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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 27. Apr 2012, 22:39 
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Wirklicher Hofrat

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Als kurzen Abstecher von den Rechenpfennigen möchte ich hier auf einen Bereich aufmerksam machen, der ebenfalls mit Berechnungen im Münzwesen zu tun hatte - Münzgewichte. Vor einigen Jahren hatte ich im NF mal eine ganze Serie vorgestellt, für deren Bestimmung ich von @Denar und besonders vom niederländischen Experten @Roelof wertvolle Hilfe erhielt. Der gesamte Posten, den ich erwarb, umfaßte 21 Stücke, die über einen Zeitraum von vier Jahren im Verlauf einer alten Handelsstraße im niederländisch-deutschen Grenzgebiet an verschiedenen Orten gefunden wurden. Fundorte und -zeiten sind dokumentiert. An Typen war der westeuropäische Raum von Portugal bis zu den nördlichen Niederlanden vertreten. Ich beschränke mich hier auf einen Typ, der in der Sammlung mit drei Gewichten vertreten war und durch diese Häufigkeit den Schluß erlaubt, daß der zugehörige Münztyp eine gängige Handelsmünze war. Es handelt sich um den sog. Rosen-Noble.
Dateianhang:
1583-1680_Rose_Noble_Muntgewichtje_n.jpg
1583-1680_Rose_Noble_Muntgewichtje_n.jpg [ 118.06 KiB | 19870-mal betrachtet ]

Das Bild zeigt folgende Gewichte (Kantenlänge ca. 15 x 15 mm):

- Links: 1/2 Rosen-Noble (3,39 g), kenntlich an dem R links über dem Schiff. Hier ist der Hersteller des Gewichts zu ermitteln: I - D über einem Drill für Jacob Drielenburg aus Amsterdam, nachweisbar von 1648-1674. Der Drill ist eine Art redender Name. Dieses Stück hatte ich bereits im NF vorgestellt.

- Mitte: 1 Rosen-Noble (7,2 g), kenntlich an der Rose auf dem Schiffsrumpf. Die Rückseite ist leider zerstört, der Hersteller von mir nicht mehr zu ermitteln.

- Rechts: Vermutlich 1/2 Rosen-Noble (4,2 g). Das Schiff ist noch knapp zu erkennen. Der Hersteller ist auch hier nicht mehr zu ermitteln, aber die Hand im Revers verweist auf Antwerpen als Herstellungsort.

Alle drei Gewichte sind in recht desolatem Zustand, welcher der Zeit geschuldet ist, liegen aber im Rahmen der Sollgewichte des Münztyps, für den sie verwendet wurden. Ein Original dieses Typs ist hier zu sehen.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 6. Mai 2012, 07:33 
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Lieber Klaupo!

Es ist nicht nur immer wieder interessant, was du alles auftreibst und darüber in unaufgeregt hervorragender Weise berichtest. Fafür, dass ich bei jedem Deiner Beiträge unheimlich viel dazulerne, möchte ich dir herzlichst danken.
Der Rosen-Noble ist mir in meinem Leben schon mal untergekommen, allerdings in der Schlaraffia als Gegenwert für 3€ (mein Burgherr wurde ob seines Mundwerks oft gepönt).

Olaf

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Was du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 3. Jun 2012, 15:30 
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Wirklicher Hofrat

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Die Wanderung des "Rosen-Nobels" zu den Schlaraffen ist ein interessanter Exkurs, der aufzeigt, wie Münz-Bezeichnungen in abgewandelter Form weiterleben. Mein Ansatz war etwas anders. Die oben vorgestellten Münzgewichte wurden in der Gegend von Bourtange gefunden. Das ist ein altes Fort, das man originalgetreu wieder aufgebaut hat und das auch bewohnt wird, wie hier zu sehen ist. Ein ähnliches Fort aus der gleichen Entstehungszeit zeigt der folgende Rechenpfennig.
Dateianhang:
1600_St_Andre_Dordrecht-n.jpg
1600_St_Andre_Dordrecht-n.jpg [ 113.55 KiB | 19771-mal betrachtet ]

