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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 7. Sep 2011, 13:11 
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Mitglied der geheimen Hofkammer
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Nun heißt der Thread ja Glücks-Token und mittlerweile ist er zum allgemeinen Conder-Token Thread mutiert. Das ist ja nicht schlimm, gleichwohl möchte ich eine andere Interpretation eines "Glücks-Tokens" vorstellen, bei dem es sich nicht einmal um einen Token - obwohl es so darauf steht-, sondern um eine Medaille handelt.

Nachdem die Token der Zeit von 1786 bis 1797 von einer größeren Anzahl von Zeitgenossen gesammelt wurden, entstanden bald Listen und Kataloge, die auch gedruckt wurden. Der bekannteste dieser frühen Kataloge ist der von James Conder, der selbst Token in Auftrag gegeben hatte. Nach ihm ist diese Gattung von Token auch als Conder-Token benannt. Hundert Jahre später machten sich zwei große Sammler ans Werk, den ultimativen Token-Katalog zu schaffen, es entstand dann der Dalton&Hamer Katalog, der in Fortsetzungen ab 1910 erschien. Bemerkenswert war vor allem die große Zahl der Abbildungen. (Bei Struktur, Systematik und der Abgrenzung von Token zu anderen Objekten sind freilich viele Wünsche offen geblieben, gleichwohl ist dieser Katalog, der zuletzt 1996 von Allan Davisson mit zwei Nachträgen nachgedruckt wurde, bis heute das maßgebliche Zitierwerk.)

Einer der beiden Autoren war Samuel Henry Hamer (1860-1930) aus Halifax. Er war Ingenieur und baute eine Fabrik für die Herstellung gedrehter Metallteile auf, die später als großer Produzent von Granathülsen reüssierte. Hamer war Kongregationalist und eifriger Sammler von Token. Am 21.6.1886 hatte er seine Frau Vina Jowett geheiratet. Die Ehe ging gut, 1911 feierten beide die Silberne Hochzeit. Aus diesem Anlaß gab es die hier vorgestellte Medaille. Sie ist aus Aluminium, 35 mm. Offenbar gibt es auch Abschläge in Silber. Sie hat eine erhabene Randinschrift: WHOM GOD HATH JOINED LET NONE SEPERATE. Der Designer (also sehr phantasievoll ist es ja nicht) ist unbekannt. Technisch dagegen ist die Medaille mit dem breiten matten Rand, der polierten Innenfläche und der erhabenen Randschrift ein ziemlich anspruchsvolles Produkt. - Der Text auf der Rückseite: FANCY SOFTLY... stammt aus einem damals populären Lied "Silver Bells of Memory".
Grüße, KarlAntonMartini


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 2. Okt 2011, 11:23 
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Wirklicher Hofrat

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Der Token, den ich hier vorstellen möchte, ist zwar auch nicht unbedingt als 'Glückstoken' zu bezeichnen, er gehört aber sicher zu den bekannteren Typen und wird angeblich von amerikanischen Sammlern besonders geschätzt. Der Hintergrund für das Avers-Motiv dürfte weitgehend bekannt sein. Kurz gesagt: Der Ritt der Lady Godiva war eine Maßnahme zur Steuersenkung, die heutzutage in Vergessenheit geraten ist. Etwas ausführlicher kann man das hier nachlesen.
Dateianhang:
1793_Coventry_Godiva-n.jpg
1793_Coventry_Godiva-n.jpg [ 99.68 KiB | 11823-mal betrachtet ]

Zitat:
Warwickshire, Coventry, Condor Token, Lady Godiva, Half Penny 1793 D&H 242 (?) Obv. Lady Godiva riding naked through the city of Coventry PRO BONO PUBLICO 1793; Rev. Arms of Coventry Elephant, carrying castle on his back COVENTRY HALFPENNY. Edge: PAYABLE AT NUNEATON HYNKLEY OR BEDWORTH

Der abgebildete Token ist übrigens vermutlich eine zeitgenössische Fälschung. Originale wurden mit dem Jahr 1792 bei der Prägeanstalt Lutwyche in Birmingham im Auftrag der Firma Reynolds & Company geprägt. Lutwyche stand in dem Ruf, Fälschungen in erheblichen Mengen zu produzieren, und Fälschungen, datiert mit dem Jahr 1793, sind bekannt. Bei dem abgebildeten Stück habe ich eine gleichlautende Randschrift nicht gefunden, und die Standfläche des Elefanten ist völlig anders gestaltet als bei Vergleichsstücken, die ich gefunden habe.

Die D&H Referenz habe ich daher mit einem dicken Fragezeichen versehen.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 2. Okt 2011, 15:28 
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Jedenfalls ein sehr hübscher und gut erhaltener Token. Witzig sind die Hinterbeine, eher löwenartig. Zur Referenz melde ich mich noch mal. Grüße, KarlAntonMartini


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 4. Okt 2011, 11:23 
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Die D&H Nummer ist tatsächlich falsch, richtig ist 245. Das ist eindeutig, denn nur Nr. 245 hat unter dem Elefanten einen Baum. Diese Nr. ist als R eingestuft. - Die Randschrift PAYABLE AT NUNEATON //// HINKLEY /// OR /// BEDWORTH wurde nur von Lutwyche verwendet. Der Begriff Fälschung scheint mir nicht zu passen, zumal auch die Gewichte der 1793er Reihe nicht deutlich unter zehn Gramm liegen. Die Einschätzung "zeitgenössische Fälschung" und die falsche Nr. stammen offenbar von der hp der Fa. WNC Coins.

