Leonhard Tietz wurde am 3. März 1849 in Birnbaum an der Warthe, Provinz Posen (heute Polen) geboren. Er stammte aus einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie. Tietz eröffnete am 14. August 1879 ein kleines Textilgeschäft in Stralsund mit nicht viel mehr als der Idee, daß sich ausgezeichnete Qualität zu Fixpreisen und bei Barzahlung verkaufen lassen sollte. Er räumte als erster seinen Kunden ein Umtauschrecht ein. Er setzte einen lang gehegten Wunsch, ein Mehrabteilungs-Warenhaus nach französischem Vorbild aufzubauen ab 1885 erstmals in Deutschland um. Am 7. April 1891 gründete Leonhard Tietz in Köln den Kaufhof in der Schildergasse. Drei Tage nach der Eröffnung stürmten tausende Bürger die Filiale und alle Waren waren sofort ausverkauft. In dieser Filiale wurde die erste Rolltreppe Europas gebaut. Noch heute erinnert ein Denkmal über dem Haupteingang der Filiale an ihren Gründer: Ein Löwe für Leon (Leonhard Tietz), eine puttenähnliche Figur für Merkur, den Gott der Kaufleute und links und rechts zwei Engel als Beschützer. Daß sich Tietz als guter Kaufmann auch auf die Werbung verstand, zeigt die Werbemarke:
26 - Aluminium - 30,4 mm Durchmesser - 2,0 g - glatter Rand. Av. Hausfrau mit Spardose. Umschrift • KAUFE UND SPARE • BEI TIETZ Rv. Tietz / verbilligt / die Lebens- / haltung! Umschrift • KAUFE UND SPARE • BEI TIETZ
1905 wurde seine Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Nach dem ersten Weltkrieg war auch das Kaufhaus Tietz vom Kleingeldmangel betroffen. Tietz ließ eigene Notmünzen zu 1, 2, 5, und 10 Pfennig aus Zink sowie zu 1 und 2 Mark aus Eisen prägen. Hier als Beispiel das 10-Pfenig Stück:
3 - Zink - 23 mm Durchmesser - 2,9 g - glatter Rand Av. Wertziffer 10. Umschrift LEONHARD TIETZ A.G.-KÖLN • Rv. Tietz-Emblem: Großes T, darin senkrecht IETZ. Umschrift WERT - MARKE Kataloge: Menzel 1997.4, Hasselmann 507.4, Funck 483.4
Nach dem Tod von Leonhard Tietz am 14. November 1914 führte sein Sohn Alfred Leonhard das Geschäft weiter. Das Unternehmen wuchs durch Übernahmen und beschäftigte Anfang der 1930er Jahre etwa 15.000 Mitarbeiten an 43 Standorten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stand auch der Kaufhof-Konzern vor Trümmern: 35 der 40 Warenhäuser waren durch Bomben zerstört.
Hermann Tietz (* 29. April 1837 in Birnbaum, † 3. Mai 1907 in Berlin), Sohn von Leonhards Bruder Oscar, setzte die Idee des Warenhauses als einer der Ersten in Deutschland um und gründete die später als HERTIE (HERmann TIEtz) bekannte Warenhauskette. Hermann Tietz konzentrierte sich auf den Süden und Osten des Reiches, Leonhard Tietz („Kaufhof") machte seine Geschäfte im Westen und in Belgien auf.
Alle Unternehmen der Familie Tietz wurden im Dritten Reich von den Nationalsozialisten erst arisiert und später enteignet. Die jüdischen Besitzer flohen ins Ausland.
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Dateikommentar: #26 Werbemarke Tietz
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Dateikommentar: #3 Notmünze Tietz
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_________________ Wenn die Inflation das Geld verzehrt, wird in Telefonmünzen gespart.
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