KarlAntonMartini hat geschrieben:
In der Beschreibung bleibt der Stern neben dem Adler unerwähnt. Bedeutet er "NATA" oder ist es doch eine Signatur?
Mit der o.a. Krönungsmedaille wollte ich eigentlich ein wenig auf die Herkunft von
Franz I. Stephan eingehen. Sein Vater Leopold hatte - dem Zeitgeschmack entsprechend - eine Medaillensuite über seine Vorfahren - die Herzöge von Lothringen - in Auftrag gegeben und dafür einen namhaften Medailleur verpflichten können, der bereits für vier Päpste gearbeitet hatte -
Ferdinand de Saint Urbain. (1658-1738).Saint Urbain hatte die Kunst des Stempelschneidens in Rom bei
Giovanni Hamerani erlernt und hatte es in Bologna bis zum Ehrenmitglied der Academia Clementina gebracht. Als ihm 1704 die Stelle des ersten Münzeisenschneiders und zugleich Baumeisters des Herzogtums Lothringen angeboten wurde, kehrte er mit seiner Familie nach Nancy zurück. Hier entstand die bereits erwähnte Lothringische Herzogssuite von insgesamt 36 Medaillen, an der vermutlich auch sein Sohn Claude-Augustin beteiligt war. Sinn dieser Medaillen-Suite war natürlich, mit Verweis auf die mythische Herkunft den legitimen Anspruch des Hauses Lothringen auf seine Stammlande zu dokumentieren. Nach der Thronbesteigung des Lothringers Franz I. Stephans, der u.a. ein besonderes Interesse für Münzen und Medaillen pflegte, wurden die Stempel der Serie für eine beträchtliche Summe vom Wiener Hof angekauft und von Claude-Augustin de Saint Urbain persönlich nach Wien verbracht. Sie befinden sich heute in der
Wiener Stempelsammlung (Wr.St.). Der jüngere Saint Urbain blieb in Wien und avancierte später zum Direktor der Wiener Münze. Die Leistungen seiner Familie hatten wesentlichen Anteil daran, daß 1767 in Wien eine Bossier- und Graveurschule gegründet wurde.
Die Medaillen mit einen Durchmesser von ca. 48 mm zeigen jeweils die Brustbilder von Herzog und Herzogin. Die frühen Portraits sind selbstverständlich fiktiv. Kleidung und Haartracht stimmen nicht immer mit der Epoche überein, in der die Personen lebten. Man kann hier annehmen, daß Saint Urbain durch seine Tätigkeit in Rom und Bologna mit den bekannten italienischen Renaissance-Medaillen vertraut war und sich an ihnen orientierte. Von den Stücken, die ich hier zeigen möchte, trifft das auf die Paare des 14. und 15. Jahrhunderts zu. Die beiden späteren Paare dagegen sind lebensnah gestaltet. Um die Bildfolge etwas aufzulockern habe ich jedem Paar eine zeitgenössische Münze beigefügt, von der man einen Bezug zu Lothringen annehmen darf.