Zitat:
Nördliche Niederlande, Dordrecht. Rechenpfennig1600 auf die Einnahme von Fort St. André. Av. Eine unter der aufsteigenden Sonne (Doppelschlag) sich voll entfaltende Blume, r. Eine unter der sinkenden Sonne welkende Blume, darunter SC. Umschrift QVOS ORIENS SVPERBOS VIDIT OCCIDENS IACENTES . Rv. Aufsicht auf die Festung St. Andries zwischen Maas und Waal. Links Abzug der Spanier, rechts Aufmarsch der Truppen der Vereinigten Provinzen. SIC VOS NON VOBIS - MDC (1600). 6,00 g. D. 3505. Schweizerischer Bankverein 17.09.1992 Nr. 368 a; Feuardent 14128 (Bommel et Thiel).

Die Geschichte hinter diesem Rechenpfennig ist schnell erzählt. Erst im Jahr zuvor (1599) war die Festung St. Andries auf einer Insel zwischen Maas und Waal erbaut worden. Bauherr war Kardinal Andreas von Österreich, Sohn von Erzherzog Ferdinand von Tirol, den wir schon von seinen undatierten Talern kennen. Andreas vertrat den Statthalter der habsburgischen Niederlande Albert / Albrecht während dessen Abwesenheit, als letzterer nach Spanien gereist war, um dort Isabella / Elisabeth zu heiraten. Der Name des Forts dürfte auf den Namenspatron des Bauherrn zurückgehen.

Das Fort lag eigentlich strategisch günstig, es fehlte nur das Geld für die Bezahlung der Söldner. Die verkauften daher das Fort kurzerhand den Generalstaaten und zogen nach einer dreitägigen pro-forma Belagerung ab. Diese Szene ist auf dem Rechenpfennig abgebildet.

Die Umschrift trieft vor Spott. Mit SIC VOS NON VOBIS beginnt ein Gedicht von Vergil ("Sic vos non vobis aedificatis aves, ... - Ihr Vögel habt es gebaut, aber nicht für euch ...) und bezieht sich natürlich auf das Fort. Der Begleittext zum Bild der vergänglichen Blüte unter der Sonne läßt sich ungefähr so übertragen: QVOS ORIENS SVPERBOS VIDIT OCCIDENS IACENTES (Die am Morgen stolz noch stehen, sieht der Abend welk vergehen) und bezieht sich ebenfalls auf die Spanier.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 31. Okt 2012, 19:22 
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Wirklicher Hofrat

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Dieser Rechenpfennig greift thematisch die Hochzeit Philipps II. von Spanien mit der französischen Prinzessin Isabelle de Valois, Tochter Heinrichs II. von Frankreich, aus dem Jahr 1559 auf. Für Philipp II. war es die dritte Eheschließung. Die Ehe war politisch motiviert, wie damals üblich, und von Frankreich in die Wege geleitet worden, um die Spannungen mit dem Haus Habsburg zu entschärfen und am spanischen Hof an Einfluß zu gewinnen. Damit wäre dieser Ehebund zu den zahllosen ähnlich gelagerten zu zählen, wenn nicht zuvor Isabelle / Elisabeth mit dem spanischen Thronfolger Don Carlos, dem Sohn Philipps II. verlobt worden wäre. Der Vater des Bräutigams nahm also dessen Stelle ein, und wir haben hier die Konstellation der Protagonisten vor uns, die gut 200 Jahre später Friedrich Schiller in seinem Drama "Don Karlos" gestaltet hat.

