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BeitragVerfasst: 1. Jul 2016, 18:13 
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Doktor

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Hallo liebe Markenspezialisten,

hier haben wir einen Bodenfund, bei dem wir bestimmungstechnisch nicht weiterkommen. Für jegliche Hilfe bin ich sehr dankbar, in Wahrheit weiss ich nicht mal wo ich suchen muss.

Material: Blei (Ein Wunder dass er trotzdem ganz geblieben ist über all die Zeit)

Durchmesser: 26 MM

Umschrift ist zwar vorhanden aber nicht erkennbar, das Problem ist die Reinigung des Stücks ohne das weiche Material mitzuzerstören.

Eine Seite zeigt einen doppelköpfigen Adler, die andere einen Jesuskopf mit Heiligenschein und Strahlen.

Die Biegung könnte ein Hinweis auf eine frühere Befestigung sein.

vielen Dank für eure Hilfe,

Kremser


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BeitragVerfasst: 1. Jul 2016, 18:17 
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Hm. Doppeladler ist klar. So ganz alt scheint das Stück nicht zu sein. Ob das ein Christuskopf sein soll? Grüße, KarlAntonMartini


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BeitragVerfasst: 1. Jul 2016, 18:25 
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Doktor

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Tja, das mit dem Christuskopf ist halt eine Vermutung, sieht jedenfalls nach irgendeiner Art Heiligenschein aus was sich da rund um den Kopf abspielt. Man könnte das direkt über dem Scheitel auch als Krönlein deuten.

Seltsames Stück jedenfalls, ein Freund hat es gefunden und weiss nicht weiter.

Kannst Du Deine Einschätzung "Nicht ganz alt" ungefähr eingrenzen lieber Karl Anton Martini?


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BeitragVerfasst: 1. Jul 2016, 18:36 
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Doktor

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Nachsatz: Der Doppelköpfige Adler ist seit 1. April 1463 von Friedrich III. verliehenes Siegel und Wappen der Stadt Krems.


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BeitragVerfasst: 1. Jul 2016, 23:12 
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Auf der Adlerseite entziffere ich bei sieben Uhr ein W. Auf der Kopfseite scheint an gleicher Stelle eine 1 zu stehen. Vielleicht läßt sich die Schrift mit einem Bleistiftabrieb erkennen. Die Schrifttype scheint mir eben 18./19. Jahrhundert zu sein. Aber das ist auch nur eine Vermutung. Grüße, KarlAntonMartini


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BeitragVerfasst: 2. Jul 2016, 10:08 
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Kandidat
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Hallo, ein sehr spannendes Stück !!!

Also: Bei Bodenfunden ist BITTE erst mal der exakte Fundort extrem wichtig für alle weiteren Interpretationen, d.h. der Ortsname, die Fundumstände, Ackerfläche außerhalb eines Ortes oder innerörtlich, oder an oder bei einer Kirche oder einem Kloster (da spricht der Archäologe in mir!!!)

Wichtig: das Stück ist gegossen und nicht geprägt! Ist für die Datierung wichtig zu wissen.

DANN: Leider wissen die wenigsten (auch Fachrestauratoren) wie man Bleiobjekte schonend reinigt. Die Inschrift ist doch perfekt erhalten, man muss sie nur vorsichtig freilegen. Ich habe dazu ein extrem schonendes Verfahren mit einer speziellen Messingbürste, das Stück wird dabei vom Bleioxyd befreit, das Blei selbst wird nicht angegriffen. Ich wolle dazu immer mal ein Video machen und ins Netz stellen, sollte ich irgendwann mal machen. Also eine schonende Reinigung wäre möglich, dann könnte man die Inschrift problemlos lesen (s.u.).

Ganz wichtig: gibt es einen Hinweis auf eine entfernte Öse im oberen Bereich? Denn es kann auch um eine Medaille (d.h. Wallfahrtsmedaille) handeln oder eben um eine Marken, da kommen mit dem Christuskopf u.a. Abendmahlsmarken in Betracht. Die geringe Größe ist dabei egal, sowohl Marke oder Medaillen können in diesem Fall zutreffen. Gegossene Bleimarken sind typisch für das 15. bis 19. Jh., vor allem aber im 16./17. Jh., gegossene religiöse oder Wallfahrtsmedaillen gibt es nur bis um 1800, dann aber aus Bronze, aber aus Blei ist das eher ungewöhnlich. Ich tippe daher eher auf Marke. Auf einer religiösen Medaill hätte der Reichsadler nichts zu suchen.

