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Kirchenstaat - Schaukasten https://numismatik-cafe.at/viewtopic.php?f=36&t=1115 |
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Autor: | Klosterschueler [ 29. Sep 2009, 21:43 ] | ||
Betreff des Beitrags: | Kirchenstaat - Schaukasten | ||
Liebe Freunde! Ich eröffne hier mal einen Thread zum Thema Kirchenstaat - vielleicht findet sich ja noch jemand, hier etwas einzustellen. 1/2 Baiocco, Benedikt XIV 1745 IV 27mm, 5,36g KM#144 Euer Klosterschüler
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Autor: | klaupo [ 4. Okt 2009, 15:44 ] | |||
Betreff des Beitrags: | Re: Kirchenstaat - Schaukasten | |||
Irgendwie wirkt der Schaukasten auf mich noch etwas leer. Dabei hatte doch grade der Kirchenstaat die nötigen Mittel, um die besten zeitgenössischen Stempelschneider zu beschäftigen - und das haben etliche Päpste auch getan. Weil nun das Thema Kirchenstaat neutral genug gefaßt ist, um auch Medaillen aufzunehmen, möchte ich hier eine solche vorstellen - eine Medaglia Annuale, d.h. eine Jahresmedaille, wie sie vom päpstlichen Stuhl seit mehreren hundert Jahren alljährlich verausgabt wurde. Immer stand dieser Medaillentyp unter einem besonderen Thema, seien es nun caritative, soziale oder politische Leistungen oder auch bauliche Maßnahmen. Zu den letzteren gehört das vorgestellte Stück. Da dieses Stück für meine Begriffe eine besonders schöne Tönung aufweist, die mit meinen Mitteln bei Tageslicht-Fotografie nicht zum Ausdruck kommt, habe ich zusätzlich eine Blitzaufnahme des Revers zugefügt. Hier die Daten: Leo XIII. 1878 - 1903 Medaille Annuale AN VII = 1884 (v. F. Bianchi) auf die Porticus Leoniana in Laterano. Brb. in Mozetta mit Stola und Calotta n. l., im Schulterabschnitt Signatur F. BIANCHI / Ansicht des neuen Bauwerks. Auf der Standlinie: V. VESPIGNANI ARCH Exergue: PORTICV PRODVCTA BASILICA - CVM BAPTISTERIO CONIVNCTO A. MDCCCLXXXIV, darunter Signatur F. BIANCHI F. Ag 43 mm, 35,9 g. Spink -, Bart. 884. Weber - erw. S, 193 "Auf die durch Hochziehen des Porticus erzielte Verbindung von Basilika und Baptisterium im Jahr 1884". Das Projekt wurde 1884 an Virginio und Francesco Vespigniani vergeben; 1885 konnte Leo XIII. die Porticus weihen. Gruß klaupo
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Autor: | klaupo [ 21. Nov 2009, 22:50 ] | ||
Betreff des Beitrags: | Re: Kirchenstaat - Schaukasten | ||
Pius IV., Giovanni de Medici, Mailand, (1559-1565) Giulio o.J., Rom. Münzmeister Girolamo Ceuli. Wappen, darüber gekreuzte Schlüssel und Tiara. PIVS - IIII - PONT - MAX Rv. Stehender Apostel Petrus. S - PETRVS - ALMA - ROMA - Munt. 33 ?. Berm. 1066 Die Herkunft des Wappens der Medici hat etliche Hypothesen gezeitigt. Es zeigt sechs Kugeln oder "Palle" (die Zahl kann variieren). In den Bereich der Sage gehört wohl, es handle sich um sieben Dellen im Schild des Ritters Averado (des legendären Stammvaters der Medici), der unter Karl dem Großen diente und im Kampf einen Riesen bezwang. Weniger spektakulär ist die Herleitung der "Palle" von Pillen oder Schröpfköpfen, die auf die Herkunft der Familie aus dem Ärzte- oder Apothekerstand verweisen (Medici), und wieder andere behaupten, es handle sich um Bezants, Goldmünzen aus Byzanz, was auf die Tätigkeit der Medici als Banker und Geldwechsler deuten könnte. Eine eindeutige Erklärung gibt es offenbar nicht. Gruß klaupo
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Autor: | klaupo [ 5. Jul 2010, 21:04 ] |
Betreff des Beitrags: | ANNO SANTO - Da Heilige Jahr |