Der Altersunterschied der Brautleute war beträchtlich, und der Stempelschneider hat sich erfolgreich bemüht, dem Bräutigam ein jugendliches Aussehen zu geben, um die beiden altersmäßig anzugleichen. Als Vergleich zum vermutlich treffenderen Aussehen Philipps kann man einen Blick auf den "Weihnachts-Rechenpfennig" auf der ersten Seite dieses Threads werfen, der nur ein Jahr später - 1562 - ausgegeben wurde. Davon abgesehen war dieser unbekannte Stempelschneider m.E. ein Könner seines Fachs.
Dateianhang:
1561_Philipp-2_Isabelle_Flandern_n.jpg
1561_Philipp-2_Isabelle_Flandern_n.jpg [ 106.75 KiB | 19672-mal betrachtet ]

Zitat:
Niederländischer Gesamtbereich, 1555-1580. Grafschaft Flandern, Philipp II. 1555-1598. Cu-Rechenpfennig 1561 Brügge. Brustbild Philipps II. (1527 - 1598) r. zwischen zwei Feuereisen. Rv. Brustbild der Isabelle de Valois (1545 - 1568) l., im Feld Lilien. 29 mm. Dugniolle 2277.

Die Ehe wurde totz des Altersunterschieds glücklich und Isabelle für die Dauer ihres kurzen Lebens eine in Spanien geachtete und beliebte Königin. Die Hochzeitsfeierlichkeiten allerdings wurden von einem schweren Unfall mit tödlichem Ausgang überschattet. Heinrich II. hatte zu diesem Anlaß ein Turnier ausrichten lassen und war selbst in den Sattel gestiegen. Die zerbrochene Lanze seines Gegners durchdrang sein Visier und sein Auge bis ins Gehirn, und er verstarb wenige Tage später. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ihn hier auf einem frühen Guß vorzustellen.
Dateianhang:
1552_Henri-2_Ex_Voto_n.jpg
1552_Henri-2_Ex_Voto_n.jpg [ 107.7 KiB | 19672-mal betrachtet ]

Zitat:
Les victoires du roi Henri II. Paris. Médaille s.d. (c.1552), Alter Guß. Bronze. 54,8 mm, 33,9 g. Graveur Etienne de Laune (1518 - ca. 1583). Av. Belorbeerte und gepanzerte Büste Heinrichs II. mit dem St. Michaels-Orden nach r. HENRICVS II GALLIARVM REX INVICTISS PP (Heinrich II., der unbesiegbare König der Franzosen, Vater des Vaterlandes). Rv. Fama mit Fanfare, behängt mit der Lilienfahne der Valois, führt die Zügel einer Quadriga, im Gefährt Abundantia und Victoria. OB RES IN ITAL GERM ET GAL FORTITER AC FOELIC CESTAS (Für die in Italien, Germanien und Gallien mutig und glücklich vollbrachten Taten). Exergue: VOTO PUB.1552 (Aufgrund eines 1552 (abgelegten) öffentlichen Gelübdes). Mazerolle 99. TN 12, 1. Jones 64. Armand III, p 285, B.

Dies war nun ein kurzer illustrierter Blick auf das politische Kräftefeld in den Niederlanden, in dem der o,a, Rechenpfennig entstanden ist.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 4. Dez 2012, 20:43 
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Wirklicher Hofrat

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Das Stück, das ich hier zeigen möchte, war Teil eines Konvoluts von alten Nachgüssen , aus dem ich bereits mehrere Stücke vorgestellt habe. Von echten Sammlern bestenfalls mit Herablassung betrachtet, tauchen diese Arbeiten mittlerweile in manchen Händlerangeboten zu recht stolzen Preisen auf.
Dateianhang:
1763_Hortus_Medicus_n.jpg
1763_Hortus_Medicus_n.jpg [ 109.29 KiB | 19635-mal betrachtet ]

