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BeitragVerfasst: 31. Mai 2010, 17:56 
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Doktor
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Wohnort: RAETIA
Hallo liebe Forumsgemeinde,

anbei meine Neuerwerbung, eine Münze mit interessantem historischen Kontext. Nachfolgend die Infos zur Münze, die ich einholen konnte. Es sollen noch weitere Theorien, insbesondere zum Zweck der Ausprägung in Umlauf sein, für Infos wäre ich dankbar.

Griechischer Gold Stater - Könige der Skythen, Koson

Vs: ΚΟΣΩΝ, Der Römische Konsul L. Junius Brutus, in Toga, n.l. gehend, begleitet von zwei Liktoren *, die ihre Fasces ** über der Schulter tragen.

Rs: Adler mit geöffneten Schwingen stehend nach links auf Zepter, hält Siegeskranz in den Klauen.

Prägezeit/-ort: geprägt ca. 50-25 v.Chr., Olbia

Erhaltung: vorzüglich

Durchmesser/Gewicht:18 mm/ 8,56 g.

Referenz: RPC I, 1701 B, Sear 1733, Bahrfeldt 69, 66a, SNG Cop. 123. Seltenere Variante ohne Monogramm.

Erläuterungen zur Münze/Münzstätte:

Diese interessante Goldmünze ist seit 1520 bekannt, als Erasmus von Rotterdam sie zu erklären versuchte.
Es fällt sofort auf, daß dieser Münztyp römische Denare der späten Republik nachahmt.

Die Vorderseite ist nach einem Denar gestaltet, den M. Iunius Brutus 54 v. Chr. zur Erinnerung an die Vertreibung der Tarquinier durch seinen Vorfahren L. Iunius Brutus prägen ließ (Crawford 433/1). Die Rückseite hat einen Denar des Q. Pomponius Rufus zum Vorbild, geprägt 73 v. Chr. (Crawford 398/1). Diese Nachahmung römisch-republikanischer Münzen geschah nicht zufällig. So hat man lange angenommen, daß Koson ein Verbündeter des Caesar-Mörders Brutus im Bürgerkrieg gegen Marc Anton und Octavian (Augustus) gewesen ist. Koson, der seinen Namenszug auf die Vorderseite unserer Münze prägen ließ, wurde lange als König der Thraker angesehen. Max von Bahrfeldt sprach von einem Dakerkönig Koson (in Berliner Münzblätter 1912). Koson wurde aber auch für die Scythen in Anspruch genommen. Die Verbindung zu den Dakern (dem heutigen Rumänien, genauer Siebenbürgen) hat O. Iliescu erarbeitet (in Quaderni Ticinesi 1990). Das auf einigen Stücken auf der Vorderseite zu findende Monogramm liest Iliescu unserer Meinung nach zutreffend als BA für BASILEUS (König), während andere es als BR für Brutus zu deuten versucht haben.

Zu welchem Zweck diese Münzen geprägt wurden, ist noch nicht abschließend geklärt. Es liegt der Verdacht nahe, Ko(ti)son ließ diese Goldstatere ausmünzen als finanziellen Beitrag zum Krieg von Brutus gegen die bulgarischen Besser, 43 v.Chr.

Das Nominal mit einem Durchschnittsgewicht von 8,24 g ist sicher kein römischer Aureus, sondern ein griechischer Goldstater. Die Münzstätte Olbia verbirgt sich wohl nicht in dem Monogramm, wie Head und andere glaubten, sondern sie ergibt sich aus dem Rückseitentyp, der nicht nur den Rufus-Denar zum Vorbild hat, sondern auch zu Olbia paßt.

Olbia (Schwarzes Meer)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Olbia, auch Histros, Istros, Istria, Skiluros ist eine antike Stadt. Ihre Reste liegen bei Parutino in der Oblast Mykolajiw, Ukraine. Olbia an der Mündung des Bug im antiken Dakien gilt als eine der ionischen Stadtgründungen am Schwarzen Meer. Die griechische Kolonie wurde von Milet aus 633 v. Chr. gegründet. Hier sollen Griechen, Skythen und Sarmaten zusammengelebt haben.

