weil dieses Wort in der Legende auftaucht. Warum aber grade Erfurt? Auch das ist recht einfach herauszufinden: Hier hatte der König sein Standquartier, bevor er nach Lützen aufbrach, hier ließ er seine Königin Maria Eleonora zurück, und hier erhielt sie die Nachricht von seinem Tod. Wichtiger für die Stadt aber war, daß er ihr vier Wochen vor seinem Tod alle mainzischen Rechte einschließlich derer in der Universität sowie die katholischen Kirchengüter übertrug. Gegen den Widerstand der Katholiken wurden am 7. September 1632 die Domtüren aufgebrochen und die Glocken geläutet, es ging etliches zu Bruch, und im katholischen Dom wurde der erste lutherische Gottesdienst gefeiert.

Soweit, so gut - das kann man zur Kenntnis nehmen und vielleicht "Aha!" sagen. Aber weil hier gern gerätselt wird, möchte ich mich mit folgenden Fragen verabschieden:

1. Die Daten auf beiden Münzen stimmen mit denen in unseren Geschichtsbüchern nicht überein. Wie erklärt sich das?

2. Wie kam der Purim-Taler zu seinem Namen? Vorsicht - das ist eine Fangfrage!

Und eine letzte Frage, die ich selbst nicht beantworten kann: Im Avers des Talers bei 6h ist ein Oval mit einem Emblem zu sehen, vermutlich des Münzmeisters. Was ist hier dargestellt, und wer verbirgt sich dahinter?

Gruß klaupo

P.S. Dortmund, lieber MG, habe ich mir fest vorgenommen - und ich hoffe, es klappt mit dem Treffen!


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BeitragVerfasst: 12. Dez 2010, 18:06 
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Wirklicher Hofrat

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Wenn man sich nicht spezialisiert, sondern mit Gelegenheitskäufen quer durch die Geldgeschichte sammelt, lassen sich nach einiger Zeit interessante Gruppen aufbauen. Ich habe Gustav II. Adolf mal wieder nach oben geholt und ihm einige seiner Zeitgenossen - Gegner und Bündnispartner bzw. Sympathisanten - an die Seite gestellt.

Sein Hauptkonkurrent um die Vorherrschaft im Norden war der König von Dänemark, Christian IV .
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Dänemark, Christian IV. 4 Skilling 1632, København, Gekröntes Hüftbild im Perlkranz r. CHRISTIANVS IIII D G DA / Wertangabe im Perlkranz (IIII / SKILI / NGDA / NSK) Fortsetzung der Averslegende NORV VAN GOTO REX 1632 (Hede 142, Schou 17-21, 14-17, Sieg 52)

Ein weiterer Konkurrent war Sigismund III (1587-1632), König von Polen, der als Titularkönig von Schweden Anspruch auf die schwedische Krone erhob.
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Zitat:
Polen / Stadt Danzig, Ort (1/4 Reichstaler) 1624 mit Titel Sigismunds III. (1587-1632), Gekrönte Büste r., im Feld Jahr 16, SIGIS III D : G : REX POL M : D : L R : PR / Wappen der Stadt Danzig mit Löwen als Schildhaltern, im Feld Fortsetzung des Prägejahrs 24 MONETA CIVIT GEDANENSIS. Gum. 1384, Dutkowski/Suchanek 167 II h; Kopicki 7505 (R).

Ein zögerlicher Bündnispartner war dagegen der Kurfürst von Brandenburg, Georg Wilhelm . Er war der Bruder der Gemahlin Gustavs II. Adolfs, Maria Eleonore, und damit Schwager der Schwedenkönigs.
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Zitat:
Brandenburg, Kurfürstentum - Georg Wilhelm, (geb.1595; gest. 1640 in Königsberg) -Sechser 1623 GEORG WILH : (VI) V G G M Z BRA + Brustbild mit Spitzenkragen r. / Rv. D H R R ERTZ C V CHVR I P Z G C Zepter in Kartusche, unten Prägejahr, oben Reichsapfel mit Wert 6 (Anm. Der Sechser von 1623 wird als „neue brandenburgische Münze“ bezeichnet).