Zitat:
Amsterdam, Hortus Medicus. Einlassmarke für Ärzte und Apotheker 1763 (in Gravur). Messing (Guss). HORTI MED(ici) AMSTEL(odamensis) - LIBER INGRESSUS. Gekröntes Stadtwappen zwischen Füllhörnern auf einem Postament, darauf quergelegt ein Pistill. Auf der Front des Unterbaues Namensgravur Dr Andreas Bruns (?) und Jahreszahl. Rv. Äskulap von vorn stehend mit Schlangenstab zwischen zwei bepflanzten Vasen auf Postamenten, dahinter Architektur. ADEST MAXIMUS AEGRIS AUXILIATOR (Der höchste Helfer des Kranken ist anwesend). 40,78 g, 49 mm.
Minard - Van Hoorebeke, L. Description de Méreaux et Jetons de présence etc. des Gildes et Corps de Métiers, Eglises etc., Gent 1877-1879, I, 88
Wittop - Koning, De Penningen der Noord - Nederlandse Ambachtsgilden. Amsterdam 1978 u. Supplement Amsterdam 1981, p. 65, 30.3
Schweizerischer Bankverein, Niederländische Rechenpfennig und Marken, Auktion 31, Los-Nr. 412 / 413, Zürich, 17. September 1992

Es handelt sich bei dem Stück also nicht um einen Rechenpfennig im herkömmlichen Sinn, sondern um eine - ziemlich imposante - Marke, die zwei Berufsständen kostenfreien Zugang zu einem bestimmten Ort ermöglichte, in diesem Fall dem Hortus Medicus.

Der Hortus Botanicus Amsterdam wurde als einer der ältesten botanischen Gärten der Welt 1638 als Hortus Medicus Amstelodamensis gegründet, um medizinische Pflanzen für Apotheker und Chirurgen zu züchten und bereitzustellen. Die Gründung des Hortus stand u.a. vor dem Hintergrund einer Pestepidemie, die in den drei Vorjahren (1634-1637) in Leiden und Utrecht gewütet hatte. Später verlor er seine Funktion, löste sich von der Universität von Amsterdam und wurde zum Hortus Botanicus.

Als Hersteller der Marke wird in Museumsstücken dieses Typs Willem de Wijs, Amsterdam (ohne Lebensdaten) genannt. Die Marke wurde durch individuelle Gravur dem jeweiligen Besitzer zugeordnet. Anhand dieser datierten Gravuren läßt sich feststellen, daß der Typ der Marke unverändert von mindestens 1696 bis 1828 verwendet wurde.

Mit dieser Information ist bei sorgfältiger Betrachtung der Marke zu erkennen, daß es sich nicht um einen Nachguß sondern um ein Original handeln muß. Die vorgegebenen Daten der Beschreibung habe ich daher dem Stück angepaßt.

Gruß klaupo


Dateianhänge:
1763_Hortus_Medicus_Gravur_n.jpg
1763_Hortus_Medicus_Gravur_n.jpg [ 110.3 KiB | 19635-mal betrachtet ]
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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 26. Jan 2013, 18:44 
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Wirklicher Hofrat

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Ich komme noch einmal zurück auf die Familie Heinrichs II. von Frankreich, den ich oben im Zusammenhang mit der Hochzeit seiner Tochter Elisabeth mit Philipp II. von Spanien kurz vorgestellt habe. Diese seltene Medaille nun zeigt den jüngsten Bruder der Braut, François d'Alençon.
Dateianhang:
1579_Med_Alencon_n.jpg
1579_Med_Alencon_n.jpg [ 106.78 KiB | 19570-mal betrachtet ]

Zitat:
Médaille, François d'Alençon. s.d. (c.1579), fonte ancienne. Av. + FRANCOYS. DVC. DALANCON. FILZ. ET. FRERE. DE. ROY. Gepanzerte Büste mit breiter Halskrause nach l., der Panzer damaszeniert. Rv. Zwei gekrönte und gepanzerte weibliche Allegorien reichen sich die Hände. Exergue: FOEDVS. AM/ ICITIAE (Bund der Freundschaft). Bronze. 15,62 g. 34,5 mm. 6 h. Maz. cf 376. RR.