Hier mal wieder nach längerer Pause ein weiterer Münztyp des Kirchenstaats, dessen Motiv über Jahrhunderte hinweg immer wieder aufgegriffen wurde: die Porta Sancta oder die Heilige Tür. Es handelt sich bei diesem Typ um Sonderprägungen in den verschiedensten Nominalen anläßlich eines sog. Heiligen Jahres / ANNO SANTO oder ANNO IUBILAEI, das seit 1500 im 25-Jahres-Turnus vom jeweils amtierenden Papst ausgerufen wird. Wer mehr über Geschichte und Zweck des Heiligen Jahres erfahren möchte, findet hier einige Informationen. Zum Ritual bei Beginn und Beendigung des ANNO SANTO gehörte die Öffnung bzw. Verschließung der Heiligen Pforten, deren Durchschreiten eine Vergebung der Sünden gewährleisten sollte. Die folgende Abb. zeigt eine solche geschlossene Heilige Pforte. Dateianhang: Zitat: Clemens X., (Emilio Altieri di Roma) 1670-1676 Giulio 1675, Rom. Mons. G. B. Costaguti. Auf das Heilige Jahr 1675. Wappen, darüber gekreuzte Schlüssel und Tiara. CLEMENS X - PONT MAX. Rv. Die Heilige Tür ist geschlossen. PAX DEI CVSTODIAT - CORDA VESTRA (Der Friede Gottes behüte eure Herzen). Munt 32 (?). CNI 24 (?). Berm 2020 (?). Die folgende Abb. zeigt im Ausschnitt einer Medaille "In Erwartung des Heiligen Jahres" aus dem Jahr 1549, die ich vielleicht an anderer Stelle vorstellen werde, den Pontifex mit schwerem Gerät bei der Öffnung der Heiligen Pforte. In diesem Fall hat er allerdings das Jubeljahr nicht mehr erlebt. Dateianhang: Die letzte Abb. schließlich zeigt die lichtdurchstrahlte offene Heilige Pforte. Die Erhaltung der Münze zeigt übrigens deutlich, daß dieser Münztyp für den Umlauf geprägt und auch verwendet wurde. Dateianhang: Zitat: Benedict XIII. (Pietro Francesco Orsini) 1724-1730 Mezzo baiocco, Gubbio. Auf das Heilige Jahr 1725. Wappen, darüber gekreuzte Schlüssel und Tiara. BENED - XIII P M Rv. Heilige Tür geöffnet, im Architraph 1725, ANN - IVB. Exergue EVGVBY. Munt. 49 Var., CNI 1. Berm. 2590 Bis zum nächsten Besuch im Kirchenstaat! Gruß klaupo |
Autor: | Klosterschueler [ 5. Jul 2010, 21:51 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Kirchenstaat - Schaukasten |
Lieber Klaupo! Danke für diesen wunderbaren Beitrag. Wie kümmerlich erscheinden da heutige Euromünzen oder - noch schlimmer - diverse Falsifikate und Specimen (mit Wertsteigerung ) Klosterschüler |
Autor: | payler [ 6. Jul 2010, 15:48 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Kirchenstaat - Schaukasten |
Danke für die wunderbaren Beiträge. Hier eine Ergänzung dazu: viewtopic.php?f=34&t=2530 |
Autor: | klaupo [ 19. Nov 2010, 21:29 ] | ||
Betreff des Beitrags: | Re: Kirchenstaat - Schaukasten | ||
PAUL III., Alessandro Farnese (1534-1549) Paul III. war, wie man bei Wiki und anderweitig nachlesen kann, eine recht schillernde Persönlichkeit - ein typischer Rennaissance-Papst kann man vielleicht sagen. Die Sensations-Presse der Gegenwart hätte ihre helle Freude an ihm gehabt, aber auch seinen Zeitgenossen bot er reichlich Gesprächsstoff. Nachdem ich oben im Zusammenhang mit dem ANNO SANTO bereits einen Ausschnitt gezeigt habe, möchte ich hier nun die vollständige Medaille vorstellen. Besonders be(tr)achtenswert erscheint mir die Stadtansicht von Rom. Dateianhang: Zitat: Bronze-Gussmedaille (spätere Prägung, ca. 1800?) AN XVI, 1549 Rom. Stempel von A. Cesati und G. F. Bonzagna. In Erwartung des Heiligen Jahres * PAVLVS · III · PONT · MAX · AN · XVI · Rv. Perspektivische Ansicht von Rom mit Stadtmauer, ALMA ·ROMA, gut zu erkennen die Aurelianische Mauer, das Kolosseum, das Pantheon, die Engelsburg und St. Peter. 40 mm. Börner 499, Peus 377 (2003), 2120. 1550. Spink 505. Maz. 49. Noch ein kurzes Wort zum Hintergrund des Bildes: Mit Farben ist das ja immer so eine Sache, aber für alte Bronzemedaillen nehme ich gern ein altes, ausgebleichtes Tablar - und wenn's paßt, montiere ich die Medaille hinein. Gruß klaupo Ps. ... und hier nochmal, weil's so schön ist, die Stadtansicht im Detail.
