Der folgende Jeton zeigt zwei sehr merkwürdige Szenen: Zwei Schmiede bearbeiten mit ihren Werkzeugen auf einem Amboß den Kopf einer Frau. Umschrift . VNICVS - . EST . - SPECIE . (
In seinem Metier ist er einzigartig) Exergue 1660. Im Revers schwingt ein Affe die Peitsche und lenkt einen Esel, beladen mit einem Korb, in dem drei weitere Frauenköpfe zu erkennen sind. . OMN - E . - FERE - NS . MALVM . (
Er trägt alles Schlechte). 6,51 g, 27,5 mm. Feuardent 9608 - Cahiers numismatiques 139, mars 1999.
Anm. Für die Richtigkeit der Übersetzung garantiere ich nicht.Dateianhang:
1660_Jeton_Lustucru_n.jpg [ 115.61 KiB | 21009-mal betrachtet ]
Wir haben es hier mit einer derben Satire zum Thema "
Debat pour la culotte" (
Streit um die Hose) zu tun, einer Geschlechterdebatte, die im 16. Jh. eingesetzt hatte und in der die Frauen ein neues Selbstbewußtsein für ihre Rolle in der Gesellschaft entwickelten, die den Männern überhaupt nicht behagte. In diesem Zusammenhang tauchte im 17. Jh. die fiktive Gestalt des "
Lustucru, opérateur céphalique" auf, eines Fachmanns also für die Umgestaltung von Frauenköpfen, indem er ihre unerwünschten Eigenschaften auf seine Art (s. Abbildung) entfernte. Der Name "
Lustucru" ist übrigens mit Bedacht gewählt und eine Zusammenziehung der Redewendung
"l'eusses-tu cru" - "hättest du's geglaubt?" Das Revers des Jetons zeigt, daß der Meister über mangelnden Zulauf nicht zu klagen hatte.
Ich bin recht sicher, daß der Jeton nach der Vorlage eines zeitgenössischen Kupferstichs entstanden ist, aus dem zwei zentrale Details herausgelöst wurden. Zum einen natürlich der "chirurgische" Eingriff des Meisters, zum anderen ist aber auch der Lastesel mit seinem merkwürdigen Reiter zu sehen. Dieses Bild ist
hier zu sehen.
Zur Ehrenrettung der Frauen ist abschließend anzufügen, daß der monströse Facharzt ein böses Ende nahm. Die Damen nahmen ihre unbehandelten Köpfe von der Leine, setzten sie sich wieder auf und machten ihm den Garaus ...
hier zu besichtigen.
In der Volksüberlieferung hat der
Lustucru sich allerdings bis ins 20. Jh. halten können, auch wenn er sich bereits in einem Volkslied des 19. Jh. darauf beschränkte, Katzen zu schlachten und als Kaninchen zu verkaufen.
Gruß klaupo