Herodot erwähnt eine Karawanenstraße, die von Olbia nach Innerasien geführt haben soll. Auf ihr dürften unter anderem auch Teile des Goldes der Skythen transportiert worden sein. Nach Herodot nannten sich die Skythen nördlich und westlich des Schwarzen Meeres Olbioniten.

72 v. Chr. wurde Olbia unter Marcus Terentius Varro Lucullus von den Römern wie auch andere Schwarzmeerstädten eingenommen (Eutr. 6,10,3).

Liktoren * (lat. lictores zu ligare, "binden") waren ursprünglich im Römischen Reich jene Diener, die den König als Leibwache schützen sollten, später Amtsdiener, die den höheren Staatsbeamten mit Imperium (Konsuln, Prätoren, kaiserliche Legaten und Diktatoren) bei öffentlichen Auftritten voranschritten oder sie auch – vergleichbar den heutigen Leibwächtern – umringten. Diese Schutzfunktion stellte sich bald, vor allem bei Feldzügen, als zu schwach heraus, weshalb die extraordinarii mit dem Schutz beauftragt wurden. Aus der Verschmelzung der beiden Truppen entstanden schließlich die Prätorianer. Als Zeichen der Macht des von ihnen begleiteten Amtsträgers und des Römischen Reichs insgesamt trugen sie über der linken Schulter ein Rutenbündel, die sogenannten fasces **. Außerhalb der Stadt Rom wurde in dem Rutenbündel halb verborgen, aber erkennbar ein Beil mitgeführt. Den Brauch, staatliche Macht auf diese Weise öffentlich zu demonstrieren, haben die Römer wahrscheinlich von den Etruskern übernommen. Jedenfalls gibt es bereits in etruskischen Gräbern entsprechende Darstellungen. Der Auftritt römischer Machthaber in Begleitung von Beil und Rutenbündel tragenden Liktoren wurde besonders in eroberten Gebieten gepflegt, um durch das Vorzeigen dieser allseits bekannten Machtsymbole (insignia imperii) Eindruck zu machen. Die Zahl der einem Würdenträger vorausgehenden Liktoren signalisierte seinen Rang: Konsuln beispielsweise wurden von zwölf, Prätoren von sechs (innerhalb Roms von zwei) Liktoren begleitet. Einem Dictator standen 24 Liktoren zu. Da auch die römischen Kaiser über das Imperium verfügten, standen ihnen, wie den frühen Königen und den Konsuln, zwölf Liktoren zu. Kaiser Domitian erhöhte ihre Zahl auf vierundzwanzig. Plebejische Magistrate hatten keinen derartigen Anspruch, jedoch dem Flamen Dialis (Priester des Iuppiter maximus) und den Vestalinnen ging ein Liktor voraus.
Für das Liktorenamt wurden meist Freie oder Freigelassene eingesetzt, jedoch keine Sklaven.
Im 20. Jahrhundert wurde das Rutenbündel mit Beil unter anderem zum Symbol des italienischen Faschismus, taucht aber auch im französischen Staatswappen, im Wappen des Schweizer Kantons St. Gallen und im Siegel des Senats der Vereinigten Staaten auf.

Mit numismatischen Grüßen
Thomas


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Viele Grüße
pontifex72
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BeitragVerfasst: 1. Jun 2010, 09:17 
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Wirklicher Hofrat
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Gratuliere herzlich zu diesem Prachtexemplar und vielen Dank für die umfangreiche Info in diesem wirklich schönen und interessanten Beitrag!

Salut
taurisker

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omnia praeclara rara sunt


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BeitragVerfasst: 1. Jun 2010, 09:45 
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Mitglied der geheimen Hofkammer
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Hallo Thomas!

Tip Top! :appaus:

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Das Leben ist viel zu kurz um schlechten Wein zu trinken.