Als weiteren Verbündeten des Schwedenkönigs möchte ich den Kurfürsten von Sachsen, Johann Georg (geb. 1585 in Dresden; gest. 8. Oktober 1656), vorstellen,
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Reichstaler 1629, Dresden. Gepanzertes Hüftbild r., mit geschultertem Schwert, Helm in der Hand IOHAN GEORG D : G: DVX SAX : IVL : CLIV : ET MONTI / Fünffach behelmtes Wappen im Blattdekor, Mmstr. H - I. S A ROM IMP ARCHIM ET ELECT 16 - 29; Dav. 7601; Schnee 845. Kl. Henkelspur.

Hauptgegner des Schwedenkönigs war natürlich der Kaiser der Römisch Deutschen Reiches, der hier im Café schon des öfteren vorgestellt wurde, Ferdinand II . (geb 1578 in Graz; gest. 1637 in Wien).
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Zitat:
Römisch Deutsches Reich - Ferdinand II., 3 Kreuzer 1630, Graz. Herinek 1090.

Die beiden Kontrahenten trafen zwar nie unmittelbar aufeinander, aber, wie auch die Münze zeigt, hat der Kaiser schwer unter seinem Gegner gelitten. Übrigens bin ich bei der Zuweisung zum Herinek nicht ganz sicher.

Den Hauptgegenspieler des „Löwen aus Mitternacht“ - Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein - kann ich leider nicht im Münzbild vorstellen. Ich kann aber versichern, sein Bartschnitt unterschied sich in nichts von dem der hier vorgestellten Herren.

Ich hoffe, der Bilderbogen hat euch Spaß gemacht.

Gruß klaupo


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BeitragVerfasst: 12. Dez 2010, 18:37 
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k&k Hoflieferant, Wirklicher Hofrat
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Hat er!

Vielen Dank für die Erweiterung meines Horizontes!

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Viele Grüße
helcaraxe
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Meine Galerie: Römische Provinzbronzen (ausbaufähig... ;-))


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BeitragVerfasst: 12. Dez 2010, 18:45 
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Hofrat
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Wohnort: Sachsen
Hallo,

so erschließen sich Teile der Geschichte, die in meiner Schulzeit zwar kurz angesprochen wurden, aber nie mit solchen Analogien versehen worden sind. Bisher waren es Fußnoten in meinen verschütteten Erinnerungen, jetzt sind es Gesichter mit einem realen Bezug.

vielen Dank dafür
René

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wer sein Geld mit Konsum verschwendet, weis die wahren Freuden eines Numismatikers nicht zu schätzen...


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BeitragVerfasst: 12. Dez 2010, 18:49 
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Professor
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Registriert: 22. Mai 2009, 21:19
Beiträge: 486
Wohnort: um 790 erstmals urkundlich als "dru" erwähnt
Hallo Klaupo,

Danke für den interessanten Beitrag!
Mit deiner Vermutung hast du recht, der Groschen von Ferdinand ist keine
Grazer Prägung, er stammt aus der Mzst. St. Veit, auch lesbar in der Umschrift
CARIN(thiae), Herinek 1127.

Grüsse Walker

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Ein Volk, das keine Vergangenheit haben will,
verdient auch keine Zukunft.
(Alexander von Humbold)


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BeitragVerfasst: 12. Dez 2010, 19:02 
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Beiträge: 6488
Bilder: 190
Liebe Klaupo!

Herzlichen Dank für den wunderbaren Beitrag.
Ergänzen möchte ich, dass zur Bekämpfung der Polen ein damals übermächtiges Kriegsschiff (die Vasa) gebaut wurde.
Leider reifte während des Baus die Erkenntnis, dass die Polen ein ähnlich großes Schiff bauen ließen, weswegen Gustav II Adlolf des zweite Deck ebenfalls mit Kanonen bestücken ließ.
Die Katastrophe nahm ihren Lauf: Bereits erste Test im Hafen ließen an der Stabilität des Schiffs zweifeln und während der Jungfernfahrt am 10. August 1628 - noch bevor die erste Seemeile absolviert - sank das Schiff mit der gesamten Besatzung.
Das Schiff ist fast vollständig erhalten geblieben und wurde in den 1950er-Jahren im Hafen von Stockholm gefunden, gehoben und ist in einem tollen Museum in Stockholm zu bewundern.

Klosterschüler

_________________
Was du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.


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