Reynolds hatte 5 tons in Auftrag gegeben, das war mit einem Stempelpaar nicht zu schaffen, mit der Jahreszahl 1792 existieren nach D&H vier Stempelpaare, Bell zählt 7. Wenn ich das Gewicht meiner Nr. 231 mit 11,8 g zugrundelege, wären das gut 430.000 Stück gewesen. (WNC sagt 515.000) Diese Stückzahl erfordert deutlich mehr Stempel, dh es spricht viel dafür, daß auch die Token von 1793 zu den 5 tons des Reynolds-Auftrags gehören müssen. Die Randschrift bezieht sich auf die Orte Nuneaton, Bedworth und Hinckley, alles Städtchen nördlich von Coventry. Auch die Nrn. 248 und 251 von 1794 und 1795, die statt des Elefanten das Coventry Cross zeigen, haben die REYNOLDs Randschrift.

Das Design des Tokens und die Stempel stammen von William Mainwaring.

Grüße, KarlAntonMartini


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 4. Okt 2011, 16:57 
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Wirklicher Hofrat

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Besten Dank für die Referenz und die ausführliche Erläuterung. Da ist mir ja anscheinend - unwissentlich - etwas Besonderes untergekommen. Das Gewicht kann ich nachreichen - 9,64 g (also "...nicht deutlich unter zehn Gramm ...", wie du schreibst). Quelle für meine Informationen war tatsächlich die HP, die du angesprochen hast. Ich hole meine Infos zu den Token - so gut es geht - aus dem Netz und fasse sie in einer Datei zusammen. Allerdings fehlt mir die Möglichkeit, sie kritisch zu hinterfragen.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 30. Okt 2011, 19:06 
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Wirklicher Hofrat

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Der Elefant von Coventry ist für mich der Aufhänger, den hier abgebildeten Token vorzustellen: Die Helmzier auf dem Wappen zeigt nämlich ebenfalls einen Elefantenkopf. Was im Wappen dargestellt ist, habe ich leider nicht enträtseln können. Die beiden Objekte unter dem Wappen würde ich für Messer halten. Die Umschrift scheint eindeutig: PAYABLE IN SHEFFIELD.

Der Herr im Avers macht zwar einen recht pfiffigen Eindruck, ist für mich aber keiner historischen Persönlichkeit zuzuordnen. Die Umschrift verweist auf Yorkshire: YORKSHIRE HALFPENNY und nennt als Prägejahr 1793. Der Rand ist "engrailed", also nicht beschriftet.

Das gesamte Schriftbild macht auf mich einen sehr unbeholfenen Eindruck.

Ich habe trotz intensiver Suche diesen Typ bislang nicht zu Gesicht bekommen.

Gruß klaupo


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1793_York_Sheffield-b-1.jpg
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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 30. Okt 2011, 23:38 
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Das ist D&H Yorkshire Nr. 56. Mein Exemplar ist auf den ersten Blick von gleichen Stempeln, allerdings ist die Schraffur auf dem Wappen vollständig, d.h. der Stempel war noch frischer. Aber der Schrötling ist kleiner, die Umschrift paßt nur teilweise drauf. Ich habe zu dem Stück noch nicht weiter recherchiert. - Aber es sieht wirklich nach einem sehr laienhaften Hersteller aus, der Ausgeber wollte auch anonym bleiben...


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 31. Okt 2011, 16:30 
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Wirklicher Hofrat

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Besten Dank für die prompte Zuweisung. Die metrischen Daten reiche ich gern nach: 11,00 g, 28,5 mm.

Ich fürchte nur, dies war noch nicht die letzte "schmerzliche (Wissens-)Lücke", die in meiner Sammlung zu schließen ist.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 31. Okt 2011, 20:02 
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Blick in den D&H bringt nichts Neues, nur, daß es drei verschiedene Ränder gibt: Muster, schräg gerändelt und ohne alles. Die folgenden Nummern 57 und 58 scheinen vom gleichen Hersteller zu sein, aber D&H sagt dazu nichts Näheres. Ich habe nur vage Hinweise, daß Hands selbst der Hersteller aller Stücke war, die von D&H unter Sheffield katalogisiert sind. Er soll auch Mitglied der Sheffield Constitutional Society gewesen sein, möglicherweise stellt der Token sein Porträt da. (Quäkerhut?) Grüße, KarlAntonMartini


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 Betreff des Beitrags: Re: Glücks-Token
BeitragVerfasst: 3. Nov 2011, 17:36 
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Inzwischen konnte ich etwas weiter recherchieren. Das Wappen auf dem Token ist dasjenige von Joseph Gales sr., vermutlich auch das Porträt. Und damit ist dieser Token Bestandteil einer hochinteressanten Geschichte: http://en.wikipedia.org/wiki/Joseph_Gales,_Sr.
(D&H waren wohl zu konservativ, den Herausgeber dieses Tokens näher zu beschreiben).
Gales verwandte sein Wappen auch auf seinen verlegerischen Produkten:
Dateianhang:
Gales.jpg
Gales.jpg [ 36.38 KiB | 11656-mal betrachtet ]


Gales mußte wegen politischer Verfolgung über Altona in die USA fliehen, dort betätigte er sich wieder ganz erfolgreich im Zeitungsgeschäft. Sein Sohn brachte es dann zum offiziellen Drucker des Kongresses und wurde Bürgermeister von Washington. (Mit dieser Geschichte im Auktionskatalog klettern die Preise, na, wir sind ja versorgt.)

Der Token ist also als politische Werbemarke zu klassifizieren. (Die von Gales geleitete Sheffield Constitutional Society war eine kleine, radikale Schwester der London Corresponding Society). Grüße, KarlAntonMartini


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