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BeitragVerfasst: 1. Jun 2010, 16:44 
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Doktor
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Danke für Eure positiven Rückmeldungen.

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Viele Grüße
pontifex72


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BeitragVerfasst: 2. Jun 2010, 18:27 
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Lieber Thomas !

Bei solch Münzlein, kann man nur sagen: Chapeau :appaus:

Liebe Grüße
Gerhard

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-oderint dum metuant -


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BeitragVerfasst: 20. Nov 2014, 16:15 
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k&k Hoflieferant, Professor

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Hallo Thomas!

Ich habe eben erst Deinen interessanten Artikel gefunden. Du schreibst, daß Du für Infos dankbar wärst. Ich glaube, ich kann zu Deiner Münze etwas sagen. Ich habe es gerade im Deutschen Forum gepostet.

Neue Erkenntnisse zum Koson-Stater

Als Besitzer eines der enigmatischen Koson-Stateren verfolge ich neugierig alle neuen Forschungsergebnisse. Ich selbst habe schon mehrmals darüber berichtet:

20.9.04
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... son#p63092
25.9.04
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... son#p63359
15.4.09
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... on#p248395

2002 gab es die ersten Untersuchungen des Kosonstaters mit archaeometallurgischen Untersuchungen wie XRF, micro-PIXE und micro-SR-XRF. Ich habe darüber bereits am 21.9.04 berichtet (siehe http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... son#p63092). Nun gibt es weitere erhellende Ergebnisse. Diese Untersuchungen wurden durchgeführt im National Institute for Physics and Nuclear Engineering in Bukarest, im Institute for Synchrotron Radiation des Forschungszentrums Karlsruhe und in den Laboratori Nazionali di Legnaro (Padua).

Inzwischen weiß man, daß man bei den Kosonstateren unterscheiden muß zwischen solchen mit Monogramm (Gruppe 1) und solchen ohne Monogramm (Gruppe 2). Bei den Untersuchungen stellte sich nämlich heraus, daß die Kosonstateren der Gruppe 2 Zinn und Antimon enthalten, was bei denen der Gruppe 1 nicht der Fall ist. Das bedeutet, daß es sich um 2 unterschiedliche Goldquellen handelt. Die Münzen der Gruppe 2 bestehen aus dem Gold, daß man in Dakien und Rumänien in den Flüssen findet. Es ist identisch mit dem Gold der Armreifen aus Sarmizegetusa, der Hauptstadt des dakischen Königreiches. Das beweist, daß es antik ist, aber wohl nicht von den Römern stammt. Die Münzen der Gruppe 1 sind aus geläutertem (refined) Gold und enthalten kein Zinn oder Antimon, das beim Läutern aus der Legierung entweicht. Die Methode des Läuterns war in Rom üblich, aber die Daker beherrschten sie nicht. Es besteht die Vermutung, daß die Münzen der Gruppe 2 von den Dakern selbst geschlagen worden sind. Dafür spricht auch, daß ihre Oberfläche stets rauher ist, was zeigt, daß die Schrötlinge vor der Prägung nicht geglättet worden waren, und daß ihr Stil gröber ist. Bei den Münzen mit Monogramm ist die Herstellung die üblich römische mit geläutertem Gold und der Glättung vor dem Prägen und ihr Stil ist feiner. Es scheint also, daß die Daker mit den Münzen der Gruppe 2 die Münzen mit Monogramm nachgeahmt haben.

Auffallend ist natürlich das Fehlen des Monogramms bei den Münzen der Gruppe 2. Abgesehen von der etwas isoliert dastehenden Hypothese, daß das Monogramm OLB und damit die Münzstätte Olbia bedeutet soll, sind die beherrschenden Hypothesen:

(1) das Monogramm bedeutet BR und ist die Abkürzung für Brutus, den berühmten Cäsarmörder, und die Münzen wurden von Brutus geschlagen zur Bezahlung von dakischen Truppenteilen, die in der Schlacht von Philippi für ihn kämpfen sollten. Zu dieser Vorstellung passen auch gut die Abbildungen auf der Vs. und der Rs. der Münze, deren Aussage mit den republikanischen Ideen des Brutus übereinstimmt. Probleme gibt es noch mit der Bedeutung von KOSWN, was der Name eines Königs sein soll, den es aber nicht gab. Deshalb soll es ein Schreibfehler sein für einen König Cotison, der bereits von Sueton erwähnt wurde.