Soweit, so gut. Über den Ausgabeanlaß des Stücks schweigen sich die Quellen jedoch aus. Auf dem Umweg über einen Rechenpfennig, den ich nicht besitze, bin ich ihm aber - wie ich glaube - auf die Spur gekommen. Als Ansatz dienten die Brustpanzer der beiden Damen im Revers, belegt mit Lilien und dem Doppeladler. Daraus zog ich den Fehlschluß, daß es sich um Frankreich und das Haus Habsburg handeln könnte. Einen Freundschaftsbund zwischen diesen beiden Mächten zu dieser Zeit konnte ich jedoch nicht ermitteln. Dann erinnerte ich mich an den o.a. Rechenpfennig, den ich einmal gesehen hatte.
Dateianhang:
1578_Alencon_Bild_120b.jpg
1578_Alencon_Bild_120b.jpg [ 112.79 KiB | 19570-mal betrachtet ]

Dieser Rechenpfennig zeigt nahezu dasselbe Motiv, allerdings mit dem Doppeladler im Revers. Herausgegeben auf den Frieden von Cambrai 1578 war die Provinz Cambrésis unter die Rechtsprechung des Römisch Deutschen Reiches gefallen, und Cambrai hatte den Status einer freien Reichsstadt erhalten. So erklärt sich der Doppeladler auf dem Panzer der Dame bei meiner Medaille.

Fehlt nun nur noch die Verbindung zu François d'Alençon. Auch die ließ sich ermitteln. Hier folgt meine Übertragung.

Im Folgejahr (1579) ließ sich der Gouverneur der Zitadelle, Baron d'Inchy, von Königin Margarethe von Navarra gewinnen, ihren Bruder, den Herzog von Anjou und Alençon, zugleich jüngster Bruder Heinrichs III. zu favorisieren. Dem Gesandten des Fürsten, Laferté, versprach er, französische Truppen aufzunehmen. Die Ruhe, die der Schutz Frankreichs Cambrai versprach, wurde mit zwei Jetons gefeiert, die zu diesem Anlaß geschlagen wurden. (Folgt die Beschreibung der beiden Jetons). Bereits der zweite Jeton "Pour le comis. aux fortifications" zeigt jedoch, daß die Bürger von Cambrai unzufrieden mit der französischen Garnison waren und begonnen hatten ihre Festungswerke instand zu setzen. Dieser Jeton zeigte dann auch passend zur Stimmungslage die gepanzerte Büste Philipps II. und im Revers die Büste der Königin. Quelle: Memoires de la Société d'Emulation de Cambrai, Volume 6, p. 265.

Die Medaille, die ich hier vorgestellt habe, dürfte also als Randnotiz der Geschichte auf das kurzlebige Bündnis zwischen Frankreich und der Stadt Cambrai ausgebracht worden sein. Über das Leben dieses fragwürdigen Abenteurers (insbesondere seine Verlobungszeit mit Elisabeth von England) kann man - so man will - etwas ausführlicher hier nachlesen.

Fazit: Medaillen und Rechenpfennige können recht spannend sein, wenn man sich damit beschäftigt.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 17. Mai 2013, 17:50 
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Wirklicher Hofrat

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Den folgenden Rechenpfennig würde ich als hübsche Allegorie auf den "Segen des Meeres" deuten.
Dateianhang:
1681_Brüssel_Huysman_n.jpg
1681_Brüssel_Huysman_n.jpg [ 105.55 KiB | 19432-mal betrachtet ]

Zitat:
Südliche Niederlande, Rechenpfennig Brüssel 1681. Av. Behelmtes Wappen des Jan Heymans. Rv. IPSIS AVGETVR AB VNDIS (Von den Wellen selbst wird er vermehrt). Eine Nixe steigt aus dem Meer und legt eine Koralle in eine Schatztruhe auf einem Felsen. 6,68g, 30 mm. Dugn., 4464; Van den Broeck, RBN (1906), 243, 62.