Zum Christuskopf: Das ist die spiegelbildliche und sehr sehr schlechte Wiederhabe des „waren Antlitz Christi“ nach dem Kupferstich von Hans Burgkmair dem Älteren von 1512. Daher KÖNNTE die Umschrift Teile (!) des Folgenden lateinischen Textes enthalten: TVES CHRISTVS FILIVS DIE VIVI QVI INHVNC MVNDVM VENITI IHS XPS SALUA TOR MUNDI. DemnachMUSS das Stück nach 1512 sein!

UND: In der Slg. Werner Jaggi (Auktion Gorny & Mosch 226, 2014, Nr. 3323) gibt es eine Silbermedaille in der ebenfalls dieser Christuskopf erscheint, dieses mal NICHT spiegelbildlich zu dem Holzschnitt, aber spiegelbildlich zu dem auf diesem Stück., mit der Umschrift DEUTSCHEN Inschrift: IHESVS CHRISTVS WARER GOT VND MENSCH. Dieses Stück ist datier 1551 !!!

Die Umschrift auf der RS mit dem Reichsadler müsste man daher noch etwas freilegen, der Doppelkopfadler spricht für etwas offizielles, Herstellung auf jeden Fall innerhalb des damaligen Römisch-Deutschen Reiches nördlich der Alpen, also kein Import aus Rom, wo ja ein Zentrum für die Herstellung gegossener Wallfahrtsmedaillen bestand. Ob es sich um ein Stadtwappen oder um den Reichsadler handelt könnte man ggf. über die Umschrift bestimmen.

Ich denke das Stück stammte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts oder dem frühen 17. Jh.. Zur Funktion ist zur Zeit kaum etwas Konkretes zu sagen.

Viele Grüße Wertmarkenforum

_________________
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BeitragVerfasst: 2. Jul 2016, 15:44 
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Doktor

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Liebes Wertmarkenforum,

vielen vielen Dank für diese unglaublich detaillierten Informationen!

Der Fundort liegt übrigens im Stadtgebiet von Krems an der Donau, Weinberg wenige Gehminuten ausserhalb der ehemaligen Stadtmauer. Verbindungen zu Klöstern gibt es dutzendfach, da in Krems viele Klöster aus dem Salzburger und dem bayrischen Raum Lesehöfe unterhielten um Wein zu produzieren. Im Stadtgebiet selbst gab es ebenfalls verschiedene Klöster.

Was die Reinigung mit der Messingbürste betrifft, so wären wir natürlich sehr dankbar wenn Du die angesprochene Technik näher erläutern könntest, da wir uns wie gesagt über die Restauration noch nicht drübergetraut haben um nichts zu zerstören.

Gestern haben wir das Stück unter dem Mikroskop untersucht, allerdings haben wir bis auf die sichtbare Deformation keine Hinweise auf eine Öse entdeckt.

Grüße,
Kremser


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BeitragVerfasst: 2. Jul 2016, 18:44 
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Das wird ja spannend! Ich habe mal den Holzschnitt, den wertmarkenforum zitiert, herausgesucht: http://www.zeno.org/Kunstwerke/B/Burgkm ... A+Christus
Grüße, KarlAntonMartini


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BeitragVerfasst: 2. Jul 2016, 19:16 
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Doktor

Registriert: 7. Nov 2014, 17:57
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Superspannend!

Ich denke eher dass diese Version des Bildes gemeint ist lieber Karl Anton Martini:

http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/HL10413a.jpg


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BeitragVerfasst: 2. Jul 2016, 23:15 
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Registriert: 25. Mai 2009, 15:22
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Kremser hat geschrieben:
Superspannend!

Ich denke eher dass diese Version des Bildes gemeint ist lieber Karl Anton Martini:

http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/HL10413a.jpg


Kann sein, die Nase auf dem Bleistück sieht derber aus. - Als wahres Bild Christ galt immer das Volto Santo, das zuletzt auch 1475 von Memling zum Vorbild eines Gemäldes genommen wurde. Das zeigt Christus en face. Offenbar hat Burgkmair daraus eine Seitenansicht gemacht. Burgkmair könnte das Volto Santo noch in Rom gesehen haben, es ist 1508 dort verschwunden und tauchte viel später erst in Manoppello wieder auf. Grüße, KarlAntonMartini


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