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Lothringen - Herzogssuite. Bronzemedaille von Ferdinand de Saint Urbain. Friedrich III., geb. ca. 1240, Regierungszeit 1251-1303 / Margarethe von Navarra, geb. ca. 1240, Hochzeit 1255, gest. 1307. Wr.St. 3195 (Wiener Stempelsammlung), Slg. Wurzb. 2880, Forrer.V.p.310, 32, Mirnik.15Unten:
FRANCE ROYALE, Philippe IV le Bel (1285-1314), AR gros tournois à l'O long, 1290-1295, Différent: étoile en fin de légende au revers. Droit : + PHILIPPVS REX (L fleurdelisé) Croix pattée. Revers : TVRONVS CIVIS Châtel tournois. Ref.: Dupl., 214; Ci., 206; Laf., 218. 4,13g.Dateianhang:
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Oben:
Lothringen - Herzogssuite. Bronzemedaille von Ferdinand de Saint Urbain. Karl II., der Kühne, 1380-1431 / Margarethe von der Pfalz (Haus Wittelsbach) geb. 1376, gest. 26. August 1434. Wr.St.3200 (Wiener Stempelsammlung).Unten:
LORRAINE - METZ - THIERRY V BAYER OF BOPPARD (13.08.1365-18.01.1384). Gros au saint Étienne debout n.d. Av. ThEODC'* - EPS'* mETE'*. St. Stefan steht frontal, mitriert, die Rechte segnend erhoben, den Bischofsstab in der Linken. Rv. Innenkreis GRO-SVS - mE-TE’S' geteilt durch die Kreuzbalken, + BHDICTV'° SIT: nOmE'° DHI'° nRI''° IhV'° XPI'°. Bd.1641 (5 f.) - W.II/E/w/11.Dateianhang:
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Oben:
Lothringen - Herzogssuite. Bronzemedaille von Ferdinand de Saint Urbain. Anton v. Lothringen, genannt "der Gute", geb. 1489, Regierungszeit 1508-1544 Herzog von Lothringen und Bar und Titular-Herzog von Geldern / Renata von Bourbon und Montpensier, geb. 1494, verheiratet 1515, gest. 1539. Wr.St. 3209 (Wiener Stempelsammlung), Slg. Wurzb. 324 (Zinn), Forrer.V.p.310, 46.Unten:
Lorraine Demi Gros non daté. Av. + AnThOn+ D+ G+ CALABR+ LO, geteilter Schild mit den Wappen von Lothringen und Bar unter Herzogskrone. Rv. + mOnETA+ F-ACTA+ nAnC. Senkrecht gestelltes Schwert. Bd.- - S.14 pl. XIV, p. 116 var. - Flon.n° 91 p. 598 var.Anm. zur Abk. CALAB(R). Calabrien in Süditalien wurde mit den Lilien des Hauses Anjou-Neapel ebenso wie das Jerusalem-Kreuz von Lothringen als Anspruchswappen geführt.
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Oben:
Lothringen - Herzogssuite. Bronzemedaille von Ferdinand de Saint Urbain. Karl V., geb. 1643, 1670-1690 (le Duc sans Duché) / Eleonore von Österreich, geb. 1653 verheiratet 1678, gest. 1697. Karl V. war kaiserl. Feldherr in den Türkenkriegen und im pfälzischen Erbfolgekrieg. Ludwig XIV. bezeichnete ihn als größten, weisesten und großzügigsten Gegner. Eleonore, Tochter Kaiser Ferdinand III. und Schwester Leopolds I. war verwitwete Königin von Polen, wodurch die Verbindung Polen – Lothringen hergestellt war. Wr.St. 3217 (Wiener Stempelsammlung), Forrer 53.Unten:
France. 10 Sols aux quatre couronnes 1705 AA Metz. Av. LVD. XIV. D. G (Mm) - FR. ET. NA. REX. Drapierte Büste Louis XIV nach r., Mmz. Hermelin und Jahreszahl. Rv. DOMINE. SALVVM. FAC. REGEM. - AA. Drei Lilien zwei zu eins zwischen vier Kronen gestellt. Duplessy 1550, Gadoury 132, KM#348.1.Anm. Dieser Münztyp wurde zwischen 1702 und 1707 ausschließlich in Strasbourg und Metz in erheblichem Umfang geprägt (1705-1707 16 Millionen Stück). Die Münzen dienten zur Besoldung der Truppen, die in der Region stationiert waren. Da Karl V. als "Herzog Ohne Land" keine eigenen Münzen prägte, habe ich dieses Stück seines Gegners - eine Prägung aus dem besetzten Metz - zugefügt.
Das ist nun zwar etwas lang geraten, wer aber trotzdem die vollständige Medaillen-Suite der Herzöge von Lothringen (mit Kurzbiographien) kennenlernen möchte, kann dies
hier tun.
Mir hat diese Zusammenstellung zwar etwas Arbeit, aber auch viel Spaß gemacht, und ich hoffe, dem einen oder anderen von euch gefällt sie auch.
Gruß klaupo