Mit Bild und Legende des Revers dürfte der Wohlstand der Stadt gemeint sein. Jan Heymans, dessen Wappen auf dem Avers zu sehen ist, war als Stadtkämmerer von Brüssel über die Einkünfte der Stadt aus dem Fernhandel sicher bestens informiert.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 10. Jun 2013, 16:55 
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Wirklicher Hofrat

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Um den Rechenpfennigen eine kurze Pause zu geben, folgt hier eine recht imposante Medaille (71,14 g, 68,5 mm) aus der Zeit des 80-jährigen Krieges, in welcher auch die interessantesten Rechenpfennige entstanden. Das Stück ist in Gelbbronze vermutlich kein Original, aber ein sehr sauberer Guß. Ein Original in Silber ist im National Maritime Museum, Greenwich, London zu besichtigen, dort allerdings falsch datiert und mit fehlerhaftem Ausgabeanlaß zugewiesen.
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1637_Breda_Capta_n.jpg
1637_Breda_Capta_n.jpg [ 112.79 KiB | 19391-mal betrachtet ]

Zitat:
I. Looff. Fe. Middelb. Reichverzierte Med. auf die Einnahme von Breda u. den Auszug der span. Besatzung (10. Octob. 1637) Arg. 6 L. Bizot fig. 64. nr. 1. p. 155. van Loon T II. p. 232. nr. 2.
Quelle: Niederländische Münzen und Medaillen des herzoglichen Museums zu Gotha. Nr. 457.

Etwas genauer hätte es vielleicht besser geheißen "auf die 3. Einnahme von Breda", denn die Bildseite zeigt diese drei Eroberungen in einem Bild. Die erste Eroberung gelang 1590 Moritz von Nassau, indem er seine Soldaten - in Torfkähnen versteckt - in die Stadt schmuggelte (links im Bild). Die zweite Einnahme erfolgte 1624 / 1625 durch den spanischen Marquis de Spinola nach langer Belagerung. Dessen kunstvolle Aushungerung der Stadtbevölkerung begeisterte die Militärs verschiedener europäischer Mächte dermaßen, daß sie anreisten, um sie persönlich in Augenschein zu nehmen (im Bild vorn rechts die reichgekleidete Dame mit der Mauerkrone, an der eine Megäre zerrt). Die Rückeroberung "durch die Macht des Schwertes" verweist auf den aktuellen Ausgabeanlaß, die Einnahme der Stadt durch den Prinzen Henri Frédéric von Oranien-Nassau (1584-1647) im Jahr 1637. Diese Ereignisse werden durch die Legende ANTE FAME AVT ASTV, VI MODO FACTA VIA EST (frei übertragen: Wie ehedem durch Hunger und List wurde diesmal der Weg durch Stärke gebahnt) und durch den 14-zeiligen Text im Revers bestätigt.

Die Bildseite zeigt unten bei 7 Uhr noch eine kleine dreizeilige Schrifttafel CUM PRIVIL / I. LOOFF FE / MIDDEL(Burg). Jan van Looff war als Medailleur in Middelburg von1627-1648 tätig.

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 3. Jul 2013, 22:29 
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Wirklicher Hofrat

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Der folgende Rechenpfennig gehört zu den bekanntesten seiner Epoche - wohl auch für die Zeitgenossen, denn er wurde u.a. von den Nürnberger Rechenpfennigmachern kopiert. Der Typ wurde auch bereits in diversen Foren vorgestellt, aber ein paar weniger bekannte Informationen lassen sich dennoch zufügen.
Dateianhang:
1580_Inquisition_Dordrecht_n.jpg
1580_Inquisition_Dordrecht_n.jpg [ 104.37 KiB | 19331-mal betrachtet ]

