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Frankreich – Die Ceres von Oudiné (1848-1898)
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Autor:  klaupo [ 17. Mär 2015, 17:37 ]
Betreff des Beitrags:  Frankreich – Die Ceres von Oudiné (1848-1898)

Nach dem interessanten Beitrag von @villa66 im NF zu den 2 Centimes 1886 , Typ Ceres, der 3. Französischen Republik mit dem Schwerpunkt u.a. auf dem Jahrgang, in dem die Freiheitsstatue als Geschenk des französischen Volks nach New York gebracht wurde, möchte ich hier auf das Avers dieses Münztyps eingehen.

1848 war in Europa ein Jahr sozialer Unruhen. In Frankreich entstanden sie vor dem Hintergrund von Mißernten der Vorjahre, mit der Verarmung der Arbeiterschaft und der Bereicherung im Umfeld des Königs Louis Philippe I. als Folge. Der Ruf nach Reformen eskalierte in der Pariser Februar-Revolution. Der König dankte ab und ging ins Exil nach England. Eine der ersten Aktionen der neuen Regierung war die Neuordnung des Finanzwesens, insbesondere des Münzgelds. Nach einem kurzen Rückgriff auf Motive von Dupré aus der Ersten Republik reichten im Mai 1848 23 namhafte Medailleure im Rahmen eines Wettbewerbs mit der Motiv-Vorgabe 'Liberté / Marianne' ihre Entwürfe ein. Bei den Silber-Nominalen wählte die Jury den Entwurf von Eugène-Auguste Oudiné (1810-1887) – die Ceres, gestaltet nach der Vorlage einer siculo-punischen Münze mit dem Motiv der Demeter-Thanit, ähnlich wie hier das Stück von @Afrasi. Die Entscheidung der Jury stieß zwar auf Kritik, aber als Göttin des Ackerbaus, der Fruchtbarkeit und der Ehe, ebenso wie als Gesetzgeberin hatte diese Wahl vor dem Hintergrund der Ereignisse der damaligen jüngsten Vergangenheit sicherlich Symbolcharakter. Die Abb. zeigt den Wandel der Münzmotive vom Ende der Bourbonen über die traditionellen Motive von Dupré bis zur Ceres von Oudiné.

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Die Ceres-Serie der 2. Republik wurde nur in Silber ausgeprägt. Zur Ausprägung von Kupfer kam es nicht mehr, da Louis-Napoléon Bonaparte nach seiner Wahl zum Präsidenten (1848) und seinem Staatsstreich (1851) per Plebiszit die Wiederherstellung des Kaisertums durchführte (1852) und damit die 2. Republik beendete. Doch das ist eine andere (Münz-) Geschichte, die mit dem deutsch-französischen Krieg endete und 1870-71 in die 3. Republik mündete. Mit ihr kehrte auch die Ceres auf die Münzen zurück, wo sie bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts blieb – diesmal auch in Kupfer!

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Hier könnte nun die Geschichte der Ceres von Oudiné enden, aber dann fiel mir etwas Merkwürdiges auf – am anderen Ende der Welt fand sich eine Art 'Zwillingsschwester'.

Die Peseta aus Peru, die 1880 nur ein Jahr lang geprägt wurde, weist verblüffende Übereinstimmungen mit dem Münzbild der Oudiné-Ceres auf: z.B. Mund- und Kinnpartie, Haartracht und -schmuck. Ich vermutete eine Prägung in Frankreich, zumal Peru, das zwar nicht zur Lateinischen Münzunion gehörte, in dieser Zeit jedoch seine Münzen nach den Vorgaben der Münzunion prägte. Meine Annahme erwies sich als irrig, erlaubt aber einen Blick auf die Anfänge der Maschinenprägung in Peru.

Im Jahr 1858 beschloß die peruanische Regierung die Umstellung der Währung vom spanischen Peso auf den Sol. Dazu sollte eine neue Münze in Lima eröffnet werden. Die diplomatische Vertretung in London erhielt daher Weisung die erforderlichen Prägemaschinen zu beschaffen und einen Spezialisten zu verpflichten, der die Kunst der Münzprägung beherrschte. In Birmingham nahm man Kontakt zu dem jungen nachgeordneten Graveur (?) (apprentice engraver) Robert Britten auf und wurde sich einig. Zusammen mit seiner Frau Emma siedelte Britten nach Lima über und gestaltete dort 24 Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahr 1882 alle peruanischen Silbermünzen und Medaillen. Die Peseta-Ausgabe von 1880 ist jedoch meines Wissens die einzige Serie, die er auch signierte – in der Schleife unter dem Staatswappen erkennt man seine Signatur B.

Ich bin übrigens überzeugt, daß Robert Britten bei der Motivwahl dieser peruanischen Ceres-Serie eine geistige Anleihe bei Oudiné aufgenommen hat. Warum die Serie bereits nach einem Jahr wieder eingestellt wurde, ist mir nicht bekannt.

Gruß klaupo

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Autor:  ischbierra [ 17. Mär 2015, 18:37 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Frankreich – Die Ceres von Oudiné (1848-1898)

Lieber klaupo,
schöne Stücke zeigst Du da, und eine interessante Geschichte dazu.
Danke
Gruß ischbierra

Autor:  otakar [ 17. Mär 2015, 21:12 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Frankreich – Die Ceres von Oudiné (1848-1898)

Ein toll aufbereiteter Beitrag, lieber klaupo, herzlichen Dank.
Leider ist das nun gar nicht mein Sammelgbiet, aber ich werde meine Münzschachteln einmal nach französischen Prägungen durchsuchen, vielleicht finden sich da auch ein paar seltenere Ceres-Münzen.
LG
OTAKAR

Autor:  Chippi [ 17. Mär 2015, 21:28 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Frankreich – Die Ceres von Oudiné (1848-1898)

Jupp, besonders die Erhaltungen können sich sehen lassen. Mir fehlen noch einige Typen, aber auf Trödelmärkten findet man die nicht.

Gruß Chippi

Autor:  KarlAntonMartini [ 17. Mär 2015, 22:08 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Frankreich – Die Ceres von Oudiné (1848-1898)

Vielleicht hängt die Einstellung der Prägung mit der Besetzung Limas durch chilenische Truppen im Salpeterkrieg zusammen. Möglicherweise wurde nicht nur die Nationalbibliothek sondern auch die Münze zerstört? Britten verstarb 1882, er konnte also ggf. keine neuen Stempel mehr liefern. Der Sohn von Britten war übrigens bis 1936 Kapitän der Queen Mary. Grüße, KarlAntonMartini

Autor:  villa66 [ 18. Mär 2015, 04:34 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Frankreich – Die Ceres von Oudiné (1848-1898)

I read your post with interest, klaupo. Some really nice connections--many that were completely new to me--and good-looking coins too. Thanks!

(And thanks to your post I'm going to look at my Peruvian coins a little closer--some of us had been talking elsewhere about the word-dates on Peru's 1918-44 minors, and I had completely missed the similarity of those portraits to Ceres.)

;) v.

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