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Autor: | klaupo [ 21. Nov 2010, 12:34 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Kirchenstaat - Schaukasten |
Pius IX. 1846 - 1878 ... sehr schöne Erhaltung, der Mezzo Baiocco! Da wir nun mal bei Pius IX. (1846-1878) angekommen sind, möchte ich zu seinen Prägungen noch ein paar Bemerkungen anfügen. Das Pontifikat von Pius IX. (Giovanni Maria Graf von Mastai-Ferretti) war das längste nachweisbare der Kirchengeschichte. Im Hinblick auf seine Münzen teilt es sich in zwei Phasen: 1. Prägungen nach dem päpstlichen Münzsystem 1846-1848, 1849-1866 Dateianhang: Zitat: 5 Baiocchi 1847 B (Bologna, Si), 16 mm, Päpstliches Wappen, Titelumschrift PIVS IX PON MAX ... Rv. Wert und Jahreszahl im Lorbeerkranz. Schön / Cartier #69 Dateianhang: Zitat: 5 Baiocchi 1851 R (Rom, Cu), 38 mm, Päpstliches Wappen, Titelumschrift PIVS IX PON MAX ... Rv. Wert und Jahreszahl im Lorbeerkranz. Schön / Cartier #68 Interessant erscheint mir in diesem Zusammenhang die Ausprägung gleicher Nominale in verschiedenen Metallen (Silber bzw. Kupfer). Dies ist zwar auch in der Münzprägung anderer Staaten (z.B. Russland) bekannt. Zum Hintergrund für dieses Vorgehen fehlen mir jedoch die Informationen. In einer sehr alten Tradition steht auch während des Pontifikats von Pius IX. die kontinuierliche Ausgabe von Jahresmedaillen. Sie thematisieren jeweils ein besonderes aktuelles Ereignis des Jahres. Hier ein Beispiel: Dateianhang: Zitat: Medaille An. II = 1847 (v. G. Girometti) auf die Errichtung der Peter- und Paulstatuen an den Ecken der Treppe des Petersdoms. Brb. in Mozetta mit Stola und Calotta n. r. / BASIL. VATICANAE - DECUS ADDITUM - A. MDCCCXLVII Statuen von Petrus und Paulus auf Sockeln v. v. AG-43 mm, 33,2 g. Spink 2252, Bart. 847, Bart. (Pio) II,1, Weber 374 (Br). Diese Medaille habe ich gewählt, weil sie das gleiche Prägejahr zeigt wie oben der kleine silberne Baiocco - jedoch ein anderes Pontifikatsjahr! Kalenderjahr und Pontifikatsjahr waren halt nicht deckungsgleich. Für Hardcore-Jahrgangssammler stellt diese Differenzierung vermutlich eine echte Herausforderung dar. Die folgende Medaille habe ich eingefügt, um einem möglichen Mißverständnis vorzubeugen: der "Peterspfennig" ist nämlich - anders als das "Petermännchen" - keine Münzbezeichnung, sondern durfte durchaus auch in größeren Beträgen entrichtet werden, wie die Medaille zeigt. Dateianhang: Zitat: Medaille AN XVII = 1862 (v. C. Voigt) auf die Revitalisierung des „Peterspfennigs“ 1862. Brb. in Mozetta mit Stola und Calotta n.l. / PETRI INOPIAM CHRISTIANI STIPE SVSTENANT - ANTIQUA PIETAS RENOVATVR MDCCCLXII Nimb. Petrus thront n.l. und empfängt zwei Katholikinnen, die ihm Kassette und Geldteller bringen. Br-43 mm, Spink 2292 (?), Bart. 862 (?). Bart (Pio) XVII,1 (?). "Peters Not lindern die Christen mit Spenden - die alte Frömmigkeit ist erneuert 1862". Auf Grund des ungünstigen Krieges und der daraus resultierenden Gebietsverluste schritt die Verarmung des Kirchenstaates zügig fort, so daß Pius den Peterspfennig des Mittelalters revitalisierte, als freiwillige Spende der Katholiken an ihn. Diese Medaille fällt zeitlich bereits in die zweite Phase der Münzprägung unter Pius IX. 2. Prägungen nach dem italienischen Dezimalsystem, Münzstätte Rom 1855-1870 Die Stückelung dieser Emissionen setze ich als hinreichend bekannt voraus, und sie bedarf keiner weiteren Erläuterung. Als Beispiel mag die folgende Münze dienen: Dateianhang: Zitat: 2 Lire 1866 R (Rom, Si), 28 mm, Portrait nach l. im Perlkreis, PIVS IX PONT MAX ANN .XXI. Rs. Wert und Jahr im Lorbeerkranz, Umschrift STATO PONTIFICO. Schön / Cartier #87 Mit der Ausgabe dieser Serie endete 1870 die Münzprägung des Kirchenstaats und wurde erst nach knapp 60 Jahren durch die Lateranverträge im Jahr 1929 wieder aufgenommen. Gruß klaupo |
Autor: | otakar [ 21. Nov 2010, 23:37 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Kirchenstaat - Schaukasten |
Danke für die vielen schönen Beiträge. Da bekommt ja direkt Lust, eine neue Seite im Sammelbuch aufzuschlagen. Leider lassen die Blicke auf den Geldbeutel und in das finstere Gesicht meiner Frau solche Ambitionen schnell verblassen. Aber anschauen kostet nichts. Liebe Grüße! OTAKAR |
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