Zitat:
Dordrecht. Rechenpfennig 1580. Auf den Abbruch der Kölner Friedensverhandlungen. Av. ROSIS LEONEM LORIS MUS LIBERAT. (Von seiner mit Rosen bekränzten Kette befreit die Maus den Löwen.) Eine Maus befreit den niederländischen Löwen vom Halsband der Inquisition. Rv. LIBER REVINCIRI LEO PERNEGAT (Der befreite Löwe weigert sich, erneut gebunden zu werden.) Papst Gregor XIII. und Philipp II. von Spanien, davor der niederländische Löwe in Abwehrhaltung. Der König hält in der rechten Hand den Palmzweig des Friedens, in der linken den Halsring der Inquisition. 6,13 g. D. 2797 var., SBV 31 (1992), Nr. 126a.

Die Legende im Avers greift auf eine Fabel des Äsop zurück - "Der Löwe und die Maus": Eine Maus, dankbar dafür, daß der Löwe ihr einmal das Leben geschenkt hat, zernagt das Netz, in dem sich der Löwe verfangen hat. In der Zeit der Reformation war diese Fabel sehr populär und hatte einen stark politischen Hintersinn erhalten. Sie findet sich z.B. auch in Shakespeares "King Lear" wieder:

König: Mit ihren Zähnen biß die kleine Maus
den Herrscher Löwen aus dem Netz heraus … [7.60]


Ein wenig erstaunlich übrigens, daß eine deutschsprachige Übertragung der Legenden des Rechenpfennigs im Netz nicht zu finden war, obwohl sie m.E. zum Verständnis der Abbildungen unerläßlich sind.

Noch ein wenig zum Hintergrund der Ausgabe: Anfang 1579 hatten in den spanischen Niederlanden die Provinzen Arras und der Hennegau sich zur katholischen Union mit Spanien bekannt. Etwa zeitgleich (April 1579) kam es in Köln zu Friedensverhandlungen, in deren Verlauf die wallonischen Provinzen gegen angemessene finanzielle Vergütung ihre Bereitschaft erklärten, spanisch-katholisch zu bleiben. Der calvinistische Norden dagegen verweigerte sich und wollte den Calvinismus als Staatsreligion eingeführt wissen. Flandern und Brabant verhielten sich abwartend. So zeichnet dieser Rechenpfennig den Zerfall der spanischen Niederlande und den Beginn der Zweiteilung des Landes - calvinistische Niederländer und Flamen im Norden, katholische Wallonen im Süden. Wilhelm von Oranien, "der Schweiger" (die Maus auf dem Rechenpfennig) wurde zwar von Philipp II. für vogelfrei erklärt, von den Generalstaaten jedoch unterstützt und geschützt, bis er 1584 dann doch dem Mordanschlag eines katholischen Fanatikers zum Opfer fiel.

Für diejenigen, die für Rechenpfennige nur begrenztes Interesse haben, habe ich noch eine kleine Bildfolge der Protagonisten, von denen hier die Rede war, auf Münzen und Medaillen zusammengestellt: den Papst, den König - und natürlich den Löwen. Die Maus muß ich leider schuldig bleiben.

Dateianhang:
1580_Inquisition_Dordrecht_Protagonisten_n.jpg
1580_Inquisition_Dordrecht_Protagonisten_n.jpg [ 107.9 KiB | 19331-mal betrachtet ]


Den Papst habe ich übrigens schon mal im NF vorgestellt. Aber im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ... ;)

Gruß klaupo


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 Betreff des Beitrags: Re: Niederländische Rechenpfennige
BeitragVerfasst: 11. Jul 2013, 20:36 
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klaupo hat geschrieben:
Aber im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ... ;)

Lieber klaupo!
Im Gegensatz zum Fernsehen wird hier Sehenswertes wiederholt - Danke für diesen interessanten Artikel.

Olaf

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