(2) Bei dem Monogramm soll es sich um BA handeln, was dann als Abkürzung für das griechische BASILEUS steht. KOSWN ist dann wieder der Name des nicht existierenden Königs Koson(os) oder des verschriebenden Cotison.

Nehmen wir einmal an, diese 2. Hypothese sei richtig und es sind Münzen mit der Legende BA(SILEUS) KOSWN(OS), eines dann wohl dakischen Königs. Warum sollten die Daker aber bei den von ihnen nachgemachten Stateren der Gruppe 2 das BA entfernen, das doch den Titel ihres Königs nennt, zumal sein Name im Abschnitt immer noch erscheint? Das ergibt keinen Sinn und spricht entschieden für die Hypothese (1).

Bedeutet das Monogramm nämlich tatsächlich BR und steht für Brutus, dann ist klar, daß die Daker nach der verlorenen Schlacht von Philippi und dem Tod des Brutus seinen Namen von der Münze tilgen mußten!

Die Erklärung des KOSWN als Name eines dakischen Königs ist eine Erfindung der Renaissance gewesen, mit der man diese Legende erklären wollte. Ein König KOSWN(OS) ist nicht bekannt, und die Erklärung mit der Fehlschreibung von Co(ti)son ist nicht richtig überzeugend. Nun gibt es eine andere Hypothese, die ich bei Calgary Coins gefunden habe. Mr. Kokotailo fiel die Ähnlichkeit von KOSWN mit dem lateinischen COS auf. Vielleicht sei KOSWN die griechische Transkription für COS mit einem Postfix für den Genetiv, hier des Plurals. Dann würde BR KOSWN soviel heißen "vom Consul Brutus". Den Genetiv Plural müßte man in kauf nehmen als Fehler eines Römers in einer militärischen "travelling mint". Es kommt darauf an, was die dakische Zielgruppe davon hielt. Und dazu meint Kyri Kyriacos, ein Wissenschaftler, der sich mit dakischen Inschriften beschäftigt: In der Zeit von 200 v.Chr. bis 200 n.Chr. gibt es viele Inschriften mit grammatischen Fehlern, gerade dann wenn lateinische Texte mit griechischen Buchstaben wiedergegeben wurden. So ist es gut möglich daß KOSWN Genetiv Plural oder Singular von COS bedeuten könnte.

Referenzen:
- Proceedings of the Romanian Academy, Series A, Volume 13, Number 1/2012, pp.19-26, http://www.acad.ro/sectii2002/proceedin ... inescu.pdf
- http://www.calgarycoin.com/reference/ar ... /koson.htm

Angehängt habe ich ein Bild eines Staters mit Monogramm und das Bild eines Staters ohne Monogramm (beide aus meiner Sammlung). Auch hier erkennt man die deutlichen Stilunterschiede. Die von Dir vorgestellte Münze gehört also zur Gruppe (2).

Mit freundlichem Gruß
Jochen


Dateianhänge:
Koson-Stater mit Monogramm.jpg
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Koson-Stater ohne Monogramm.jpg
Koson-Stater ohne Monogramm.jpg [ 57.44 KiB | 20768-mal betrachtet ]
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BeitragVerfasst: 20. Feb 2015, 11:11 
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Doktor
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Hallo Jochen,

vielen Dank für Deine ausführlichen und interessanten Ausführungen, die ich leider erst jetzt bemerkt habe.

Mit freundlichen Grüßen

_________________
Viele Grüße
pontifex72


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